TE Vwgh Erkenntnis 1996/1/24 93/03/0095

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Veröffentlicht am 24.01.1996
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Index

L65000 Jagd Wild;
L65003 Jagd Wild Niederösterreich;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §8;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
JagdG NÖ 1974 §5 Abs3;
JagdG NÖ 1974 §52;
JagdG NÖ 1974 §87;
JagdRallg;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Gruber, Dr. Gall und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerden der 1. Gabrielle S, 2. Dr. Franz Georg S und 3. Johannes S, alle in G, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 3. März 1993, Zl. VI/4-J-330, betreffend Zurückweisung einer Berufung in Angelegenheit Fütterung von Rotwild, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer sind schuldig, dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem an Ing. Rudolf K gerichteten und diesem am 11. September 1992 zugestellten Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Scheibbs vom 3. September 1992 wurde der Antrag des Ing. Rudolf K, festzustellen, daß er als Jagdverwalter des Eigenjagdgebietes der Beschwerdeführer (Revier Stockgrund) berechtigt sei, Rotwild zur Ablenkung von den Wiesenflächen des Landwirtes Josef L an den Rotwildfütterungsstellen H und B ohne zeitliche Begrenzung nach jagdwirtschaftlichen Kriterien zu füttern, sowie festzustellen, daß diese "Ablenkungsfütterungen" wie auch die Berechtigung zu dieser im Interesse der Land- und Forstwirtschaft P als taugliches und geeignetes Mittel nicht den Einschränkungen des § 87 Abs. 2 des Niederösterreichischen Jagdgesetzes 1974 (JG) unterliege, abgewiesen.

Mit dem nun angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 3. März 1993 wurde die von den Beschwerdeführern gegen diesen Bescheid erhobene Berufung als unzulässig zurückgewiesen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machen und die kostenpflichtige Aufhebung des Bescheides beantragen.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

In ihrem Schriftsatz vom 7. Oktober 1993 haben sich die Beschwerdeführer zur Gegenschrift der belangten Behörde geäußert.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde führte zur Begründung des angefochtenen Bescheides im wesentlichen aus, daß das Recht, Berufung zu erheben, im Grunde des § 63 Abs. 5 AVG nur der vom Bescheid betroffenen Partei zustehe. Der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Scheibbs vom 3. September 1992 sei ausschließlich gegenüber Ing. Rudolf K erlassen worden, daher sei auch nur dieser berechtigt, Berufung zu erheben. Das Jagdgesetz unterscheide das Jagdrecht, welches in anerkannten Eigenjagdgebieten den jeweiligen Grundeigentümern zustehe, von seiner Ausübung. Jagdausübungsberechtigt sei in Eigenjagdgebieten zufolge § 5 Abs. 2 lit. a JG der Grundeigentümer. Doch könne - nach Maßgabe der jagdgesetzlichen Bestimmungen - die Ausübung des Jagdrechtes in seiner Gesamtheit im Wege der Verpachtung und im Wege der Bestellung eines Jagdverwalters an dritte Personen übertragen werden. Für jene Fälle, in denen der Eigentümer eines unverpachteten Eigenjagdgebietes eine Mehrheit von Personen sei, enthalte § 52 JG eine Sonderbestimmung dahin, daß die Grundeigentümer einen Jagdverwalter zu bestellen hätten. Die Befugnis, das Jagdrecht zu nutzen und damit die Befugnis, die Jagd auszuüben, komme in diesen Fällen ausschließlich dem Jagdverwalter zu, damit im vorliegenden Fall Ing. Rudolf K als bestellten Jagdverwalter. Er sei für die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen verantwortlich und Partei in allen jagdbehördlichen Verfahren, welche die Ausübung des Jagdrechtes unmittelbar betreffen. Den Grundeigentümern als Jagdberechtigten komme (außer in den Fällen besonderer gesetzlicher Anordnung) Parteistellung in solchen Verfahren nicht zu. Die Legitimation zur Stellung des Antrages, der die Errichtung von Fütterungen bzw. die Vorlage bestimmter Futterarten und damit eine Maßnahme der Wildhege betroffen habe, sei ausschließlich dem Jagdverwalter zugekommen. Die Erstbehörde habe demgemäß den Bescheid ausschließlich gegenüber Ing. Rudolf K erlassen. Die von den Beschwerdeführern als Grundeigentümern erhobene Berufung sei mangels Parteistellung als unzulässig zurückzuweisen.

Die Beschwerdeführer wenden dagegen im wesentlichen ein, daß sowohl während der vergangenen Jagdperioden als auch während der laufenden Jagdperiode die Befugnis zur Eigenjagd im gegenständlichen Revier ihnen als Miteigentümer der Liegenschaft zuerkannt sei. Ing. Rudolf K sei Jagdverwalter dieses Eigenjagdgebietes; er weise die Erfordernisse des § 43 Abs. 2 JG auf, sei zum Jagdverwalter bestellt und der Bezirkshauptmannschaft Scheibbs als solcher namhaft gemacht worden. Trotz Bestellung des Jagdverwalters hätten die Beschwerdeführer jedoch als Eigentümer des unverpachteten Eigenjagdgebietes die vollen Rechte der Ausübung des Jagdrechtes im Eigenjagdgebiet behalten. Eine Übertragung der "Rechtszuständigkeit" sei dadurch nicht erfolgt. Es handle sich nicht um eine bloß vertragliche Bestellung des Jagdverwalters, vielmehr um eine gesetzliche, zumal die Eigenjagdberechtigten dem Inhalt der Bestimmung des § 52 JG nach verpflichtet seien, einen Jagdverwalter zu bestellen. In Verkennung der Rechtslage sei die belangte Behörde davon ausgegangen, daß Ing. Rudolf K selbst Jagdausübungsberechtigter sei. Wenngleich der bestellte Jagdverwalter für die Einhaltung der jagdrechtlichen Vorschriften verantwortlich sei, so könne nicht davon ausgegangen werden, daß den Eigentümern der Eigenjagd die Legitimation zur Stellung eines Antrages nur in Fällen besonderer gesetzlicher Anordnung, und damit Parteistellung, zukomme. Gegebenenfalls handle es sich um ein Mehrparteienverfahren. Die Rechtswirkungen des angefochtenen Bescheides würden sowohl den Jagdverwalter als auch die "jagdausübungsberechtigten Miteigentümer" treffen.

Darüberhinaus habe die belangte Behörde verkannt, daß Ing. Rudolf K die Beschwerdevertreter nur im Rahmen seiner jagdverwaltungsrechtlichen Stellung nach § 52 JG bevollmächtigt habe, nicht jedoch darüber hinaus. Ing. Rudolf K "als Person" habe im "Feststellungsverfahren" persönlich die Beschwerdevertreter nicht mit seiner rechtsfreundlichen Vertretung beauftragt und bevollmächtigt.

Dieses Vorbringen vermag der Beschwerde jedoch nicht zum Erfolg zu verhelfen:

Zunächst ist den Beschwerdeführern zu entgegnen, daß der das Verfahren einleitende Antrag vom 11. August 1992, ungeachtet des Umstandes, daß im Rubrum als Einschreiter "Gabrielle S und Mitbesitzer vertreten durch den Jagdverwalter Oberförster Ing. Rudolf K, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt ..." enthalten ist, Ing. Rudolf K zuzurechnen ist. Nicht nur, daß die Beschwerdebehauptung, daß er "persönlich" die Beschwerdevertreter nicht bevollmächtigt hätte, aktenwidrig (und eine Neuerung) ist, zumal nach dem Inhalt des Schriftsatzes und den darin aufgenommenen Erklärungen ausdrücklich auch Ing. Rudolf K die Beschwerdevertreter mit der rechtsfreundlichen Vertretung beauftragt und bevollmächtigt hatte und sich die Beschwerdevertreter auf erteilte Vollmacht berufen haben, ist es auch ausdrücklich Ing. Rudolf K, der als Jagdverwalter der Behörde gegenüber die im einzelnen näher angeführten Anträge gestellt hat.

Die Rechtswirkung eines Bescheides tritt erst mit dessen Erlassung durch Zustellung (oder mündliche Verkündung) ein, sie tritt gegenüber einer Person erst dann ein, wenn der Bescheid dieser gegenüber erlassen worden ist. Gemäß § 63 Abs. 1 AVG richtet sich der Instanzenzug und das Recht zur Einbringung der Berufung und sonstiger Rechtsmittel, abgesehen von den in diesem Gesetz besonders geregelten Fällen, nach den Verwaltungsvorschriften. Das Berufungsrecht steht grundsätzlich nur demjenigen zu, dem der Bescheid rechtswirksam zugestellt oder verkündet worden und für den er auch inhaltlich bestimmt ist (vgl. die in Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, auf Seiten 411 und 497 angeführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes). Der von den Beschwerdeführern bei der belangten Behörde bekämpfte Bescheid der Erstbehörde war nur an Ing. Rudolf K gerichtet und nur diesem gegenüber erlassen worden.

Dies zu Recht: Gemäß § 1 JG besteht das Jagdrecht in der ausschließlichen Befugnis, innerhalb eines bestimmten Jagdgebietes den jagdbaren Tieren nachzustellen, sie zu fangen, zu erlegen und sich anzueignen, es umfaßt ferner die ausschließliche Befugnis, sich verendetes Wild, Fallwild, Abwurfstangen sowie die Eier des Federwildes anzueignen (Abs. 1). Das Jagdrecht unterliegt den Beschränkungen dieses Gesetzes (Abs. 2). Gemäß § 4 JG ist das Jagdrecht untrennbar mit dem Eigentum am Grund und Boden verbunden. Es steht daher dem Grundeigentümer zu und kann als selbständiges dingliches Recht nicht begründet werden. Gemäß § 5 Abs. 1 JG tritt hinsichtlich der Ausübung des Jagdrechtes nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen dieses Gesetzes entweder die Befugnis zur Eigenjagd, das ist die freie Verfügung des Berechtigten über die Form der Ausübung seines Jagdrechtes (Selbstverwaltung, Verpachtung usw.), oder die Ausschließung dieser freien Verfügung durch die gesetzlich vorgeschriebene Ausübung des Jagdrechtes nach Maßgabe des § 25 JG ein. Nach § 5 Abs. 2 JG sind jagdausübungsberechtigt im Sinne dieses Gesetzes a) in Eigenjagdgebieten (§ 6) und Jagdgehegen (§ 7) die Grundeigentümer, b) in Genossenschaftsjagdgebieten (§ 10) die Jagdgenossenschaften (§ 18). Gemäß § 5 Abs. 3 JG kann die Ausübung des Jagdrechtes in seiner Gesamtheit nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Gesetzes im Wege der Verpachtung (§§ 14, 28, 38, 39, 40 und 51) und im Wege der Bestellung eines Jagdverwalters (§§ 42 und 52) an dritte Personen übertragen werden. Das Gesetz unterscheidet somit zwischen dem Jagdrecht und der Ausübung des Jagdrechtes.

Unbestritten sind die Beschwerdeführer Grundeigentümer (Miteigentümer) des gegenständlichen Eigenjagdgebietes und haben gemäß § 52 JG einen Jagdverwalter in der Person des Ing. Rudolf K bestellt. Mit dieser Bestellung ist das Recht zur Ausübung des Jagdrechtes auf den Genannten übergegangen. Diesem - und nicht den Beschwerdeführern - kommt daher Parteistellung in einem Verwaltungsverfahren betreffend Wildfütterung (§ 87 JG) zu. Die Beschwerdeführer können daher auch nicht etwa als "übergangene Parteien" im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. hiezu die in Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, auf Seiten 224 ff und 497 angeführten Zitate) angesehen werden. Zutreffend hat daher die belangte Behörde die Auffassung vertreten, daß die Beschwerdeführer durch den Bescheid der Erstbehörde in ihren subjektiven Rechten nicht verletzt wurden und daher auch aus diesem Grunde ihre Berufung unzulässig war.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Jagdrecht und Jagdrechtsausübung Jagdrecht und Jagdrechtsausübung Eigenjagd Ausübung und Verwaltung Eigenjagdrecht des Grundeigentümers Jagdrecht und Jagdrechtsausübung Jagdausübung Jagdausübungsberechtigung Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Besondere Rechtsgebiete Jagdrecht und Fischereirecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1993030095.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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