TE Lvwg Erkenntnis 2022/11/30 LVwG-2022/40/2368-1

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Veröffentlicht am 30.11.2022
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Entscheidungsdatum

30.11.2022

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §76 Abs2 letzter Satz
  1. AVG § 76 heute
  2. AVG § 76 gültig von 01.01.2002 bis 31.12.2001 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 158/1998
  3. AVG § 76 gültig von 01.01.2002 bis 31.12.2001 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/1999
  4. AVG § 76 gültig ab 01.01.2002 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 137/2001
  5. AVG § 76 gültig von 18.08.1999 bis 31.12.2001 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/1999
  6. AVG § 76 gültig von 01.01.1999 bis 17.08.1999 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 158/1998
  7. AVG § 76 gültig von 01.07.1998 bis 31.12.1998 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 158/1998
  8. AVG § 76 gültig von 01.07.1998 bis 30.06.1998 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995
  9. AVG § 76 gültig von 01.07.1995 bis 30.06.1998 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995
  10. AVG § 76 gültig von 01.02.1991 bis 30.06.1995

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Mag. Piccolroaz über die Beschwerde der AA, vertreten durch RA BB (als gemäß § 15a GmbHG bestellter Notgeschäftsführer), Adresse 1, **** Z, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Y als Baubehörde I. Instanz vom 08.08.2022, Zl ***, betreffend eine Kostenvorschreibung in einem Verfahren nach der Tiroler Bauordnung (TBO 2022),

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

2.       Die ordentliche Revision ist nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Y (belangte Behörde) vom 11.01.2021, Zl ***, wurde CC, Adresse 2, **** X, zum nichtamtlichen hochbautechnischen Sachverständigen bestellt. Der Begründung dieses Bescheides kann entnommen werden, dass im gegenständlichen Verfahren die Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Bereich Hochbauwesen (gemäß § 32 Abs 4 TBO 2018) zwingend erforderlich sei und der Gemeinde Y kein entsprechender Amtssachverständiger zur Verfügung stehe.

Der nichtamtliche Sachverständige legte für das „bestehende Objekt im Rahmen der Überprüfung der baurechtlich zu behandelnden Bereiche der bestehenden Betriebsanlage „Gewerbepark Y“ – Adresse 3, **** Y, Gst **1 und **2 der KG Y […] im Folgenden das Protokoll zum Ergebnis des am 17.11.2021 angesetzten Lokalaugenscheines zur Feststellung der aktuellen Nutzungen in den bestehenden Bauteilen und Abschnitten des Bestandes […]“ vor. Datiert wurde sein in Befund und Gutachten gegliedertes „Protokoll“ mit 15.12.2021.

Weiters übermittelte der nichtamtliche Sachverständige daraufhin eine Gebührennote vom 05.01.2022, Rechnungsnummer ***; in der Höhe von EUR 1.778,35, für – so die Beschreibung in der Gebührennote – die „Vorerhebungen vor Ort und die Erstellung eines Bestandsgutachtens zum Objekt Gewerbepark Adresse 3, 6565 Y – Überprüfung und gutachterliche Dokumentation zum Erfordernis der baurechtlichen Behandlung in den Bereichen der bestehenden Gebäude […]“.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Y vom 13.01.2022, Zl *** wurden die Gebühren des nichtamtlichen Sachverständigen „für seine Tätigkeit im baurechtlichen Verfahren gemäß § 46 der Tiroler Bauordnung 2018 zu GZ: ***, *** und ***, gemäß § 53a AVG 1991 mit EUR 1.778,35“ bestimmt.

Am 28.01.2022 überwies die belangte Behörde den Betrag von EUR 1.778,35 an den nichtamtlichen Sachverständigen.

Mit Schreiben vom 29.06.2022 übermittelte die belangte Behörde der AA (fortan: Beschwerdeführerin) den Bestellungsbescheid des nichtamtlichen Sachverständigen, seine Gebührennote und den Gebührenbestimmungsbescheid samt Zahlungsnachweis der Gemeinde Y. Die Beschwerdeführerin wurde auf die Möglichkeit der Überwälzung der Sachverständigengebühren auf sie aufmerksam gemacht und zur Stellungnahme bis zum 20.07.2022 aufgefordert.

Mit Schreiben vom 07.07.2022 teilte die Beschwerdeführerin mit, nicht nachvollziehen zu können warum die Gemeinde eine Kostenvorschreibung beabsichtige. Weiters rügte sie zusammengefasst die Nicht-Heranziehung eines hochbautechnischen Amtssachverständigen, ein solcher könne ja ausgeliehen werden. Es werde ein völlig unnötiger und unnützer Verfahrensaufwand betrieben und die Beschwerdeführerin habe nichts verschuldet.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Y vom 08.08.2022; Zl *** wurden die mit Bescheid vom 13.01.2022, Zl *** bestimmten Kosten des beigezogenen nichtamtlichen Sachverständigen in der Höhe von EUR 1.778,35 gemäß § 76 AVG (BGBl Nr 51/1991, idgF) als Barauslagen der Beschwerdeführerin vorgeschrieben und letztere dazu verhalten, diesen Betrag binnen zwei Wochen ab Rechtskraft des angefochtenen Bescheides zur Einzahlung zu bringen. Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass der Bürgermeister der Gemeinde Y am 15.03.2019 protokollarisch Kenntnis davon erlangt habe, dass im Bereich der gewerblichen Anlage „Gewerbepark – Adresse 3, **** Y“ offensichtlich bau- und feuerpolizeiliche Mängel bestünden, welche ein Einschreiten der Baubehörde gemäß § 46 Abs 1 TBO erforderlich mache. Nach Beiziehung ua eines nichtamtlichen hochbautechnischem Sachverständigen und der Vornahme mehrerer Ortsaugenscheine könne die Feststellung getroffen werden, dass im Bereich der oben genannten gewerblichen Anlage bau- und feuerpolizeiliche Mängel bestünden und in Teilbereichen der Anlage auch eine zweckwidrige Verwendung vorliege. Im Rahmen dieses Verfahrens sei die Beiziehung eines nichtamtlichen Sachverständigen zwingend erforderlich gewesen; ein Amtssachverständlicher sei nachweislich nicht zur Verfügung gestanden. Die Gebühren des nichtamtlichen Sachverständigen seien darauf folgend bestimmt und auch bezahlt worden. Abschließend wird festgehalten, dass „…die Voraussetzungen für die Vorschreibung der Gebühr als Barauslage im Sinne des § 76 Abs 1 AVG gegenständlich vor[liegen]…“.

In der fristgerecht dagegen erhobenen Beschwerde brachte die Beschwerdeführerin, zusammengefasst vor, dass der Gemeinde Y genügend hochbautechnische Sachverständige zur Verfügung stünden und die Beschwerdeführerin im vorliegenden Fall keine amtliche Tätigkeit in Anspruch genommen habe, sie habe ja keinen Antrag gestellt und dies verhindere die Anwendung des § 76 AVG. Darüber hinaus sei das Sachverständigengutachten unbrauchbar gewesen, da es keinerlei Sachverhaltsgrundlagen für das Ermittlungsverfahren geliefert habe. Außerdem könne der Bürgermeister die Fragen des Baukonsenes und der tatsächlichen Nutzung auch ohne Beiziehung eines Sachverständigen klären.

Parallel dazu behingen am LVwG Tirol folgende Verfahren, denen das verfahrensgegenständliche Gutachten zugrunde lag: LVwG Tirol zu jeweils ***; ***; ***. Die Beschwerdeführerin und die belangte Behörde sind in den genannten Verfahren ident zum Gegenständlichen. Alle drei Verfahren wurden durch Beschwerde der (auch hier) Beschwerdeführerin eingeleitet und richten sich gegen Bescheide des Bürgermeisters der Gemeinde Y. In allen drei Verfahren wurde der Beschwerde Folge gegeben, die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, dass weder festgestellt werden konnte, wo genau sich eine baubehördlich konsenslose errichtete Wohnung befindet, da ein roter Punkt auf einer Lichtbildaufnahme und die Beschreibung eines gesamten Gebäudes mit A-S nicht zur Konkretisierung ausreicht. Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass eine tatsächliche Nutzung einer konsenslos errichteten Wohnung in dem Gebäude A-S zu Wohnzwecken erfolgt und durch wen. Es konnte weder festgestellt werden, wo genau sich eine baubehördlich konsenslos errichtete Wohnung befindet, da ein roter Punkt auf einer Lichtbildaufnahme nicht zur Konkretisierung ausreicht. Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass eine tatsächliche Nutzung einer konsenlos errichteten Wohnung in dem Gebäude B-S zu Wohnzwecken erfolgt und durch wen. Eine Nutzung zu Wohnzwecken durch „den Bescheidadressaten“ konnte nicht festgestellt werden. Im Übrigen konnte nicht festgestellt werden, welcher Konsens für dieses Gebäude und im speziellen für die betreffenden Räumlichkeiten vorliegt. Es konnte weder festgestellt werden, in welchem Teil des Betriebsareals sich das im Bescheid abgelichtete Bauwerk befindet, noch welcher Konsens für diesen Gebäudeteil besteht. Des Weiteren konnte nicht festgestellt werden, welche Person die Räumlichkeiten als Garage verwendet. Eine Nutzung der Garage „durch den Bescheidadressaten“ konnte nicht festgestellt werden.

II.      Sachverhalt und Beweiswürdigung:

Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in den Akt der belangten Behörde sowie in die Akten des Landesverwaltungsgerichtes Tirol LVwG-***; ***; ***. Danach steht folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt fest:

Der Bürgermeister der Gemeinde Y hat am 15.03.2019 protokollarisch Kenntnis davon erlangt, dass im Bereich der gewerblichen Anlage „Gewerbepark – Adresse 3, **** Y“ bau- und feuerpolizeiliche Mängel bestehen, welche ein Einschreiten der Baubehörde gemäß § 46 Abs 1 TBO erforderlich machten. Er leitete das Verfahren amtswegig ein.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Y vom 11.01.2021, Zl ***, wurde CC, Adresse 2, **** X, zum nichtamtlichen hochbautechnischen Sachverständigen bestellt. Ein hochbautechnischer Amtssachverständiger steht der Gemeinde Y nicht zur Verfügung.

Der nichtamtliche Sachverständige legte für das „bestehende Objekt im Rahmen der Überprüfung der baurechtlich zu behandelnden Bereiche der bestehenden Betriebsanlage „Gewerbepark Y“ – Adresse 3, **** Y, Gst **1 und **2 der KG Y […] im Folgenden das Protokoll zum Ergebnis des am 17.11.2021 angesetzten Lokalaugenscheines zur Feststellung der aktuellen Nutzungen in den bestehenden Bauteilen und Abschnitten des Bestandes […]“ vor. Datiert wurde sein in Befund und Gutachten gegliedertes „Protokoll“ mit 15.12.2021.

Der nichtamtliche Sachverständige übermittelte daraufhin eine Gebührennote vom 05.01.2022, Rechnungsnummer ***; in der Höhe von EUR 1.778,35.

Mit Bescheid des Bürgermeisters von Y vom 13.01.2022, Zl ***, wurden die Gebühren des nichtamtlichen Sachverständigen EUR 1.778,35 bestimmt und daraufhin am 28.01.2022 von der Gemeinde Y auch bezahlt.

Die Beschwerdeführerin wurde zur Stellungnahme aufgefordert. Nach Einlangen dieser Stellungnahme wurde der nunmehr angefochtene Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Y vom 08.08.2022; *** erlassen, in dem die bescheidmäßig bestimmten Kosten des beigezogenen nichtamtlichen Sachverständigen in der Höhe von EUR 1.778,35 gemäß § 76 AVG als Barauslagen der Beschwerdeführerin vorgeschrieben und letztere dazu verhalten wurde, diesen Betrag binnen zwei Wochen ab Rechtskraft des angefochtenen Bescheides zur Einzahlung zu bringen.

Die parallel anhängig gewesenen Verfahren zu LVwG-***; ***; *** endeten jeweils damit, dass den Beschwerden Folge gegeben wurde, die angefochtenen Bescheide (welche aufgrund des verfahrensrelevanten Gutachtens erlassen worden sind) aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung neuer Bescheide an die belangte Behörde zurückverwiesen wurde. Die Behebung der Bescheide erfolgte aufgrund unzureichender Ermittlungen und fehlender bzw unzureichender Feststellungen. Die Ermittlungen der belangten Behörde und das Protokoll bzw Befund uns Gutachten des nichtamtlichen Sachverständigen reichten nicht aus, um die erforderlichen Feststellungen treffen zu können.

Das Gutachten des nichtamtlichen Sachverständigen war als kostenverursachende Verfahrenshandlung nicht dazu geeignet zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts beizutragen – sohin nicht erforderlich.

Diese Nicht-Eignung des Gutachtens zur Sachverhaltsfeststellung beizutragen (und damit einhergehende fehlende Erforderlichkeit) ergibt sich aus den Beschlüssen des Landesverwaltungsgerichtes Tirol zu LVwG-***; ***; ***.

Das Faktum, dass der Gemeinde Y kein hochbautechnischer Sachverständiger zur Verfügung stand, ergibt sich aus der im Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Y vom 08.08.2022 angeführten nachvollziehbaren Begründung – nämlich, dass die Gemeinden Tirols mit Schreiben vom 29.08.2017 (zu Zl ***) von der Landesregierung formal mitgeteilt wurde, dass im Rahmen baurechtlicher Verfahren aufgrund von mangelnder Personalkapazität weder vom Amt der Tiroler Landesregierung noch von den Bezirkshauptmannschaften hochbautechnische Sachverständige zur Verfügung gestellt werden können. Eine entsprechende Anfrage im Einzelfall ist sohin nicht erforderlich um den formalrechtlichen Erfordernissen des § 52 AVG zu entsprechen.

Dieser Umstand wurde mit Schreiben des Landesamtsdirektors vom 21.11.2022, Zl. *** erneut bekräftigt.

Der übrige festgestellte Sachverhalt ergibt sich ausschließlich aus den obzitierten Akten und ist insofern auch unstrittig.

Der maßgebliche Sachverhalt für vorliegende Entscheidung steht bereits aufgrund der Aktenlage ausreichend geklärt fest. Es sind reine Rechtsfragen zu klären; eine mündliche Verhandlung wurde nicht beantragt. Außerdem lassen die Akten erkennen, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Einem Entfall der – ohnehin nicht beantragten – mündlichen Verhandlung steht weder Art 6 ERMK noch Art 47 GRC entgegen.

III.     Rechtslage:

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl Nr 51/1991 in deren gegenständlichen verfahrensrelevanten Fassung BGBl I Nr 58/2018 (AVG), lauten wie folgt:

„§ 52

Sachverständige

(1) Wird die Aufnahme eines Beweises durch Sachverständige notwendig, so sind die der Behörde beigegebenen oder zur Verfügung stehenden amtlichen Sachverständigen (Amtssachverständige) beizuziehen.

(2) Wenn Amtssachverständige nicht zur Verfügung stehen oder es mit Rücksicht auf die Besonderheit des Falles geboten ist, kann die Behörde aber ausnahmsweise andere geeignete Personen als Sachverständige (nichtamtliche Sachverständige) heranziehen.

(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, so kann die Behörde dennoch nichtamtliche Sachverständige heranziehen, wenn davon eine wesentliche Beschleunigung des Verfahrens zu erwarten ist. Die Heranziehung ist jedoch nur zulässig, wenn sie von demjenigen, über dessen Ansuchen das Verfahren eingeleitet wurde, angeregt wird und die daraus entstehenden Kosten einen von dieser Partei bestimmten Betrag voraussichtlich nicht überschreiten.

(4) Der Bestellung zum nichtamtlichen Sachverständigen hat Folge zu leisten, wer zur Erstattung von Gutachten der erforderten Art öffentlich bestellt ist oder wer die Wissenschaft, die Kunst oder das Gewerbe, deren Kenntnis die Voraussetzung der geforderten Begutachtung ist, öffentlich als Erwerb ausübt oder zu deren Ausübung öffentlich angestellt oder ermächtigt ist. Nichtamtliche Sachverständige sind zu beeiden, wenn sie nicht schon für die Erstattung von Gutachten der erforderten Art im allgemeinen beeidet sind. Die §§ 49 und 50 gelten auch für nichtamtliche Sachverständige.

§ 53a

Gebühren der nichtamtlichen Sachverständigen

(1) Nichtamtliche Sachverständige haben für ihre Tätigkeit im Verfahren Anspruch auf Gebühren, die durch Verordnung der Bundesregierung in Pauschalbeträgen (nach Tarifen) festzusetzen sind. Soweit keine solchen Pauschalbeträge (Tarife) festgesetzt sind, sind auf den Umfang der Gebühr die §§ 24 bis 37, 43 bis 49 und 51 des Gebührenanspruchsgesetzes – GebAG, BGBl. Nr. 136/1975, sinngemäß anzuwenden. Die Gebühr ist gemäß § 38 des Gebührenanspruchsgesetzes 1975 bei der Behörde geltend zu machen, die den Sachverständigen herangezogen hat.

(2) Gebühr ist von der Behörde, die den Sachverständigen herangezogen hat, mit Bescheid zu bestimmen. Vor der Gebührenbestimmung kann der Sachverständige aufgefordert werden, sich über Umstände, die für die Gebührenberechnung bedeutsam sind, zu äußern und, unter Setzung einer bestimmten Frist, noch fehlende Bestätigungen vorzulegen. Die Gebührenbeträge sind auf volle 10 Cent aufzurunden.

[….]

§ 76

(1) Erwachsen der Behörde bei einer Amtshandlung Barauslagen, so hat dafür, sofern nach den Verwaltungsvorschriften nicht auch diese Auslagen von Amts wegen zu tragen sind, die Partei aufzukommen, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat. Als Barauslagen gelten auch die Gebühren, die den Sachverständigen und Dolmetschern zustehen. Kosten, die der Behörde aus ihrer Verpflichtung nach § 17a erwachsen, sowie die einem Gehörlosendolmetscher zustehenden Gebühren gelten nicht als Barauslagen. Im Falle des § 52 Abs. 3 hat die Partei für die Gebühren, die den nichtamtlichen Sachverständigen zustehen, nur soweit aufzukommen, als sie den von ihr bestimmten Betrag nicht überschreiten.

(2) Wurde jedoch die Amtshandlung durch das Verschulden eines anderen Beteiligten verursacht, so sind die Auslagen von diesem zu tragen. Wurde die Amtshandlung von Amts wegen angeordnet, so belasten die Auslagen den Beteiligten dann, wenn sie durch sein Verschulden herbeigeführt worden sind.

[…]“

IV.      Erwägungen:

Gemäß § 76 AVG hat unter bestimmten, in dieser Norm näher beschriebenen, Voraussetzungen für Barauslagen, die der Behörde bei einer Amtshandlung erwachsen, die Partei aufzukommen.

Notwendige Voraussetzung hierzu ist jedoch jedenfalls, dass der Behörde tatsächlich Barauslagen erwachsen sind. Dies ist insbesondere dann nicht der Fall, wenn die Voraussetzungen des § 52 Abs 2 oder 3 nicht vorliegen (Hengstschläger/Leeb, AVG § 76 Rz 7).

Gemäß § 52 Abs 2 AVG kann die Behörde, wenn Amtssachverständige nicht zur Verfügung stehen oder es mit Rücksicht auf die Besonderheit des Falles geboten ist, aber ausnahmsweise andere geeignete Personen als Sachverständige (nichtamtliche Sachverständige) heranziehen.

Gemäß den Feststellungen stand der Gemeinde Y ein hochbautechnischer Amtssachverständiger nicht zur Verfügung.

Die Nicht-Eintragung des CC in der Liste der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen steht seiner Bestellung zum nichtamtlichen Sachverständigen nicht entgegen. Gemäß § 52 Abs 4 AVG hat der Bestellung zum nichtamtlichen Sachverständigen Folge zu leisten, „wer zur Erstattung von Gutachten der erforderten Art öffentlich bestellt ist oder wer die Wissenschaft, die Kunst oder das Gewerbe, deren Kenntnis die Voraussetzung der geforderten Begutachtung ist, öffentlich als Erwerb ausübt oder zu deren Ausübung öffentlich angestellt oder ermächtigt ist.“ Diese geforderte Qualifikation wird vom erkennenden Gericht nicht in Zweifel gezogen.

Einleitend ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die belangte Behörde im letzten Satz der Begründung des bekämpften Bescheides ausführt, dass der Rechtstitel ihres Ersatzanspruches auf § 76 Abs 1 (Stellung des verfahrensleitenden Antrages durch den Verpflichteten) gründet.

Gem § 76 Abs 1 erster Satz AVG idF BGBl I 1998/158 hat für die Barauslagen, die der Behörde bei einer Amtshandlung erwachsen – sofern nicht ausnahmsweise „auch“ (vgl § 75 Abs 1 AVG) diese Auslagen von Amts wegen zu tragen sind – die Partei aufzukommen, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat (= Verursachungsprinzip) (Hengstschläger/Leeb, AVG § 76 Rz 12).

Wesentliches gemeinsames Merkmal eines verfahrenseinleitenden Antrags iS dieser Bestimmungen ist, dass dadurch der Prozessgegenstand, also die „Sache“ des jeweiligen Verfahrens (vgl § 13 Abs 8 letzter Satz AVG) bzw „die in Verhandlung stehende Angelegenheit“ bzw die „Hauptfrage“ (§ 59 Abs 1 erster Satz AVG) bestimmt wird, die gem § 59 Abs 1 AVG im Spruch des Bescheides zu erledigen ist. Aus der Stellung eines verfahrenseinleitenden Antrags erwächst der Partei ein subjektives Recht auf Durchführung und Erledigung des Verfahrens (vgl VwSlg 4350 A/1957; VwGH 18. 1. 1990, 89/09/0070; ferner VwGH 11. 9. 1997, 97/07/0074). Die Erfüllung des diesem Recht entsprechenden Gebots erfordert die amtswegige Ermittlung des für die Erledigung des Antrags bzw der damit begründeten Sache maßgeblichen Sachverhalts (§§ 37 ff AVG), einschließlich der Vornahme jener Amtshandlungen, die Barauslagen verursachen (Hengstschläger/Leeb, AVG § 76 Rz 14).

Aufgrund des tatsächlichen Geschehensablaufes kann das Stellen eines verfahrensleitenden Antrags seitens der Beschwerdeführerin ausgeschlossen werden, zumal überhaupt keine vor dem Verfahren stattgefundene Korrespondenz die dies im weitesten Sinne begründen könnte, ersichtlich ist. Vielmehr ergibt sich aus der Begründung des angefochtenen Bescheides, dass der Bürgermeister der Gemeinde Y protokollarisch Kenntnis davon erlangt hat, dass im Bereich der gewerblichen Anlage „Gewerbepark – Adresse 3, **** Y“ offensichtlich bau- und feuerpolizeiliche Mängel bestünden, welche ein Einschreiten der Baubehörde gemäß § 46 Abs 1 TBO erforderlich mache. Daraus kann wie festgestellt abgeleitet werden, dass es sich unzweifelhaft um ein amtswegiges Vorgehen handelte.

Vor diesem Hintergrund kommt daher allenfalls § 76 Abs 2 AVG als Rechtstitel für die Überwälzung derartiger Kosten des nichtamtlichen Sachverständigen der Barauslagen in Betracht; aufgrund des amtswegigen Handelns der belangten Behörde insbesondere § 76 Abs 2 letzter Satz AVG:

Die Kostenersatzpflicht gem § 76 Abs 2 AVG kann nur einen „Beteiligten“ treffen. In Ermangelung gegenteiliger Anhaltspunkte ist anzunehmen, dass dieser Begriff – wie auch im daran anknüpfenden Abs 3 leg cit (VwGH 24. 2. 2004, 2002/05/0658) – iSd Legaldefinition des § 8 AVG auszulegen ist (VwGH 19. 11. 2002, 2002/21/0160; vgl auch VwSlg 14.980 A/1998; VwGH 30. 3. 2004, 2001/21/0024). Erfasst werden also sowohl Parteien als auch bloß Beteiligte (VwGH 17.10. 2007, 2006/07/0163) (Hengstschläger/Leeb, AVG § 76 Rz 45).

Der Beschwerdeführerin kommt Parteistellung im zugrundeliegenden Hauptverfahren nach der TBO zu.

Außerdem stellt § 76 Abs 2 AVG darauf ab, dass die Amtshandlung durch das Verschulden eines Beteiligten „verursacht“ bzw „herbeigeführt wurde, dass das Verschulden also für die Vornahme der Amtshandlung kausal war (VwGH 25.5.1967, 25/67; 26.3.1985, 84/05/0253, 19.9.1989, 89/04/0009). Nach stRsp des VwGH setzt die Verpflichtung eines Beteiligten zum Kostenersatz allerdings nicht nur einen kausalen Zusammenhang zwischen dem schuldhaften Verhalten des Beteiligten und der mit Kosten verbundenen Amtshandlung voraus (VwGH 29. 7. 1992, 91/12/0036; 23. 1. 1996, 93/05/0137; vgl auch VwGH 22. 4. 2004, 2004/07/0042). Vielmehr hebt der Gerichtshof auch in diesem Zusammenhang gesondert hervor, dass die Verfahrenshandlung, welche die Kosten verursacht hat, zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts erforderlich sein musste (VwSlg 6939 A/1966; VwGH 19. 9. 1989, 89/04/0009; 23. 1. 1996, 93/05/0137; 17. 10. 2007, 2006/07/0163; vgl auch VwGH 2. 12. 1997, 97/05/0191; 22. 4. 2004, 2004/07/0042). Bei der Prüfung der Frage, ob ein Verschulden iSd § 76 Abs 2 AVG vorliegt, ist vom Verschuldensbegriff des § 1294 ABGB auszugehen (vgl etwa VfGH 15.10.1998, B606/98) (Hengstschläger/Leeb, AVG § 76 Rz 46).

Bevor über das Vorliegen eines allfälligen Verschuldens des Beschwerdeführers erwägt werden kann, muss zuerst die Frage der Erforderlichkeit der kostenverursachenden Verfahrenshandlung beantwortet werden. Im gegenständlichen Fall handelt es sich bei der kostenverursachenden Verfahrenshandlung um das Gutachten des nichtamtlichen Sachverständigen. Waren die Kosten des Gutachtens erforderlich, um den notwendigen Sachverhalt festzustellen, muss in einem zweiten Schritt auf das Verschulden des Beschwerdeführers eingegangen werden.

Das Kriterium der Erforderlichkeit setzt voraus, dass die vorgenommene Verfahrenshandlung zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts unbedingt notwendig bzw unerlässlich ist. Damit muss auch immer die Geeignetheit der Verfahrenshandlung einhergehen, denn ist eine solche nicht geeignet um den maßgeblichen Sachverhalt festzustellen, kann sie niemals unbedingt notwendig dafür sein. Daraus lässt sich ableiten, dass eine Verfahrenshandlung nur dann erforderlich zur maßgeblichen Sachverhaltsfeststellung sein kann, wenn diese dafür unbedingt notwendig und darüber hinaus auch dafür geeignet ist. Es wäre ja geradezu systemwidrig und hätte absurde Kostenvorschreibung an Beteiligte zur Folge, wenn hier nur auf eine abstrakte Erforderlichkeit abgestellt werden würde, ohne auch die Geeignetheit der Verfahrenshandlung – zum maßgeblichen Sachverhalt beizutragen – zu prüfen.

Gemäß den Feststellungen war das Gutachten des nichtamtlichen Sachverständigen nicht dazu geeignet, als kostenverursachende Verfahrenshandlung zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts in den Verfahren der belangten Behörde zu den Zln. ***, *** und *** beizutragen. Das Gutachten war nicht dazu geeignet, um daraus die für die Hauptverfahren notwendigen Feststellungen zu treffen. Die von der belangten Behörde erlassenen Bescheide im Hauptverfahren wurden aufgrund dieser mangelnden Feststellungen vom LVwG Tirol zu den Zln. ***, *** und *** aufgehoben und zur Erlassung eines neuen Bescheides zurückverwiesen.

Die kostenverursachende Verfahrenshandlung war sohin nicht erforderlich und können deren Kosten nicht nach § 76 Abs 2 letzter Satz AVG auf die Beschwerdeführerin überwälzt werden.

V.       Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es fehlen die Voraussetzungen für die Erhebung einer Revision – so VwGH 7.4.2021, Ra 2021/09/0051 – zum einen etwa, wenn sich das Verwaltungsgericht auf einen klaren Gesetzeswortlaut stützen kann. Ist somit die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig, dann liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG vor, und zwar selbst dann, wenn zu einer der anzuwendenden Normen noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen wäre (dazu VwGH 6.8.2020, Ra 2020/09/0040; 20.12.2017, Ra 2017/12/0124). Der bloße Umstand, dass eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu einem (der Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu Grunde liegenden) vergleichbaren Sachverhalt (zu einer bestimmten Rechtsnorm) fehlt, begründet noch keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung. Genügte nämlich für die Zulässigkeit einer Revision bereits das Fehlen höchstgerichtlicher Entscheidung zu einem vergleichbaren "Sachverhalt", wäre der Verwaltungsgerichtshof in vielen Fällen zur Entscheidung berufen, obgleich in Wahrheit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, sondern nur eine – wie hier – Einzelfallgerechtigkeit berührende Wertungsfragen aufgeworfen werden (VwGH 23.09.2014, Ro 2014/01/0033; und vgl. in diesem Sinn die ständige Judikatur des Obersten Gerichtshofes zu § 502 ZPO, z.B. die Urteile des OGH vom 28. März 2007, 6 Ob 68/07d, vom 5. August 2009, 6 Ob 148/09x, sowie vom 6. Juni 2013, 5 Ob 97/13w).

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag. Piccolroaz

(Richter)

Schlagworte

Kostenvorschreibung
nichtamtlicher Sachverständiger
Erforderlichkeit der Verfahrenshandlung
Maßgeblicher Sachverhalt
amtswegiges Vorgehen der Behörde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2022:LVwG.2022.40.2368.1

Zuletzt aktualisiert am

02.01.2023
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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