Index
24/01 Strafgesetzbuch;Norm
FrG 1993 §20 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde des M in S, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 25. Juli 1995, Zl. St 167/95, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 25. Juli 1995 erließ die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (die belangte Behörde) gegen den Beschwerdeführer gemäß § 18 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 1 und 7 sowie den §§ 19, 20 und 21 des Fremdengesetzes, BGBl. Nr. 838/1992, ein mit fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich.
Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe während der relativ kurzen Dauer seines Aufenthaltes in Österreich (nicht ganz drei Jahre) bereits mehrmals gerichtlich strafbare Handlungen begangen und sei insgesamt viermal gerichtlich verurteilt worden. Der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 Fremdengesetz sei insofern erfüllt, als er bereits mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlungen (Körperverletzung) rechtskräftig verurteilt worden sei. Aber auch der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 7 leg. cit. sei als erfüllt anzunehmen, zumal der Beschwerdeführer über kein eigenes Einkommen verfüge und auch das Einkommen seiner Gattin nicht ausreiche, um ihn und seine fünf Kinder zu erhalten. Aufgrund der sich in den Verurteilungen manifestierenden Geringschätzung der körperlichen Integrität anderer Menschen, fremder Rechtsgüter "bzw. der österreichischen Rechtsordnung überhaupt", sei die in § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt.
Durch die Erlassung des Aufenthaltsverbotes werde mit Sicherheit in sein Privat- und Familienleben eingegriffen. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes sei jedoch schon insofern dringend geboten, als er sich doch in regelmäßigen Abständen immer wieder strafbar gemacht habe und die einzelnen gerichtlichen Verurteilungen ihn nicht hätten abhalten können, weitere Verstöße gegen die österreichische Rechtsordnung bzw. gegen die körperliche Integrität anderer Personen zu begehen. Die Dauer seines Aufenthaltes im Bundesgebiet der Republik Österreich sei zu kurz, um daraus eine Integration seiner Person ableiten zu können. Im Hinblick auf die für seinen weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet anzustellende negative Zukunftsprognose wögen die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes wesentlich schwerer als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf seine Lebenssituation. Das Aufenthaltsverbot sei daher auch im Sinne des § 20 Abs. 1 leg. cit. zulässig. Daran vermöge auch die Tatsache, daß er im Bundesgebiet mit seiner Gattin und seinen fünf Kindern lebe und für deren Haushalt sorge, nichts zu ändern.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, insgesamt viermal wegen des Deliktes der Körperverletzung gerichtlich verurteilt worden zu sein und bekämpft nicht die - zutreffende - Rechtsauffassung der belangten Behörde, daß der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 und 7 FrG erfüllt und die in § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt sei.
2. Der Beschwerdeführer läßt weiters unbekämpft, daß die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen ihn dringend geboten und daher im Grunde des § 19 leg. cit. zulässig sei.
Er bekämpft lediglich das Ergebnis der von der belangten Behörde im Grunde des § 20 leg. cit. vorgenommenen Interessenabwägung. Nach Ansicht des Beschwerdeführers hätte die belangte Behörde Erhebungen tätigen müssen, inwieweit durch die wegfallende Haushaltsführung des Beschwerdeführers in der Familie überhaupt deren Selbsterhaltungsfähigkeit und Eigenständigkeit verloren ginge und was die Erlassung des Aufenthaltsverbotes nunmehr konkret für den Beschwerdeführer und seine Familie bedeute. Solche Erhebungen hätten ergeben, daß zunächst weitere S 1.500,-- der Caritas-Unterstützung wegfielen und insbesondere die bisher vom Beschwerdeführer vorgenommene Haushaltsführung noch zusätzlich von dessen Gattin zu übernehmen sei. Im Ergebnis bedeute das Aufenthaltsverbot somit nicht nur eine persönliche Zerrüttung der Familie, sondern darüberhinaus sogar einen Verlust ihrer wirtschaftlichen Selbsterhaltungsfähigkeit.
Abgesehen davon, daß der Beschwerdeführer in keiner Weise konkretisiert, welche "Erhebungen" die belangte Behörde vornehmen hätte müssen, kann dahingestellt bleiben, ob es sich beim Hinweis auf den Wegfall einer zusätzlichen Caritas-Unterstützung um eine im Verwaltungsgerichtshofverfahren unzulässige Neuerung (§ 41 Abs. 1 VwGG) handelt. Jedenfalls vermag der Beschwerdeführer selbst unter Berücksichtigung der in der Beschwerde vorgebrachten Tatsachen eine dem angefochtenen Bescheid anhaftende Rechtswidrigkeit nicht aufzuzeigen.
Wenn auch der Beschwerdeführer mit seiner Familie im Bundesgebiet lebt und die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zweifellos einen Eingriff in sein Familienleben darstellt, wird die anzunehmende Integration des Beschwerdeführers dadurch beträchtlich gemindert, daß sich die von ihm begangenen Straftaten - wie in der Beschwerde ausgeführt - gegen seine Gattin richteten und der Beschwerdeführer keine Beschäftigung aufzuweisen vermag. Dem steht das starke öffentliche Interesse an der Verhinderung strafbarer Handlungen und am Schutz der öffentlichen Sicherheit und der körperlichen Integrität anderer entgegen. Keinesfalls vermögen daher die privaten gegenläufigen Interessen des Beschwerdeführers die öffentlichen Interessen an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes zu überwiegen. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Ehegattin des Beschwerdeführers als das Opfer seiner mehrmaligen strafbaren Handlungen überhaupt ein Interesse am weiteren Verbleib des Beschwerdeführers im Bundesgebiet hat. Jedenfalls kann der Beschwerdeführer seiner Unterhaltspflicht auch vom Ausland aus nachkommen.
Letztlich verweist der Beschwerdeführer auf "die Tatsache von Massenexekutionen und des Flüchtlingselends" in Bosnien.
Diesem Vorbringen ist zu entgegnen, daß mit der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nicht auch darüber abgesprochen wird, daß der Fremde in ein bestimmtes Land auszureisen habe oder allenfalls abgeschoben werde. Der behaupteten Gefährdung in seinem Heimatland mangelt daher im gegebenen Zusammenhang die Relevanz.
3. Da - wie ausgeführt - bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Bei diesem Ergebnis erübrigte sich eine Entscheidung des Berichters über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995210949.X00Im RIS seit
20.11.2000