TE Vwgh Erkenntnis 1996/1/23 95/08/0163

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Veröffentlicht am 23.01.1996
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

ABGB §829;
ABGB §833;
ABGB §839;
AlVG 1977 §24 Abs2;
AlVG 1977 §25 Abs1;
AlVG 1977 §33 Abs2;
AlVG 1977 §36 Abs3;
AlVG 1977 §38;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Novak, Dr. Sulyok und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des F in X, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in L, gegen den aufgrund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des AMS NÖ vom 28. April 1995, Zl. IVc 7022/7100 B, VN 1618 220755, betr Widerruf und Rückforderung von Notstandshilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht - mit kurzen Unterbrechungen - seit 1983 im Bezug von Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung, im Zeitraum vom 1. November 1990 bis 30. Juni 1994 im Bezug von Notstandshilfe. Aufgrund einer anonymen Anzeige ermittelte das Arbeitsamt Amstetten im Jahre 1994, daß der Beschwerdeführer Hälfteeigentümer der Liegenschaft X und - aufgrund eines Kaufvertrages vom 23. Mai 1989 - Hälfteeigentümer der Liegenschaften EZ 124 der KG O (einer "Baufläche" im Ausmaß von 69 m2) sowie EZ 125 der KG O, bestehend aus dem Grundstück Nr. 369, Baufläche, im Ausmaß von 286 m2, Wohnhaus Y, I2, sei. Ausweislich des aktenkundigen Kaufvertrages vom 23. Mai 1989 erwarb der Beschwerdeführer die zuletzt genannte Liegenschaft gemeinsam mit seinen Geschwistern AG und RG (diese je als Vierteleigentümer). Einer Auskunft des Marktgemeindeamtes Y vom 14. Juli 1994 zufolge ist die Liegenschaft I2 seit 22. Oktober 1990 an wechselnde Personen vermietet. Der Beschwerdeführer gab anläßlich seiner Einvernahme am 18. Juni 1994 vor dem Arbeitsamt Amstetten an, daß das Haus in X seinem Bruder Gottfried und ihm je zur Hälfte gehöre, aber nur von Familienangehörigen bewohnt würde. Es wohne dort keine fremde Person und es seien auch nie Zimmer vermietet worden. Das Haus in Y habe er gemeinsam mit seiner Schwester AG und seinem Bruder RG 1989 gekauft. Die finanziellen Mittel zur Renovierung des Hauses seien gemeinsam erbracht worden. Die erste Vermietung an fremde Personen sei 1990 erfolgt. Mietverträge seien immer auf ein Jahr befristet gewesen und zwischen dem Bruder oder der Schwester des Beschwerdeführers und den Mietern abgeschlossen worden. Der Beschwerdeführer habe nie einen Mietvertrag abgeschlossen. Die drei Geschwister als Besitzer hätten auch zugestimmt, daß "Verwandte kurzfristig (monatlich) angemeldet wurden". Er als Mitbesitzer habe nichts dagegen gehabt, daß seine zwei Geschwister das Haus jährlich vermieten. Die Mieteinnahmen bezögen nach wie vor nur die zwei Geschwister. Er habe noch nie, weder von den Vermietern (Geschwister) noch von den Mietern, Mietzins erhalten. Sollte sich diesbezüglich etwas ändern, werde er dies umgehend melden.

Der Beschwerdeführer legte Mietverträge vor, denen zufolge ein Mietgegenstand in der Größe von rund 70 m2 vom 1. Oktober 1990 bis 31. März 1991 bzw. vom 1. Oktober 1991 bis 31. März 1992 um einen Hauptmietzins von monatlich S 2.500,--, vom 1. Jänner 1993 bis 30. Juni 1993 und vom 1. Dezember 1993 bis 31. November 1994 um einen Hauptmietzins von S 2.700,-- von AG an einen Mieter namens M vermietet worden ist. Weiters wurde ein Bestandgegenstand von 65 m2 von AG an einen Mieter namens Z für die Dauer von zwölf Monaten vom 1. August 1992 bis 31. Juli 1993 um einen Hauptmietzins von monatlich S 2.900,-- vermietet, ferner von RG an S ein Mietgegenstand von 75 m2 vom 1. August 1992 bis 1. Juli 1993 um einen Hauptmietzins von S 2.900,--. Der Bruder und die Schwester des Beschwerdeführers bestätigten dessen Angaben in Niederschriften vom 18. Juli 1994 als "voll der Wahrheit" entsprechend.

Mit Bescheid vom 14. Dezember 1994 hat das Arbeitsamt Amstetten den Notstandshilfebezug des Beschwerdeführers für den Zeitraum vom 1. November 1990 bis 30. Juni 1994 "widerrufen bzw. die Bemessung rückwirkend berichtigt" und diesen gemäß § 38 in Verbindung mit § 25 Abs. 1 AlVG zur Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Notstandshilfe im Gesamtbetrag von S 116.359,-- verpflichtet, die in monatlichen Raten von S 2.500,-- ab 1. Oktober 1994 zu entrichten sei. Nach der Begründung dieses Bescheides habe der Beschwerdeführer die Vermietung seines Hauses in Y dem Arbeitsamt nicht gemeldet. Ein Betrag von S 3.998,-- sei bereits einbehalten worden, sodaß noch S 112.361,-- aushafteten. Bei Versäumnis einer Rate werde die gesamte aushaftende Schuld fällig.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er vorbrachte, er habe die Miete für seinen "anteiligen Anteil" nicht bekommen. Die Mietverträge, die dem Arbeitsamt sofort vorgelegt worden seien, seien "auf den Namen R und A ausgestellt". Weiters sei bei Einvernahmen beim Arbeitsamt von den Mitbesitzern des Beschwerdeführers seine Aussage bestätigt worden. Er sei seit 1994 (gemeint offenbar: 1983) arbeitslos und werde andauernd vermittelt, aber ohne Erfolg. Ein Mieter habe nur drei Monate bezahlt, habe aber zweieinhalb Jahre in der Wohnung gewohnt. Es seien nur Kosten entstanden durch "Anwalt, Gericht etc.". Der Beschwerdeführer habe jetzt eine Teilzeitbeschäftigung, in der er S 5.800,-- brutto verdiene.

In einem weiteren Schriftsatz, den der nunmehrige Beschwerdevertreter einbrachte, trug der Beschwerdeführer im Berufungsverfahren vor, daß die Behörde erster Instanz ihren Bescheid unzureichend begründet habe. Sie habe nicht einmal dezidiert festgestellt, daß Einkünfte aus der Vermietung des Hauses dem Beschwerdeführer zukämen, weshalb schon unter Zugrundelegung des von der Behörde erster Instanz angenommenen Sachverhaltes der Auftrag zur Rückerstattung rechtlich verfehlt sei. Alle Mietverträge seien von der Schwester bzw. dem Bruder des Beschwerdeführers mit den jeweiligen Mietern abgeschlossen worden und es hätten auch diese allein die Mietzahlungen vereinnahmt. Er habe die betreffenden Mietverträge in Kopie vorgelegt. Dies hätten auch seine Geschwister als richtig bestätigt. Es seien auch keine anderen Beweismittel vorhanden, die belegen würden, daß der Beschwerdeführer Einkünfte aus der Vermietung des Hauses habe. Es werde daher der Antrag gestellt, den Bescheid des Arbeitsamtes ersatzlos zu beheben. Die Berufungsbehörde veranlaßte die Beischaffung von Grundbuchsauszügen vom 9. Februar 1995, aus denen ersichtlich ist, daß der Beschwerdeführer die Liegenschaft EZ 124 der KG O (I1) mit einer Fläche von 53 m2 zur Gänze und die Liegenschaft EZ 125 (I2) mit einer Fläche von 286 m2 zu 3/4 Anteilen zu eigen hat.

Mit Bescheid vom 28. April 1995 entschied die belangte Behörde wie folgt:

"1. Für die Zeit vom 1.10.1990 bis 31.7.1992 wird die Bemessung der Notstandshilfe wegen nachträglicher Anrechnung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 38 iVm § 24 Abs. 2 AlVG rückwirkend berichtigt. Ab 1.8.1992 bis 3.10.1994 wird die Zuerkennung der Notstandshilfe wegen nachträglicher Anrechnung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 38 iVm § 24 Abs. 2 AlVG widerrufen.

2. Der aus dieser rückwirkenden Berichtigung und aus dem Widerruf resultierende Übergenuß in der Höhe von S 229.227,-- wird gemäß § 38 iVm § 25 Abs. 1 AlVG zum Rückersatz vorgeschrieben.

3. Dieser Betrag ist in 91 Raten a S 2.500,-- und einer Rate a S 1.727,-- beginnend ab dem dieser Bescheidzustellung folgenden Monatsersten zu tilgen. Im Falle des Ausbleibens einer Teilzahlung tritt die Fälligkeit des gesamten noch aushaftenden Betrages ein und es kann die sofortige Entrichtung aller noch aushaftenden Beträge verlangt werden."

Die belangte Behörde begründet nach einem Hinweis auf die von ihr angewendeten Rechtsvorschriften und einer Darstellung des Verfahrensganges diesen Bescheid damit, daß an der Adresse I2 Wohnungen vom 1. Oktober 1990 bis 30. November 1994 vermietet worden seien, wobei - auch im Hinblick auf die vorliegenden Meldedaten - ungeachtet der Lückenhaftigkeit der vorgelegten Mietverträge von durchgehenden Mietverhältnissen auszugehen sei. Das Haus I2 stehe zu drei Viertel im Miteigentum des Beschwerdeführers. Gemäß § 829 ABGB sei jeder Teilhaber vollständiger Eigentümer seines Anteiles und könne über diesen auch frei verfügen. Nach § 839 ABGB würden die gemeinschaftlichen Nutzungen und Lasten nach dem Verhältnis der Anteile ausgemessen. Im Zweifel werde jeder Anteil gleich groß angesehen. Wer das Gegenteil behaupte, müsse es beweisen. Es sei insofern davon auszugehen, daß der Beschwerdeführer "drei Viertel des Fruchtgenusses, sprich der Mieteinnahmen aus dem Haus I2 eingenommen hat". Da an eine Familie ab Oktober 1990 eine Wohnung gegen ein Entgelt von zumindest S 2.500,-- vermietet worden sei, seien von Oktober 1990 bis inklusive Juli 1992 drei Viertel der Gesamteinnahmen in der Höhe von S 55.000,--, somit S 41.250,-- auf den Notstandshilfebezug des Beschwerdeführers anzurechnen. Ab August 1992 sei zusätzlich an eine weitere Familie gegen eine Miete von S 2.900,-- und einen näher bezeichneten Herrn gegen ein monatliches Entgelt in der Höhe von S 2.900,-- vermietet worden. Da drei Viertel dieser Gesamtmieteinnahmen den monatlichen Notstandshilfeanspruch des Beschwerdeführers überstiegen, sei die Zuerkennung des gesamten Notstandshilfebezuges für die Zeit vom 1. August 1992 bis 3. Oktober 1994 zu widerrufen und der Betrag in der Höhe von S 187.977,-- zur Rückerstattung vorzuschreiben gewesen. Aus der nachträglichen Anrechnung der Mieteinnahmen von Oktober 1990 bis inklusive Juni 1992 in einer Gesamthöhe von S 41.250,-- und aus dem Widerruf der Zuerkennung der Notstandshilfe vom 1. August 1992 bis 3. Oktober 1994 in der Höhe von S 187.977,-- ergebe sich für den Beschwerdeführer eine Verpflichtung zur Rückerstattung von einem Gesamtbetrag von S 229.227,--.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der erstinstanzliche Bescheid vom 14. Dezember 1994 enthält einen Widerruf des Notstandshilfebezuges des Beschwerdeführers für den Zeitraum vom 1. November 1990 bis 30. Juni 1994. Zufolge der Zeitraumbezogenheit dieses Abspruchs (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. Oktober 1991, Zl. 91/08/0036) ist nur dieser Zeitraum Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Soweit der angefochtene Bescheid daher einen Widerruf der Notstandshilfe auch für die Zeiträume vom 1. Oktober bis 31. Oktober 1990 und vom 1. Juli bis 3. Oktober 1994 verfügt, ist er wegen Überschreitung der "Sache" im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG rechtswidrig; er war daher insoweit schon deshalb wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides bringt der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, die Regelungen der §§ 829 ff ABGB seien lediglich dispositiver Natur. Wie er bereits ausgesagt und vorgebracht habe, sei "diese Regelung nicht Gegenstand des Rechtsverhältnisses zwischen den Miteigentümern im vorliegenden Fall geworden". Es stehe seinen Geschwistern und ihm frei, über die Anteile nach Belieben zu verfügen. Dadurch, daß die belangte Behörde auf die Glaubwürdigkeit seiner Aussage und der Aussagen seiner Schwester und seines Bruders nicht eingegangen sei, sei ihr auch ein Begründungsmangel unterlaufen.

Damit macht der Beschwerdeführer der Sache nach - wie im Zusammenhang mit seinem Vorbringen im Verwaltungsverfahren erkennbar ist - weiterhin geltend, daß ihm im Hinblick darauf, daß die Mietverträge im Hause I2 stets von seiner Schwester oder seinem Bruder abgeschlossen worden seien und er daraus auch nie Geld erhalten habe, aus diesen Vermietungen auch kein Einkommen anzurechnen sei.

Die Frage, in welchem Ausmaß ein Miteigentümer an den Erträgen der gemeinschaftlichen Liegenschaft Anteil hat, ist nicht aus § 829 ABGB zu lösen, wie die belangte Behörde zu Unrecht annimmt, räumt doch diese Bestimmung jedem Teilhaber lediglich die freie Verfügbarkeit über seinen ideellen Anteil und dessen Ertrag ein. Richtig ist hingegen die Bezugnahme der belangten Behörde auf § 839 ABGB, wonach die gemeinschaftlichen Nutzungen und Lasten nach dem Verhältnis der Anteile ausgemessen werden. Die Beweislastregel des zweiten Satzes kommt - entgegen den Ausführungen in der Beschwerde - schon deshalb von vornherein nicht zur Anwendung, da das Ausmaß der Anteile im Beschwerdefall zufolge der entsprechenden grundbücherlichen Eintragungen eindeutig feststeht. Die hier allein maßgebende Zurechnung der Nutzungen und Lasten aus dem gemeinschaftlichen Miteigentum im Sinne des § 839 ABGB ist von der Frage zu unterscheiden, welche Verfügungen der Beschwerdeführer (aufgrund seines Rechtes gemäß § 829 ABGB) darüber in weiterer Folge getroffen hat.

Allerdings hat die belangte Behörde übersehen - und insoweit ist die Beschwerde im Recht - daß der Beschwerdeführer nicht während des gesamten Widerrufszeitraumes 3/4-Eigentümer der gegenständlichen Liegenschaft gewesen ist. Aus dem vorliegenden Grundbuchsauszug in Verbindung mit dem aktenkundigen Kaufvertrag vom 23. Mai 1989 geht vielmehr hervor, daß der Beschwerdeführer zunächst nur einen Hälfteanteil an der Liegenschaft EZ 125 und erst in einem weiteren Kaufvertrag vom 23. November 1993, der erst im Jahre 1994 (zu Zl. 450/94) grundbücherlich durchgeführt wurde, weitere Anteile erworben hat, die - nach der unter einem erfolgten Zusammenziehung der Anteile - nunmehr einen Eigentumsanteil von drei Viertel (neben einem 1/4-Anteil seiner Schwester) ergeben. Die belangte Behörde hätte dem Beschwerdeführer daher nicht für den gesamten Zeitraum 3/4 der Mieteinnahmen zurechnen dürfen.

Die belangte Behörde ist allerdings im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, daß dem Beschwerdeführer die Mieterträge aus den Bestandobjekten rechtlich ungeachtet des Umstandes zugeflossen sein könnten, daß die Mietverträge als Vermieter nur jeweils seine Schwester oder seinen Bruder nennen. Ist die im Miteigentum stehende Sache zur Benützung durch Dritte bestimmt (wie der Beschwerdeführer nicht bestreitet, hat er doch im Verwaltungsverfahren selbst eingeräumt, der Vermietung zugestimmt zu haben), so stellt die Vermietung oder Verpachtung zu ortsüblichen Bedingungen an einen Dritten eine Angelegenheit der ordentlichen Verwaltung dar, zu der der Verwalter bzw. die Mehrheit der Miteigentümer (mit Wirkung für alle) berechtigt sind (vgl. § 833 ABGB sowie Würth in Rummel I2, RdZ 9 zu §§ 1092 bis 1094). Schließt ein Miteigentümer einen Hauptmietvertrag ab (und um Hauptmietverträge handelt es sich bei den gegenständlichen Mietverträgen nach deren ausdrücklichem Wortlaut), so handelt er dabei, selbst wenn er dies nicht zum Ausdruck bringt, im Zweifel als Vertreter derjenigen, mit denen allein ein Hauptmietvertrag wirksam zustande kommen kann, also sämtlicher Eigentümer. Mangels einer gegenteiligen Erklärung muß das Auftreten des vermietenden Miteigentümers dahin verstanden werden, daß er damit auch die anderen Eigentümer verpflichten wollte. Wer einen Vertrag als Vertreter eines anderen abschließt, muß dies zwar dem Partner gegenüber eindeutig zum Ausdruck bringen, es genügt aber, daß der Vertretungswille des Handelnden schon aus den Umständen klar erkennbar ist. Wollte ein Miteigentümer trotz seiner Berechtigung, im Namen der Eigentümergemeinschaft zu handeln, einen Mietvertrag nur im eigenen Namen abschließen, dann müßte er das dem Mieter deutlich erklären, damit diesem bewußt werden kann, daß er zwar einen vertraglichen Anspruch gegen seinen Partner erwirbt, die übrigen Miteigentümer aber an den Vertrag nicht gebunden sind und gegen ihn mit Räumungsklage vorgehen können (OGH in MietSlg. 41062 mit weiteren Hinweisen).

Wenn also - wie hier - die beiden Geschwister des Beschwerdeführers mit Wissen und Willen sowie mit Zustimmung des Beschwerdeführers Hauptmietverträge hinsichtlich des im gemeinschaftlichen Miteigentum stehenden Wohnhauses I2 abgeschlossen und gegenüber den Mietern nicht ausdrücklich Gegenteiliges zum Ausdruck gebracht haben (was der Beschwerdeführer selbst nicht behauptet), so sind diese Hauptmietverträge auch mit dem Beschwerdeführer zustande gekommen.

Die belangte Behörde hat allerdings zu Unrecht die Behauptungen des Beschwerdeführers unbeachtet gelassen, daß die Mieteinnahmen mit seiner Zustimmung zur Gänze den beiden anderen Miteigentümern verblieben seien. Eine von den Miteigentumsverhältnissen abweichende Zurechnung von Mieteinkünften wäre nämlich dann denkbar, wenn zwischen den Miteigentümern anderslautende Vereinbarungen, wie z.B. die Einräumung eines Fruchtgenußrechtes oder zumindest eines mit einer freien Verfügung verbundenen Benützungsrechtes (vgl. MietSlg. 32.091) für einen Miteigentümer an einer bestimmten Wohnung, geschlossen worden wären. Solche Vereinbarungen, die darauf hinauslaufen, daß der Beschwerdeführer - ungeachtet seines Hälfte- bzw. Dreivierteleigentums - aus den Mieteinnahmen nichts erhielte, sind allerdings im Zusammenhang mit der Beurteilung des Anspruchs des Beschwerdeführers auf Notstandshilfe nur insoweit beachtlich, als die Motivation einer solchen Vereinbarung nicht ausschließlich darin zu suchen ist, daß dem Beschwerdeführer die Notstandshilfe erhalten werden sollte. Soweit es dem Beschwerdeführer daher nicht gelingt, einen sachlichen (außerhalb des verpönten Motivs liegenden) Grund für eine solche Vereinbarung nachzuweisen, wäre eine solche Absicht zu vermuten (vgl. die ähnlichen Darlegungen des im hg. Erkenntnis vom 26. September 1995, Zl. 95/08/0168, 0169, 0171, betreffend die sozialhilferechtliche Bedeutsamkeit von Vereinbarungen zwischen Eheleuten im Sinne des § 91 ABGB).

Es wird daher im fortgesetzten Verfahren Sache des Beschwerdeführers sein, einerseits darzulegen, welche Vereinbarung welchen Inhalts zwischen ihm und den übrigen Miteigentümern (bzw. ab 1994 mit dem anderen Miteigentümer) über die Nutzung und die Erträge der Mietobjekte geschlossen wurde, und andererseits darzutun, worin die wirtschaftliche Rechtfertigung einer solchen Vereinbarung zu erblicken wäre. Im Vorbringen des Beschwerdeführers in der Beschwerde, die Geschwister hätten Geld, der Beschwerdeführer hingegen "nur" Arbeitsleistungen in das Haus investiert, weshalb ihm keine Mieteinnahmen zufließen sollten, könnte eine solche sachliche Begründung allerdings noch nicht erblickt werden.

Ungeachtet dessen, daß das Verfahren somit auch in einem wesentlichen Punkt ergänzungsbedürftig geblieben ist, geht nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Aufhebungsgrund der Rechtswidrigkeit des Inhaltes vor; der Bescheid war daher insgesamt gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die belangte Behörde wird im weiteren Verfahren zunächst (etwa durch Einsichtnahme in den Grundbuchsakt Zl. 450/1994 beim Bezirksgericht Bad Ischl) festzustellen haben, wann das Grundbuchsgesuch über die Einverleibung des Eigentumsrechtes aufgrund des Kaufvertrages vom 23. November 1993 beim Grundbuchsgericht eingelangt ist; bis zu diesem Zeitpunkt wird sie dem Beschwerdeführer höchstens die Hälfte der Mieterträge, danach drei Viertel der Mieterträge zurechnen können. Eine frühere Zurechnung von 3/4 der Mieterträge (vgl. zu diesem Begriff das hg. Erkenntnis vom 16. Juni 1992, Zlen. 91/08/0149, 0150) käme (sofern - nach den obigen Darlegungen - nicht überhaupt eine Zurechnung ausscheidet) nur dann in Betracht, wenn nach dem Inhalt des Kaufvertrages vom 23. November 1993 ein von der grundbücherlichen Durchführung und damit vom Eigentumserwerb unabhängiger, früherer Übergang von Nutzungen und Lasten auf den Beschwerdeführer hinsichtlich dieses Miteigentumsanteils vereinbart worden wäre (etwa mit Unterfertigung des Kaufvertrages oder mit dem Tag der tatsächlichen Übergabe).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995080163.X00

Im RIS seit

18.10.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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