Norm
BDG 1979 §43 Abs1Schlagworte
Covid 19 NotmaßnahmenverordnungText
Disziplinarerkenntnis
Die Bundesdisziplinarbehörde hat – nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
Der Beamte ist gemäß § 126 Abs. 2 BDG schuldig: Er hat sich entgegen den Bestimmungen der 5. Covid-19-Notmaßnahmenverordnung vom 14.11.2021 – außer Dienst, in einem Lokal aufgehalten, obwohl der Aufenthalt in Gastgewerbebetrieben nur Personen mit einem entsprechenden 2-G-Nachweis gestattet war und er über keinen solchen Nachweis verfügte und obwohl zu diesem Zeitpunkt ein Lock-down für nicht gegen Covid-19 geimpfte Personen bestand.
Er hat es ab 09:22 Uhr bis 16:17 Uhr unterlassen, den Grund seiner Abwesenheit vom Dienst unverzüglich seinem Vorgesetzten zu melden.
Der Beamte hat seine Dienstpflichten nach § 43 Abs. 2 BDG, nämlich in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt und § 51 Abs. 1 BDG, nämlich seine Abwesenheit vom Dienst unverzüglich zu melden und zu rechtfertigen, gemäß § 91 BDG schuldhaft verletzt.
Gemäß § 92 Abs. 1 Ziffer 2 BDG wird die Disziplinarstrafe der Geldbuße in der Höhe von € 500,- (fünfhundert) verhängt. Dem Beamten werden gemäß § 117 Abs. 2 BDG keine Verfahrenskosten vorgeschrieben; die eigenen Kosten hat er selbst zu tragen.
Verwaltungsstrafverfahren: Die BH verfügte wegen einer Übertretung nach §§ 2 und 6 der 5. Covid-19-Notmaßnahmenverordnung eine Verwaltungsstrafe in der Höhe von € 120,-.
Vorwurf von Dienstpflichtverletzungen
Der Vorwurf von Dienstpflichtverletzungen ergibt sich aus der Disziplinaranzeige der LPD einschließlich Beilagen. Daraus ist folgender Sachverhalt zu entnehmen:
Sachverhalt:
Zu Punkt 1.
Gemäß § 2 Abs. 2 und 4 der 5. Covid-19-Notmaßnahmenverordnung, BGBl. II Nr. 465/2021, wurden Ausgansbeschränkungen für jene Personen erlassen, welche nicht über einen entsprechenden 2-G-Nachweis verfügen. Gemäß § 6 dieser Verordnung war der Aufenthalt in Gastgewerbebetrieben ebenfalls nur Personen mit 2-G-Nachweis erlaubt.
Der Beamte hielt sich im Lokal auf und konsumierte Getränke, obwohl er über keinen entsprechenden 2-G-Nachweis verfügte. Eine Privatperson, die den Beamten und dessen Beruf kannte, erstattete darüber Anzeige beim Kommandanten der PI.
Zu Punkt 2.
Der Beamte war am N.N. in der Zeit von 07:00 bis 19:00 Uhr zu einem 12-stündigen Außendienst eingeteilt. Am N.N. um 16:55 Uhr, übermittelte er dem Vorgesetzten eine Nachricht, wonach ein durchgeführter Antigen-Test positiv sei und er das Ergebnis des PCR-Tests abwarten und vorlegen werde. Der Beamte war damit bis zur Feststellung, bzw. dem Ausschluss einer Covid-19-Infektion gerechtfertigt vom Dienst abwesend. Am N.N. um 09:22 Uhr, erhielt er das negative Ergebnis des PCR-Tests. Der Beamte unterließ es, seine Dienststelle davon zu informieren und den Dienst unverzüglich anzutreten. Nachdem er zunächst telefonisch nicht erreicht werden konnte, rief er um 16:17 Uhr zurück und gab das negative Test-Ergebnis bekannt. Auf die Nachfrage des Vorgesetzten gab er an, dass er „auch so krank“ sei und nicht zum Dienst kommen könne. Eine entsprechende Krankmeldung wurde vorgelegt.
Angaben des Beamten
Der Beamte war geständig und gab an, dass er aus Dummheit so gehandelt habe. Bezüglich der verspäteten Krankmeldung sei es so, dass er die Nachricht der Gesundheitsbehörde erst später gelesen haben, weil er gesundheitlich angeschlagen gewesen sei und geschlafen habe. Er sehe aber ein, dass er auch hier hätte sorgfältiger sein müssen.
Plädoyer des Disziplinaranwaltes
Der DA fasste die Ergebnisse des Beweisverfahrens zusammen, subsumierte dies unter die entsprechenden Bestimmungen des BDG und stellte fest, dass der DB Dienstpflichtverletzungen nach 43 Abs. 1 und 2 und 44 Abs. 1 BDG zu verantworten hat. Er beantragte die Verhängung der Disziplinarstrafe der Geldbuße in der Höhe von € 800,-.
Die Bundesdisziplinarbehörde hat dazu erwogen:
Auf dieses Verfahren ist die Geschäftsordnung der Bundesdisziplinarbehörde für das Jahr 2022 anzuwenden.
§ 43 (2) BDG Der Beamte hat in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.
(1) Der Beamte, der vom Dienst abwesend ist, ohne vom Dienst befreit oder enthoben zu sein, hat den Grund seiner Abwesenheit unverzüglich seinem Vorgesetzten zu melden und seine Abwesenheit zu rechtfertigen.
465. Verordnung:5. COVID-19-Notmaßnahmenverordnung – 5. COVID-19-NotMV
§ 2. (1) Zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 und zur Verhinderung eines Zusammenbruchs der medizinischen Versorgung sind das Verlassen des eigenen privaten Wohnbereichs und der Aufenthalt außerhalb des eigenen privaten Wohnbereichs nur zu folgenden Zwecken zulässig:
1.
Abwendung einer unmittelbaren Gefahr für Leib, Leben und Eigentum,
2.
Betreuung von und Hilfeleistung für unterstützungsbedürftige Personen sowie Ausübung familiärer Rechte und Erfüllung familiärer Pflichten,
3.
Deckung der notwendigen Grundbedürfnisse des täglichen Lebens, wie insbesondere………
4.
berufliche Zwecke und Ausbildungszwecke, sofern dies erforderlich ist,
5.
Aufenthalt im Freien alleine, mit Personen aus dem gemeinsamen Haushalt oder Personen gemäß Z 3 lit. a zur körperlichen und psychischen Erholung,
6.
zur Wahrnehmung von unaufschiebbaren behördlichen oder gerichtlichen Wegen, einschließlich der Teilnahme an öffentlichen Sitzungen der allgemeinen Vertretungskörper und an mündlichen Verhandlungen der Gerichte und Verwaltungsbehörden zur Wahrung des Grundsatzes der Öffentlichkeit,
7.
zur Teilnahme an gesetzlich vorgesehenen Wahlen und zum Gebrauch von gesetzlich vorgesehenen Instrumenten der direkten Demokratie,
8.
zum Zweck des Betretens von Kundenbereichen von Betriebsstätten gemäß § 5 Abs. 2, § 6 Abs. 5 und 6, § 7 Abs. 3 sowie von bestimmten Orten gemäß § 8 Abs. 4, § 9 Abs. 6, § 11 Abs. 1a und 4 und § 12 Abs. 1 und 2 sowie von Einrichtungen gemäß § 20 Abs. 1 Z 1 und 2 und Abs. 2,
9.
zur Teilnahme an Zusammenkünften gemäß § 13 Abs. 1 und 5 sowie § 20 Abs. 1 Z 7.
(2) Zum eigenen privaten Wohnbereich zählen auch Wohneinheiten in Beherbergungsbetrieben sowie in Alten-, Pflege- und Behindertenheimen.
(3) Kontakte im Sinne von Abs. 1 Z 3 lit. a und Abs. 1 Z 5 dürfen nur stattfinden, wenn daran
1.
auf der einen Seite Personen aus höchstens einem Haushalt gleichzeitig beteiligt sind und
2.
auf der anderen Seite nur eine Person beteiligt ist.
(4) Abs. 1 und 2 gilt nicht für Personen, die über einen 2G-Nachweis verfügen und für Kinder bis zum vollendeten zwölften Lebensjahr. Für Kontrollen gilt § 1 Abs. 5 sinngemäß.
§ 6 (1) Der Betreiber von Betriebsstätten sämtlicher Betriebsarten der Gastgewerbe darf Kunden zum Zweck des Erwerbs von Waren oder der Inanspruchnahme von Dienstleistungen des Gastgewerbes nur einlassen, wenn diese einen 2G-Nachweis vorweisen.
§ 24 (1) Diese Verordnung tritt mit 15. November 2021 in Kraft und mit Ablauf des 24. November 2021 außer Kraft
Zur Schuldfrage
Das durchgeführte Beweisverfahren hat ergeben, dass der Beamte seine Dienstpflichten schuldhaft verletzt hat. Es handelt sich um eine Dienstpflichtverletzung mittleren Grades. Dienstpflichtverletzung nach § 43 Abs. 2 BDG
Gemäß § 43 Abs. 2 BDG ist der Beamte verpflichtet in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit, aber auch des Dienstgebers in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt. Diese Pflicht verletzt der Beamte immer dann, wenn er durch ein inner- oder außerdienstliches Verhalten bei Dritten Bedenken dagegen auslöst, dass er bei der Vollziehung immer rechtmäßig vorgehen werde und damit seine Glaubwürdigkeit einbüßt. Das von dieser Bestimmung geschützte Rechtsgut liegt nach Auffassung des VwGH in der allgemeinen Wertschätzung, die das Beamtentum in der Öffentlichkeit genießt, damit in der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und des dafür erforderlichen Ansehens der Beamtenschaft (VwGH 24.11.1997, 95/09/0348; 15.12.1999, 98/09/0212; 18.4.2002, 2000/09/0176); insofern stellt § 43 Abs. 2 BDG auch eine für alle Beamten gemeinsame Verhaltensrichtlinie dar (VwGH 28.7.2000, 97/09/0324; 16.10.2001, 2000/09/0012) und wird von keinem anderen Tatbestand des Dienstrechts abgedeckt. Wie der Verwaltungsgerichtshof zu § 43 Abs. 2 BDG 1979 bereits wiederholt ausgesprochen hat, lassen die Worte „in seinem gesamten Verhalten“ den Schluss zu, dass hierdurch nicht nur das Verhalten im Dienst gemeint ist, sondern auch außerdienstliches Verhalten, wenn Rückwirkungen auf den Dienst entstehen (vgl. z.B. die Erkenntnisse vom 29.6.1989, Zl. 86/09/0164, sowie vom 31.5.1990, Zl. 86/09/0200 = Slg. N.F. Nr. 13.213/A). Dieser sogenannte Dienstbezug ist dann gegeben, wenn das Verhalten des Beamten bei objektiver Betrachtung geeignet ist Bedenken auszulösen, er werde seine dienstlichen Aufgaben - das sind jene konkreten ihm zur Besorgung übertragenen Aufgaben (besonderer Funktionsbezug), aber auch jene Aufgaben, die jedem Beamten zukommen - nicht in sachlicher (rechtmäßig und korrekt sowie unparteiisch und in uneigennütziger) Weise erfüllen (vgl. dazu z.B. Schwabel/Chilf, Disziplinarrecht der Bundesbeamten, Landeslehrer und Soldaten, zweite Auflage, Fußnote 17 zu § 43 BDG, Seite 7 f). Dabei ist von einer typischen Durchschnittsbetrachtung auszugehen.
Wie der Verwaltungsgerichtshof schon mehrfach entschieden hat, erfordert gerade der Exekutivdienst ein ungetrübtes Vertrauensverhältnis zwischen der Verwaltung und dem Beamten einerseits, sowie der Beamtenschaft und der Öffentlichkeit andererseits (vgl. in dieser Hinsicht beispielsweise die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 31.5.1990, Zl. 86/09/0200, vom 19.12.1996, Zl. 96/09/0153, und vom 7.5.1997, Zl. 95/09/0045). Kraft ihres Amtes sind sie für den Vollzug des Strafrechts und wesentlicher Verwaltungsvorschriften verantwortlich. Sie haben daher in ihrem gesamten Verhalten darauf zu achten, dass sie nicht selbst die von ihnen zu vollziehenden Gesetze und Verordnungen verletzen. Gerade der Polizei kommt im Rahmen der COVID-19 Maßnahmen eine wesentliche Rolle zu, weil es an ihnen liegt, die von der Bundesregierung erlassenen Verordnungen zur Bekämpfung der Pandemie, bzw. der Verhinderung von Infektionen zu vollziehen und durchzusetzen. Polizisten müssen also im Dienst gegen Personen, die die Bestimmungen der Covid-Notmaßnahmenverordnungen nicht einhalten einschreiten und verwaltungsstrafrechtlich vorgehen. Wenn nun ein Polizeibeamter außer Dienst diese Bestimmungen selbst missachtet und den verfügten Lock-down für Ungeimpfte nicht beachtet, sowie ein Gasthaus, ohne über den zwingend vorgeschriebenen 2-G-Nachweis zu verfügen, besucht, entsteht in der Allgemeinheit geradezu zwingend der Eindruck, dass die Exekutive die von der Regierung erlassenen Vorschriften nicht mitträgt. Dies ist geeignet das Vertrauen des Bürgers in die Rechtsverbundenheit der Polizei und letztlich auch in einen funktionierenden Staat zu beeinträchtigen. Die Allgemeinheit wird umso weniger bereit sein die verordneten Maßnahmen zur Verhinderung einer weiteren Ausbreitung der Pandemie zu akzeptieren, als sie erkennt, dass sich selbst die Polizei als Träger der staatlichen Ordnung nicht an sie hält. Das Handeln der Polizei und ihrer einzelnen Organe ist insofern für den Bürger Vorbild; jedem Polizeibeamten kommt daher eine wichtige Rolle zu und er ist verpflichtet in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, alles zu vermeiden was das Ziel der Bundesregierung, nämlich die Covid-19-Pandemie möglichst rasch zu überwinden, konterkarieren könnte. Vor dem Hintergrund dieser Betrachtung besteht daher der Verdacht einer nicht unwesentlichen Dienstpflichtverletzung nach § 43 Abs. 2 BDG.
Dienstpflichtverletzungen nach § 51Abs. 1 BDG
Gemäß § 51 Abs. 1 BDG hat ein Beamter, der vom Dienst abwesend ist, ohne vom Dienst befreit zu sein, den Grund seiner Abwesenheit unverzüglich zu melden. Aus der Aktenlage ergibt sich, dass der Beamte – wegen des positiven Antigen-Tests – zunächst gerechtfertigt war, seinen geplanten Dienst um 07:00 Uhr nicht anzutreten. Er wäre aber verpflichtet gewesen, unverzüglichnach Bekanntwerden des negativen PCR-Tests (um 09:22 Uhr) den Dienst anzutreten, bzw. allfällige Hinderungsgründe bekanntzugeben. Dies hat er unterlassen; erst nachdem er um 16:17 Uhr mit dem unterlassenen Dienstantritt konfrontiert worden war, gab er an erkrankt zu sein. Der Beamte war in der Zeit von 09:22 Uhr bis 16:17 Uhr ungerechtfertigt vom Dienst abwesend.
Strafbemessung - § 93 BDG
Gemäß § 93 Abs. 1 BDG 1979 ist das Maß für die Höhe der Strafe die Schwere der Dienstpflichtverletzung; dabei ist jedoch darauf Bedacht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Zu berücksichtigen sind aber auch die bisherigen dienstlichen Leistungen sowie sein Verhalten im Dienststand und die Qualität der bisherigen Dienstleistung. Der erkennende Senat hat sich nach der Judikatur des VwGH jedenfalls ein umfassendes Bild zu machen und dann eine Prognose zu stellen, inwieweit und in welchem Ausmaße eine Bestrafung notwendig ist. Für die Schwere der Dienstpflichtverletzung ist nicht nur maßgebend, in welchem objektiven Ausmaß gegen Dienstpflichten verstoßen oder der Dienstbetrieb beeinträchtigt wurde, sondern es muss die Bestrafung grundsätzlich in einem angemessenen Verhältnis zum Unrechtsgehalt der Verfehlung stehen und sie muss spezial- und generalpräventiv erforderlich sein. Innerhalb des Schuldrahmens darf keine strengere Strafe verhängt werden, als sie aus Gründen der Spezialprävention notwendig erscheint (VwGH vom 14.11.2007, 2005/09/0115).
Milderungsgründe: Dienstbeschreibung und positive Zukunftsprognose, umfassendes, reuiges Geständnis, Unbescholtenheit
Es liegt eine mittelgradige Verletzung von Dienstpflichten vor, die mit einer Geldbuße geahndet werden konnte. Die gewählte Strafe wird der disziplinär zu ahndenden Dienstpflichtverletzung gerecht, ist schuldangemessen und auch generalpräventiv ausreichend eine genügende abschreckende Wirkung zu erzielen.
Zuletzt aktualisiert am
04.01.2023