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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §23;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner und Dr. Hargassner als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde des Dr. C, Rechtsanwalt in W, als Masseverwalter im Konkurs der W-AG in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat III, vom 7. Juni 1993, GZ 6/2-2052/90-08, betreffend Umsatzsteuer 1985 und 1986, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Masseverwalter in dem am 18. Jänner 1988 eröffneten Konkurs der W. Aktiengesellschaft. Nach den Feststellungen des Prüfers anläßlich einer 1987 durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung waren Gesellschafter mit einem nominellen Aktienbetrag von S 999.000,-- die T.P. AG in Zug, Schweizerische Eidgenossenschaft, und mit S 1.000,-- die Ro. GmbH in Wien.
Nach den Feststellungen des Prüfers verrechnete die Re. GmbH der W. AG im Jahre 1985 "für die Vermittlung des Markensystems W" S 1,400.000,--. Weiters verrechnete die Pa. GmbH im Jahre 1986 eine Lizenz- und Standortgebühr für das W-System in Höhe von S 15,500.000,--. In beiden Fällen anerkannte der Prüfer die geltend gemachte Vorsteuer nicht, da es sich nach den Feststellungen anläßlich einer abgabenbehördlichen Prüfung bei der Firma Pa. GmbH bei der Vereinbarung der W. AG mit der Pa. GmbH um ein Scheingeschäft handle.
Das Finanzamt folgte den Prüfungsfeststellungen und erließ entsprechende Umsatzsteuerbescheide für 1985 und 1986.
In der Berufung gegen diese Bescheide wurde ausgeführt, es handle sich bei den Rechtsgeschäften mit der Re. GmbH und der Pa. GmbH um keine Scheingeschäfte, da die beabsichtigten Folgen der Rechtsgeschäfte, nämlich die Verwertung des Markensystems "W", in nunmehr bereits 28 Filialbetrieben wirtschaftlich erfolgreich und meßbar eingetreten seien.
In einer - der Partei am 26. August 1988 vorgehaltenen - Stellungnahme des Prüfers vom 30. März 1988 wurde ausgeführt, nach den Feststellungen anläßlich einer bei der Pa. GmbH vorgenommenen Betriebsprüfung sei das ursprüngliche Rechtsgeschäft über den Erwerb der "Franchise-Rechte-W" von der D-Trading Company Ltd, W, als Scheingeschäft anzusehen. Daraus folge, daß alle weiteren, aus diesem Vorgang fließenden Vorgänge als Scheinhandlung anzusehen seien. Mit Vorhalt vom 25. November 1992 wurden der Partei Teile der die Pa. GmbH betreffenden Akten zur Stellungnahme übermittelt. Der Vorhalt blieb unbeantwortet.
Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. In der Begründung des angefochtenen Bescheides wurde ausgeführt, wie bei der Prüfung der Pa. GmbH festgestellt worden sei, sei der Erwerb der Lizenz für das System "W" als Scheingeschäft zu qualifizieren. Die Betriebsprüfung gehe daher zu Recht davon aus, daß alle weiteren Vorgänge als Scheinhandlungen anzusehen seien, da schon das ursprüngliche Geschäft nur zum Schein abgeschlossen worden sei. Der Einwand der Beschwerdeführerin, gemäß § 916 Abs. 2 ABGB könne einem Dritten die Einrede des Scheingeschäftes nicht entgegengehalten werden, gehe schon deswegen ins Leere, weil Manfred K. bei allen drei Gesellschaften beherrschend gewesen sei.
In der Beschwerde gegen diesen Bescheid werden dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die Begründung eines Bescheides muß erkennen lassen, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die belangte Behörde zur Ansicht gelangt ist, daß gerade dieser Sachverhalt vorliegt und aus welchen Gründen die Behörde die Subsumtion des Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet (vgl. zuletzt das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Dezember 1995, 92/13/0151).
Der belangten Behörde ist zuzugestehen, daß für die Beurteilung der Frage, ob es sich bei den beiden in Rede stehenden Vereinbarungen betreffend die Vermittlung sowie sodann die Nutzung eines Franchise-Systems um Scheingeschäfte im Sinne des § 23 BAO handelt, die Qualifizierung des zwischen der DAL Ltd Warschau und der Pa. GmbH zufolge Behauptungen der Steuerpflichtigen abgeschlossenen Rechtsgeschäftes wesentlich ist. Die belangte Behörde hat aber schon die Darstellung des Inhaltes dieser Vereinbarung unterlassen. Sie hat auch keineswegs aus festgestellten Sachverhaltselementen Schlüsse auf das Vorliegen von Scheingeschäften gezogen. Die Annahme der belangten Behörde, schon bei der Vereinbarung zwischen der DAL Ltd und der Pa. GmbH handle es sich um ein Scheingeschäft, wurde somit in keiner Weise begründet. Der bloße Hinweis auf eine abgabenbehördliche Prüfung bei der Pa. GmbH kann die entsprechende Sachverhaltsfeststellung und die erforderliche Subsumtion des Sachverhaltes nicht ersetzen. Schließlich kann selbst dann, wenn es sich bei der Vereinbarung zwischen der DAL Ltd und der Pa. GmbH um ein Scheingeschäft gehandelt hätte, dies die belangte Behörde nicht der Verpflichtung entheben, sich mit dem im Streitfall vorliegenden Sachverhalt zur Gänze auseinanderzusetzen. Durch diese Mängel der Begründung des angefochtenen Bescheides ist der Verwaltungsgerichtshof gehindert, diesen auf seine inhaltliche Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Daß den Vorschriften über das Parteiengehör Genüge getan wurde, kann daran nichts ändern.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1993130165.X00Im RIS seit
20.11.2000