TE Vwgh Erkenntnis 1996/1/24 95/03/0167

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Veröffentlicht am 24.01.1996
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §37;
AVG §45 Abs3;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde der G in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in D, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 4. Mai 1995, Zl. UVS 30.10-254/94-14, betreffend Barauslagenersatz in einer Angelegenheit wegen Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Deutschlandsberg vom 30. September 1994 wurde die Beschwerdeführerin wegen der Übertretung nach § 20 Abs. 1 StVO 1960 bestraft, weil sie als Fahrzeuglenkerin die Fahrgeschwindigkeit nicht den gegebenen Umständen, insbesondere den Straßen-, Verkehrs- und Sichtverhältnissen angepaßt habe, zumal sie bei Nebel nicht auf Sicht gefahren und so gegen einen dem Kennzeichnen nach bestimmten Pkw aufgefahren sei.

Aufgrund der von der Beschwerdeführerin gegen dieses Straferkenntnis erhobenen Berufung ordnete die belangte Behörde für den 16. März 1995 eine mündliche Verhandlung an Ort und Stelle an. Mit Ladungsbescheid vom 27. Februar 1995 forderte sie Dipl. Ing. Dr. X, einen gerichtlich beeideten Sachverständigen für das Kfz-Wesen, auf, an dieser Verhandlung als (nichtamtlicher) Sachverständiger teilzunehmen.

Nachdem Dipl. Ing. Dr. X bei der mündlichen Verhandlung am 16. März 1995 sein Gutachten erstattet hatte, erklärte der Vertreter der Beschwerdeführerin, daß er die Berufung zurückziehe.

Mit dem angefochtenen Bescheid legte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin gemäß § 53a Abs. 1 AVG iVm §§ 52 Abs.2 und 76 Abs. 1 leg. cit. sowie § 64 Abs. 3 VStG und § 24 GebAG 1975 die im Berufungsverfahren entstandenen Auslagen in Form von Sachverständigengebühren des Dipl. Ing. Dr. X in der Höhe von S 7.333,-- zur Zahlung binnen zwei Wochen auf. In der Begründung wurde ausgeführt, daß die Beiziehung eines Kfz-Sachverständigen zur Entscheidungsfindung unumgänglich gewesen sei,

"zumal die Berufungswerberin in ihrer Berufung ausdrücklich ausführte, daß nicht nur ein Verstoß gegen § 20 StVO denkbar sei, sondern auch die Einhaltung eines zu geringen Sicherheitsabstandes oder ganz einfach eine verspätete Reaktion, sodaß nicht festgestellt werden könne, ob die Bremsausgangsgeschwindigkeit der Beschuldigten zu hoch war, oder ob der Unfall, wie die Beschuldigte behauptet, auf eine für sie eingetretene exorbitante Bremswegverkürzung, bedingt durch das Fahrverhalten der Vorderfahrzeuge, zurückzuführen wäre. Die von der Berufungswerberin gewünschten Feststellungen basieren auf komplexen Zeit-Weg-Relationsberechnungen, welche von der Verhandlungsleiterin trotz Feststellungen hinsichtlich der Örtlichkeit wie Sichtverhältnisse, Straßenbreite und Straßenverlauf, nicht festgestellt werden konnten."

Ferner wurde festgehalten, daß die Fachabteilung Landesbaudirektion, Fachabteilung V, (des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung) mit Schreiben vom 17. Februar 1992 festgestellt habe, daß es nicht möglich sei, der belangten Behörde amtliche Kfz-Sachverständige zur Abgabe von Gutachten zur Verfügung zu stellen. Als Begründung seien laufende personelle Engpaßsituationen angegeben worden. Es sei die Empfehlung ausgesprochen worden, in der Steiermark tätige gerichtlich beeidete kraftfahrtechnische Sachverständige heranzuziehen. Der belangten Behörde sei somit kein Amtssachverständiger zur Verfügung gestanden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht verletzt, "die im Berufungsverfahren ohne ihren Antrag und ohne ihr Zutun entstandenen Auslagen nicht tragen zu müssen".

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin wirft der belangten Behörde im wesentlichen vor, entgegen der Bestimmung des § 52 Abs. 1 AVG keinen amtlichen Sachverständigen beigezogen zu haben. Sie hätte sich bezüglich der Frage, ob amtliche Sachverständige zur Verfügung stünden, nicht auf das Schreiben der Landesbaudirektion vom 17. Februar 1992 verlassen dürfen, sondern aktuelle Erkundigungen einziehen müssen. Darüber hinaus habe die Beschwerdeführerin "niemals ein Vorbringen in die Richtung erstattet, das die Beiziehung eines KFZ-technischen Sachverständigen notwendig gemacht hätte." Da sie nicht in Kenntnis gesetzt worden sei, daß ein gerichtlich beeideter kraftfahrtechnischer Sachverständiger dem Verwaltungsstrafverfahren beigezogen werde, sei das Parteiengehör verletzt worden.

Dieses Vorbringen vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen.

Es trifft zwar zu, daß nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis vom 5. Juli 1977, Slg. Nr. 9370/A) eine Partei für die Kosten eines überhaupt nicht erforderlichen Sachverständigenbeweises nicht aufzukommen hat und ihr auch nicht der Ersatz von im Widerspruch zu § 52 AVG entstandenen, der Behörde also nicht im Rechtssinn "erwachsenen" Barauslagen vorgeschrieben werden kann; diese Voraussetzungen liegen jedoch im Beschwerdefall nicht vor:

Was die Notwendigkeit der Aufnahme eines Sachverständigenbeweises anlangt, so kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie diese aus den in der Begründung ihres Bescheides dargelegten Gründen bejaht hat. Auch die Beschwerdeführerin vermag dagegen in der Beschwerde nichts Stichhältiges ins Treffen zu führen.

Wenn die belangte Behörde im Hinblick auf das Schreiben der Fachabteilungsgruppe Landesbaudirektion, Fachabteilung V, des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung vom 17. Februar 1992 davon ausging, daß kraftfahrtechnische Sachverständige im Sinne des § 52 Abs. 2 AVG nicht zur Verfügung stünden, so begegnet dies gleichfalls keinen Bedenken, zumal dieses Schreiben nicht erkennen läßt, daß in Zukunft eine Änderung der Verhältnisse erwartet werden könnte. Auch die Beschwerdeführerin zeigt nicht auf, daß die von ihr vermißten Erhebungen, "inwieweit tatsächlich im Verhandlungszeitpunkt amtliche KFZ-Sachverständige zur Verfügung standen," zu konkreten positiven Ergebnissen geführt hätten. Daß mit derartigen Ergebnissen nicht zu rechnen gewesen wäre, wird durch das mit der Gegenschrift vorgelegte Schreiben der Fachabteilung V - Maschinenbau und Elektrotechnik des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung vom 13. November 1995 unterstrichen, wonach in bezug auf kraftfahrtechnische Amtssachverständige mitgeteilt wurde, "daß sich in personeller Hinsicht seit dem letzten Schriftverkehr keine Änderung ergeben hat."

Soweit die Beschwerdeführerin eine Verletzung des Parteiengehörs geltend macht, übersieht sie, daß Gegenstand des Parteiengehörs nur der von der Behörde ermittelte und als erwiesen angenommene Sachverhalt ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. März 1992, Zl. 91/19/0391). Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin war die belangte Behörde daher unter dem Gesichtspunkt der Wahrung des Parteiengehörs nicht verpflichtet, die Beschwerdeführerin vor der Anberaumung der Verhandlung von der beabsichtigten Beiziehung eines gerichtlich beeideten Sachverständigen zu verständigen.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Parteiengehör Parteiengehör Rechtliche Würdigung Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Rechtliche Beurteilung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995030167.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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