Index
10/07 Verfassungs- und VerwaltungsgerichtsbarkeitNorm
B-VG Art139 Abs1 Z3Leitsatz
Zurückweisung der Anfechtung einer Verordnung einer Niederösterreichischen Gemeinde betreffend eine Bausperre mangels Legitimation; Möglichkeit der Einleitung eines Verfahrens zur Bauplatzerklärung durch Stellung eines – auf die Erklärung des Grundstücks zum Bauplatz gerichteten – AnsuchensSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung
1. Die antragstellende Gesellschaft stellt den auf Art139 B-VG gestützten Antrag, der Verfassungsgerichtshof möge
"den Beschluss des Gemeinderates der Stadtgemeinde Klosterneuburg vom 24.09.2021 'Bausperre – Wohneinheiten / Agnesstraße 69b', kundegemacht am 27.09.2021, abgenommen am 12.10.2021, als gesetzwidrig aufheben".
1.1. Die antragstellende Gesellschaft bringt zunächst vor, sie sei grundbücherliche Eigentümerin des Grundstückes Nr 2456/4, EZ 5633, KG 01704 Klosterneuburg. Das Stadtamt der Stadtgemeinde Klosterneuburg habe mit gegenüber der Voreigentümerin der Liegenschaft ergangenem Bescheid vom 27. Juni 2016 die Bewilligung zur Errichtung eines Mehrfamilienhauses mit neun Wohneinheiten erteilt. Mit Schreiben vom 17. Juni 2021 habe die Stadtgemeinde Klosterneuburg mitgeteilt, dass die Baubewilligung erloschen sei, da mit dem Bauvorhaben nicht rechtzeitig begonnen worden sei. Die antragstellende Gesellschaft habe stets konkrete Bauabsichten gehabt; bis dato sei eine konkrete Umsetzung des Bauvorhabens in wirtschaftlich darstellbarer Weise aber nicht möglich gewesen. Aktuell werde erwogen, um Erteilung einer neuen Baubewilligung anzusuchen.
1.2. Zur Antragslegitimation bringt die antragstellende Gesellschaft vor, dass die Stadtgemeinde Klosterneuburg mit der angefochtenen Verordnung massiv in ihre Rechtssphäre eingreife, da beabsichtigt werde, den Flächenwidmungsplan für die fragliche Liegenschaft dahingehend abzuändern, dass bereits mit Kundmachung der Bausperre bzw zukünftig nur noch die Errichtung von zwei Wohneinheiten zulässig wäre. Ein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des rechtswidrigen Eingriffes durch die angefochtene Verordnung stehe der antragstellenden Gesellschaft nicht zur Verfügung.
2. Der Antrag ist unzulässig:
2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat seit dem Beschluss VfSlg 8058/1977 unter Hinweis auf VfSlg 8009/1977 in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt vertreten, die Antragslegitimation nach Art139 Abs1 Z3 B-VG (idF vor BGBl I 51/2012: Art139 Abs1 letzter Satz B-VG) setze voraus, dass durch die bekämpfte Bestimmung die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potenziell, sondern aktuell beeinträchtigt werden müssen und dass der durch Art139 Abs1 Z3 B-VG dem Einzelnen eingeräumte Rechtsbehelf dazu bestimmt ist, Rechtsschutz gegen rechtswidrige generelle Normen nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (vgl etwa VfSlg 11.684/1988, 14.297/1995, 15.349/1998, 16.345/2001 und 16.836/2003).
2.2. Es kann zwar vom Antragsteller nicht erwartet werden, dass er allein zum Zweck der Anfechtung des Flächenwidmungsplanes oder einer Bausperre die für ein Ansuchen um Erteilung einer (hier: neuen) Baubewilligung erforderlichen Planunterlagen anfertigen lässt. Der Verfassungsgerichtshof erachtet jedoch in ständiger Rechtsprechung dann, wenn das maßgebliche Gesetz etwa das Rechtsinstitut der Bauplatzerklärung vorsieht, die Einbringung eines auf die Erklärung des Grundstückes zum Bauplatz gerichteten, keiner aufwendigen Planunterlagen bedürftigen Ansuchens als einen zumutbaren Weg, der die Unzulässigkeit der unmittelbaren Anfechtung des Flächenwidmungsplanes oder einer Bausperre beim Verfassungsgerichtshof bewirkt.
2.3. Der antragstellenden Gesellschaft steht mit dem Verfahren zur Bauplatzerklärung gemäß §11 NÖ Bauordnung 2014 ein solcher zumutbarer Weg zur Verfügung, die Frage der Gesetzmäßigkeit der Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Klosterneuburg vom 24. September 2021 über eine befristete Bausperre an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen (vgl VfSlg 16.142/2001). Für die Frage der Zumutbarkeit ist es belanglos, ob das Beschreiten dieses Weges für den Betroffenen in der Sache selbst wegen der bestehenden einfachgesetzlichen Rechtslage aussichtsreich ist (vgl dazu VfSlg 14.702/1996, 14.739/1997, 15.163/1998, 15.524/1999).
3. Der Antrag ist daher mangels Legitimation der antragstellenden Gesellschaft als unzulässig zurückzuweisen. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne weiteres Verfahren und ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
Bausperre, VfGH / Individualantrag, VfGH / Weg zumutbarer, VfGH / Legitimation, FlächenwidmungsplanEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2022:V269.2021Zuletzt aktualisiert am
23.12.2022