Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Leitner, über die Beschwerde des K in Nairobi, Kenya, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 13. Oktober 1994, Zl. 406.890/7-2.2/94, betreffend Versetzung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht als Hauptmann in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund; bis zu der von ihm bekämpften Personalmaßnahme war der Beschwerdeführer beim Panzergrenadierbataillon n1, G, F, eingesetzt. Wohnhaft ist der Beschwerdeführer in T, NÖ. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 10. Dezember 1993 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 38 Abs. 4 BDG 1979 verständigt, daß seine Versetzung zur Panzertruppenschule und Diensteinteilung auf den Arbeitsplatz "HptLO PzGren, OrgPlan Nr. 005, PosNr. 007", in Aussicht genommen sei und es dem Beschwerdeführer freistehe, binnen zwei Wochen nach Zustellung Einwendungen gegen die beabsichtigte Maßnahme vorzubringen.
Mit 17. Dezember 1993 beantragte der Beschwerdeführer seine Versetzung zum Militärkommando Wien.
Gegen die ihm mitgeteilte vorgesehene Versetzung zur Panzertruppenschule nach Zwölfaxing brachte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 30. Dezember 1993 Einwendungen vor, und zwar: die für ihn gegebene längere Anreisezeit, die schlechten Verkehrsverbindungen sowie das Wetterrisiko und die daraus für ihn folgenden höheren Kosten. Weiters bezeichnete sich der Beschwerdeführer für den vorgesehenen Posten als nicht geeignet, hielt aber seine seinerzeitige Versetzungsbitte zum Militärkommando Wien aufrecht.
Mit dem angefochtenen Bescheid entschied die belangte Behörde wie folgt:
"Sie werden gemäß § 38 Abs. 2 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333, unter teilweiser Stattgebung Ihrer Einwendungen vom 30.12.1993 mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 1995 von Amts wegen zur Panzertruppenschule versetzt und auf den Arbeitsplatz "S1 & S2 & S5", OrgPlan Nr. 005, PosNr. 003, diensteingeteilt."
Zur Begründung wurde nach Wiedergabe des bereits dargestellten Verfahrensablaufes und der Rechtslage weiter ausgeführt, an der Panzertruppenschule seien derzeit mehrere Arbeitsplätze der Verwendungsgruppe H2 unbesetzt. Die Zuversetzung von H2-Offizieren sei zur Aufrechterhaltung des Dienstbetriebes an der Panzertruppenschule unbedingt erforderlich. In diesem Zusammenhang habe der Bundesminister die Weisung erteilt, zwei geeignete Offiziere an die Panzertruppenschule zu versetzen. Seitens des Korpskommandos III sei der Beschwerdeführer für diese Personalmaßnahme namhaft gemacht worden. Da er noch ledig sei und ein Ansuchen um Versetzung nach Wien abgegeben habe, sohin eine Abversetzung vom Panzergrenadierbataillon 35 unter Inkaufnahme wirtschaftlicher Nachteile anstrebe, könne in der im Spruch angeführten Entscheidung kein wesentlicher wirtschaftlicher Nachteil erblickt werden. Ein anderer geeigneter Berufsoffizier, für den die vorgesehene Personalmaßnahme keinen wesentlichen wirtschaftlichen Nachteil bedeuten würde, stehe nicht zur Verfügung. Den Bedenken hinsichtlich der vorgesehenen Verwendung werde durch die Einteilung auf den (anderen) Arbeitsplatz Rechnung getragen. Da die Besetzung von Arbeitsplätzen der Verwendungsgruppe H2 nach den Grundsätzen der Bedarfsdeckung zu erfolgen habe und die in den Einwendungen vorgebrachten Gründe nicht geeignet gewesen seien, das wichtige dienstliche Interesse an der Versetzung zur Panzertruppenschule zu entkräften, sei spruchmäßig zu entscheiden gewesen.
Nach der "Rechtsmittelbelehrung" und dem "Hinweis" enthält der angefochtene Bescheid noch folgende Ausführungen:
"NACHRICHT
Ihren Ansuchen vom 17.12.1993 und vom 30.12.1993 um Versetzung zum MilKdo W und Diensteinteilung auf den Arbeitsplatz "Ref ErgAbt", OrgPlan Nr. A01, PosNr. 081, kann aus wichtigen dienstlichen Gründen nicht entsprochen werden."
Unter Bezugnahme darauf, daß sich der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Zustellung des angefochtenen Bescheides bei einem UNO-Einsatz in Afrika befunden habe, ersuchte der Beschwerdevertreter mit Schreiben vom 2. Jänner 1995 um Akteneinsicht. Diesem Ansuchen gab die belangte Behörde mit dem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid vom 9. Februar 1995 nicht statt; dieser Bescheid wurde aber beim Verwaltungsgerichtshof nicht bekämpft.
Gegen den vorher genannten Versetzungsbescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird. Im Rahmen dieser Beschwerde macht der Beschwerdeführer auch Bedenken gegen die Verweigerung der Akteneinsicht geltend.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und kostenpflichtige Abweisung beantragt. Mit Bescheid vom 22. Dezember 1995 hat die belangte Behörde den Bescheid, mit dem die Akteneinsicht verweigert worden war, gemäß § 68 Abs. 2 AVG aufgehoben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 38 Abs. 1 BDG 1979, BGBl. Nr. 333, liegt eine Versetzung vor, wenn der Beamte innerhalb des Ressorts einer anderen Dienststelle zur dauernden Dienstleistung zugewiesen wird. Eine Versetzung von Amts wegen ist nach Abs. 2 der genannten Bestimmung zulässig, wenn ein wichtiges dienstliches Interesse daran besteht. Bei einer Versetzung an einen anderen Dienstort von Amts wegen sind nach Abs. 3 der genannten Bestimmung die persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse des Beamten zu berücksichtigen. Eine Versetzung ist unzulässig, wenn sie für den Beamten einen wesentlichen wirtschaftlichen Nachteil bedeuten würde und ein anderer geeigneter Beamter, bei dem dies nicht der Fall ist, zur Verfügung steht.
Im Beschwerdefall ist § 38 Abs. 3 Satz 2 BDG 1979 anzuwenden, weil die belangte Behörde die Versetzung des Beschwerdeführers mit dem Bedarf an der neuen Dienststelle begründet hat und eine Versetzung mit Dienstortwechsel vorliegt.
Um feststellen zu können, ob den Beamten im Falle seiner Versetzung ein wesentlicher wirtschaftlicher Nachteil treffen würde oder nicht, sind die geschätzten und als gerechtfertigt anerkannten Folgekosten (unter Berücksichtigung der dem Beamten gegenüber seinem Dienstgeber daraus entstehenden Ansprüche, wie z. B. nach § 20b GG oder nach der RGV) der Versetzung, die der Beamte zu tragen hätte, seiner - im Zeitpunkt der Erlassung des Versetzungsbescheides - bestehenden wirtschaftlichen Situation gegenüberzustellen. Dabei reicht eine ungefähre Ermittlung dieser Bezugsgrößen ("Grobprüfung") aus. Sie ist hinreichend, wenn es dem Verwaltungsgerichtshof bei seiner nachprüfenden Kontrolle ermöglicht wird, zu beurteilen, ob die von der belangten Behörde daraus gezogenen Schlußfolgerungen grob fehlerhaft sind oder nicht.
Ergibt ein nach diesen Kriterien durchgeführtes Verfahren, daß für alle in Betracht kommenden Beamten die Versetzung einen wesentlichen wirtschaftlichen Nachteil bedeuten würde, dann greift der Versetzungsschutz nach § 38 Abs. 3 zweiter Satz BDG 1979 nicht: Fehlt es doch in diesem Fall an einem anderen geeigneten Beamten, bei dem die Versetzung nicht zu einem wesentlichen wirtschaftlichen Nachteil führen würde. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Norm ist in diesem Fall nicht geboten festzustellen, welchen Beamten - innerhalb des jeweils angenommenen, ihn treffenden wesentlichen wirtschaftlichen Nachteiles - die Versetzung wirtschaftlich härter treffen würde (ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vgl. insbesondere Erkenntnis vom 14. Oktober 1992, Zl. 89/12/0088, mit weiteren Judikaturhinweisen).
Der Verwaltungsgerichtshof hat zur Vermeidung verbreiteter Mißverständnisse in Fragen des Versetzungs- und Verwendungsänderungsschutzes der Beamten nach dem BDG 1979 in seinem Erkenntnis vom 20. Dezember 1995, Zl. 95/12/0163, klargestellt, daß bei Vorliegen eines in einem rechtsstaatlichen Verfahren dargelegten wichtigen dienstlichen Interesses - insbesondere unter Beachtung des § 38 Abs. 3 BDG 1979 - nahezu jede Versetzung oder Verwendungsänderung rechtlich zulässig ist. Unzulässig sind derartige Personalmaßnahmen trotz Vorliegens eines wichtigen dienstlichen Interesses insbesondere dann, wenn es sich um eine Versetzung an einen anderen Dienstort aus Gründen des dortigen Personalbedarfes handelt und ein anderer Beamter ohne wesentlichen wirtschaftlichen Nachteil diesen Personalbedarf befriedigen könnte (arg.: § 38 Abs. 3 Satz 2 BDG 1979) oder wenn die Einteilung nicht auf dem Arbeitsplatz einer gleichartigen Verwendungsgruppe erfolgt (arg.: § 36 Abs. 4 BDG 1979).
Der Beschwerdeführer bemängelt, daß über seinen Versetzungsantrag nur durch die "Nachricht", nicht aber im Spruch entschieden worden sei, macht aber nicht Verletzung der Entscheidungspflicht geltend.
Dem ist zu erwidern, daß ein solcher Versetzungsantrag eines Beamten, wie er vom Beschwerdeführer gestellt worden ist, mangels einer gesetzlichen Regelung keinen Rechtsanspruch auf meritorische Entscheidung vermittelt (vgl. Erkenntnis vom 20. Mai 1992, Zl. 91/12/0168), was auch dann gilt, wenn mit der angestrebten Versetzung keine Ernennung verbunden ist.
Der Beschwerdeführer bemängelt weiters, daß ihm von seiten der Behörde die Akteneinsicht verweigert worden sei und daß der angefochtene Bescheid weder entsprechende Sachverhaltsfeststellungen noch eine inhaltliche Begründung enthielte.
Diesem Vorbringen kommt Berechtigung zu. Da der die Akteneinsicht verweigernde Bescheid der belangten Behörde aber vom Beschwerdeführer nicht angefochten worden war, von der belangten Behörde aber von Amts wegen behoben worden ist, erübrigt sich diesbezüglich eine weitere Erörterung.
In der Frage der Feststellungs- und Begründungsmängel ist davon auszugehen, daß das im Personalbedarf an der Panzertruppenschule begründete wichtige dienstliche Interesse an der Besetzung der freien Posten in Zwölfaxing hinlänglich nachgewiesen ist. Im Gegensatz dazu hat aber in der Frage des vom Beschwerdeführer behaupteten wesentlichen wirtschaftlichen Nachteiles die belangte Behörde keine sachverhaltsmäßigen Feststellungen getroffen, sondern ist von der im Gesetz nicht gedeckten Rechtsauffassung ausgegangen, es sei deshalb, weil der Beschwerdeführer um Versetzung nach Wien angesucht habe, bei ihm kein wesentlicher wirtschaftlicher Nachteil durch die bekämpfte amtswegige Versetzung zu einer anderen Dienststelle nach Zwölfaxing gegeben. Für eine derartige Überlegung bietet die gesetzliche Bestimmung aber keinen Ansatzpunkt. Auch die Feststellung im Sinne des § 38 Abs. 4 zweiter Satz BDG 1979, nämlich, daß kein anderer Berufsoffizier, für den die vorgesehene Personalmaßnahme keinen wirtschaftlichen Nachteil darstellen würde, zur Verfügung stünde, entbehrt einer entsprechenden sachverhaltsmäßigen Grundlage.
Da bereits die vorstehende Überlegung die inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzeigt, mußte dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufgehoben werden, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Materielle WahrheitAnspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung konstitutive BescheideEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995120026.X00Im RIS seit
25.01.2001Zuletzt aktualisiert am
03.05.2011