TE Vwgh Beschluss 1996/1/24 93/13/0207

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Veröffentlicht am 24.01.1996
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

VwGG §34 Abs1;
ZustG §13 Abs4;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 96/13/0001

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, in der Beschwerdesache des H in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 9. August 1993, Zl 6/3-3019/93-08, betreffend Zurückweisung einer Berufung, den Beschluß gefaßt:

Spruch

1)

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

2)

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1) Zurückweisung der Beschwerde:

Der Beschwerdeführer erhob beim Verwaltungsgerichtshof gegen den im Spruch dieses Bescheides angeführten Bescheid Beschwerde und gab in dieser den 19. August 1993 als Tag der Zustellung des angefochtenen Bescheides an. Bezogen auf diesen Tag war die am 30. September 1993 zur Post gegebene Beschwerde rechtzeitig eingebracht, sodaß der Verwaltungsgerichtshof über die Beschwerde das Vorverfahren einleitete. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie unter Hinweis darauf, daß der angefochtene Bescheid nicht am 19. August 1993, sondern bereits am 18. August 1993 zugestellt worden sei, die kostenpflichtige Zurückweisung der Beschwerde beantragte.

In einer hiezu erstatteten Replik vom 4. März 1994 äußerte sich der Beschwerdeführer dahingehend, daß von einer verspäteten Einbringung der Beschwerde keine Rede sein könne. Die Zustellung des angefochtenen Bescheides sei an den steuerlichen Vertreter des Beschwerdeführers erfolgt. Im Sinne des § 13 des Zustellgesetzes könne jedenfalls an Arbeitnehmer des Parteienvertreters oder aber im Sinne des § 16 des Zustellgesetzes an den Arbeitgeber des Empfängers zugestellt werden. An der Adresse des steuerlichen Vertreters befänden sich aber keine Personen, die in einem solchen Verhältnis zum steuerlichen Vertreter des Beschwerdeführers stünden.

Es sei daher davon auszugehen, daß Zustellungen an den steuerlichen Vertreter des Beschwerdeführers an seiner Adresse grundsätzlich nur dann wirksam seien, wenn dieser anwesend sei oder aber im Sinne des § 7 Zustellgesetz wirksam würden, wenn ihm das Schriftstück tatsächlich zugekommen sei. Es möge durchaus sein, daß der angefochtene Bescheid am 18. August 1993 - entgegen den Bestimmungen des Zustellgesetzes - an der Adresse des steuerlichen Vertreters "deponiert" worden sei, jedenfalls sei es dem steuerlichen Vertreter erst am 19. August 1993 zugekommen.

Mit Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. April 1994, 93/13/0207-7, wurde zur Prüfung der Prozeßvoraussetzungen ua angefragt, wer den angefochtenen Bescheid am 18. August 1993 übernommen und den Rückschein unterschrieben habe und aus welchen Gründen sich diese Person in der Kanzlei des steuerlichen Vertreters des Beschwerdeführers aufgehalten habe.

Hierauf antwortete der Beschwerdeführer am 15. Juni 1994, daß dies ohne Kenntnis des Rückscheines nicht definitiv gesagt werden könne. In Frage kämen Mag. R oder dessen drei damals beschäftigte Mitarbeiterinnen. Die angeführten, als Übernehmer des angefochtenen Bescheides in Frage kommenden Personen hätten sich deswegen in der Kanzlei des steuerlichen Vertreters des Beschwerdeführers aufgehalten, weil Mag. R "dort seine eigene Kanzlei" betreibe. Gleichzeitig stellte der Beschwerdeführer "vorsichtshalber" einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, welcher jedoch keine Angaben zu seiner Rechtzeitigkeit enthielt.

Dem mit den Verwaltungsakten vorgelegten Rückschein ist eine mit Unterschrift bestätigte Übernahme des Schriftstückes am 18. August 1993 zu entnehmen, wobei von den neben dem Übernahmebestätigungsfeld angeführten Varianten zur Präzisierung, von wem die Übernahme erfolgt sei, die Angabe "Arbeitnehmer des Empfängers" angekreuzt ist.

Gemäß § 13 Abs 4 Zustellgesetz ist, wenn der Empfänger eine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person ist, die Sendung in deren Kanzlei zuzustellen und darf an jeden dort anwesenden Angestellten des Parteienvertreters zugestellt werden; durch Organe der Post darf an bestimmte Angestellte nicht oder nur an bestimmte Angestellte zugestellt werden, wenn der Parteienvertreter dies schriftlich bei der Post verlangt hat. Die Behörde hat Angestellte des Parteienvertreters wegen ihres Interesses an der Sache oder auf Grund einer zuvor der Behörde schriftlich abgegebenen Erklärung des Parteienvertreters durch einen Vermerk auf der Sendung oder dem Rückschein von der Zustellung auszuschließen; an sie darf nicht zugestellt werden.

In seinem Beschluß vom 19. April 1989, 89/02/0018, hat der Gerichtshof zu § 13 Abs 4 ZustellG ausgesprochen, daß ein den Sinn des Gesetzes berücksichtigendes Verständnis zu dem Ergebnis führt, daß die Rechtmäßigkeit einer Zustellung an einen von mehreren eine Kanzleigemeinschaft bildenden Rechtsanwälten nicht davon abhängt, ob ein - nach außen gar nicht erkennbares - spezielles Vertragsverhältnis besteht. Eine Durchschnittsbetrachtung erlaubt die Annahme, daß im Zweifel jeder in einer Rechtsanwaltskanzlei anwesende Angestellte zur Entgegennahme von Schriftstücken für jeden der in Betracht kommenden Rechtsanwälte befugt ist. Der Rechtsanwalt hat nach § 13 Abs 4 Zustellgesetz die Möglichkeit, die Zustellung an bestimmte, in seiner Kanzlei tätige Angestellte durch schriftliche Erklärung gegenüber der Post auszuschließen. Damit kann er verhindern, daß an ihn adressierte Schriftstücke durch ihm gegenüber nicht vertraglich gebundene Personen, die in seinen Kanzleiräumen arbeiten, mit rechtlicher Wirksamkeit für ihn übernommen werden können.

Da auch ein steuerlicher Vertreter eine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person ist, ist diese Ansicht auch im gegenständlichen Fall sachverhaltsbezogen mit der Wirkung von Bedeutung, daß der angefochtene Bescheid an dem Tag der von einer "Angestellten des Empfängers" bestätigten Übernahme rechtswirksam zugestellt wurde. Dies ungeachtet der Frage, ob es sich dabei (arbeitsvertragsrechtlich) um eine Angestellte des steuerlichen Vertreters des Beschwerdeführers oder dessen in derselben Kanzlei tätigen Partners handelte und ungeachtet der Frage, welche der in Betracht kommenden Mitarbeiterinnen des Mag. R den angefochtenen Bescheid nun definitiv übernommen hat. Auf den Zeitpunkt des tatsächlichen Zukommens der Sendung an den steuerlichen Vertreter des Beschwerdeführers kommt es daher nicht mehr an.

Ausgehend von diesem Tag, dem 18. August 1993, erweist sich die am 30. September 1993 zur Post gegebene Beschwerde aber als verspätet, weshalb sie gemäß § 34 Abs 1 VwGG wegen Versäumung der Beschwerdefrist zurückzuweisen war.

2) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand:

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat ein Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auch Angaben zu enthalten, die die Beurteilung der Rechtzeitigkeit der Antragstellung gemäß § 46 Abs 3 erster Satz VwGG ermöglichen. Das Fehlen dieser Angaben nimmt dem Wiedereinsetzungsbegehren den Charakter eines dem Gesetz entsprechenden Wiedereinsetzungsantrages. Dabei handelt es sich um einen keiner Verbesserung zugänglichen inhaltlichen Mangel, weshalb ein solcher Antrag zurückzuweisen ist (vgl den hg Beschluß vom 10. Mai 1995, 95/13/0114, mwN).

Der vorliegende Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand enthält solche Angaben jedoch nicht, weshalb er ohne weiteres Verfahren als unzulässig zurückzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere auf § 51 VwGG, in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1993130207.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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