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L26002 Lehrer/innen Kärnten;Norm
B-VG Art131 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Höß und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Leitner, über die Beschwerde des Landes Kärnten, vertreten durch den Disziplinaranwalt bei der Disziplinaroberkommission für Landeslehrer beim Amt der Kärntner Landesregierung (Dr. F), gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission für Landeslehrer beim Amt der Kärntner Landesregierung vom 18. September 1995, Zl. LDOK 1/23/1995, betreffend Verhängung der Disziplinarstrafe der Geldstrafe über die mitbeteiligte Partei S in F, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Der Mitbeteiligte steht als Lehrer am Polytechnischen Lehrgang XY in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Kärnten.
Mit dem gemäß § 66 Abs. 4 AVG im Instanzenzug ergangenen, nunmehr angefochtenen Bescheid ("Disziplinarerkenntnis") der Disziplinaroberkommission für Landeslehrer beim Amt der Kärntner Landesregierung (Senat II) vom 18. September 1995 wurde der vom Mitbeteiligten erhobenen Berufung dahingehend Folge gegeben, daß die mit Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission für Landeslehrer beim Amt der Kärntner Landesregierung verhängte Disziplinarstrafe der Entlassung in eine Geldstrafe in der Höhe von fünf Monatsbezügen unter Ausschluß der Haushaltszulage abgeändert wurde.
Das genannte Disziplinarerkenntnis vom 18. September 1995 wurde unter anderem dem Disziplinaranwalt (Dr. F) und der Dienstbehörde (Abteilung 6 - Schulwesen des Amtes der Kärntner Landesregierung) zugestellt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde des Landes Kärnten.
Diese Beschwerde hat - soweit dies für die vorliegende Entscheidung bedeutsam ist - folgenden Inhalt:
"Das Land Kärnten erhebt gemäß Artikel 131 Abs. 1 Ziff. 1 B-VG und den §§ 21 ff VwGH gegen das Erkenntnis der Disziplinaroberkommission für Landeslehrer beim Amt der Kärntner Landesregierung (Senat II) vom 18.9.1995, Zl. LD-OK 1/23/95, wegen Verletzung des gesetzlich gewährleisteten subjektiven Rechtes auf Durchführung eines Disziplinarverfahrens durch unbefangene Verwaltungsorgane gemäß § 7 AVG 1991
B E S C H W E R D E
an den Verwaltungsgerichtshof und stellt die
A N T R Ä G E
der Verwaltungsgerichtshof möge
...
c) gem. § 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994, erkennen, der Bund ist schuldig, die dem Land Kärnten durch das verwaltungsgerichtliche Verfahren entstandenen Kosten ... zu ersetzen.
...
Einen solchen Einwand konnte das Land Kärnten durch seinen bestellten Disziplinaranwalt nicht erheben, da diesem die Zweifel an der vollen Befangenheit des Landesschulinspektors Albin Palasser als Mitglied der Disziplinaroberkommission für Landeslehrer vor Durchführung der mündlichen Berufungsverhandlung nicht zur Kenntnis gebracht wurden.
Dadurch wurde aber der Kärntner Landesregierung als Aufsichtsorgan die rechtliche Möglichkeit genommen, durch aufsichtsbehördliche Maßnahmen dafür zu sorgen, da der Disziplinaroberkommission für Landeslehrer nur solche Personen als Mitglieder angehören, deren volle Unbefangenheit außer jedem Zweifel steht.
...
Aus den dargestellten Gründen ergeht daher nochmals das Ersuchen, den gestellten Anträgen Folge zu geben und das Erkenntnis der Disziplinaroberkommission für Landeslehrer beim Amt der Kärntner Landesregierung vom 18. September 1995, Zl. LD-OK 1/23/95, mit welchem die Disziplinarstrafe der Entlassung des HOL S aus dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Lande Kärnten in eine Geldstrafe umgewandelt wurde, wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit bzw. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Für das Land Kärnten:
Der Disziplinaranwalt der Disziplinaroberkommission:
Für Landeslehrer:
Dr. F"
Nach diesem - auszugsweise wiedergegebenen - Wortlaut der Beschwerde muß davon ausgegangen werden, daß diese vom Land Kärnten erhoben wurde. Dieser Umstand ergibt sich auch aus der auf Seite 1 der Beschwerde ausdrücklich gewählten Bezeichnung "Beschwerdeführer: Land Kärnten, vertreten durch Dr. F, Disziplinaranwalt der Disziplinaroberkommission für Landeslehrer beim Amt der Kärntner Landesregierung" sowie der vordargestellten Fertigungsklausel "Für das Land Kärnten" in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise. Bei dieser Sachlage bleibt für eine am äußerst möglichen Wortsinn orientierte Auslegung des Beschwerdeinhaltes dahin, daß nicht das Land Kärnten, sondern eine andere Person die vorliegende Beschwerde erhoben habe, kein Raum. Die Grenze des äußerst möglichen Wortsinnes darf auch nicht mit anderen Interpretationsmethoden überschritten werden.
Parteistellung als Beschwerdeführer im Beschwerdeverfahren genießt der, der die Beschwerde eingebracht hat. Daran vermag der Umstand, daß dieser Person gegebenenfalls die Beschwerdelegitimation fehlt, nichts zu ändern. Dem Verwaltungsgerichtshof ist es jedenfalls verwehrt, von Amts wegen einen Parteiwechsel dahin zuzulassen, daß abweichend vom Inhalt des Beschwerdeschriftsatzes eine andere Person als das Land Kärnten als Beschwerdeführer behandelt wird.
Vor dem Hintergrund dieser Sach- und Rechtslage waren hinsichtlich der Beschwerdelegitimation die folgenden
Bestimmungen des B-VG in Betracht zu ziehen:
Art. 131 Abs. 1 und 2 B-VG lauten:
"(1) Gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde kann wegen
Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben:
1. Wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, nach Erschöpfung des Instanzenzuges;
2. in den Angelegenheiten der Art. 11, 12, 14 Abs. 2 und 3 und 14a Abs. 3 und 4 sowie in jenen Angelegenheiten, in denen dem Bescheid eines Landes- oder Bezirksschulrates ein kollegialer Beschluß zugrunde liegt, der zuständige Bundesminister, soweit die Parteien den Bescheid im Instanzenzug nicht mehr anfechten können;
3. in den Angelegenheiten des Art. 15 Abs. 5 erster Satz die zuständige Landesregierung gegen Bescheide des zuständigen Bundesministers.
(2) Unter welchen Voraussetzungen auch in anderen als in den in Abs. 1 angeführten Fällen Beschwerden gegen Bescheide von Verwaltungsbehörden wegen Rechtswidrigkeit zulässig sind, wird in dem die einzelnen Gebiete der Verwaltung regelnden Bundes- oder Landesgesetzen bestimmt."
Art. 14 Abs. 2 und 4 lit. a B-VG haben folgenden Wortlaut:
"(2) Bundessache ist die Gesetzgebung, Landessache die Vollziehung in den Angelegenheiten des Dienstrechtes und des Personalvertretungsrechtes der Lehrer für öffentliche Pflichtschulen, soweit im Absatz 4 lit. a nicht anderes bestimmt ist. In diesen Bundesgesetzen kann die Landesgesetzgebung ermächtigt werden, zu genau zu bezeichnenden einzelnen Bestimmungen Ausführungsbestimmungen zu erlassen; hiebei finden die Bestimmungen des Artikels 15 Absatz 6 sinngemäß Anwendung. Durchführungsverordnungen zu diesen Bundesgesetzen sind, soweit darin nichts anderes bestimmt ist, vom Bund zu erlassen.
(4) Landessache ist die Gesetzgebung und die Vollziehung in folgenden Angelegenheiten:
a) Behördenzuständigkeit zur Ausübung der Diensthoheit über die Lehrer für öffentliche Pflichtschulen auf Grund der gemäß Absatz 2 ergehenden Gesetze; in den Landesgesetzen ist hiebei zu bestimmen, daß die Schulbehörden des Bundes in den Ländern und politischen Bezirken bei Ernennungen, sonstigen Besetzungen von Dienstposten und bei Auszeichnungen sowie im Qualifikations- und Disziplinarverfahren mitzuwirken haben. Die Mitwirkung hat bei Ernennungen, sonstigen Besetzungen von Dienstposten und bei Auszeichnungen jedenfalls ein Vorschlagsrecht der Schulbehörde erster Instanz des Bundes zu umfassen."
Der Art. 14 Abs. 9 B-VG bestimmt:
"Auf dem Gebiet des Dienstrechtes der Lehrer, Erzieher und Kindergärtnerinnen gelten für die Verteilung der Zuständigkeiten zur Gesetzgebung und Vollziehung hinsichtlich der Dienstverhältnisse zum Bund, zu den Ländern, zu den Gemeinden und zu den Gemeindeverbänden, soweit in den vorhergehenden Absätzen nicht anderes bestimmt ist, die diesbezüglichen allgemeinen Regelungen der Art. 10 und 21. Gleiches gilt für das Personalvertretungsrecht der Lehrer, Erzieher und Kindergärtnerinnen."
Art. 21 Abs. 1 und 3 B-VG haben folgenden Wortlaut:
"(1) Den Ländern obliegt die Gesetzgebung und die Vollziehung in den Angelegenheiten des Dienstrechtes und des Personalvertretungsrechtes der Bediensteten der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände, soweit für alle diese Angelegenheiten im Abs. 2 und Art. 14 Abs. 2 und Abs. 3 lit. d nicht anderes bestimmt ist. Die in den Angelegenheiten des Dienstrechtes erlassenen Gesetze und Verordnungen der Länder dürfen von den das Dienstrecht regelnden Gesetzen und Verordnungen des Bundes nicht in einem Ausmaß abweichen, daß der gemäß Abs. 4 vorgesehene Wechsel des Dienstes wesentlich behindert wird.
(3) Die Diensthoheit gegenüber den Bediensteten des Bundes wird von den obersten Organen des Bundes, die Diensthoheit gegenüber den Bediensteten der Länder von den obersten Organen der Länder ausgeübt. Gegenüber den beim Rechnungshof Bediensteten wird die Diensthoheit des Bundes vom Präsidenten des Rechnungshofes ausgeübt."
Der Mitbeteiligte steht als Lehrer in einem Dienstverhältnis zum Land Kärnten (Beschwerdeführerin).
Der § 1 des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes (LDG 1984;
BGBl. Nr. 302/1984) bestimmt:
"Dieses Bundesgesetz ist auf die im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zu den Ländern stehenden Lehrer (Landeslehrer) für Volks-, Haupt- und Sonderschulen, für Polytechnische Lehrgänge und für Berufsschulen (einschließlich der hauswirtschaftlichen Berufsschulen) sowie auf die Personen, die einen Anspruch auf Ruhe- (Versorgungs-)Bezug aus einem solchen Dienstverhältnis haben (Art. 14 Abs. 2 B-VG), anzuwenden."
Der § 75 LDG 1984 hat folgenden Wortlaut:
"(1) Parteien im Disziplinarverfahren sind der Beschuldigte und der Disziplinaranwalt, sofern ein solcher zur Vertretung der dienstlichen Interessen im Disziplinarverfahren landesgesetzlich vorgesehen ist.
(2) Dem Disziplinaranwalt wird gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG das Recht eingeräumt, gegen Entscheidungen der Behörde, die landesgesetzlich im Disziplinarverfahren als letzte Instanz vorgesehen ist, Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben."
Der Landesgesetzgeber für Kärnten hat im § 10a des Kärntner Landeslehrer-Diensthoheitsgesetzes (LGBl. Nr. 16/1965 idF LGBl. Nr. 31/1981) folgendes bestimmt:
"Zur Vertretung der dienstlichen Interessen im Disziplinarverfahren sind von der Landesregierung für die Disziplinarkommision und die Disziplinar-Oberkommission aus dem Kreis der rechtskundigen Landesbeamten je ein Disziplinaranwalt und die erforderliche Anzahl von Stellvertretern zu bestellen. Auf die Disziplinaranwälte und die Stellvertreter ist § 4 Abs. 2a bis 2d sinngemäß anzuwenden."
Ausgehend von dieser durch den Bundes- und Landesgesetzgeber geschaffenen Normenlage steht die Befugnis zur Erhebung einer Amtsbeschwerde (Art. 131 Abs. 2 B-VG) gegen die in einem Disziplinarverfahren eines Landeslehrers ergangene letztinstanzliche Entscheidung aber dem Disziplinaranwalt zu. Eine daneben auch dem Land Kärnten im Disziplinarverfahren eines Landeslehrers eingeräumte Befugnis zur Erhebung einer Amtsbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof hat der dazu berufene Gesetzgeber jedoch nicht vorgesehen. Insoweit in der Beschwerde eine Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte des Landes Kärnten behauptet wird, muß eine derartige Rechtsverletzungsmöglichkeit schon deshalb verneint werden, weil dem Land Kärnten keine eigene, GEGEN den Staat gerichtete Interessenssphäre zukommen kann (vgl. dazu beispielsweise das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. März 1994, Zlen. 93/01/0542, 0543; Verfassungsgerichtshof, 15. Juni 1993, B 1392/90, JBl. 1994, 107 ff mit Anm. Pernthaler).
Die vorliegende Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen des Mangels der Berechtigung zu ihrer Erhebung (fehlende Beschwerdelegitimation der Beschwerdeführerin) in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995090292.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
29.04.2010