TE Vwgh Erkenntnis 2022/12/14 Ra 2022/05/0137

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Veröffentlicht am 14.12.2022
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §58 Abs2
AVG §60
VStG §24
VwGG §42 Abs2 Z3 litb
VwGG §42 Abs2 Z3 litc
VwGVG 2014 §17
VwGVG 2014 §29 Abs1
VwGVG 2014 §38
  1. VStG § 24 heute
  2. VStG § 24 gültig ab 15.08.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 57/2018
  3. VStG § 24 gültig von 01.01.2014 bis 14.08.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  4. VStG § 24 gültig von 26.03.2009 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 20/2009
  5. VStG § 24 gültig von 20.04.2002 bis 25.03.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 65/2002
  6. VStG § 24 gültig von 01.01.1999 bis 19.04.2002 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 158/1998
  7. VStG § 24 gültig von 01.07.1995 bis 31.12.1998 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 620/1995
  8. VStG § 24 gültig von 01.02.1991 bis 30.06.1995
  1. VwGG § 42 heute
  2. VwGG § 42 gültig ab 01.01.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  3. VwGG § 42 gültig von 01.07.2012 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  4. VwGG § 42 gültig von 01.07.2008 bis 30.06.2012 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008
  5. VwGG § 42 gültig von 01.01.1991 bis 30.06.2008 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 330/1990
  6. VwGG § 42 gültig von 05.01.1985 bis 31.12.1990
  1. VwGG § 42 heute
  2. VwGG § 42 gültig ab 01.01.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  3. VwGG § 42 gültig von 01.07.2012 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  4. VwGG § 42 gültig von 01.07.2008 bis 30.06.2012 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008
  5. VwGG § 42 gültig von 01.01.1991 bis 30.06.2008 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 330/1990
  6. VwGG § 42 gültig von 05.01.1985 bis 31.12.1990

Beachte


Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
Ra 2022/05/0138 E 14.12.2022
Ra 2022/05/0142 E 14.12.2022
Ra 2022/05/0143 E 14.12.2022

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. Dr. Zehetner und die Hofrätinnen Dr. Leonhartsberger und Dr.in Gröger als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kieslich, über die Revisionen 1. des M S, 2. der M GmbH, 3. der N S und 4.der M GmbH, alle in W, alle vertreten durch Dr. Siegfried Sieghartsleitner, Dr. Michael Pichlmair und Ing. MMag. Michael A. Gütlbauer, Rechtsanwälte in 4600 Wels, Eisenhowerstraße 27, gegen die jeweils am 4. August 2021 mündlich verkündeten und am 13. April 2022 schriftlich ausgefertigten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichts Wien, 1. VGW-011/030/5741/2020-7 (protokolliert zu 1.Ra 2022/05/0137 und 2. Ra 2022/05/0142) und 2. VGW-011/030/5743/2020-7 (protokolliert zu 3.Ra 2022/05/0138 und 4. Ra 2022/05/0143), jeweils betreffend Übertretung der Bauordnung für Wien (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien), zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Erkenntnisse werden jeweils wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat den erst- und drittrevisionswerbenden Parteien jeweils Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Mit Straferkenntnissen der belangten Behörde jeweils vom 25. Februar 2020 wurde über die erst- und drittrevisionswerbenden Parteien gemäß § 135 Abs. 1 iVm § 129 Abs. 2 der Bauordnung für Wien (BO) jeweils eine Strafe in der Höhe von € 1.600,00 (Ersatzfreiheitsstrafe elf Stunden) verhängt. Weiters wurde ihnen jeweils ein Beitrag zu den Kosten des Verwaltungstrafverfahrens in der Höhe von € 160,00 vorgeschrieben. Sie hätten jeweils als handelsrechtliche Geschäftsführer und somit als gemäß § 9 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Zweit- und Viertrevisionswerberin zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Alleineigentümerin einer näher bezeichneten Liegenschaft und der darauf befindlichen baulichen Anlagen in Wien hinsichtlich des Erstrevisionswerbers in der Zeit von 22. Dezember 2018 bis 3. März 2019 und hinsichtlich der Drittrevisionswerberin in der Zeit von 4. März 2019 bis 21. November 2019 insofern nicht dafür gesorgt hätte, dass das Gebäude und die baulichen Anlagen auf dieser Liegenschaft in gutem, der Baubewilligung und den Vorschriften der BO entsprechendem Zustand erhalten worden seien, indem es unterlassen worden sei, die Schimmelbildungen in einem näher angeführten Reihenhaus im Obergeschoß an der Decke des Badezimmers, im Bereich des Fensters des Stiegenhauses und der Ichse Außenwand/Decke sowie im Bereich der Außenmauer im Zimmer Richtung Reihenhaus Nr. 3 bauordnungsgemäß und fachgerecht instand setzen zu lassen. Die Zweit- und Viertrevisionswerberin wurde jeweils gemäß § 9 Abs. 7 VStG zur Haftung für die über ihre Geschäftsführer verhängten Strafen herangezogen.

2        Dagegen erhoben die revisionswerbenden Parteien Beschwerden, in denen im Wesentlichen vorgebracht wurde, der Erstrevisionswerber und die Drittrevisionswerberin hätten kein rechtswidriges Verhalten gesetzt, welches den ihnen zur Last gelegten Verwaltungsstraftatbestand erfüllte. Damit sei auch die Heranziehung der Zweit- und Viertrevisionswerberin zur Haftung verfehlt. Mit der Verwaltung der betroffenen Anlage sei ein Unternehmen der Gebäudeverwaltung beauftragt worden; die Verwalterbestellung umfasse auch die jeweiligen Tatzeiträume. Zudem sei gegen die betroffene Mieterin nicht nur seit 2015 eine Räumungsklage anhängig gewesen, sondern habe ihr befristetes Mietverhältnis jedenfalls spätestens am 30. Oktober 2018 durch Ablauf der Befristung geendet. Die ehemalige Mieterin hätte sich daher im Tatzeitraum grob rechtswidrig, eigenmächtig und titellos im betroffenen Reihenhaus aufgehalten. Wie bereits die drei weiteren - längst geräumten - Reihenhäuser dieses Objektes habe auch das gegenständlich betroffene nicht mehr Wohnzwecken gedient; diese Widmung sei von der alleinigen Eigentümerin aufgegeben worden, weil der gänzliche Abbruch der vier Reihenhäuser geplant und bereits 2017 in die Wege geleitet worden sei; der Abbruch sei nur am grob rechtswidrigen Verhalten der ehemaligen Mieterin des gegenständlichen Reihenhauses gescheitert. Die Weigerung der vormaligen Mieterin, das Objekt zu räumen, könne nicht den Revisionswerbern zur Last gereichen. Jedenfalls ab 1. November 2018 sei kein öffentliches Interesse mehr an der Schimmelbeseitigung vorgelegen, weil mangels aufrechter Wohnnutzung keine Gefahr einer gesundheitlichen Beeinträchtigung von Personen vorgelegen sei. Sicherungsmaßnahmen seien beim grundsätzlich unbewohnten Haus im Zusammenhang mit den „eher geringfügigen Schimmelbildungen“ im Inneren nicht vorzunehmen. Die trotzdem erfolgten Versuche einer Schimmelbeseitigung seien am Verhalten der ehemaligen Mieterin gescheitert, die dem beauftragten Unternehmen den Zutritt in das Haus am 22. August und am 9. Oktober 2019 verweigert habe. Zum Beschwerdevorbringen wurden von den Revisionswerbern entsprechende Zeugeneinvernahmen beantragt.

3        Mit den angefochtenen Erkenntnissen gab das Verwaltungsgericht Wien (im Folgenden: Verwaltungsgericht) gleichlautend den Beschwerden teilweise statt und setzte die Geldstrafe jeweils auf € 450,00 (Ersatzfreiheitsstrafe zwei Stunden) herab. Der Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor der Verwaltungsbehörde wurde jeweils auf € 45,00 reduziert, ein Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens wurde nicht auferlegt. Gemäß § 9 Abs. 7 VStG wurde die Haftung der Zweit- und Viertrevisionswerberin für die verhängten Geldstrafen ausgesprochen. Die ordentliche Revision erklärte das Verwaltungsgericht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG jeweils für nicht zulässig.

4        In den gleichlautenden angefochtenen Erkenntnissen stellte das Verwaltungsgericht jeweils den Verfahrensgang allein durch wörtliche Wiedergabe aus dem jeweiligen Straferkenntnis (diesbezüglich wurde der Spruch - unvollständig - abgebildet) und der jeweiligen Beschwerde - nicht aber des Verhandlungsprotokolls über die verbunden durchgeführte Verhandlung - dar. Als Sachverhalt stellte es den Wortlaut des jeweiligen Straferkenntnisses auszugsweise fest. Beweiswürdigend stützte sich das Verwaltungsgericht ausschließlich darauf, dass das Vorliegen des inkriminierten Sachverhaltes in keinem Stande des Verfahrens bestritten worden sei; bestritten sei lediglich das Verschulden der Erst- und Drittrevisionswerber unter Hinweis auf die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung der Hausverwaltung. Das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht habe ergeben, dass sich die Erst- und Drittrevisionswerber um die Sanierung des gegenständlichen Übelstandes bemüht hätten, weshalb die spruchgemäße Herabsetzung des Strafausmaßes angezeigt gewesen, jedoch schon aus generalpräventiven Überlegungen die beantragte Aufhebung der Straferkenntnisse nicht gerechtfertigt gewesen sei.

5        Rechtlich führte das Verwaltungsgericht nach Zitierung der der Bestrafung zugrunde gelegten Bestimmung des § 129 Abs. 2 BO aus, den Erst- und Drittrevisionswerbern sei der Nachweis einer Beseitigung der Übelstände vor dem Tatzeitraum nicht gelungen, weshalb das Straferkenntnis dem Grunde nach zu bestätigen gewesen sei. Anschließend folgen Ausführungen zur Strafhöhe dahingehend, dass der Unrechtsgehalt der Tat wegen der Gefahr von nachhaltigen Verschlechterungen des Gesundheitszustandes durch die inkriminierte Schimmelbildung als hoch eingestuft werde, auf das Verschulden, das nicht als geringfügig angesehen werden könne, bereits eingegangen worden sei, eine Herabsetzung der Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe lediglich aufgrund der Bemühungen der Erst- und Drittrevisionswerber, eine Sanierung des Übelstandes durchzusetzen, vertretbar sei - dies auch aufgrund des Fehlens einschlägiger Vorstrafen zum Tatzeitpunkt - und angesichts des Umstandes, dass die nunmehr herabgesetzte Strafe lediglich 2 % der Höchststrafe betrage, das Strafausmaß - insbesondere auch im Hinblick auf „die in der Beschwerde geltend gemachten Umstände“ - durchaus angemessen und auch keinesfalls zu hoch sei.

6        Dagegen richten sich die vorliegenden außerordentlichen Revisionen, wobei die eine von den erst- und zweitrevisionswerbenden Parteien, die andere von den dritt- und viertrevisionswerbenden Parteien gemeinsam erhoben wurden.

7        Zur Zulässigkeit wird in den Revisionen unter anderem unter Hinweis auf hg. Rechtsprechung jeweils vorgebracht, das Verwaltungsgericht habe seine Begründungspflicht verletzt, was eine nachprüfende Kontrolle der angefochtenen Erkenntnisse durch den Verwaltungsgerichtshof verunmögliche. Trotz umfassenden Vorbringens samt entsprechenden Beweisanboten seien entsprechende Feststellungen unterblieben; die Feststellungen des Verwaltungsgerichts erschöpften sich in der wörtlichen Übernahme des Spruches des Bescheides der belangten Behörde. Mit dem Beschwerdevorbringen habe sich das Verwaltungsgericht nicht auseinandergesetzt, obwohl der inkriminierte Sachverhalt von den Revisionswerbern konkret bestritten worden sei (wird näher ausgeführt).

8        Die belangte Behörde erstattete in den vom Verwaltungsgerichtshof durchgeführten Vorverfahren Revisionsbeantwortungen, in denen sie jeweils die Zurück-, in eventu die Abweisung der Revisionen beantragt.

9        Der Verwaltungsgerichtshof hat die Revisionen wegen ihres sachlichen und rechtlichen Zusammenhangs zur gemeinsamen Entscheidung verbunden und darüber erwogen:

10       Die Revisionen erweisen sich schon aus dem genannten Zulässigkeitsgrund als zulässig. Sie sind auch begründet.

11       Gemäß § 29 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG sind die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtes zu begründen. Diese Begründung hat, wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, jenen Anforderungen zu entsprechen, die in seiner Rechtsprechung zu den §§ 58 und 60 AVG entwickelt wurden. Auch in Verwaltungsstrafsachen ist gemäß § 38 VwGVG in Verbindung mit § 24 VStG die Begründungspflicht im Sinn des § 58 AVG von Bedeutung (vgl. VwGH 30.7.2019, Ra 2017/05/0001 und 0002; 26.2.2019, Ra 2018/03/0134, mwN).

12       Demnach sind in der Begründung eines Erkenntnisses die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die für die Beweiswürdigung maßgeblichen Erwägungen sowie die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erfordert dies im ersten Schritt die eindeutige, eine Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichende und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zugängliche konkrete Feststellung des der Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhaltes, in einem zweiten Schritt die Angabe jener Gründe, welche das Verwaltungsgericht im Fall des Vorliegens widerstreitender Beweisergebnisse in Ausübung der freien Beweiswürdigung dazu bewogen haben, gerade jenen Sachverhalt festzustellen, und in einem dritten Schritt die Darstellung der rechtlichen Erwägungen, deren Ergebnisse zum Spruch der Entscheidung geführt haben. Diesen Erfordernissen werden die Verwaltungsgerichte zudem (nur) dann gerecht, wenn sich die ihre Entscheidungen tragenden Überlegungen zum maßgebenden Sachverhalt, zur Beweiswürdigung sowie zur rechtlichen Beurteilung aus den verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen selbst ergeben (vgl. etwa wiederum VwGH 30.7.2019, Ra 2017/05/0001 und 0002, mwN).

13       Der Verwaltungsgerichtshof hat weiters bereits wiederholt ausgesprochen, dass die Darstellung des Verwaltungsgeschehens die fehlende Begründung der Entscheidung eines Verwaltungsgerichts nicht zu ersetzen vermag (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes beispielsweise VwGH 5.11.2019, Ra 2019/06/0107 bis 0109; 7.9.2017, Ra 2016/06/0148, jeweils mwN). Das Unterlassen jeglicher argumentativer Auseinandersetzung mit einem Beschwerdevorbringen führt jedenfalls zu einem Begründungsmangel einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtes (vgl. VwGH 22.11.2018, Ro 2017/07/0033 bis 0036).

14       Ein Begründungsmangel führt nach der hg. Rechtsprechung dann zur Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und in weiterer Folge zur Aufhebung durch den Verwaltungsgerichtshof, wenn er entweder die Parteien des Verwaltungsverfahrens und des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens an der Verfolgung ihrer Rechte oder den Verwaltungsgerichtshof an der Überprüfung der angefochtenen Entscheidung auf deren inhaltliche Rechtmäßigkeit hindert. Wird das Verwaltungsgericht den Anforderungen an die Begründung von Erkenntnissen der Verwaltungsgerichte nicht gerecht, so liegt ein Begründungsmangel vor, welcher einen revisiblen Verfahrensmangel darstellt (vgl. nochmals VwGH 30.7.2019, Ra 2017/05/0001 und 0002, mwN).

15       Die angefochtenen Erkenntnisse genügen den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Begründung nicht. Sie erschöpfen sich jeweils - wie bereits oben ausgeführt - in der Darstellung des Verfahrensganges allein durch wörtliche Wiedergabe des Spruchs des jeweiligen Straferkenntnisses und der jeweiligen Beschwerde, gefolgt von einem Auszug aus dem Straferkenntnis als Feststellungen, einer „Beweiswürdigung“, die sich in der aktenwidrigen Behauptung, der Sachverhalt sei nicht bestritten worden, sondern lediglich das Verschulden, erschöpft und ansonsten Erwägungen zur Strafzumessung enthält, und der - aufgrund des Fehlens entsprechender Feststellungen nicht überprüfbaren (siehe dazu unten) - rechtlichen Beurteilung. Dies ist nach der soeben dargestellten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes für eine ordnungsgemäße Begründung eines verwaltungsgerichtlichen Erkenntnisses nicht ausreichend.

16       Fallbezogen haben die Revisionswerber - worauf sie in der Revision zutreffend verweisen - in ihren Beschwerden an das Verwaltungsgericht sachverhaltsbezogenes Vorbringen dahingehend erstattet, dass es sich zu den angenommenen Tatzeiten bereits um ein zum Abbruch vorgesehenes Objekt gehandelt habe, weshalb kein öffentliches Interesse an der Beseitigung der festgestellten Schimmelbildungen bestanden habe. Sicherungsmaßnahmen seien bei einem grundsätzlich unbewohnten Haus nicht vorzunehmen. Mit diesem, im Hinblick auf die Verwirklichung des Tatbildes des § 129 Abs. 2 BO relevanten Vorbringen hat sich das Verwaltungsgericht in den angefochtenen Erkenntnissen in keiner Weise auseinandergesetzt und dazu keine Feststellungen samt Beweiswürdigung getroffen. Dadurch entziehen sich die Erkenntnisse insgesamt der nachprüfenden Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof und vermögen mit ihrer wie dargestellt mangelhaften Begründung die Bestrafung der Erst- und Drittrevisionswerber und die Haftung der Zweit- und Viertrevisionswerberin nicht zu tragen (vgl. zur Beschränkung der Instandhaltungsverpflichtung bei einem zum Abbruch bestimmten Haus VwGH 22.3.1979, 0335/78).

17       Auch stellt die fehlende inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Vorbringen der Revisionswerber, es sei in den angenommenen Tatzeiträumen eine Hausverwaltung mit der ordentlichen Verwaltung der Liegenschaft betraut gewesen, weshalb diese gemäß § 135 Abs. 5 BO anstelle des Eigentümers verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich sei, einen relevanten Feststellungs- und Begründungsmangel dar.

18       Dasselbe gilt in Bezug auf das Tatsachenvorbringen zu fehlendem Verschulden, nämlich dass während der angelasteten Tatzeiträume von den Erst- und Drittrevisionswerbern alles in ihren Kräften Stehende unternommen worden sei, um die angelasteten Baugebrechen zu beheben. Das Verwaltungsgericht berücksichtigte zwar „Bemühungen [...] eine Sanierung des Übelstandes durchzusetzen“, diese Ausführungen sind jedoch mangels entsprechender Feststellungen einer nachprüfenden Kontrolle nicht zugänglich.

19       Die angefochtenen Erkenntnisse erweisen sich daher als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und waren gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

20       Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 53 Abs. 1 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

21       Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 3 VwGG abgesehen werden.

Wien, am 14. Dezember 2022

Schlagworte

Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022050137.L00

Im RIS seit

09.01.2023

Zuletzt aktualisiert am

09.01.2023
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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