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10/07 Verfassungs- und VerwaltungsgerichtsbarkeitNorm
B-VG Art53Leitsatz
Zurückweisung eines Antrags eines Viertels der Mitglieder des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses auf Entscheidung einer Meinungsverschiedenheit (mit der Mehrheit) soweit sich das Verlangen mit dem Beschluss des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses (die Bundesministerin für Justiz zur Vorlage der Kommunikation zwischen der WKStA und dem BMJ zu verpflichten) deckt; Abweisung des Antrags wegen hinreichender Begründung des Mehrheitsbeschlusses, warum das Verlangen des einschreitenden Viertels nicht vom Umfang des Untersuchungsgegenstands des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses gedeckt istRechtssatz
Das auf §25 Abs1 VO-UA gestützte Ersuchen des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses vom 09.11.2022 an die Bundesministerin für Justiz deckt sich teilweise mit dem Verlangen des einschreitenden Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses. Dessen ungeachtet hat die antragstellende Minderheit des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses den (Bestreitungs-)Beschluss vom 09.11.2022 zur Gänze angefochten. Damit wird verkannt, dass eine Streitigkeit zwischen der Mehrheit des Untersuchungsausschusses und dem Viertel seiner Mitglieder gemäß Art138b Abs1 Z3 B-VG teilweise oder zur Gänze beendet wird, wenn der Untersuchungsausschuss einen Beschluss gefasst hat, der sich offenkundig der Sache nach teilweise oder zur Gänze mit dem Verlangen auf ergänzende Beweisanforderungen gemäß §25 Abs2 VO-UA deckt. Im konkreten Fall ist die Streitigkeit zwischen der Mehrheit und dem antragstellenden Viertel der Mitglieder des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses insoweit, dh teilweise, beendet worden, als der ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss die Bundesministerin für Justiz mit Beschluss gemäß §25 Abs1 VO-UA ersucht hat, einen Teil jener Akten und Unterlagen vorzulegen, die auch vom bestrittenen Verlangen umfasst sein sollten.
Zur Abweisung des Antrags: Die beschlussfassende Mehrheit des Untersuchungsausschusses hat hinreichend nachvollziehbar dargelegt, dass nicht erkennbar ist, inwiefern das Verlangen des einschreitenden Viertels der Mitglieder des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses "die vollständige Kommunikation zwischen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft und dem Bundesministerium für Justiz zur Aktenvorlage und zum Verfahren betreffend den Abschluss einer Konsultationsvereinbarung zum Strafakt AZ17 St 19/20i im Umfang des Untersuchungsgegenstandes binnen einer Woche zu übermitteln", für die Untersuchung von (potentieller) abstrakter Relevanz ist.
Das Verlangen des einschreitenden Viertels richtet sich auf die Untersuchung der Übermittlung bestimmter Akten und Unterlagen durch die Bundesministerin für Justiz und erfasst (auch) Vorgänge im Bundesministerium für Justiz, die seit März 2022 gesetzt wurden. Welchen Zusammenhang die behauptete verspätete Aktenübermittlung mit dem Untersuchungsgegenstand aufweisen soll, geht aus dem in Rede stehenden Verlangen nicht hervor. Ist es aber, wie im vorliegenden Fall, nicht offenkundig, dass die Vorgänge, auf die sich die begehrten Akten und Unterlagen beziehen, im Umfang des Gegenstands der Untersuchung liegen, hätte das einschreitende Viertel in seinem Verlangen dafür eine nähere Begründung geben müssen. Die parlamentarische Praxis im Rahmen der Sitzungen des Untersuchungsausschusses bildet für den VfGH keinen Maßstab für die Rechtmäßigkeit von (Bestreitungs-)Beschlüssen des Untersuchungsausschusses.
Schlagworte
VfGH / Untersuchungsausschuss, Entscheidungsbegründung, Bundesminister, Beweise, res iudicataEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2022:UA96.2022Zuletzt aktualisiert am
22.12.2022