TE Vwgh Erkenntnis 1996/1/23 94/08/0192

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Veröffentlicht am 23.01.1996
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Index

66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

ASVG §4 Abs1 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde der Dr. F als Masseverwalterin der Gemeinschuldnerin E GmbH in W, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 29. Juni 1994, Zl. 120.105/2-7/94, betreffend Versicherungspflicht nach dem ASVG und ALVG (mitbeteiligte Parteien: 1. R, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W; 2. WGGK, 3. PVA der Arbeiter,

4. AUVA), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- und der erst- und zweitmitbeteiligten Partei zu gleichen Teilen Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren der erstmitbeteiligten Partei auf Stempelgebührenersatz wird abgewiesen.

Begründung

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird hinsichtlich der Darstellung des Sachverhaltes auf das den Bruder des Erstmitbeteiligten betreffende Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 94/08/0191, verwiesen.

Mit Bescheid vom 4. November 1992 sprach die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse aus, daß der Erstmitbeteiligte aufgrund seiner Beschäftigung als Hilfskraft beim Dienstgeber E. GmbH, Marktfahrergewerbe, auch in der Zeit vom 2. Mai 1987 bis 14. Oktober 1990 und am 31. Jänner 1992 gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 ASVG und § 1 Abs. 1 lit. a AlVG der Voll- (Kranken-, Unfall-, Pensions-) und Arbeitslosenversicherungspflicht unterlegen sei. Nach der Begründung habe der Erstmitbeteiligte anläßlich einer Vorsprache im Versicherungsreferat am 2. März 1992 niederschriftlich angegeben, beim angeführten Dienstgeber auch in der genannten Zeit als Verkäufer beschäftigt gewesen zu sein. Er habe bei einer täglichen Arbeitszeit von zwölf Stunden kein Entgelt, sondern nur volle freie Station (Wohnung, Essen) erhalten. Er sei erst vom 15. Oktober 1990 bis 30. Jänner 1992 mit einem Monatslohn von S 6.353,-- zur Sozialversicherung gemeldet worden. Es werde daher um die Überprüfung seiner Versicherungspflicht für die Zeit vom 2. Mai 1987 bis 15. Oktober 1990 und am 31. Jänner 1992 ersucht.

Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse habe darauf hin die Einvernahme des Geschäftsführers der E. GmbH, M., der gleichzeitig Schwager des Erstmitbeteiligten sei, veranlaßt. Dieser habe dabei angegeben, daß der Erstmitbeteiligte ausschließlich in der Zeit vom 15. Oktober 1990 bis 31. (richtig: 30.) Jänner 1992 als Handelsarbeiter wöchentlich zwanzig Stunden für die genannte Gesellschaft mit einem Monatslohn in der Höhe von S 6.353,-- tätig gewesen sei. Freie Unterkunft und Verpflegung sei in keinem Zusammenhang mit dem Beschäftigungsverhältnis gestanden, sondern von ihm freiwillig gewährt worden. Bei der Anzeige handle es sich seiner Meinung nach um einen Racheakt wegen privater Umstimmigkeiten.

Die E. GmbH erhob Einspruch.

Mit Bescheid vom 26. April 1993 gab der Landeshauptmann von Wien dem Einspruch Folge und verneinte ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis des Erstmitbeteiligten in der streitgegenständlichen Zeit. Begründet wurde die Entscheidung im wesentlichen damit, daß der Erstmitbeteiligte für die von ihm behauptete Tätigkeit kein Entgelt erhalten habe.

Der Erstmitbeteiligte erhob Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung Folge gegeben und in Abänderung des Bescheides des Landeshauptmannes festgestellt, daß der Erstmitbeteiligte aufgrund seiner Tätigkeit für die E. GmbH auch in der Zeit vom 2. Mai 1987 bis 14. Oktober 1990 und am 31. Jänner 1992 der Voll- und Arbeitslosenversicherungspflicht nach § 4 Abs. 1 Z. 1 und 2 ASVG sowie § 1 Abs. 1 lit. a ALVG unterlegen sei. Aufgrund der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde am 19. Jänner 1994 und den vorliegenden Verwaltungsakten sei folgendes festgestellt worden: Der Erstmitbeteiligte sei am 1. Mai 1987 nach Österreich gekommen. Sein Schwager M. habe ihm Unterkunft und Verpflegung gewährt. Bereits am nächsten Tag seiner Ankunft habe der Erstmitbeteiligte am Verkaufsstand der E. GmbH zu arbeiten begonnen. Es sei vereinbart worden, daß der Erstmitbeteiligte bei M. wohnen könne, er freie Kost und ein Gehalt von monatlich S 8.000,-- bekomme. Das vereinbarte Gehalt sei jedoch nicht ausbezahlt worden. Kleidung und Verpflegung seien von M. zur Verfügung gestellt worden. Die Dienstzeit sei von 07.00 Uhr in der Früh bis 19.00 Uhr am Abend von Montag bis Sonntag gewesen. Zu Beginn seiner Tätigkeit im Jahre 1987 habe M. nur einen Stand besessen. Im Jahre 1988 seien es bereits zwei Stände, ab 1988 sechs Stände gewesen. Die Tätigkeit des Erstmitbeteiligten habe darin bestanden, daß er in der Früh zum Stand gegangen sei, die Waren hergerichtet und diese anschließend verkauft habe. Nach ca. drei bis vier Monaten nach Beginn seiner Tätigkeit habe der Erstmitbeteiligte auch begonnen, für M. Waren von Großhändlern und anderen Geschäften einzukaufen. Seine Tätigkeit sei dem Erstmitbeteiligten bekannt gewesen, weshalb es nicht notwendig gewesen sei, ihm ins Detail gehende Weisungen bezüglich seiner Tätigkeit zu geben. Er habe sich nach den Wünschen von M. zu richten gehabt. Der Erstmitbeteiligte sei auch an der Universität Wien inskribiert gewesen, er habe jedoch weder Lehrveranstaltungen besucht noch eine Prüfung abgelegt. Die Inskription sei auf Anraten von M. erfolgt, um leichter eine Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten. Der Erstmitbeteiligte habe seine Tätigkeit bis 30. September 1991 durchgeführt, obwohl er das vereinbarte Entgelt nicht erhalten habe. Ihm sei nämlich im Jahre 1990 ein Anteil an einer Eigentumswohnung versprochen worden. Diesen Anteil habe er jedoch nicht erhalten. Ab 15. Oktober 1990 sei er bei der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse angemeldet worden. In seinem Beschäftigungsverhältnis habe sich dadurch allerdings nichts geändert. Für eine Vertretung habe M. immer selbst gesorgt, der Erstmitbeteiligte habe keine eigenmächtige Entscheidungsfreiheit im Betrieb der E. GmbH gehabt und der Erstmitbeteiligte habe auch in einem Verfahren vor dem Arbeits- und Sozialgericht Wien immer wieder angegeben, daß er seit 2. Mai 1987 für die E. GmbH gearbeitet habe. Demgegenüber habe M. diesbezüglich widersprüchliche Angaben gemacht: So habe er im Verwaltungsverfahren immer wieder angegeben, daß der Beschäftigungsbeginn des Erstmitbeteiligten der 15. Oktober 1990 gewesen sei. Im Verfahren vor dem Arbeits- und Sozialgericht Wien habe er zu Beginn seiner Vernehmung zu Protokoll gegeben, daß der Erstmitbeteiligte ab 15. Oktober 1990 bei ihm gearbeitet und vor dieser Zeit auch nicht ausgeholfen habe. Nach weiterem Befragen habe er angegeben, daß er zwei Tage vor dem 2. August 1990 mit dem Erstmitbeteiligten vereinbart habe, daß dieser bei ihm arbeiten solle. Über Vorhalt, daß die entsprechende Beschäftigungsbewilligung schon am 16. Juli 1990 ausgestellt worden sei, habe er erklärt, daß er sich bei seiner Aussage geirrt haben könnte. Er habe zwei Tage vor dem Antrag auf Beschäftigungsbewilligung das erste Mal über eine Beschäftigung gesprochen. M. sei sich bei seinen Angaben bezüglich des Beginnes der Beschäftigung des Erstmitbeteiligten keineswegs sicher gewesen. Die belangte Behörde schenke daher den diesbezüglichen Angaben des Erstmitbeteiligten mehr Glauben. Überdies widerspreche es den Erfahrungen des täglichen Lebens, daß M. für Unterkunft, Verpflegung und sämtliche Bedürfnisse des Erstmitbeteiligten aufgekommen sei, dafür aber keine Gegenleistung erwartet habe. Speziell bei der vorliegenden Beschäftigung sei es durchwegs vorstellbar und glaubwürdig, daß der Erstmitbeteiligte im Gegenzug für seine Versorgung bereits am nächsten Tag seiner Ankunft in Österreich beim Verkauf an den Marktständen habe helfen müssen. Bezüglich seiner Inskription an der Universität Wien habe der Erstmitbeteiligte selbst zugegeben, daß er nur einmal auf der Universtität gewesen sei, um seinen Studentenausweis abzuholen. Er habe jedoch in weiterer Folge weder eine Vorlesung besucht noch eine Prüfung abgelegt. Diese Angaben seien auch von M.

unwidersprochen geblieben. Die Glaubwürdigkeit der Angaben des Erstmitbeteiligten würden noch dadurch unterstützt, daß auch die Brüder des Erstmitbeteiligten, welche ebenfalls für die

E. GmbH tätig gewesen seien, völlig gleichlautende Angaben bezüglich ihrer Beschäftigung und der Beschäftigung des Erstmitbeteiligten gemacht hätten. M. habe auch bezüglich der konkreten Arbeitszeit des Erstmitbeteiligten keine genauen Angaben machen können. Er habe zuerst angegeben, daß der Erstmitbeteiligte zwanzig Stunden in der Woche gearbeitet habe. Weiters habe er jedoch angegeben, daß dieser fünfmal die Woche fünf Stunden gearbeitet habe. In weiterer Folge habe er sich dahin korrigiert, daß der Erstmitbeteiligte täglich nur vier Stunden gearbeitet habe. Aufgrund der Unsicherheit und Widersprüche in diesen Angaben bei wesentlichen Punkten des Beschäftigungsverhältnisses des Erstmitbeteiligten gehe daher die belangte Behörde davon aus, daß es sich bei den Angaben von

M. um Schutzbehauptungen handle.

M. habe in der mündlichen Verhandlung selbst angegeben, daß der Erstmitbeteiligte keine eigenmächtige Entscheidungsfreiheit gehabt habe und dessen Tätigkeit von ihm kontrolliert worden sei. Er habe Weisungen erteilt; der Erstmitbeteiligte habe nicht die Möglichkeit gehabt, im Verhinderungsfall für eine Vertretung zu sorgen, da er zu fremden Leuten kein Vertrauen gehabt habe. Der Erstmitbeteiligte sei sowohl zeitlich als auch örtlich an die Vorgaben von M. gebunden gewesen. Er habe eine Dienstzeit von 07.00 Uhr in der Früh bis 19.00 Uhr am Abend einzuhalten gehabt. Zwischen M. und dem Erstmitbeteiligten sei auch eine Entgeltleistung von S 8.000,-- vereinbart worden. Die Tatsache, daß der Erstmitbeteiligte jedoch nie ein Entgelt für seine Tätigkeit erhalten habe, schließe die Sozialversicherungspflicht nicht aus, da er einen Anspruch auf Lohn gehabt habe. Es sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Aufgrund der durch vollstreckbaren Rückstandsausweis glaubhaft gemachten Forderung der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse wurde über das Vermögen der E. GmbH der Konkurs eröffnet.

Gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 29. Juni 1994 richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde der Masseverwalterin.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen.

Von den mitbeteiligten Parteien wurde jeweils eine Gegenschrift erstattet, wobei nur die erst- und zweitmitbeteiligte Partei die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 2 ASVG ist Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; dazu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

Welche Umstände bei der Beantwortung der Frage zu berücksichtigen sind, ob bei einer Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit einer Person vom Empfänger der Arbeitsleistung gegenüber jenen persönlicher und wirtschaftlicher Unabhängigkeit überwiegen, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt dargelegt, so etwa im Erkenntnis vom 19. März 1984, VwSlg. 11.361/A, aber auch im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 10. Dezember 1986, VwSlg. 12.325/A, auf deren Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG insoweit verwiesen wird.

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist unbestritten, daß der Erstmitbeteiligte in der Zeit vom 15. Oktober 1990 bis 30. Jänner 1992 als Hilfskraft der E. GmbH in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden ist. Strittig ist allerdings, ob der Erstmitbeteiligte bereits in der Zeit davor, also vom 2. Mai 1987 bis 14. Oktober 1990 und am 31. Jänner 1992, in einem solchen Beschäftigungsverhältnis gestanden ist.

Die Beschwerde bekämpft ausschließlich die Tatsachenfeststellungen bzw. die damit im Zusammenhang stehende Beweiswürdigung der belangten Behörde.

Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 45 Abs. 2 AVG) bedeutet nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht, daß der in der Begründung des Bescheides niederzulegende Denkvorgang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht unterliegt. Die Bestimmung des § 45 Abs. 2 AVG hat nur zur Folge, daß - sofern in den besonderen Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmt ist - die Würdigung der Beweise keinen anderen, insbesondere keinen gesetzlichen Regeln unterworfen ist. Dies schließt aber eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung nicht aus, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind. Schlüssig sind solche Erwägungen nur dann, wenn sie unter anderem den Denkgesetzen, somit auch dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 24. Mai 1974, Slg. Nr. 8619/A). Unter Beachtung der nämlichen Grundsätze hat der Verwaltungsgerichtshof auch zu prüfen, ob die Behörde im Rahmen ihrer Beweiswürdigung alle in Betracht kommenden Umstände vollständig berücksichtigt hat (vgl. das Erkenntnis vom 17. November 1992, Zl. 92/08/0071, mit weiteren Hinweisen). Hingegen ist der Verwaltungsgerichtshof nicht berechtigt, einer Beweiswürdigung der belangten Behörde, die einer Überprüfung unter den genannten Gesichtspunkten standhält, mit der Begründung entgegenzutreten, daß auch ein anderer Ablauf der Ereignisse bzw. ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. das Erkenntnis vom 19. Oktober 1993, Zl. 92/08/0175).

Einer Prüfung unter diesen Gesichtspunkten hält die Begründung des angefochtenen Bescheides unter dem Blickwinkel des Beschwerdevorbringens allerdings stand:

Die belangte Behörde hat zunächst schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, weshalb sie im wesentlichen den Angaben des Erstmitbeteiligten und nicht dem Vorbringen von M. gefolgt ist. So habe dieser bezüglich des Beschäftigungsbeginnes des Erstmitbeteiligten und dessen Arbeitszeit widersprüchliche Angaben gemacht. Demgegenüber seien die Angaben des Erstmitbeteiligten auch von dessen bei der E. GmbH beschäftigt gewesenen Brüdern bestätigt worden.

Die belangte Behörde stützte sich bei ihrer Entscheidung ferner auf die Erfahrungen des täglichen Lebens, denen es widerspreche, daß M. für Unterkunft, Verpflegung und sämtliche Bedürfnisse des Erstmitbeteiligten aufgekommen sei, dafür aber keinerlei Gegenleistung erwartet habe. Auch diese Auffassung kann nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Wenn die beschwerdeführende Partei in diesem Zusammenhang vorbringt, es widerspreche jeglicher Lebenserfahrung, daß ein seit Mai 1987 Beschäftigter offenbar nie den angeblich vereinbarten Lohn einfordere, so ist ihr zu erwidern, daß dem Erstmitbeteiligten für seine Tätigkeit - nach seinem Vorbringen - ein Anteil an einer noch zu erwerbenden Eigentumswohnung versprochen worden ist.

Zum Einwand der beschwerdeführenden Partei, daß eine sofortige Beschäftigung des Erstmitbeteiligten aufgrund der noch immer bestehenden mangelhaften Sprachkenntnisse gar nicht möglich gewesen sei, ist zu sagen, daß vom Erstmitbeteiligten keine anspruchsvolle Verkaufstätigkeit, sondern lediglich der Verkauf von Modeschmuck auf Marktständen erfolgt ist. Daneben umfaßte seine Tätigkeit auch eine Reihe von Hilfsarbeiten, die ohne Kenntnisse der deutschen Sprache verrichtet werden konnten. Aus dem Umstand, daß sich der Erstmitbeteiligte bei seiner Einvernahme vor der belangten Behörde eines Dolmetschers bediente, kann daher nicht der Schluß gezogen werden, er habe eine einfache Verkaufstätigkeit bei den Ständen der E. GmbH gar nicht durchführen können.

Der belangten Behörde kann auch nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie die Auffassung vertritt, das Vorbringen des Erstmitbeteiligten, er habe an der Universität Wien inskribiert, um leichter eine Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten, erscheine glaubwürdiger als die Behauptung, er habe seine Kenntnisse "aufbessern" wollen.

Die Ansicht der beschwerdeführenden Partei, ein Beschäftigungsverhältnis ohne Beschäftigungsbewilligung sei "denkunmöglich", ist nicht nachvollziehbar. Es ist auch nicht erkennbar, inwieweit diesbezüglich das Ermittlungsverfahren der belangten Behörde mangelhaft geblieben sein soll.

Der beschwerdeführenden Partei kann auch nicht gefolgt werden, wenn sie die Auffassung vertritt, aus den Angaben des Bruders des Erstmitbeteiligten, A.R., ergebe sich, daß der Erstmitbeteiligte seine Tätigkeit nicht in "abhängiger Stellung" ausgeübt habe. Nach den Angaben dieses Zeugen habe nämlich keine Person einen fix zugeteilten Arbeitsplatz gehabt. Man sei - je nach Bedarf - "von einem Stand zum anderen gewandert", um dort auszuhelfen oder dort zu arbeiten. Wer wo gerade arbeiten sollte, sei untereinander ausgemacht worden. Auch M. habe bei der Beratung mitgewirkt, aber, da alle eine große Familie seien, sei alles gemeinsam beschlossen worden. Niemand habe irgendeine "Befehlsgewalt" gehabt. Einer solchen einvernehmlichen Festlegung des jeweiligen Arbeitsplatzes allein kommt nicht ein solches Gewicht zu, daß von einem Überwiegen der Merkmale einer selbständigen, nicht abhängigen Beschäftigung gesprochen werden könnte.

Die belangte Behörde hat bei ihrer Entscheidung auch die Verhandlungsprotokolle des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien berücksichtigt. Wenn die Beschwerde in diesem Zusammenhang rügt, daß die Beischaffung des (gesamten) Zivilaktes unterblieben sei, so unterläßt sie es, die Wesentlichkeit dieses behaupteten Verfahrensmangels darzutun (vgl. dazu die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, auf Seite 591 wiedergegebene Rechtsprechung).

Die Beschwerde erweist sich daher zur Gänze als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG (insbesondere § 49 Abs. 6) in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Stempelgebühren konnten der erstmitbeteiligten Partei aufgrund der sachlichen Abgabenfreiheit (§ 110 ASVG) nicht zugesprochen werden.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1994080192.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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