TE Vfgh Erkenntnis 1993/11/30 B1080/93

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Veröffentlicht am 30.11.1993
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Index

26 Gewerblicher Rechtsschutz
26/02 Marken- und Musterschutz

Norm

StGG Art5
MarkenschutzG 1970 §14
MarkenschutzG 1970 §30

Leitsatz

Keine Verletzung im Eigentumsrecht durch die Abweisung eines Antrags auf Löschung einer Marke wegen Gleichheit oder Ähnlichkeit

Spruch

Die beschwerdeführende Gesellschaft ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin ist schuldig, der beteiligten Partei F M Z Gesellschaft mbH zu Handen ihres Vertreters Rechtsanwalt Dr. J N die mit 15.000 S bestimmten Verfahrenskosten binnen vierzehn Tagen bei sonstigem Zwang zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Bescheid der Nichtigkeitsabteilung des Österreichischen Patentamts vom 19. März 1992, GZ Nm 87/91-3, wurde der Antrag der Fa. T C-C Company, C-C Plaza, Atlanta, Georgia 30301 (USA), auf Löschung der Marke Nr. 130 577 der F M Z Gesellschaft mbH, Dornbirn, aus dem Grund des §30 MarkenschutzG 1970 als unbegründet abgewiesen.

1.2.1. Der dagegen von der Antragstellerin ergriffenen Berufung wurde mit Erkenntnis des Obersten Patent- und Markensenats vom 13. Jänner 1993, Z Om 15/92, nicht Folge gegeben.

1.2.2. In den Entscheidungsgründen hieß es ua.:

"... Gemäß §30 MSchG kann der Antrag auf Löschung einer Marke vom Inhaber einer für dieselben oder für gleichartige Waren früher angemeldeten, noch zu Recht bestehenden Marke gestellt werden, wenn beide Marken gleich oder ähnlich sind.

Gemäß §14 MSchG sind Zeichen ähnlich, wenn die Gefahr besteht, daß sie im geschäftlichen Verkehr verwechselt werden. Maßgebend für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist grundsätzlich die Vorstellung, die sich das Publikum bei flüchtiger Betrachtung in der Eile des Geschäftsverkehrs bildet. Entscheidend ist der dabei entstehende Gesamteindruck, nicht aber eine zergliedernde Betrachtung der einzelnen Zeichenteile. Der Durchschnittsinteressent, der die einander ähnlichen Bezeichnungen so gut wie niemals gleichzeitig nebeneinander sieht, sondern immer nur den Eindruck des später wahrgenommenen Zeichens mit einem mehr oder weniger blassen Erinnerungsbild des anderen Zeichens vergleichen kann, wird fast immer nur einzelne charakteristische und daher auffällige Bestandteile im Gedächtnis behalten (Hohenecker-Friedl, Wettbewerbsrecht 190;

Baumbach-Hefermehl, Warenzeichenrecht12 875 f; OPM PBl 1987, 21;

PBl 1982, 166 ua; OGH ÖBl 1979, 45 und 78; ÖBl 1980, 68; ÖBl 1982, 42; ÖBl 1985, 105 uva). Hiebei dürfen an die Kritikfähigkeit des Durchschnittsinteressenten keine allzu großen Anforderungen gestellt werden. Im Markenrecht kommt es auf den Gesamteindruck jener Abnehmerkreise an, die nach dem Warenverzeichnis der Marke angesprochen sind. Die Verwechslungsgefahr ist sozusagen 'abstrakt', dh an Hand des aus dem Markenregister ersichtlichen Schutzumfanges der Marke zu prüfen (Koppensteiner, Wettbewerbsrecht2, II 159).

Es entspricht einhelliger Lehre und Rechtsprechung, daß beim Ähnlichkeitsvergleich von Wortmarken auf den Wortklang, das Wortbild und den Wortsinn Bedacht genommen und die Verwechslungsgefahr schon dann als gegeben anzusehen ist, wenn die Gefahr einer Verwechslung auch nur nach einem einzigen dieser drei Kriterien besteht. Akustische oder schriftbildliche Nähe der konkurrierenden Markenwörter reicht daher immer dann zur Begründung der Verwechslungsgefahr aus, wenn es sich um Wortgebilde ohne jeden Sinngehalt, also um sogenannte 'absolute Phantasiebezeichnungen' handelt. Ist dagegen zumindest eines der beiden zu vergleichenden Wörter - ohne eine unmittelbare Beziehung zu der betreffenden Ware zu haben - der sprachliche Ausdruck für eine allgemein geläufige Vorstellung, die zwangslose Verkörperung eines bestimmten Begriffes (also eine sogenannte 'relative Phantasiebezeichnung'), dann ist bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr nicht allein auf den Wortklang oder das Wortbild abzustellen, sondern auch auf den Wortsinn Bedacht zu nehmen. In Fällen dieser Art kann der verstandesmäßig erfaßte Sinngehalt eines oder beider Zeichen die Möglichkeit von Verwechslungen nach dem rein akustischen oder optischen Eindruck verringern oder sogar gänzlich ausschließen (OPM PBl 1983, 64; PBl 1974, 85 mwN; Hohenecker-Friedl aaO 194).

Es ist der Vorinstanz beizupflichten, daß im vorliegenden Fall eine Phantasiebezeichnung (FANTA) einer relativen Phantasiebezeichnung (FANTASY) gegenübersteht. Schon dies schließt ausreichend die Verwechslungsgefahr aus, zumal sich die beiden Markenwörter auch nach dem Wortbild und dem Wortklang ausreichend unterscheiden, wie von der Vorinstanz zutreffend dargelegt wurde (vgl. hiezu Baumbach-Hefermehl, Warenzeichenrecht12, 912 zur Nichtverwechselbarkeit von 'SIR' und 'SIRAX'). Auch wenn die ältere Marke in der prioritätsjüngeren Marke enthalten ist, besteht Verwechslungsgefahr nur, wenn die Marke als Abwandlung des Stammzeichens eines anderen Unternehmens aufgefaßt werden kann und deswegen angenommen wird, daß die mit dem abgewandelten Zeichen gekennzeichneten Waren aus demselben Geschäftsbetrieb, der das ältere Zeichen führt, stammen. Diese Verwechslungsgefahr ist nur anzunehmen, wenn die Stammbestandteile beider Zeichen identisch oder zumindest wesensgleich sind (OPM PBl 1991, 193, Baumbach-Hefermehl, Warenzeichenrecht12, 913). Die Übereinstimmung von Lautfolgen und Silben allein rechtfertigt aber noch nicht die Annahme der Abwandlung eines Stammzeichens, wenn das gegenüberstehende Markenwort als eigenständiges Zeichen angesehen wird, es also nach dem Gesamteindruck von der älteren Marke wegführt; dann herrscht keine mittelbare Verwechslungsgefahr. Dies trifft im vorliegenden Fall zu, denn die mit einem Sinngehalt behaftete Bezeichnung 'FANTASY' (etwa auch dahin, daß das solchermaßen bezeichnete Produkt 'phantastisch' wäre) steht der absoluten Phantasiebezeichnung 'FANTA' gegenüber, die für sich allein Assoziationen in Richtung 'Phantasie' oder 'phantastisch' nicht aufkommen läßt. Es besteht damit auch keine Verwechslungsgefahr im Hinblick auf die Herkunft der solchermaßen bezeichneten Waren. Das Argument der Antragstellerin, man könne den Wortstamm ihrer Marke im Plural um den Buchstaben 'S' auf 'FANTAS' ausdehnen, vermag daran nichts zu ändern, weil diese Pluralform im allgemeinen Sprachgebrauch nicht üblich ist. Denn der Kunde verlangt entweder mehrere Flaschen oder Gläser 'FANTA' oder er verlangt mehrere (2, 3 ...) 'FANTA', wie er auch 2, 3 oder mehr 'Gösser' oder 'Obi' und nicht 'Gössers' oder 'Obis' verlangt.

Der ausführliche Hinweis in der Berufung auf die berühmte Marke der Antragstellerin muß - abgesehen davon, daß diese Argumente von der Rechtsprechung nicht anerkannt werden - schon deswegen versagen, weil der Inhaber einer berühmten Marke keine Veranlassung haben wird, diese in einer Richtung abzuwandeln, mit der sie einen Bedeutungswandel erfährt.

Mangels verwechselbarer Ähnlichkeit der streitverfangenen Marken ist der Berufung somit der Erfolg zu versagen."

1.3.1. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die auf Art144 (Abs1) B-VG gestützte Beschwerde der Fa. T C-C Company an den Verfassungsgerichtshof, in der die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Verwaltungsakts begehrt wird.

1.3.2.1. Der Oberste Patent- und Markensenat als belangte Behörde legte dem Verfassungsgerichtshof die Administrativakten aller befaßten Instanzen vor, erstattete aber keine Gegenschrift.

1.3.2.2. Die Verfahrensbeteiligte F M Z Gesellschaft mbH brachte eine Gegenschrift ein, in der sie für eine kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde eintrat.

2. Über die - zulässige - Beschwerde wurde erwogen:

2.1.1. Die Frage, ob die Abweisung eines Antrags auf Löschung einer Marke überhaupt in das Eigentumsrecht der Beschwerdeführerin eingreift, kann auf sich beruhen, denn eine Verletzung dieses Grundrechts käme bei der gegebenen Fallkonstellation bloß dann in Betracht, wenn der belangten Behörde eine - der Gesetzlosigkeit gleichkommende - denkunmögliche Anwendung des Gesetzes zur Last fiele (vgl. etwa VfSlg. 7528/1975, 8010/1977, 9392/1982).

Dies ist jedoch keineswegs der Fall.

Die weitwendigen Beschwerdeausführungen richten sich gegen die von der belangten Behörde gewählte Auslegung des MSchG, der, wie die Durchsicht der - zu Abschnitt 1.2.2. in wesentlichen Teilen wiedergegebenen - Entscheidungsgründe zeigt und die beteiligte Partei in ihrer Gegenschrift zutreffend hervorhebt, kein wie immer gearteter Verstoß gegen die Gesetze des logischen Denkens anhaftet. Ob die bekämpfte Rechtsauffassung, die sich auf Judikatur und Fachliteratur zu stützen vermag, (einfachgesetzlich) richtig ist, hat der Verfassungsgerichtshof im Beschwerdeverfahren nach Art144 B-VG nicht zu untersuchen.

2.1.2. Demgemäß wurde die Beschwerdeführerin im verfassungsgesetzlich verbürgten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums nicht verletzt.

2.2. Die Verletzung eines sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts wurde nicht behauptet und kam auch im Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof nicht hervor.

Ebensowenig entstanden - aus der Sicht dieser Beschwerdesache - verfassungsrechtliche Bedenken gegen die dem bekämpften Bescheid zugrundeliegenden Rechtsvorschriften; die Beschwerdeführerin wurde mithin auch nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt.

2.3. Die Beschwerde war darum als unbegründet abzuweisen.

2.4. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §88 VerfGG 1953. Im zugesprochenen Kostenbetrag ist Umsatzsteuer in der Höhe von 2.500 S enthalten.

2.5. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Markenschutz

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1993:B1080.1993

Dokumentnummer

JFT_10068870_93B01080_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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