TE Vfgh Erkenntnis 1993/11/30 B1534/93

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Veröffentlicht am 30.11.1993
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6800 Ausländergrunderwerb, Grundverkehr

Norm

Vlbg GVG §1 Abs1 lita

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch die Abweisung eines Antrags auf Ausstellung einer Negativbestätigung. Die belangte Behörde hat schlüssig dargelegt, wie sie - auch hinsichtlich der gesamten kaufgegenständlichen Liegenschaft (hinsichtlich derer eine etappenweise Aufschüttung zu erfolgen hat) - zu dem Ergebnis kam, daß es sich um landwirtschaftlich genutzte Grundstücke handelt. Bei der Beurteilung dieser Frage ist die Art der Widmung der Grundstücke ebenso von untergeordneter Bedeutung wie die Frage, ob die tatsächliche (landwirtschaftliche) Nutzung in effizienter und sinnvoller Art und Weise erfolgt.

Spruch

Die Beschwerdeführer sind durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die Beschwerdeführer ersuchten mit Antrag vom 8. Juli 1992 um Ausstellung einer Bescheinigung (Negativbescheinigung), daß die (den Gegenstand eines Kaufvertrages bildenden) Grundstücke Nr. 928, 947, 948 und 949/2, 964 und 965/1, GB Fußach, nicht unter die Bestimmungen des Vorarlberger Grundverkehrsgesetzes, LGBl. 18/1977, idF LGBl. 63/1987, (im folgenden kurz: Vlbg. GVG), fallen, da es sich um keine land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke iS des §1 Abs1 lita leg.cit. handle.

Die Grundverkehrs-Landeskommission hat diesem Antrag gemäß §1 Abs1 lita iVm §16 Abs4 Vlbg. GVG nicht stattgegeben. Die dagegen eingebrachte Berufung wies der Grundverkehrssenat des Landes Vorarlberg mit Bescheid vom 25. Juni 1993 gemäß §1 Abs1 lita, §1 Abs2 und §16 Abs4 Vlbg. GVG als unbegründet ab.

Die Behörde begründete ihre Entscheidung im wesentlichen wie folgt:

"Bei der Besichtigung der Kaufliegenschaft stellte der Grundverkehrssenat, dem auch ein Fachmann für Land- und Forstwirtschaft angehört, fest, daß (...) eine nicht unerhebliche Teilfläche landwirtschaftlich genutzt ist bzw. geblieben ist. Von den (...) Teilflächen A und B kann dies jedenfalls mit Sicherheit gesagt werden. Hinsichtlich dieses 13 m breiten Grundstückstreifens (nämlich Teilfläche A und B) stehen die gutachtlichen Äußerungen des Fachmannes für Land- und Fortswirtschaft zudem weitgehend mit den Feststellungen des Gemeindeamtes Fußach sowie der Bescheidauflage I.1. des Landschaftsschutzbescheides der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 23.4.1992 in Einklang, wonach der Schüttkörper gegenüber der Dammstraße einen Mindestabstand von 15 m einzuhalten hat und dieser Streifen nicht abhumusiert oder befahren werden darf. Im übrigen hat einer der Berufungswerber bei der mündlichen Verhandlung selber angegeben, daß ein ca. 13 m breiter Streifen nicht aufgeschüttet sei. Die Berufungswerber haben lediglich ohne weitere Konkretisierung die derzeitige landwirtschaftliche Nutzung der Kauffläche bestritten. Dieses unsubstantiierte Bestreiten hat weniger Gewicht als die fachkundige Aussage des sachverständigen Mitgliedes des Grundverkehrssenates, von deren Richtigkeit sich die anderen Mitglieder des Grundverkehrssenates selbst überzeugen konnten. Schließlich sind große an die Kaufliegenschaft angrenzende Flächen ebenfalls landwirtschaftlich genutzt und als Freifläche gewidmet, so etwa unmittelbar angrenzend die Flächen nördlich der Kaufliegenschaft, aber auch südlich der Kaufliegenschaft jenseits des Weges und östlich der Kaufliegenschaft jenseits des Weges und Lustenauer-Kanales.

Allein schon aus dem Gutachten des Fachmannes für Land- und Forstwirtschaft ergibt sich daher, daß ein ca. 13 m breiter Streifen über die gesamte Länge der Kauffläche, somit ein erheblicher Teil der Kauffläche, nach seiner Beschaffenheit und der Art seiner tatsächlichen Verwendung landwirtschaftlich genutzt ist. Somit handelt es sich bei der Kauffläche um ein landwirtschaftliches Grundstück gemäß §1 Abs1 lita Grundverkehrsgesetz, sodaß die Berufung abzuweisen war.

Nach Ansicht des Grundverkehrssenates müßte die Kauffläche aber auch dann als landwirtschaftliches Grundstück qualifiziert werden, wenn derzeit (im Zeitpunkt der zweitinstanzlichen Entscheidung) keine landwirtschaftliche Nutzung sichtbar wäre. Dies ergibt sich aus dem oben zitierten rechtskräftigen Landschaftsschutzbescheid, nach dessen Auflagen die Aufschüttung etappenweise zu erfolgen hat und die Schüttkörper nach Fertigstellung der einzelnen Etappen zu begrünen und wieder in landwirtschaftliche Nutzung zu nehmen sind, wobei die einzelne Schüttfläche nie größer als 2000m2 sein darf und die vollständige Sanierung incl. Begrünung bereits abgeschlossen zu sein hat, bevor die übernächste Etappe jeweils begonnen wird. Da die Schüttfläche ein Ausmaß von mehr als 3 ha hat, wäre bei Einhaltung der Bescheidauflagen ständig ein Teil der Kauffläche begrünt und landwirtschaftlich genutzt. Es entspräche wohl nicht den Zielsetzungen des Grundverkehrsgesetzes, wenn eine konsenswidrige Aufschüttung den Berufungswerbern zu Gute käme, nämlich eine Umgehung bzw. eine Ausschaltung des Grundverkehrsgesetzes beim gegenständlichen Rechtserwerb ermöglichte."

2. Gegen diesen Berufungsbescheid erheben die Beschwerdeführer die vorliegende, auf Art144 (Abs1) B-VG gestützte Beschwerde. Sie machen die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten (Eigentumsrecht, Recht auf ein faires Verfahren) geltend und beantragen die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

3. Der Grundverkehrssenat als jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, erstattete eine Gegenschrift, in der beantragt wird, die Beschwerde abzuweisen.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. In der Beschwerde wird zunächst vorgebracht, bei der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft handle es sich um keine landwirtschaftlich genutzte Fläche. Es sei offensichtlich, daß die Grundstücke nach der Aufschüttung landwirtschaftlich nicht mehr sinnvoll nutzbar seien.

Hinsichtlich eines Teiles der Kaufgrundstücke hat der Verfassungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis B384/92 vom 30. November 1992 ausgesprochen, daß es sich dabei um landwirtschaftlich genutzte Flächen handelt. Insbesondere heißt es in diesem Erkenntnis:

"Unbestritten ist, daß es sich bei den Kaufgrundstücken um mehrmähdige landwirtschaftlich genutzte Wiesen handelt, also um Grundstücke, die nach §1 Abs1 lita Vlbg. GVG dem Geltungsbereich dieses Gesetzes unterliegen."

Die belangte Behörde hat im nunmehr angefochtenen Bescheid schlüssig dargelegt, wie sie - auch hinsichtlich der gesamten kaufgegenständlichen Liegenschaft - zu dem Ergebnis kam, daß es sich um landwirtschaftlich genutzte Grundstücke handelt. Bei der Beurteilung dieser Frage ist die Art der Widmung der Grundstücke ebenso von untergeordneter Bedeutung wie die Frage, ob die tatsächliche (landwirtschaftliche) Nutzung in effizienter und sinnvoller Art und Weise erfolgt.

2. Weiters erachten sich die Beschwerdeführer in dem durch Art6 EMRK verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein faires Verfahren deshalb verletzt, weil die Zusammensetzung des Grundverkehrssenates nicht den an ein "Tribunal" iS dieser Konventionsnorm zu stellenden Ansprüchen genügt habe. Diese Behauptung wird gleich wie in der - vom selben Rechtsanwalt - zu B97/92 erhobenen Beschwerde begründet.

Zu ihrer Widerlegung ist auf das die erwähnte Beschwerde abweisende Erkenntnis vom 30. November 1992 zu verweisen.

III. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.

Das Verfahren hat nicht ergeben, daß die Beschwerdeführer in von ihnen nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt wurden.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z1 und 2 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Bei diesem Ergebnis war es entbehrlich, über den in der Beschwerde gestellten Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung abzusprechen.

Schlagworte

Grundverkehrsrecht, Grundstück land- oder forstwirtschaftliches

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1993:B1534.1993

Dokumentnummer

JFT_10068870_93B01534_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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