Norm
BDG 1979 §43 Abs1Schlagworte
Covid 19 NotmaßnahmenverordnungText
Disziplinarerkenntnis
Die Bundesdisziplinarbehörde hat – nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
Der Beamte. ist gemäß § 126 Abs. 2 BDG schuldig: Er hat es entgegen den Bestimmungen der 5. Covid-19-Notmaßnahmenverordnung vom 22.11.2021 und dem Erlass des BMI GZ 2021-0.817.336, vom 23.11.2021 – im Dienst unterlassen, den verpflichtenden 3-G-Nachweis am Arbeitsplatz vorzulegen.
Der Beamte hat Dienstpflichten nach § 43 Abs. 1 und 2 BDG, nämlich seine dienstlichen Aufgaben treu, gewissenhaft und unter Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen zu verrichten, sowie in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt und§ 44 Abs. 1 BDG, nämlich die Weisungen seiner Vorgesetzten zu befolgen, gemäß § 91 BDG schuldhaft verletzt.
Gemäß § 92 Abs. 1 BDG wird die Disziplinarstrafe des Verweises verhängt. Dem Beschuldigten werden gemäß § 117 Abs. 2 BDG keine Verfahrenskosten vorgeschrieben; die eigenen Kosten hat er selbst zu tragen.
BEGRÜNDUNG
Verwaltungs-Strafverfahren
Die BH hat wegen Übertretung nach § 8 der 5. Covid-19-Notmaßnahmenverordnung eine Verwaltungsstrafe in der Höhe von € 120,- verhängt.
Vorwurf von Dienstpflichtverletzungen
Der Vorwurf von Dienstpflichtverletzungen ergibt sich aus der Disziplinaranzeige der LPD einschließlich Beilagen. Daraus ist folgender Sachverhalt zu entnehmen:
Sachverhalt:
Vorausbemerkungen:
Gemäß § 8 Abs. 2 der 5. Covid-19-Notmaßnahmenverordnung, BGBl. II Nr. 475/2021, dürfen Arbeitsorte an denen physische Kontakte zu anderen Personen nicht ausgeschlossen sind, nur betreten werden, wenn ein 3-G-Nachweis (Impfung gegen Covid 19, Genesung von einer Covid-Erkrankung, PCR/Antigen-Test) erbracht wird. Mit Erlass des BMI GZ 2021-0.817.336 wurde für alle Bediensteten der Landespolizeidirektionen der verpflichtende 3-G-Nachweis am Ort der beruflichen Tätigkeit angeordnet.
Am N.N. war der Beamte von 07:00 bis 19:00 Uhr zu einem Tag-Außendienst eingeteilt. Um 17:00 Uhr führte der Vorgesetzte Offizier des Bezirkspolizeikommandos eine Dienstkontrolle durch und verlangte die Vorlage des 3-G-Nachweises. Der Beamte konnte jedoch keinen gültigen 3-G-Nachweis vorlegen. Er wurde daraufhin vom Dienst abgezogen.
Angaben des Beamten
Der Beamte war geständig und gab an, dass er wegen des starken Schneefalls keinen PCR-Test machen konnte. Er ersuchte um eine milde Strafe.
Plädoyer des Disziplinaranwaltes
Der DA fasste die Ergebnisse des Beweisverfahrens zusammen, subsumierte dies unter die entsprechenden Bestimmungen des BDG und stellte fest, dass der DB Dienstpflichtverletzungen nach 43 Abs. 1 und 2 und 44 Abs. 1 BDG zu verantworten hat. Er beantragte die Verhängung der Disziplinarstrafe der Geldbuße in der Höhe von € 500,-.
Die Bundesdisziplinarbehörde hat dazu erwogen:
Auf dieses Verfahren ist die Geschäftsordnung der Bundesdisziplinarbehörde für das Jahr 2022 anzuwenden.
§ 43 (1) BDG Der Beamte ist verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen.
(2) Der Beamte hat in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.
Der Beamte hat seine Vorgesetzten zu unterstützen, und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen.
475. Verordnung: 5. COVID-19-Notmaßnahmenverordnung – 5. COVID-19-NotMV
§ 2 3G-Nachweis“: Nachweis gemäß Z 1 bis 3 oder ein Nachweis einer befugten Stelle über ein negatives Ergebnis eines Antigentests auf SARS-CoV-2, dessen Abnahme nicht mehr als 24 Stunden zurückliegen darf.
§ 8 (1) Beim Betreten von Arbeitsorten ist darauf zu achten, dass die berufliche Tätigkeit vorzugsweise außerhalb der Arbeitsstätte erfolgen soll, sofern dies möglich ist und Arbeitgeber und Arbeitnehmer über die Arbeitsverrichtung außerhalb der Arbeitsstätte ein Einvernehmen finden.
(2) Arbeitnehmer, Inhaber und Betreiber dürfen Arbeitsorte, an denen physische Kontakte zu anderen Personen nicht ausgeschlossen werden können, nur betreten, wenn sie über einen 3G-Nachweis verfügen. Nicht als Kontakte im Sinne des ersten Satzes gelten höchstens zwei physische Kontakte pro Tag, die im Freien stattfinden und jeweils nicht länger als 15 Minuten dauern.
§ 23 (1) Diese Verordnung tritt mit 22. November 2021 in Kraft und mit Ablauf des 1. Dezember 2021 außer Kraft
BMI GZ 2020-0-817.336 vom 23.11.2021
Mit in Kraft getretenem Lockdown und Wirksamkeit der 5. Covid-19-NotMV gilt:
Der allgemein verpflichtend erforderliche 3-G-Nachweis am Ort der beruflichen Tätigkeit.
Zur Schuldfrage
Das durchgeführte Beweisverfahren hat ergeben, dass der Beamte seine Dienstpflichten schuldhaft verletzt hat. Ihm ist jedoch aufgrund der tatsächlichen Witterungsverhältnisse und des Umstandes, dass er mit seinem Fahrzeug nicht wegfahren konnte, nur ein geringer Schuldvorwurf zu machen.
Dienstpflichtverletzung nach § 43 Abs. 1 BDG
Gemäß § 43 Abs. 1 BDG hat der Beamte seine dienstlichen Aufgaben treu, gewissenhaft und engagiert aus eigenem zu erfüllen. Er muss also während der Ausübung seines Dienstes zunächst die Gesetze beachten (Beachtung der geltenden Rechtsordnung; VwGH 4.9.1990, 88/09/0013) und die ihm übertragenen Aufgaben ordentlich erledigen (treu und gewissenhaft), sowie alles unterlassen, was die Interessen des Dienstgebers schädigen könnte. Die „Beachtung der geltenden Rechtsordnung“ bedeutet darüber hinaus, dass der Beamte bei der Erfüllung der dienstlichen Aufgaben gerichtlich strafbare Handlungen zu unterlassen, also sich selbst so zu verhalten hat, dass er nicht Strafgesetze (Verwaltungsgesetze) verletzt. Er ist auch verpflichtet die Bestimmungen des Covid-19-Maßnahmengesetzes, BGBl I Nr. 12/2020 und der erlassenen Verordnungen zu befolgen.
Der Beamte war gemäß Dienstplanung für Dezember 2021 am 09.12.2021 zu einem 12-stündigen Außendienst eingeteilt. Sowohl Außen- als auch Innendienst in einer Polizeidienststelle bringen es mit sich, dass Kontakt zu anderen Bediensteten, aber auch Parteien besteht. Weiters ist bei Bedarf einzuschreiten, oder sind auch kriminalpolizeiliche Ermittlungen aufzunehmen. Als Beamter einer Polizeiinspektion ist der DB grundsätzlich für die Wahrnehmung aller im Sicherheitspolizeigesetz verankerten Aufgaben zuständig. Die 5. Covid-19-Notmaßnahmenverordnung war daher auf ihn anwendbar und er wäre verpflichtet gewesen den zwingend vorgeschriebenen 3-G-Nachweis vorzulegen. Durch seine Unterlassung hat er in Ausübung des Dienstes die geltende Rechtsordnung missachtet.
Dienstpflichtverletzung nach § 43 Abs. 2 BDG
Gemäß § 43 Abs. 2 BDG ist der Beamte verpflichtet in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit, aber auch des Dienstgebers in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt. Diese Pflicht verletzt der Beamte immer dann, wenn er durch ein inner- oder außerdienstliches Verhalten bei Dritten Bedenken dagegen auslöst, dass er bei der Vollziehung immer rechtmäßig vorgehen werde und damit seine Glaubwürdigkeit einbüßt. Das von dieser Bestimmung geschützte Rechtsgut liegt nach Auffassung des VwGH in der allgemeinen Wertschätzung, die das Beamtentum in der Öffentlichkeit genießt, damit in der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und des dafür erforderlichen Ansehens der Beamtenschaft (VwGH 24.11.1997, 95/09/0348; 15.12.1999, 98/09/0212; 18.4.2002, 2000/09/0176); insofern stellt § 43 Abs. 2 BDG auch eine für alle Beamten gemeinsame Verhaltensrichtlinie dar (VwGH 28.7.2000, 97/09/0324; 16.10.2001, 2000/09/0012) und wird von keinem anderen Tatbestand des Dienstrechts abgedeckt. Wie der Verwaltungsgerichtshof zu § 43 Abs. 2 BDG 1979 bereits wiederholt ausgesprochen hat, lassen die Worte „in seinem gesamten Verhalten“ den Schluss zu, dass hierdurch nicht nur das Verhalten im Dienst gemeint ist, sondern auch außerdienstliches Verhalten, wenn Rückwirkungen auf den Dienst entstehen (vgl. z.B. die Erkenntnisse vom 29.6.1989, Zl. 86/09/0164, sowie vom 31.5.1990, Zl. 86/09/0200 = Slg. N.F. Nr. 13.213/A). Dieser sogenannte Dienstbezug ist dann gegeben, wenn das Verhalten des Beamten bei objektiver Betrachtung geeignet ist Bedenken auszulösen, er werde seine dienstlichen Aufgaben - das sind jene konkreten ihm zur Besorgung übertragenen Aufgaben (besonderer Funktionsbezug), aber auch jene Aufgaben, die jedem Beamten zukommen - nicht in sachlicher (rechtmäßig und korrekt sowie unparteiisch und in uneigennütziger) Weise erfüllen (vgl. dazu z.B. Schwabel/Chilf, Disziplinarrecht der Bundesbeamten, Landeslehrer und Soldaten, zweite Auflage, Fußnote 17 zu § 43 BDG, Seite 7 f). Dabei ist von einer typischen Durchschnittsbetrachtung auszugehen.
Wie der Verwaltungsgerichtshof schon mehrfach entschieden hat, erfordert gerade der Exekutivdienst ein ungetrübtes Vertrauensverhältnis zwischen der Verwaltung und dem Beamten einerseits, sowie der Beamtenschaft und der Öffentlichkeit andererseits (vgl. in dieser Hinsicht beispielsweise die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 31.5.1990, Zl. 86/09/0200, vom 19.12.1996, Zl. 96/09/0153, und vom 7.5.1997, Zl. 95/09/0045). Kraft ihres Amtes sind sie für den Vollzug des Strafrechts und wesentlicher Verwaltungsvorschriften verantwortlich. Sie haben daher in ihrem gesamten Verhalten darauf zu achten, dass sie nicht selbst die von ihnen zu vollziehenden Gesetze und Verordnungen verletzen. Gerade der Polizei kommt im Rahmen der COVID-19 Maßnahmen eine wesentliche Rolle zu, weil es an ihnen liegt, die von der Bundesregierung erlassenen Verordnungen zur Bekämpfung der Pandemie, bzw. der Verhinderung von Infektionen zu vollziehen und durchzusetzen. Polizisten müssen also im Dienst gegen Personen, die die Bestimmungen der Covid-Notmaßnahmenverordnungen nicht einhalten einschreiten und verwaltungsstrafrechtlich vorgehen. Wenn nun ein Polizeibeamter bei der Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben diese Bestimmungen selbst missachtet und den zwingend vorgeschriebenen 3-G-Nachweis nicht erbringt, entsteht in der Allgemeinheit geradezu zwingend der Eindruck, dass die Exekutive die von der Regierung erlassenen Vorschriften nicht mitträgt. Dies ist geeignet das Vertrauen des Bürgers in die Rechtsverbundenheit der Polizei und letztlich auch in einen funktionierenden Staat zu beeinträchtigen. Die Allgemeinheit wird umso weniger bereit sein die verordneten Maßnahmen zur Verhinderung einer weiteren Ausbreitung der Pandemie zu akzeptieren, als sie erkennt, dass sich selbst die Polizei als Träger der staatlichen Ordnung nicht an sie hält. Das Handeln der Polizei und ihrer einzelnen Organe ist insofern für den Bürger Vorbild; jedem Polizeibeamten kommt daher eine wichtige Rolle zu und er ist verpflichtet in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, alles zu vermeiden was das Ziel der Bundesregierung, nämlich die Covid-19-Pandemie möglichst rasch zu überwinden, konterkarieren könnteDienstpflichtverletzungen nach § 44 Abs. 1 BDG
Gemäß § 44 Abs. 1 BDG hat der Beamte die Weisungen seiner Vorgesetzten zu befolgen. Das bedeutet, dass er sowohl die vom Bundesministerium für Inneres verlautbarten Erlässe, sowie auch schriftliche Befehle der zuständigen Landespolizeidirektion und schriftliche oder mündliche Befehle seiner Vorgesetzten zu befolgen hat. Gerade die Befolgung von Weisungen ist in einer Sicherheitsbehörde Voraussetzung dafür, eine dem gesetzlichen Auftrag entsprechende Erfüllung der sicherheits- und kriminalpolizeilichen Aufgaben zu garantieren. Wie auch die Disziplinaroberkommission (bis 31.12.2013) wiederholt entschieden hat, zählen Verletzungen der Dienstpflicht nach § 44 Abs. 1 BDG zu den schwerwiegenden Verfehlungen gegen die grundlegendsten Pflichten im Rahmen eines jeden Beamtendienstverhältnisses und ist die Befolgung von dienstlichen Anordnungen für den ordnungsgemäßen sowie effizienten Ablauf des Dienstes von essentieller Bedeutung.
Auch aus dem oben angeführten Erlass des BMI ist erkennbar, dass der Dienstgeber für Bedienstete des Bundesministeriums für Inneres und damit auch für den DB als Polizeibeamten einer Polizeiinspektion die Vorlage eines 3-G-Nachweises zwingend anordnete. Der DB hat es unterlassen diesen Nachweis zu erbringen und hat seinen Dienst dennoch angetreten.
Strafbemessung - § 93 BDG
Gemäß § 93 Abs. 1 BDG 1979 ist das Maß für die Höhe der Strafe die Schwere der Dienstpflichtverletzung; dabei ist jedoch darauf Bedacht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Zu berücksichtigen sind aber auch die bisherigen dienstlichen Leistungen sowie sein Verhalten im Dienststand und die Qualität der bisherigen Dienstleistung. Der erkennende Senat hat sich nach der Judikatur des VwGH jedenfalls ein umfassendes Bild zu machen und dann eine Prognose zu stellen, inwieweit und in welchem Ausmaße eine Bestrafung notwendig ist. Für die Schwere der Dienstpflichtverletzung ist nicht nur maßgebend, in welchem objektiven Ausmaß gegen Dienstpflichten verstoßen oder der Dienstbetrieb beeinträchtigt wurde, sondern es muss die Bestrafung grundsätzlich in einem angemessenen Verhältnis zum Unrechtsgehalt der Verfehlung stehen und sie muss spezial- und generalpräventiv erforderlich sein. Innerhalb des Schuldrahmens darf keine strengere Strafe verhängt werden, als sie aus Gründen der Spezialprävention notwendig erscheint (VwGH vom 14.11.2007, 2005/09/0115).
Milderungsgründe:
gute Dienstbeschreibung und positive Zukunftsprognose, umfassendes, reuiges Geständnis, Belobigungen, Unbescholtenheit
Es liegt aufgrund der Besonderheit des konkreten Falls eine geringfügige Verletzung von Dienstpflichten vor, die mit einem Verweis geahndet werden konnte. Die gewählte Strafe wird der disziplinär zu ahndenden Dienstpflichtverletzung gerecht, ist schuldangemessen und auch generalpräventiv ausreichend eine genügende abschreckende Wirkung zu erzielen.
Zuletzt aktualisiert am
04.01.2023