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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
BEinstG §8 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Höß, Dr. Fuchs, Dr. Blaschek und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Leitner, über die Beschwerde des W in B, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Berufungskommission beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales vom 20. April 1993, Zl. 42.024/9-6a/93, betreffend Zustimmung zu einer Kündigung nach dem Behinderteneinstellungsgesetz (mitbeteiligte Partei:
XY Molkerei Gesellschaft m.b.H., vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in L), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei für Stempelgebühren wird abgewiesen.
Begründung
Der im Jahr 1942 geborene Beschwerdeführer war seit 1959 bei der mitbeteiligten Partei beschäftigt. Über Antrag des Beschwerdeführers vom 13. März 1992 wurde mit dem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid des Landesinvalidenamtes für Oberösterreich vom 14. April 1992 gemäß § 14 Abs. 2 des Behinderteneinstellungsgesetzes (BEinstG) festgestellt, daß der Beschwerdeführer mit einer Minderung seiner Erwerbsfähigkeit von 50 % dem Kreis der begünstigten Behinderten (§ 2 Abs. 1 leg. cit.) angehört.
Mit Eingabe vom 24. April 1992 stellte die mitbeteiligte Partei beim Behindertenausschuß beim Landesinvalidenamt den Antrag, ihr die Zustimmung zur beabsichtigten Kündigung des Beschwerdeführers mit Wirkung vom 30. Juni 1992 zu erteilen. Dieser Antrag war damit begründet, daß durch den Rückgang der Produktionsmenge in der Butterei als Folge des verringerten Rohstoffaufkommens einerseits und der bevorstehenden Einstellung des Frischdienstes mit Ende des Jahres andererseits die Funktion des Betriebsleiters nicht "mehr verfügbar" sei. Da die mitbeteiligte Partei aufgrund der neuen Marktordnung gezwungen sei, immer mehr zu rationalisieren, um überhaupt "überleben zu können", sei sie gezwungen, die Kündigung des Beschwerdeführers, der die Funktion des Betriebsleisters innehabe, auszusprechen. Dieser sei bereits in einem Gespräch vom 9. März 1992 auf die bevorstehende Kündigung aufmerksam gemacht worden.
In einer Stellungnahme zu diesem Antrag vom 4. Juni 1992 führte der Beschwerdeführer aus, es sei richtig, daß der Rückgang der Produktionsmenge in einem verringerten Rohstoffaufkommen begründet sei und weniger Rahm als früher zugeliefert und Vollmilch überhaupt nicht mehr geliefert werde. Es sei zwar durchaus möglich, daß die Funktion des Betriebsleiters wegfalle, es bestehe jedoch auch die Möglichkeit für den Beschwerdeführer, weiterhin im Unternehmen zu arbeiten. Es seien nach wie vor Schreibarbeiten durchzuführen, es würden nach wie vor Laborarbeiten durchgeführt, wie z.B. Abwasseruntersuchungen, Säureuntersuchungen, Fettbestimmungen von Rahm usw. Im übrigen würde auch die Möglichkeit bestehen, für den verbleibenden Rest der Arbeitszeit in der Butterei zu arbeiten. Die Arbeiten in der Butterei seien körperlich kaum anstrengend und es wäre mit einer geringen Einschulung durchaus möglich, daß der Beschwerdeführer in der Butterei beschäftigt werde.
Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung gab der Behindertenausschuß dem Antrag auf Zustimmung zur Kündigung keine Folge. In der Begründung ging der Behindertenausschuß nach Darstellung des Parteienvorbringens (und auch erfolglos gebliebener Versuche, den Beschwerdeführer bei anderen Molkereibetrieben "unterzubringen") von folgenden Sachverhaltsfeststellungen aus:
Der 50-jährige Beschwerdeführer sei seit 1959 in der Molkerei XY beschäftigt und seit 1971 mit der Funktion des Betriebsleiters betraut. Unbestritten sei, daß in der Molkerei ein Rückgang der Produktionsmengen in der Butterei zu verzeichnen sei und durch die Außerkraftsetzung der Versorgungsgebietsregelung ab 1. Jänner 1994 bereits mit 31. Dezember 1992 die Frischdienstlieferung in die Nahversorgungsgebiete eingestellt worden sei, weil die damit verbundenen Transportkosten vom Milchwirtschaftsfond nicht mehr abgedeckt werden könnten. Weiters bringe der Einsatz der Computertechnik eine Einsparung von Personal mit sich. Beim Sozialvergleich mit dem Buttermeier habe letztlich nicht bewiesen werden können, daß für diese Tätigkeit eine spezielle Qualifikation nötig wäre. Seitens der Arbeitsmarktverwaltung sei bekanntgegeben worden, daß der Beschwerdeführer aufgrund der gegebenen Umstände im Fall einer Kündigung durch den Dienstgeber kaum vermittelbar wäre.
In seinen rechtlichen Erwägungen gelangte der Behindertenausschuß zur Ansicht, daß aufgrund der gegebenen Verhältnisse der Erhaltung des Arbeitsplatzes des Beschwerdeführers die überwiegende Bedeutung zuzumessen sei. Maßgebend dafür sei, daß einerseits trotz mangelnder Vollbeschäftigung noch sieben Angestellte in der Molkerei eingesetzt seien und angesichts der betrieblichen Verhältnisse (stagnierender Umsatz bei steigenden Personalkosten) noch nicht von drastischen Rationalisierungsmaßnahmen gesprochen werden könne; andererseits könne dem derzeit mit der Herstellung der Butter betrauten gesunden Dienstnehmer H. (Buttermeier) der Verlust des Arbeitsplatzes eher zugemutet werden als dem Beschwerdeführer, der in dieser Tätigkeit auch tatsächlich einsetzbar sei und diese auch gerne übernehmen würde. Für die Unzumutbarkeit der Beendigung des Dienstverhältnisses spreche, daß der Verlust des Arbeitsplatzes für den Beschwerdeführer gleichbedeutend mit künftig ständiger Arbeitslosigkeit verbunden mit großen finanziellen Einbußen sei.
In der von der mitbeteiligten Partei gegen den Bescheid des Behindertenausschusses eingebrachten Berufung wurde geltend gemacht, betreffend die Qualifikation des Buttermeiers seien die Aussagen der Dienstgeberseite völlig unbeachtet geblieben. In zahlreichen Telefonaten und zwei Verhandlungen sei seitens der mitbeteiligten Partei wiederholt darauf hingewiesen worden, daß vor allem die langjährige Erfahrung des Buttermeiers Johann H. das Fundament der Butterei der mitbeteiligten Partei darstelle. Auch die Aussage seitens der Vertreterin der Arbeitsmarktverwaltung anläßlich der Verhandlung am 28. Juli 1992, daß die mitbeteiligte Partei für die Qualität der Butter berühmt sei, sei als Beweis für die hervorragende Arbeit des Buttermeiers zu sehen. Daß der Beschwerdeführer die Leistung, die H. aufgrund seiner 40-jährigen Erfahrung und auch der Kenntnisse, die sich H. in dieser Zeit in verschiedenen Exkursionen bzw. Kurzschulungen habe aneignen können, erbringen könne, sei aus Erfahrung heraus nicht möglich. Die Ansicht, wonach die Rationalisierungsmaßnahmen in der Molkerei nicht als drastisch bezeichnet werden könnten, widerspräche gänzlich den vorgelegten Analysen. Der Beschäftigtenstand habe am 31. Dezember 1989 34 Personen (25 Arbeiter, 9 Angestellte), am 31. Dezember 1991 28 Personen (20 Arbeiter, 8 Angestellte) und seit 1. Jänner 1993 24 Personen (17 Arbeiter, 7 Angestellte) betragen. Aus Kostengründen hätten bereits seit 1990 Betriebsabteilungen (Topferei, Milchabpackung und Frischdienst) stillgelegt werden müssen. Wie bereits dargelegt, könne der Dienstnehmer H. als Buttermeier durch den Beschwerdeführer nicht ersetzt werden. Die Interessen des Dienstgebers an der Beendigung des Dienstverhältnisses überwögen insgesamt jene des Dienstnehmers an der Aufrechterhaltung des Dienstverhältnisses bei weitem, weil der Dienstnehmer zumindest die Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung in Anspruch nehmen könne, wogegen der Dienstgeber den vollen Gehalt zahlen müsse, ohne daß eine entsprechende Beschäftigung erfolgen könne.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung Folge und änderte den erstinstanzlichen Bescheid dahingehend ab, daß einer zukünftigen Kündigung die Zustimmung erteilt werde.
In der Begründung wurde nach Darstellung des bisherigen Verfahrens festgehalten, daß in der gemäß § 13g BEinstG durchgeführten Berufungsverhandlung das Ermittlungsverfahren u. a. durch Einvernahme der Parteien, von Zeugen und eines Sachverständigen für das Molkereiwesen ergänzt worden sei. Demnach ergäben sich folgende ergänzende Sachverhaltsfeststellungen:
Der Betrieb der Molkerei der mitbeteiligten Partei sei von seiner Größe her unwirtschaftlich und produziere derzeit 700 t Butter pro Jahr, wobei für einen wirtschaftlichen Betrieb eine Mindestproduktion von 2.000 t pro Jahr erforderlich wäre. Seit zwei Jahren erfolge keine Frischmilchanlieferung, sondern nur Rahmanlieferung. Von insgesamt 24 bis 26 Arbeitnehmern seien 12 im Fuhrpark und 7 weitere als Angestellte sowie 5 als Arbeiter beschäftigt. Dem Betriebsleiter obliege die Leitungsfunktion; er könne überall im Betrieb eingreifen. Der Betrieb Mauerkirchen sei derzeit jedoch so klein, daß eine gesonderte Betriebsleitung entbehrlich sei. Laborarbeiten fielen in sehr vermindertem Umfang an und im übrigen solle die Betriebseinstellung in ca. 1 1/2 Jahren erfolgen. Der Qualitätsstandard der Butter hänge maßgeblich von der Erfahrung des Buttermeiers ab, insbesondere bei Störfällen in der Rahmherstellung, die nahezu täglich auftreten könnten. Die Zubereitung der Kultur erfolge durch den Buttermeier, die Zugabe dieser zum Rahm durch "den, der Zeit hat" (derzeit durch den Betriebsleiter). Während die Ausbildung des Betriebsleiters drei Jahre dauere und den Besuch von mehrmonatigen Fortbildungskursen voraussetze, erfordere die des Buttermeiers eine dreijährige Lehrzeit samt Fachschulbesuch. Der Beschwerdeführer sei im Verwendungsschema des Kollektivvertrages für die Angestellten der genossenschaftlichen Molkereien in der Verwendungsgruppe V eingestuft, der Buttermeier in der Verwendungsgruppe III. Der Beschwerdeführer verdiene S 22.000,-- netto monatlich, seine Lebensgefährtin, in deren Einfamilienhaus er wohne, verdiene netto monatlich S 12.000,--. Es bestünden weder Sorge- noch andere finanzielle Verpflichtungen. Der Buttermeier H. sei ein Jahr älter als der Beschwerdeführer und seit 40 Jahren im Betrieb beschäftigt.
In ihren rechtlichen Erwägungen ging die belangte Behörde davon aus, daß bei Abwägung des Bestandinteresses des Beschwerdeführers gegenüber dem Auflösungsinteresse der mitbeteiligten Partei die im Berufungsverfahren außer Streit stehenden drastischen wirtschaftlichen Schwierigkeiten der mitbeteiligten Partei, die in absehbarer Zeit sogar zur Schließung führen würden, zu berücksichtigen seien. Die verhältnismäßig umfangreiche Betriebseinschränkung komme einem besonderen Ausnahmefall i.S.d. zweiten Satzes des § 8 Abs. 2 BEinstG nahe, wonach sogar eine nachträgliche Zustimmung erwogen werden könnte. Daß es sich um eine Betriebseinschränkung im obigen Sinne handle, ergebe sich schon aus der derzeitigen Größe des Betriebes, die nach den Ausführungen des Sachverständigen unwirtschaftlich sei. Aufgrund der Betriebseinschränkung sei die Position eines Betriebsleiters weggefallen und die Aufrechterhaltung des Dienstverhältnisses würde der mitbeteiligten Partei erheblichen Schaden zufügen, weil diese Entgeltzahlungen leisten müßte, ohne eine annähernd adäquate Arbeitsleistung zu erhalten. Wenn der Beschwerdeführer vorbringe, er könne die in der Butterei anfallenden Arbeiten verrichten, so sei dazu festzuhalten, daß diese Tätigkeit nach den glaubhaften und im wesentlichen unbestrittenen Ausführungen des Sachverständigen langjährige Erfahrung voraussetze. Daß die Qualifikation der Tätigkeit des Buttermeiers nicht mit der eines Betriebsleiters verglichen werden könne, werde auch durch die unterschiedliche Entlohnung offenkundig. Zwar sei ein Betriebsleiter rein theoretisch - aufgrund seiner Ausbildung - in der Lage, den Aufgabenbereich eines Buttermeiers zu übernehmen, doch sei es durchaus "einsichtig", daß jemand, der ausschließlich mit einer Aufgabe betraut sei, für diesen Tätigkeitsbereich qualifizierter sei, als jemand, der diese Tätigkeit "eben AUCH übernehmen könnte". Die wechselseitige Ersetzbarkeit der zu vergleichenden Arbeiten liege nicht vor. Dafür sprächen auch die Ausführungen des Beschwerdeführers selbst, wonach er sehr wohl einer Einschulungszeit bedürfte. Außerdem habe der Beschwerdeführer während des gesamten Verfahrens niemals seine Bereitschaft zum Ausdruck gebracht, mit einer Einkommensverminderung (entsprechend der Entlohnung eines Buttermeiers) einverstanden zu sein. Der Kündigungsschutz eines begünstigten Behinderten finde seine äußerste Grenze in jenen Schutzbestimmungen, die das Arbeitsverfassungsgesetz für die Kündigung von Betriebsräten vorsehe. Einschlägigen arbeitsrechtlichen Entscheidungen sei zu entnehmen, daß das Einigungsamt die Voraussetzung für die Zustimmung zur Kündigung von Betriebsräten dann als gegeben angesehen habe, wenn der Betriebsinhaber im Falle einer dauernden Einstellung oder Einschränkung des Betriebes oder der Stillegung einzelner Betriebsabteilungen den Nachweis erbracht hatte, daß er das betreffende Betriebsratsmitglied trotz dessen Verlangen an einem anderen Arbeitsplatz im Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens nicht ohne einen erheblichen Schaden weiter beschäftigen konnte. Auf einem anderen Arbeitsplatz im Betrieb könne der Beschwerdeführer nicht beschäftigt werden, weil derzeit kein solcher vorhanden sei und es sei vom Beschwerdeführer auch keiner, abgesehen von dem des Buttermeiers, welcher aus den angeführten Gründen nicht in Betracht zu sehen sei, angegeben worden. Dazu komme noch, daß wegen der in naher Zukunft zu erwartenden gänzlichen Betriebsstillegung eine solche Maßnahme nur eine geringfügige Verzögerung bedeuten würde. Der Beschwerdeführer sei zwar durch das Arbeitsamt nicht vermittelbar, doch gelte dies auch für den um ein Jahr älteren Buttermeier. Die finanzielle Situation des Beschwerdeführers werde sich durch den Verlust des Arbeitsplatzes zweifellos verschlechtern, er könne aber immerhin die Leistungen der Arbeitsmarktverwaltung in Anspruch nehmen. Da weder Sorgepflichten noch außergewöhnliche Verpflichtungen vorhanden seien, sei dem Beschwerdeführer diese Einschränkung auch zumutbar. Der Kündigung allein aus diesem Grund die Zustimmung zu versagen, würde eine Überspannung des Schutzzweckes des § 8 BEinstG bedeuten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich nach den Beschwerdeausführungen in seinem Recht auf Nichterteilung der Zustimmung zur Kündigung seines Dienstverhältnisses verletzt.
Die belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei haben Gegenschriften erstattet, in denen sie die Abweisung der Beschwerde beantragen. Die belangte Behörde hat auch die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 8 Abs. 2 BEinstG darf die Kündigung eines begünstigten Behinderten erst dann ausgesprochen werden, wenn der Behindertenausschuß (§ 12) nach Anhörung des Betriebsrates oder der Personalvertretung i.S.d.
Bundes-Personalvertretungsgesetzes bzw. der entsprechenden landesgesetzlichen Vorschriften sowie nach Anhörung des zur Durchführung des Landes-Behindertengesetzes jeweils zuständigen Amtes der Landesregierung zugestimmt hat; dem Dienstnehmer kommt in diesem Verfahren Parteistellung zu. Eine Kündigung ohne vorherige Zustimmung des Behindertenausschuß ist rechtsunwirksam, wenn dieser nicht in besonderen Ausnahmefällen nachträglich die Zustimmung erteilt hat.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt die Entscheidung darüber, ob die Zustimmung zu einer Kündigung erteilt werden soll, im freien Ermessen der Behörde. Nach dem Zweck des BEinstG, das der Eingliederung der begünstigten Person in den Arbeitsprozeß und der Sicherung ihrer wirtschaftlichen Existenz dienen soll, ist es bei dieser Ermessensentscheidung Aufgabe der Behörde, das berechtigte Interesse des Dienstgebers an der Beendigung des Dienstverhältnisses und die besondere soziale Schutzbedürftigkeit des zu kündigenden bzw. schon gekündigten Dienstnehmers im Einzelfall gegeneinander abzuwägen und unter sorgfältiger Würdigung aller Umstände zu prüfen, ob dem Dienstgeber die Fortsetzung des Dienstverhältnisses oder dem Dienstnehmer der Verlust seines Arbeitsplatzes eher zugemutet werden kann, wobei unter Bedachtnahme auf § 8 Abs. 3 BEinstG der in diesem Gesetz normierte Kündigungsschutz nach dem Willen des Gesetzgebers jedenfalls nicht weitergehen soll als etwa im Falle eines Betriebsratsmitgliedes (vgl. dazu beispielsweise das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Juli 1995, 94/08/0220, mit weiteren Hinweisen auf Vorjudikatur). Der Grund für die Kündigung eines begünstigten Behinderten muß keineswegs in der Person des Gekündigten selbst liegen; insbesondere ist kein Verschulden auf seiten des Gekündigten erforderlich. Vielmehr genügen auch sachliche, im Betrieb selbst gelegene Gründe (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. April 1991, 90/09/0139 sowie das bereits zitierte Erkenntnis vom 4. Juli 1995, jeweils mit weiteren Nachweisen).
Im Beschwerdefall ist die Kündigung des Beschwerdeführers nicht aus in seiner Person gelegenen Gründen, sondern aus sachlichen, betriebsbedingten Gründen der mitbeteiligten Partei erfolgt. Auch vom Beschwerdeführer wird nicht in Abrede gestellt, daß durch die im Betrieb der mitbeteiligten Partei eingetretene Betriebseinschränkung sein Dienstposten als Betriebsleiter weggefallen ist. Der in der Beschwerdeschrift vertretenen Ansicht, daß die von der "Dienstgeberfirma des Beschwerdeführers behauptete Betriebseinstellung in naher Zukunft" nicht objektiviert worden sei, kann nicht gefolgt werden. So werden insbesondere im angefochtenen Bescheid die in den letzten Jahren bereits eingetretene wesentliche Betriebseinschränkung und die wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Betriebes der mitbeteiligten Partei - unter Bezugnahme auf die Aussagen eines Sachverständigen für das Molkereiwesen - schlüssig dargestellt. Wenn die belangte Behörde daher bei ihrer Entscheidung und der dazu durchgeführten Interessensabwägung auch eine in naher Zukunft bevorstehende Schließung der mitbeteiligten Partei in ihre Betrachtung miteinbezog, kann ihr keine rechtswidrige Vorgangsweise angelastet werden.
Der belangten Behörde kann aber auch kein Vorwurf gemacht werden, wenn sie den vom Beschwerdeführer angestrebten "Sozialvergleich" mit der Tätigkeit des Buttermeiers als nicht gegen die beabsichtigte Kündigung sprechendes Argument ansah. Auch in der Beschwerde wird grundsätzlich nicht bestritten, daß für den Qualitätsstandard der Butter vor allem eine langjährige Erfahrung als Buttermeier von maßgebender Bedeutung ist. Der bisher im Betrieb der mitbeteiligten Partei diese Tätigkeit ausübende H. hatte zweifellos diese Erfahrung und es wäre in Ansehung des Beschwerdefalles eine Überziehung des Kündigungsschutzes im Sinne des BEinstG, wenn zur Aufrechterhaltung des Dienstverhältnisses mit dem Beschwerdeführer ein anderer, für den Betrieb notwendiger Mitarbeiter gekündigt werden müßte. Dazu kommt, daß der Buttermeier H. eine noch längere Betriebszugehörigkeit als der Beschwerdeführer aufzuweisen hat und auch aufgrund des gegenüber dem Beschwerdeführer höheren Alters ebenso - wie im angefochtenen Bescheid unbestritten ausgeführt wird - auf dem Arbeitsmarkt nicht vermittelbar wäre. Aus den Ausführungen in der Beschwerde zum "Sozialvergleich" mit dem Buttermeier, dessen Tätigkeit er seiner Ansicht nach "nach nur kurzer Einarbeitungszeit" hätte übernehmen können, läßt sich daher für den Beschwerdeführer nichts gewinnen. Da auch ansonsten nicht erkennbar ist, daß die belangte Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen nicht i.S.d. Gesetzes Gebrauch gemacht hätte (vgl. Art. 130 Abs. 2 B-VG), war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der gemäß ihrem Art. III Abs. 2 anzuwendenden Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Antrages auf Ersatz der Stempelgebühren beruht auf der Gebührenfreiheit gemäß § 23 BEinstG.
Schlagworte
ErmessenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1993090366.X00Im RIS seit
20.11.2000