Entscheidungsdatum
29.11.2022Index
90/02 FührerscheingesetzNorm
FSG 1997 §26 Abs3 Z1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Triendl über die Beschwerde des AA, geb. XX.XX.XXXX, Adresse 1, **** Z, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 13.10.2022, Zl. *** wegen Entziehung der Lenkberechtigung
zu Recht:
1. Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, als die einmonatige Entziehung der Lenkberechtigung für alle Klassen 10 Tage nach Zustellung des gegenständlichen Erkenntnisses an den Beschwerdeführer beginnt.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung für alle Klassen für einen Zeitraum von einem Monat, gerechnet ab dem Tag der Rechtskraft dieses Bescheides, entzogen.
In der rechtzeitig dagegen erhobenen Beschwerde brachte der Beschwerdeführer zusammenfassend vor, er habe die vorgeschriebene Geschwindigkeit nur minimal überschritten und er ersuche um Reduzierung der Entziehungsdauer bzw. allenfalls um eine Ermahnung.
Beweis wurde weiters aufgenommen durch Einsichtnahme in den behördlichen Akt.
II. Rechtsgrundlagen
Folgende Bestimmungen des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl I 1997/120 idF BGBl I 2021/154, sind gegenständlich von Belang:
„§ 7.
(1) Als verkehrszuverlässig gilt eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen
1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder
2. sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.
(…)
(3) Als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand:
(…)
4. die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebiets um mehr als 50 km/h überschritten hat und diese Überschreitung mit einem technischen Hilfsmittel festgestellt wurde;
(…)“
„§ 26
(…)
(3) Im Falle der erstmaligen Begehung einer in § 7 Abs. 3 Z 4 genannten Übertretung – sofern die Übertretung nicht geeignet war, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen oder nicht mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern begangen wurde (§ 7 Abs. 3 Z 3) oder auch eine Übertretung gemäß Abs. 1 oder 2 vorliegt – hat die Entziehungsdauer
1. ein Monat,
2. wenn die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 60 km/h oder außerhalb des Ortsgebiets um mehr als 70 km/h überschritten worden ist, mindestens drei Monate
(Anm.: Z 3 aufgehoben durch Art. 1 Z 7, BGBl. I Nr. 154/2021) zu betragen. Bei wiederholter Begehung einer derartigen Übertretung innerhalb von vier Jahren hat die Entziehungsdauer, sofern in keinem Fall eine Qualifizierung im Sinne der Z 2 gegeben ist mindestens drei Monate, sonst mindestens sechs Monate zu betragen. Eine nach Ablauf von vier Jahren seit der letzten Übertretung begangene derartige Übertretung gilt als erstmalig begangen.
(4) Eine Entziehung gemäß Abs. 3 darf erst ausgesprochen werden, wenn das Strafverfahren in erster Instanz durch Strafbescheid abgeschlossen ist. Bei erstmaligen Entziehungen gemäß Abs. 3 darf die Behörde keine begleitenden Maßnahmen anordnen, es sei denn, die Übertretung erfolgte durch einen Probeführerscheinbesitzer.
(…)“
III. Rechtliche Erwägungen:
Im gegenständlichen Fall steht völlig unstrittig fest, dass das behördliche Verwaltungsstrafverfahren im Sinne des § 26 Abs 4 FSG durch „Strafbescheid“ (konkret durch die nicht beeinspruchte Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft X vom 6.7.2022) abgeschlossen war. Die Geschwindigkeitsmessung selbst wurde mit einem „technischen Hilfsmittel“ (§ 7 Abs 3 Z 4 FSG - „Stationäres Lasermessgerät BB“) festgestellt.
Die Behörden – und auch die Landesverwaltungsgerichte - nach dem Führerscheingesetz (§ 35 FSG) sind an rechtskräftige Entscheidungen der Strafbehörden gebunden (vgl. etwa VwGH 30.06.1998, 98/11/0134, 08.08.2002, 2001/11/0210 uva). Angesichts der mit BGBl I 2005/15 erfolgten Änderung der StVO hat es insofern eine hier relevante Änderung der Gesetzeslage gegeben, als ab diesem Zeitpunkt in § 99 Abs 2e StVO (vgl. dazu BGBl I 2009/93) ein eigener Straftatbestand geschaffen wurde, der mit den Bestimmungen des FSG in Bezug auf die Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit (§ 7 Abs 3 Z 4 und § 26 Abs 3 FSG) korrespondiert.
In der oben zitierten Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft X vom 6.7.2022 wurde festgestellt, dass die durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb eines Ortsgebietes (konkret auf der Autobahn A **) von 80 km/h um 52 km/h überschritten wurde. Unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Strafsanktionsnorm des § 99 Abs 2e StVO verhängte die Bezirkshauptmannschaft X eine Geldstrafe. Damit besteht aber auch in Bezug auf die Geschwindigkeitsüberschreitung selbst gegenständlich insofern Bindungswirkung, als der Beschwerdeführer jedenfalls die (hier) zulässige Geschwindigkeit von 80 km/h außerhalb des Ortsgebietes um mehr als 50 km/h überschritten hat. Um nämlich eine Strafe nach dieser Strafsanktionsnorm verhängen zu können, ist das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung, entgegen der vorherigen Rechtslage, nunmehr sehr wohl ein wesentliches Tatbestandselement und ist von einer oben dargelegten Bindungswirkung ausgegangen werden (vgl etwa VwGH 24.9.2020, Ra 2020/11/0142 mwH).
Sämtliche nunmehr vorgebrachten Einwendungen des Beschwerdeführers gehen sohin ins Leere. Der Gesetzgeber hat für die vorliegende Fallkonstruktion zwingend (arg. „hat …. zu betragen“) eine Entziehung von 1 Monat festgelegt, eine Reduktion der Entziehungsdauer ist daher nicht möglich.
Die Spruchberichtigung erfolgte zur Klarstellung des Beginnes der Entziehung. Sie ermöglicht der Behörde, die administrativen Vorkehrungen zu treffen und dem Beschwerdeführer, sich terminlich auf die Entziehung vorzubereiten.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
In der gegenständlichen Beschwerdesache konnte im Sinne des § 24 Abs 4 VwGVG eine Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol entfallen, da vorliegend bloß reine Rechtsfragen zu beantworten waren, wogegen der Sachverhalt in den entscheidungsrelevanten Punkten als geklärt angesehen werden konnte, sodass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der vorliegenden Rechtssache nicht erwarten ließ.
Einem Entfall der Verhandlung standen auch weder Art 6 Abs 1 EMRK noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen (vergleiche VwGH 3.10.2013, 2012/06/0221 und 21.03.2014, 2011/06/0024).
IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.
Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Dr. Triendl
(Richter)
Schlagworte
GeschwindigkeitsüberschreitungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2022:LVwG.2022.22.3001.1.Zuletzt aktualisiert am
23.12.2022