TE Dok 2022/8/17 2021-0.715.211

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Veröffentlicht am 17.08.2022
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Norm

BDG 1979 §59 Abs1

Schlagworte

Geschenkannahme

Text

Einstellung des Disziplinarverfahrens

Die Bundesdisziplinarbehörde hat am 17. August 2022 in nicht öffentlicher Beratung beschlossen:

Das Disziplinarverfahren gegen N.N wird gemäß § 118 Abs. 1 Ziffer 2 und 4 BDG eingestellt.

BEGRÜNDUNG

Der Beamte ist Mitarbeiter der Landespolizeidirektion. Die Dienstbehörde erstattete am 30. Juli 2020, Disziplinaranzeige gegen ihn. Mit Einleitungsbeschluss vom 27. August 2020 verfügte die (damalige) Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres wie folgt:

Der Beamte ist verdächtig:

Er habe gemeinsam mit weiteren Beamten am 07.03.2019, im Dienst, an einem Skiausflug teilgenommen und im Hinblick auf seine amtliche Stellung, bzw. Amtsführung Geschenke angenommen und zwar von N.N. die Tageskarte für die Benutzung der Liftanlagen im Werte von ca. € 49,-,vom Bediensteten der Firma N.N., die Übernahme der anteiligen Kosten für den angemieteten Bus.

Strafgerichtliches Verfahren:

Mit Entscheidung der StA, (der BDB am 02. August 2022 zur Kenntnis gebracht) wurde das anhängige Strafverfahren nach §§ 302, 304 und 306 StGB gemäß § 190 Z 1 und Z 2 StPO aus rechtlichen Gründen wie auch aus Beweiserwägungen eingestellt.

Die nunmehr für das Disziplinarverfahren zuständige Bundesdisziplinarbehörde hatte daher zu prüfen, ob der Verdacht der Begehung einer Dienstpflichtverletzung weiterhin besteht, oder ob Gründe für eine Einstellung des Verfahrens vorliegen. Dabei war – ausgehend von der nunmehr vorliegenden straf- und disziplinarrechtlichen Aktenlage - von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Sachverhalt:

Skiausflug 2019

Am 07. März 2019 fand der gemeinsame Skiausflug der Beamten in das Skigebiet statt, der wie bereits in den Jahren zuvor, vom Beamten organisiert wurde. Dazu wurde wiederrum ein Flugblatt ausgehängt, dessen maßgeblicher Text lautete: „Die Liftkosten/Busgruppe: 40,- Euro, ab 20 Teilnehmer eine Karte gratis. Betreffend Buskosten kommt es wieder zu jener Lösung wie im letzten Jahr!“

Der Beamte nahm, wie auch weitere Beamte der PI, sowie einige Polizisten von Nachbardienststellen und mehrere polizeifremde Personen, im Dienst daran teil. Insgesamt waren ca. 40 Personen in das Skigebiet angereist. Sowohl die Kosten für den Bus, als auch jene für 20 Tages-Skikarten wurden von polizeifremden Personen übernommen, was den teilnehmenden Beamten während der Anfahrt zum Skigebiet im Bus bekanntgegeben wurde. Die Buskosten wurden von der Betriebsfeuerwehr der Firma N.N. jene für 20 Tagesskipässe von N.N. übernommen. Die Skipässe wurden bei der Ankunft vom Geschenkgeber an die beiden Organisatoren übergeben, die sie dann an die Polizeibeamten weitergaben. Weitere teilnehmende Polizeibeamte, wie auch polizeifremde Personen bezahlten die Liftkarten offenbar selbst. Der Beamte hatte jedenfalls keine Kosten für Bus und Liftkarten zu übernehmen.

Angaben des Disziplinarbeschuldigten

Der Beamte gab bei seiner niederschriftlichen Einvernahme an, er habe den Skiausflug – nach Terminabsprache mit ChefInsp N.N. ausgeschrieben und dazu eine entsprechende Liste mit den Teilnehmern aufgelegt. Es hätten sich ca. die Hälfte der Belegschaft der PI zur Teilnahme angemeldet. Er habe mehrere Angebote von Busunternehmen eingeholt wobei jenes des Unternehmens (ca. € 700,- bis € 800,-) das günstigste gewesen sei. Sein langjähriger Freund N.N. habe gesagt, dass er bezüglich der Übernahme der Kosten für den Bus fragen werde. Im Februar habe er dann jedenfalls erfahren, dass die Buskosten übernommen würden. Er habe dies seinen Vorgesetzten gemeldet, der damit einverstanden gewesen sei. Ebenfalls im Februar habe er von ChefInsp N.N. erfahren, dass die Kosten für die Liftkarten von N.N. übernommen werden. Im Bus, gleich zu Beginn des Ausflugs, habe er, bzw. der Vorgesetzte eine Durchsage gemacht und sich für die Übernahme der Buskosten bedankt und dabei auch erwähnt, dass die Skikarten bezahlt würden. Seines Wissens haben alle Beamte einen Tagesskipass bekommen; bei den privaten Teilnehmern habe er die Kosten für den Tagesskipass eingehoben.

Die Bundesdisziplinarbehörde hat dazu erwogen:

Auf dieses Verfahren ist die Geschäftsordnung für das Jahr 2020 anzuwenden.

§ 59 Abs. 1 BDG Der Beamtin oder dem Beamten ist es verboten, im Hinblick auf ihre oder seine amtliche Stellung oder Amtsführung für sich oder eine Dritte oder einen Dritten ein Geschenk oder einen sonstigen Vorteil zu fordern oder anzunehmen. Ebenso ist es der Beamtin oder dem Beamten verboten, im Hinblick auf ihre oder seine amtliche Stellung oder Amtsführung sich oder einer oder einem Dritten ein Geschenk oder einen sonstigen Vorteil zu verschaffen oder versprechen zu lassen.

Aus den vor der Staatsanwaltschaft durchgeführten Beweisverfahren ergibt sich zunächst, dass beim jährlichen stattfindenden Skiausflug der PI nicht nur Polizeibeamte dieser PI, sondern auch Privatpersonen einer (gemeinsamen) Stammtischrunde teilgenommen haben. In den Jahren bis einschließlich 2018 wurden die Kosten für die Liftkarten von allen Teilnehmern selbst bezahlt, während die Kosten für den Bus – über Organisation des Beamten, mit Zustimmung seines Vorgesetzten und Intervention eines befreundeten Gastwirtes – übernommen worden waren.

Zu den Buskosten

§ 59 BDG untersagt dem Beamten die Annahme von Geschenken immer dann, wenn sie im Hinblick auf seine amtliche Stellung erfolgt. Der VwGH hat die erforderliche Beziehung zwischen Geschenk und amtlicher Stellung dann als erwiesen angenommen, wenn die erlangte Zuwendung aus einer ausschließlich amtlichen Beziehung zwischen dem Geschenkgeber und dem Beamten resultiert und daneben keine persönliche Beziehung besteht bzw. keine außerdienstlichen Kontakte dargetan werden können, die das Geschenk allenfalls rechtfertigen können. In Anwendung auf den konkreten Fall ergibt sich zweifelsfrei, dass es eine Beziehung zwischen den Organisatoren des Skiausflugs und dem Wirt gab, der wiederum einen anderen Stammgast, für die Übernahme der Kosten für den Bus gewinnen konnte. Eine von der Judikatur geforderte ausschließlich amtliche Beziehung zwischen dem Geschenkgeber und dem Beamten liegt somit nicht vor. Die Voraussetzungen für die Annahme einer Dienstpflichtverletzung liegen daher nicht vor (Einstellung nach § 118 Abs. 1 Ziffer 2 BDG).

Zu den Liftkarten

Wenngleich durch die Übergabe dieser Skipässe an die Organisatoren (dem Beamten) und deren Weitergabe an Dritte, nämlich 20 Polizeibeamte (Teilnehmerliste 2019 ) die geforderte amtliche Beziehung letztlich gegeben ist (im Gegensatz zu den Buskosten liegt hier auch kein gemeinschaftliches Geschenk vor, sondern jeweils einzelne Geschenke an einzelne Empfänger) und es dem Beamten bei strenger Auslegung des § 59 BDG auch zumutbar gewesen wäre, die Annahme der Skikarten zu hinterfragen, bzw. abzulehnen, muss im konkreten Fall auch die vor dem Hintergrund des Ereignisabläufe entstandene Dynamik beachtet werden. Selbst wenn von Polizeibeamten eine besondere Rechtstreue erwartet werden kann, sind die bei einer Verteilung von Geschenken an eine Gruppe von 20 Polizeibeamten entstehenden gruppendynamischen Prozesse, gemeinsam mit der Tatsache, dass der Vorgesetzte und Inspektionskommandant im Range eines Chefinspektors als Organisator auftrat und selbst das Geschenk annahm - was bei lebensnaher Betrachtung durchaus zu einer gewissen Nachlässigkeit der weiteren Geschenknehmer im Hinblick auf ihr Verhalten, führen kann - bei der Beurteilung des Verschuldensgrades jedes einzelnen Beamten zu berücksichtigen. Der erkennende Senat der BDB vertritt die Meinung, dass aufgrund des gesamten Ereignisablaufes, der Besonderheit dieses Falles, die sich auch aus den vielen, sich auf ihren Vorgesetzten verlassenden Geschenknehmern ergibt, wohl nur ein - über das normale Maß hinausgehend - besonders kritischer Beamter die Problematik seines Verhaltens hätte zwingend erkennen müssen. Insgesamt bedarf es spezialpräventiv keiner disziplinarrechtlichen Sanktion nach § 92 BDG, weil bereits aufgrund des durchgeführten Straf- und Disziplinarverfahrens (immerhin bereits seit August 2020) ohne weiteres angenommen werden kann, dass sich der Beamte künftig genau überlegen wird, von wem er welche Geschenke annimmt und sie im Zweifel wohl ablehnen wird. Generalpräventiv ist davon auszugehen, dass die Durchführung dieser Verfahren gegen einen beträchtlichen Teil der Mitarbeiter einer großen Polizeiinspektion wohl der gesamten Polizei bekannt geworden ist und sich insofern auch eine ausreichend abschreckende Wirkung erzielen lässt. Dem Beamten ist nur ein geringes Verschulden anzulasten, welches auch ohne besondere Folgen geblieben ist, weshalb die Voraussetzungen für eine Einstellung des Disziplinarverfahrens nach § 118 Abs. 1 Ziffer 4 BDG gegeben sind.

Zuletzt aktualisiert am

04.01.2023
Quelle: Disziplinarkommissionen, Disziplinaroberkommission, Berufungskommission Dok, https://www.ris.bka.gv.at/Dok
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