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L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag NiederösterreichNorm
BauO NÖ 2014 §24 Abs1Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. Dr. Zehetner und die Hofrätinnen Dr. Leonhartsberger und Dr.in Gröger als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kieslich, in der Revisionssache der T GmbH in K, vertreten durch die Strehn Rechtsanwalts GmbH in 1010 Wien, Wipplingerstraße 32, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 12. Oktober 2021, LVwG-AV-769/001-2020, betreffend Versagung einer Baubewilligung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Stadtrat der Stadtgemeinde K; weitere Partei: Niederösterreichische Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich (Verwaltungsgericht) wurde die Beschwerde der nunmehrigen Revisionswerberin gegen den im innergemeindlichen Instanzenzug ergangenen Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde K vom 15. April 2020 als unbegründet abgewiesen, womit in inhaltlicher Hinsicht der Antrag der Revisionswerberin vom 21. August 2019, die baubehördliche Bewilligung zur Abänderung des mit Bescheid vom 6. März 2017 bewilligten Dachausbaus auf einem näher bezeichneten Grundstück zu genehmigen, abgewiesen wurde.
2 Begründend ging das Verwaltungsgericht zusammengefasst davon aus, dass keine rechtzeitige Ausführung des mit Bescheid vom 6. März 2017 bewilligten Bauvorhabens vorliege und der (mangelhafte) Antrag auf Verlängerung der Bauausführungsfrist nicht genehmigungsfähig sei, sodass die Baubewilligung vom 6. März 2017 erloschen sei. Eine Änderungsbewilligung könne aber nur erteilt werden, wenn ein Konsens hinsichtlich des abzuändernden Bauteils vorliege. Das Bauvorhaben widerspreche aufgrund der geänderten Rechtslage nunmehr dem Bebauungsplan. Da somit eine Abänderung des ursprünglichen Bescheides vom 6. März 2017 nicht mehr in Betracht komme, sei der Antrag auf Abänderung des genannten Bewilligungsbescheides abzuweisen.
3 Gegen dieses Erkenntnis erhob die revisionswerbende Partei zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 13. Juni 2022, E 4246/2021-5, abgelehnt und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.
4 In der Folge erhob die revisionswerbende Partei die vorliegende außerordentliche Revision.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision (gesondert) vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision erfolgt ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulässigkeitsbegründung. Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit einer Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. etwa VwGH 29.6.2022, Ra 2020/05/0024; 24.3.2022, Ra 2020/05/0081; 8.11.2021, Ra 2021/05/0146, jeweils mwN).
9 In der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision wird zunächst vorgebracht, es bleibe offen, welche Folge die Feststellung der Unrealisierbarkeit des bewilligten Bauvorhabens in Bezug auf die Bestimmungen der Niederösterreichischen Bauordnung 2014 (NÖ BO 2014) habe. Auch die Wirkungen dieser Feststellung in Bezug auf den zu Grunde liegenden Bescheid seien zu beleuchten. Es fehle Rechtsprechung, wie das Verwaltungsgericht in verfahrensrechtlicher Hinsicht vorzugehen gehabt hätte.
10 Die Begründung der Zulässigkeit der Revision erfordert (abgesehen von den Fällen einer abweichenden oder uneinheitlichen Rechtsprechung) die Darlegung, welche konkrete Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof noch nicht beantwortet hat. Ein pauschales bzw. nur allgemein gehaltenes Vorbringen ohne Herstellung eines Fallbezuges und ohne jede fallbezogene Verknüpfung mit der angefochtenen Entscheidung reicht hierfür jedenfalls nicht aus (vgl. VwGH 9.8.2022, Ro 2019/05/0020; 18.12.2020, Ra 2019/10/0087, jeweils mwN).
11 Abgesehen davon, dass die Zulässigkeitsbegründung der Revision in Bezug auf die Frage der Realisierbarkeit des Bauvorhabens in dieser Allgemeinheit den Anforderungen an die Darlegung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nach dem oben dargelegten Maßstab nicht entspricht, ist die Revision mit diesen Zulässigkeitsausführungen auch auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach eine wesentliche Rechtsfrage gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nur dann vorliegt, wenn das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt. In der Revision muss daher gemäß § 28 Abs. 3 VwGG konkret dargetan werden, warum das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt (vgl. VwGH 24.2.2022, Ra 2021/10/0029; 25. 2.2020, Ra 2019/06/0092 und 0093, jeweils mwN).
12 Das Verwaltungsgericht stützte auf die Feststellung der fehlenden Realisierbarkeit des mit 6. März 2017 bewilligten Bauvorhabens die auf Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes beruhende Beurteilung, dass eine bautechnische Errichtungsmaßnahme den Baubeginn nicht bewirken könne, wenn von vornherein feststehe, dass eine Fortführung der Arbeiten in absehbarer Zeit nicht möglich sei (Hinweis auf VwGH 17.4.2012, 2009/05/0313; 16.10.1997, 96/06/0185). Da mit dem Zulässigkeitsvorbringen weder die fehlende Realisierbarkeit des mit 6. März 2017 bewilligten Bauvorhabens noch die darauf gegründete Beurteilung, dass in einem solchen Fall ein Baubeginn durch eine bautechnische Maßnahme nicht bewirkt werden könne, angegriffen wird, ist nicht dargetan, inwieweit das Schicksal der Revision von der Lösung der Frage nach allfälligen (weiteren) Wirkungen der Feststellung der Unrealisierbarkeit des Bauvorhabens (abstrakt genannt wurden: Bindungswirkung dieser Sachverhaltsfeststellung, zivilrechtliche Ersatzansprüche) abhängen sollte. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung ist damit nicht dargelegt.
13 Zur „Frage der Wirksamkeit des Baustarts“ bringt die Zulässigkeitsbegründung weiters vor, es sei in der Rechtsprechung ungeklärt, wann eine Baumaßnahme als „auf die Errichtung des bewilligten Bauwerks gerichtete Maßnahme“ zu verstehen sei. In der Rechtsprechung klar abgrenzbar sei diese Frage nur im Hinblick auf Vorbereitungstätigkeiten.
14 Mit der Frage, wann eine Baumaßnahme als eine auf die Errichtung des bewilligten Bauwerks gerichtete bautechnische Maßnahme zu verstehen ist, hat sich der Verwaltungsgerichtshof in ähnlichen Konstellationen in seiner (auch) zu vergleichbaren Bestimmungen anderer Bauordnungen ergangenen Rechtsprechung bereits auseinandergesetzt (vgl. etwa VwGH 25.9.2012, 2011/05/0023 bis 0030; 17.4.2012, 2009/05/0313; 25.9.2007, 2006/06/0001; 16.10.1997, 96/06/0185; 31.1.1979, 1069/77, VwSlg. 9754 A/1979).
15 Ob eine bestimmte bautechnische Maßnahme als auf die Errichtung eines bestimmten, bewilligten Bauwerks gerichtet zu qualifizieren ist, sodass die Ausführungsfrist des § 24 Abs. 1 NÖ BO 2014 gewahrt und die Baubewilligung nicht als erloschen anzusehen ist, ist für sich genommen keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG, sondern unterliegt grundsätzlich der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung könnte in diesem Zusammenhang nur vorliegen, wenn die betreffende Beurteilung durch das Verwaltungsgericht in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre (vgl. zur Frage der Vollendung eines Bauwerks innerhalb der Ausführungsfrist VwGH 9.8.2022, Ra 2022/05/0129, mwN).
16 Dass dies der Fall wäre, zeigt die Zulässigkeitsbegründung mit ihrer bloßen Behauptung, die Schrankenanlage sei zwingend erforderlich, um das Bauvorhaben letztlich fertigstellen zu können, nicht auf. Damit wird nicht ansatzweise aufgezeigt, weshalb die Beurteilung des Verwaltungsgerichts, die Schrankenanlage sei nicht erkennbar unter eine vorgeschriebene Auflage zu subsumieren, zumal sie entsprechend „Auflage 1“ kein rot-grünes Lichtsignal mit Anmeldesonde darstelle, unvertretbar wäre.
17 Die Zulässigkeitsbegründung wirft schließlich die Frage auf, in welchen Stand eine Baubewilligung trete, wenn im Rahmen eines Fristverlängerungsansuchens ein Verbesserungsauftrag hätte erteilt werden müssen.
18 Das Verwaltungsgericht hat dem von ihm angenommenen Verfahrensmangel der Nichtdurchführung eines Verbesserungsverfahrens nach § 13 Abs. 3 AVG zum Nachweis der Zustimmung der Halter der erforderlichen Miteigentumsanteile mit der Begründung Relevanz abgesprochen, dass eine Fristverlängerung ohnehin rechtlich unzulässig wäre. Denn die in § 24 Abs. 4 NÖ BO 2014 weiters normierte Voraussetzung des fehlenden Widerspruchs des Bauvorhabens zum Flächenwidmungs- und/oder Bebauungsplan sei nicht erfüllt, weil unbestritten sechs Geschoße geplant gewesen seien, die auf Grund des zu beachtenden, durch § 53a NÖ BO 2014 geänderten Bedeutungsinhalts des Bebauungsplans bei einer festgelegten Bauklasse von III/IV nicht mehr zulässig seien.
19 Auf diese - ein wirksames Fristverlängerungsansuchen unterstellende - Begründung geht die Zulässigkeitsbegründung nicht ein, sodass es der Revision auch in Bezug auf die Frage der Wirkung der Nichterteilung eines Verbesserungsauftrags nicht aufzuzeigen gelingt, warum das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt.
20 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 7. November 2022
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022050154.L00Im RIS seit
21.12.2022Zuletzt aktualisiert am
21.12.2022