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L80004 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung BebauungsplanNorm
BauRallg;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde der Marktgemeinde F, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in V, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 26. Jänner 1995, Zl. BauR-P-079042/5-1994 Mo, betreffend Versagung der Genehmigung einer Flächenwidmungsplanänderung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Eingabe vom 15. März 1989 beantragten Johann und Marianne N bei der beschwerdeführenden Gemeinde die Umwidmung ihrer Grundstücke Nr. 1614 und 1615 KG F im Gesamtausmaß von 5.097 m2 "von Grünland in Bauland (Wohngebiet)", da sie beabsichtigen, ihren Kindern Bauparzellen zu schenken. Mit Schreiben vom B. Juli 1993 wurden gemäß § 23 Abs. 3 OÖ ROG, LGBl. Nr. 18/1972 i.d.g.F., die Betroffenen von der beabsichtigten Planänderung Nr. 61 verständigt und es wurde ihnen unter Fristsetzung Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Aus der dieser Verständigung angeschlossenen Legende der im Geltungsbereich verwendeten Planzeichen ist ersichtlich, daß die vorbezeichneten Grundstücke derzeit im Grünland liegen und im Nordwesten an eine als Wohngebiet gewidmete Fläche, getrennt durch einen Güterweg, grenzen. Im übrigen liegen diese Grundstücke zwischen der Bundesstraße 1 (im Norden) und der Westbahnstrecke (im Süden). Sie werden derzeit als Wiese bewirtschaftet und sind leicht in Richtung Norden geneigt.
Mit Beschluß des Gemeinderates der Beschwerdeführerin vom 17. März 1994 wurde die Änderung des Flächenwidmungsplanes, wie von den Ehegatten Johann und Marianne N beantragt, beschlossen. Mit Schreiben vom 3. Mai 1994 teilte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin mit, daß die vom Gemeinderat beschlossene Umwidmung "jeglichen Raumordnungsgrundsätzen als auch dem Oberösterreichischen Natur- und Landschaftsschutzgesetz 1982" widerspreche. Die Erweiterung des Wohngebietes in diesem Bereich sei auf Grund der mangelnden Wohngebietseignung und der Landschaftsbeeinträchtigung abzulehnen. Es werde daher beabsichtigt, diesem Plan die Genehmigung gemäß § 39 Abs. 2 OÖ ROG zu versagen.
Über Aufforderung der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 29. Juni 1994 konkretisierte die belangte Behörde ihre Einwendungen mit Schreiben vom 5. Juli 1994 wie folgte
111. § 2 Abs. 1 Z. 5 (Sicherung und Verbesserung der räumlichen Voraussetzung für eine existent- und leistungsfähige Land- und Forstwirtschaft, insbesondere die Verbesserung der Agrarstruktur).
z. § 2 Abs. 1 Z. 6 (bestmögliche Abstimmung der jeweiligen Widmungen).
3. § 2 Abs. 1 Z. 7 (Vermeidung von landschaftsschädigenden Eingriffen, insbesondere die Schaffung oder Erweiterung von Baulandsplittern).
4. § 21 Abs. 1 (mangelnde Wohnstandortqualität durch die nahe Lage insbesondere an der B 1).
5. § 1 Abs. 2 und 4 OÖ Natur- und Landschaftsschutzgesetz 1982 (Eingriffe in die Natur und Landschaft, wie insbesondere ... Störungen des Landschaftsbildes sind nach Maßgabe der näheren Bestimmungen dieses Gesetzes verboten)."
Mit Schreiben vom 28. Oktober 1994 beantragte die Beschwerdeführerin auf Grund eines Beschlusses ihres Gemeinderates vom 20. Oktober 1994 die Genehmigung der beschlossenen Flächenwidmungsplanänderung.
Mit Bescheid vom 26. Jänner 1995 faßte die belangte Behörde "in Ausübung des Aufsichtsrechtes gemäß § 34 Abs. 2 Oö ROG 1994" folgenden Bescheidspruch:
"Gemäß § 36 i.V.m. § 34 Abs. 2 Z. 1 und 4 OÖ ROG 1994 wird durch die 06 Landesregierung als Aufsichtsbehörde der Änderung Nr. 61 zum Flächenwidmungsplan Nr. 2/1983 der Marktgemeinde F die Genehmigung versagt."
In der Begründung führt die belangte Behörde hiezu im wesentlichen aus, der Landesbeauftragte für Naturschutz habe darauf verwiesen, daß bereits im Rahmen eines früheren Umwidmungsverfahrens (Änderung Nr. 53 des Flächenwidmungsplanes der Beschwerdeführerin) von einer Abrundung der baulichen Entwicklung dieses abseits des Hauptsiedlungsraumes entstandenen Bebauungsansatzes zwischen Betriebsareal und Wohngebietszeile gelegenen Grönlandbereiches gesprochen worden und eine Außenentwicklung fachlich nicht mehr vertretbar sei. Der nunmehr vorliegende Änderungsantrag würde einen baulichen Riegel quer durch die den Talraum begleitende Grönlandzone entstehen lassen. Von der Bundesstraße aus betrachtet würde diese Zeile überdies in einer äußerst exponierten "Zwischenhorizontsituation" zu liegen kommen. Eine kompakte bauliche Entwicklung im Zusammenhang mit dem südöstlich anschließenden Wohngebiet sei in keiner Weise gegeben. Vielmehr würde eine von Wohngebiet bzw. der B 1 umschlossene Grünlandenklave entstehen. Auf Grund des Fehlens eines erweiterungswürdigen Siedlungsansatzes, der vorhandenen Baulandreserven innerhalb des gewidmeten Baulandes, der schwerwiegenden landschaftlichen Rückwirkungen des Baulandriegels in exponierter Situation und des entsprechenden Landschaftsverbrauches sei ein Widerspruch zu den Bestimmungen des § 2 Abs. 6, 7 und 10 08 ROG festzustellen und die Umwidmung aus naturschutzfachlicher Sicht abzulehnen. Die Ansicht der Beschwerdeführerin, daß in gewissen Siedlungsbereichen noch höhere Lärmbelastungen vorlägen und die umzuwidmenden Grundstücke auch nicht schlechter abschnitten als andere Siedlungsgebiete, möge zwar stimmen, doch könne daraus sicherlich keine Begründung für eine Wohngebietseignung der gegenständlichen Fläche abgeleitet werden. Im Hinblick auf die der Beschwerdeführerin bereits mitgeteilten und somit bekannten Verstöße gegen Raumordnungsgrundsätze und gegen gesetzliche Bestimmungen, die zufolge des Ergebnisses des Prüfungsverfahrens weiterhin bestehen blieben, sehe sich die Aufsichtsbehörde veranlaßt, der vom Gemeinderat der Beschwerdeführerin am 17. März und 20. Oktober 1994 beschlossenen Änderung Nr. 61 zum Flächenwidmungsplan Nr. 2/1983 aus den Gründen des § 34 Abs. 2 Z. 1 und 4 06 ROG 1994 die Genehmigung zu versagen.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Genehmigung der beschlossenen Flächenwidmungsplanänderung verletzt.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Das Oberösterreichische Raumordnungsgesetz 1994 (O6 ROG 1994) ist am 1. Jänner 1994 in Kraft getreten (§ 40 Abs. 1 06 ROG). Gemäß § 39 Abs. 2 06 ROG 1994 sind im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Landesgesetzes anhängige Verfahren zur Erlassung oder Änderung von Flächenwidmungsplänen und Bebauungsplänen nach dem jeweiligen Stand des Verfahrens nach den Bestimmungen dieses Landesgesetzes weiterzuführen.
Auf den gegenständlichen Beschwerdefall findet somit das 08 ROG 1994 Anwendung.
Gemäß S 36 Abs. 1 leg. cit. sind Flächenwidmungspläne (einschließlich des örtlichen Entwicklungskonzeptes) und Bebauungspläne 1. bei Änderung der maßgeblichen Rechtslage oder z. wenn es das Gemeinwohl erfordert, zu ändern.
Flächenwidmungspläne und Bebauungspläne können gemäß Abs. 2 dieser Gesetzesstelle geändert werden, wenn
1. öffentliche Interessen, die nach diesem Landesgesetz bei der Erlassung von solchen Plänen zu berücksichtigen sind, dafür sprechen oder
2. diese Änderung den Planungszielen der Gemeinde nicht widerspricht und
3. Interessen Dritter nicht verletzt werden.
Langen bei der Gemeinde Anregungen auf Änderung eines Flächenwidmungsplanes oder eines Bebauungsplanes ein, so hat gemäß Abs. 3 dieser Gesetzesstelle der Gemeinderat binnen sechs Monaten zu entscheiden, ob die Voraussetzungen zu Änderungen ,gemäß Abs. 1 oder 2 gegeben sind. Liegen die Voraussetzungen vor, ist das Verfahren zur Änderung des Planes einzuleiten.
Gemäß Abs. 4 dieser Gesetzesstelle gelten für das Verfahren auf Änderung des Flächenwidmungsplanes und des Bebauungsplanes die Bestimmungen des § 33 und des § 34, jedoch ist benachbarten Gemeinden und Körperschaften öffentlichen Rechtes nur dann Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, wenn deren Interessen durch die beabsichtigten Planänderungen berührt werden'. Eine Planauflage ist nicht erforderlich, wenn die von der . beabsichtigten Planänderung Betroffenen vor der Beschlußfassung verständigt oder angehört werden. Die Eigentümer jener Grundstücke, an deren Flächenwidmung oder Bebaubarkeit sich Änderungen ergeben, sind von der Planauflage nachweislich zu verständigen.
Gemäß Abs. 5 dieser Gesetzesstelle ist auf Nutzungen, die der bisherigen Widmung entsprechen, bei der Änderung der Flächenwidmungspläne und der Bebauungspläne möglichst Rücksicht zu nehmen.
Gemäß Abs. 6 dieser Gesetzesstelle ist die Änderung eines Flächenwidmungsplanes oder eines Bebauungsplanes durch den Gemeinderat zu begründen; bei der Änderung von Flächenwidmungsplänen muß der Begründung oder den Planungsunterlagen überdies die erforderliche Grundlagenforschung und Interessenabwägung zu entnehmen sein.
Gemäß § 34 Abs. 2 leg. cit. darf die Genehmigung nur versagt werden, wenn der Plan 1. Raumordnungszielen und -grundsätzen oder festgelegten Planungen angrenzender Gemeinden oder z. einem Raumordnungsprogramm oder einer Verordnung gemäß § 11 Abs. 6 oder
3. dem örtlichen Entwicklungskonzept oder 4. sonstigen gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere den Verfahrensbestimmungen, widerspricht oder
5. die geordnete wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung anderer Gemeinden oder des Landes wesentlich beeinträchtigen würde. Im angefochtenen Bescheid stützt sich die belangte Behörde u..a. auf den Versagungsgrund des § 34 Abs. 2 Z. 1 06 ROG 1994 und verweist in der Begründung darauf, daß der von der Beschwerdeführerin geänderte Flächenwidmungsplan den Bestimmungen des § 2 Abs. 6, 7 und 10 OÖ ROG 1994 widerspricht. Gemäß § 2 Abs. 1 leg. cit. hat die Raumordnung insbesondere folgende Ziele:
6. die sparsame Grundinanspruchnahme bei Nutzungen jeder Art sowie die bestmögliche Abstimmung der jeweiligen Widmungen;
7. die Vermeidung von landschaftsschädlichen Eingriffen, insbesondere die Schaffung oder Erweiterung von Baulandsplittern (Zersiedelung);
10. die Erhaltung und Gestaltung des Stadt- und Ortsbildes einschließlich der Ortsentwicklung sowie die Erhaltung des typischen Orts- und Landschaftsbildes; unvermeidbare Eingriffe in die Landwirtschaft sind durch entsprechende landschaftspflegerische Maßnahmen bestmöglich auszugleichen. Bereits mit ihrem Schreiben vom 3. Mai 1994 hat die belangte Behörde innerhalb der im § 34 Abs. 3 08 ROG 1994 vorgesehenen Sechswochenfrist der Beschwerdeführerin mitgeteilt, daß die beschlossene Flächenwidmungsplanänderung "jeglichen Raumordnungsgrundsätzen widerspricht und die Erweiterung des Wohngebietes in diesem Bereich auf Grund der mangelnden Wohngebietseignung und der Landschaftsbeeinträchtigung widerspricht". Schon in der Stellungnahme vom 21. September 1993 hat die belangte Behörde darauf hingewiesen, daß "die Widmungsfläche (...) im südlichen bahnnahen Bereich an Wohngebiet (welches auf Grund der Lage auf einer markanten Geländekuppe bereits sehr störend in Erscheinung tritt) an (schließt) und (...) in dieser exponierten Geländesituation eine weitere zusätzliche markante landschaftsbeeinträchtigende Zersiedlung bewirken (würde), zumal auch durch die in das Grünland vordringende unorganische Baulandausformung eine bauliche Abriegelung verursacht würde". Wie dem vorliegenden Plan und den in den vorgelegten Verwaltungsakten dokumentierten Ergebnissen des Verwaltungsverfahrens entnommen werden kann, stellt die vom Gemeinderat der Beschwerdeführerin von Grünland in Wohngebiet ungewidmete Fläche ohne Zweifel eine Erweiterung eines bereits bestehenden Baulandsplitters dar. Der Verwaltungsgerichtshof teilt daher insoweit die Ansicht der belangten Behörde, daß die beantragte punktuelle Umwidmung in Widerspruch zu dem im § 2 Abs. 1 Z. 7 Oö ROG 1994 normierten Raumordnungsziel und -grundsatz der Vermeidung von landschaftsschädlichen Eingriffen, insbesondere die Schaffung oder Erweiterung von Baulandsplittern (Zersiedelung), steht. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 30. August 1994, Zl. 94/05/0120, BauSlg. Band 1994, Nr. 180, klargestellt hat, soll § 2 Abs. 1 Z. 7 06 ROG 1994 auch die Erweiterung bestehender Baulandsplitter vermeiden. Die belangte Behörde hat daher die von der beschwerdeführenden Gemeinde beantragte Genehmigung der Änderung des Flächenwidmungsplanes schon wegen des aufgezeigten Widerspruches zu dem Raumordnungsgrundsatz des § 2 Abs. 1 Z. 7 Oö ROG 1994 mit Recht versagt, sodaß nicht mehr zu erörtern war, ob noch weitere Gründe einer Genehmigung entgegenstanden.
Die belangte Behörde war jedenfalls zur Erlassung des angefochtenen Bescheides zuständig. Mit ihren unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde vorgetragenen, gegenteiligen Ausführungen vermag die Beschwerdeführerin - weil unbegründet - keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Der Verwaltungsgerichtshof vermag sich auch den Ausführungen der Beschwerdeführerin, durch § 34 Abs. 2 Z. 1 06 ROG 1994 würde unzulässigerweise in das örtliche Planungsrecht der Beschwerdeführerin eingegriffen werden, nicht anzuschließen. Wie der Verfassungsgerichtshof schon mehrfach ausgesprochen hat (vgl. insbesondere das Erkenntnis vom 5. Dezember 1986, Slg. Nr. 11163, und die dort zitierte Judikatur und Literatur, hat sich jeder örtliche Plan in überörtliche Erwägungen planerischer Art einzufügen. Die Erlassung und Änderung berührt also in besonderem Ausmaß (auch) überörtliche Interessen. In dem zitierten Erkenntnis hat es der Verfassungsgerichtshof als im Einklang mit Art. 119a Abs. 8 B-VG stehend angesehen, wenn als Versagungsgrund für die aufsichtsbehördliche Genehmigung die Gesetzwidrigkeit des Flächenwidmungsplanes vorgesehen ist. Gegen die Versagungsgründe des § 34 Abs. 2 Z. 1 08 ROG 1994 bestehen daher diesbezüglich auch keine Bedenken.
Mit dem Hinweis, die belangte Behörde habe sich der gutächtlichen Stellungnahme des Landesbeauftragten für Naturschutz "kritiklos" angeschlossen und habe mangels Übermittlung dieses Gutachtens das Parteiengehör der Beschwerdeführerin verletzt, vermag die Beschwerdeführerin schon deshalb keinen entscheidungswesentlichen Verfahrensmangel aufzuzeigen, weil in der Beschwerde nicht dargetan wird, auf Grund welcher Verfahrensergebnisse die belangte Behörde bei Einhaltung der vorgeworfenen Verfahrensverletzungen zu einem anderen Ergebnis hätte kommen sollen.
Die Beschwerde erweist somit insgesamt als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
W i e n , am 23. Jänner 1996
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995050077.X00Im RIS seit
03.05.2001