TE Vwgh Erkenntnis 1996/1/23 95/05/0332

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.01.1996
beobachten
merken

Index

L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Wien;
L80009 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Wien;
L80409 Altstadterhaltung Ortsbildschutz Wien;
L82000 Bauordnung;
L82009 Bauordnung Wien;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §59 Abs1;
BauO Wr §129 Abs10;
BauRallg;
VVG §4 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde 1. des Karl O,

2. des Karl F und 3. der Helga F, alle in Wien, alle vertreten durch Dr. X, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 23. Oktober 1995, Zl. MD-VfR - B

XXIII - 37/95, betreffend Abbruchsauftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aufgrund der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 12. April 1995 wurde gemäß § 129 Abs. 10 Bauordnung für Wien folgender Auftrag erteilt:

"Der ohne Baubewilligung errichtete viergeschoßige, linke Seitentrakt mit einer verbauten Fläche von ca. 120 m2, ist binnen einer Frist von 6 Monaten ab Rechtskraft dieses Bescheides zu beseitigen. Dies gilt nicht, wenn innerhalb der gleichen Frist um die nachträgliche Bewilligung angesucht und diese in der Folge erwirkt wird."

Die dagegen von den Beschwerdeführern erhobene Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Nach den unbestritten Ausführungen des angefochtenen Bescheides sei mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 22. März 1994 eine Aufstockung des Straßentraktes und die Zusammenlegung von Wohnungen bewilligt worden. Tatsächlich sei anstelle des zweigeschoßigen linken Seitentraktes ein viergeschoßiger neuer Trakt errichtet worden. Der Seitentrakt habe gemäß dem Konsensplan vom 6. Juli 1907 eine Breite von 5 m, während der neue Trakt 7,60 m breit sei. Es liege auf der Hand, daß bei dieser Situation eine Zurückführung des vorhandenen Bestandes auf den konsensgemäßen Bestand technisch nicht mehr möglich sei. Dies sei auch von den Beschwerdeführern in ihrer schriftlichen Stellungnahme vom 21. September 1995 anerkannt worden. Es sei in bezug auf die Herstellung des linken Seitentraktes ein Bauansuchen gestellt worden, dieses sei jedoch mit Bescheid vom 17. Februar 1995 vom Magistrat der Stadt Wien zurückgewiesen und in der Folge von der Bauoberbehörde für Wien bestätigt worden. Der linke Seitentrakt sei demnach konsenslos und die Eigentümer seien verpflichtet, den gesetzmäßigen Zustand durch Abtragung dieses Seitentraktes wiederherzustellen. Umstände, die die Beschwerdeführer bewogen hätten, mit der Errichtung der Baulichkeit ohne Vorliegen einer baubehördlichen Bewilligung zu beginnen, seien für den Ausgang dieses Berufungsverfahrens unerheblich. Wesentlich sei, daß das Bauwerk ohne die notwendige baubehördliche Bewilligung errichtet worden sei. Bei der Festlegung der Erfüllungsfrist sei auf den Zeitaufwand für die Beseitigung des Bauwerkes, nicht aber auf den Zeitaufwand für die allfällige Erwirkung einer nachträglichen Baubewilligung Rücksicht zu nehmen. Ein Ansuchen um eine nachträgliche Baubewilligung bewirke allerdings, daß ein Beseitigungsauftrag nicht vollstreckt werden dürfe.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 129 Abs. 10 Bauordnung für Wien, LGBl. Nr. 11/1930 in der im vorliegenden Fall maßgeblichen Fassung des Landesgesetzes LGBl. Nr. 18/1976, sind Abweichungen von den Bauvorschriften zu beheben und es ist der vorschriftswidrige Bau, für den eine nachträgliche Bewilligung nicht erteilt worden ist, zu beseitigen.

Mit dem Vorbringen, die belangte Behörde habe nicht begründet, daß es sich im vorliegenden Fall um einen vorschriftswidrigen Bau handle, sind die Beschwerdeführer nicht im Recht. Die Beschwerdeführer haben nicht bestritten, daß statt der bewilligten Aufstockung des Seitentraktes auf zwei Geschoße vier Geschoße errichtet wurden und die Breite des Seitentraktes statt des konsensgemäßen Zustandes von 5 m nunmehr 7,6 m beträgt. Die Erweiterung eines Gebäudes mit Geschoßen bzw. in seiner Breite stellt ohne Zweifel einen bewilligungspflichtigen Zubau gemäß § 60 Abs. 1 lit. a Bauordnung für Wien dar. Die belangte Behörde begründete die Bewilligungspflicht auch mit diesen Umständen. In der Beschwerde wird auch nicht behauptet, daß diese nicht bewilligte Umgestaltung des linken Seitentraktes des verfahrensgegenständlichen Gebäudes keine bewilligungspflichtige Maßnahme gemäß der Bauordnung für Wien sein soll.

Soweit die Beschwerdeführer in Treffen führen, es sei rechtswidrig, einen technisch unmöglichen Auftrag zu erteilen, und dazu hg. Judikatur zu § 129 Abs. 2 und 4 Bauordnung für Wien zitieren, genügt es, darauf hinzuweisen, daß die belangte Behörde gerade im Hinblick auf die angenommene und von den Beschwerdeführern sowohl im Bauverfahren als auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht bestrittene technische Unmöglichkeit der Zurückführung auf den konsensgemäßen Zustand des Seitentraktes den Beseitungsauftrag gemäß § 129 Abs. 10 Bauordnung für Wien auf den gesamten Seitentrakt bezogen hat. Die Beschwerdeführer weisen auch in ihrer Beschwerde auf ihre Stellungnahme vom 21. September 1995 hin, nach der die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes als nicht mehr möglich erachtet wurde. Wenn aber die technische Unmöglichkeit der Wiederherstellung des konsensgemäßen Zustandes unbestritten ist, kann sich die Frage - wie die Beschwerdeführer meinen -, wie der ursprüngliche konsensgemäße Zustand (offensichtlich gemeint) sonst hergestellt werden

könne, gar nicht mehr stellen.

Wenn aber ein bewilligter Bau ohne Baubewilligung nicht bloß geringfügig verändert wird, dann ergibt sich daraus, daß dieser Bau zur Gänze durch die Baubewilligung nicht mehr gedeckt ist. So wie der linke Seitentrakt nunmehr vorhanden ist, ist er somit durch eine baubehördliche Bewilligung nicht gedeckt. Daraus ergibt sich aber auch, daß der gesamte linke Seitentrakt und nicht nur jener Bauteil im Sinne des § 129 Abs. 10 Bauordnung für Wien vorschriftswidrig ist, um den der früher bestandene Bauteil vergrößert wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Juni 1965, Slg. Nr. 6727/A). Der vorliegende Abbruchsauftrag bezieht sich daher zutreffend auf den gesamten linken Seitentrakt. Im übrigen besteht kein Rechtsanspruch darauf, daß bei Anwendung des Verwaltungszwanges jener Zustand wiederhergestellt wird, wie er vor der eigenmächtigen Bauführung bestand (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis).

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von den Beschwerdeführern behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Im Hinblick auf dieses Ergebnis erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Schlagworte

Trennbarkeit gesonderter Abspruch

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995050332.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten