TE Vfgh Erkenntnis 2021/10/5 G188/2021

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Veröffentlicht am 05.10.2021
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Index

20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB)

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art140 Abs1 Z1 litd
StGG Art2
ABGB §788
VfGG §7 Abs1, §62 Abs1
  1. B-VG Art. 7 heute
  2. B-VG Art. 7 gültig ab 01.08.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 114/2013
  3. B-VG Art. 7 gültig von 01.01.2004 bis 31.07.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  4. B-VG Art. 7 gültig von 16.05.1998 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 68/1998
  5. B-VG Art. 7 gültig von 14.08.1997 bis 15.05.1998 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/1997
  6. B-VG Art. 7 gültig von 01.07.1988 bis 13.08.1997 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 341/1988
  7. B-VG Art. 7 gültig von 01.01.1975 bis 30.06.1988 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  8. B-VG Art. 7 gültig von 19.12.1945 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  9. B-VG Art. 7 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934
  1. B-VG Art. 140 heute
  2. B-VG Art. 140 gültig ab 01.01.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 114/2013
  3. B-VG Art. 140 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  4. B-VG Art. 140 gültig von 01.07.2008 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 2/2008
  5. B-VG Art. 140 gültig von 01.01.2004 bis 30.06.2008 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  6. B-VG Art. 140 gültig von 06.06.1992 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 276/1992
  7. B-VG Art. 140 gültig von 01.01.1991 bis 05.06.1992 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 685/1988
  8. B-VG Art. 140 gültig von 01.07.1988 bis 31.12.1990 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 341/1988
  9. B-VG Art. 140 gültig von 01.07.1976 bis 30.06.1988 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 302/1975
  10. B-VG Art. 140 gültig von 19.12.1945 bis 30.06.1976 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 140 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934
  1. ABGB § 788 heute
  2. ABGB § 788 gültig ab 01.01.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/2015
  3. ABGB § 788 gültig von 01.01.2010 bis 31.12.2016 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 75/2009
  4. ABGB § 788 gültig von 01.07.1989 bis 31.12.2009 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 162/1989
  1. VfGG § 7 heute
  2. VfGG § 7 gültig ab 22.03.2020 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 16/2020
  3. VfGG § 7 gültig von 01.01.2015 bis 21.03.2020 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 101/2014
  4. VfGG § 7 gültig von 01.01.2015 bis 31.12.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 92/2014
  5. VfGG § 7 gültig von 01.03.2013 bis 31.12.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  6. VfGG § 7 gültig von 01.07.2008 bis 28.02.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008
  7. VfGG § 7 gültig von 01.01.2004 bis 30.06.2008 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. VfGG § 7 gültig von 01.10.2002 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 123/2002
  9. VfGG § 7 gültig von 01.01.1991 bis 30.09.2002 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 329/1990
  10. VfGG § 7 gültig von 01.07.1976 bis 31.12.1990 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 311/1976

Leitsatz

Abweisung eines Parteiantrags auf Aufhebung einer Regelung des ABGB betreffend die Bewertung von Schenkungen an Pflichtteilsberechtigte; Anpassung von Schenkungen zu Lebzeiten auf den Todeszeitpunkt nach einem Verbraucherpreisindex der Statistik Austria im Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers; keine Bedenken gegen die – bei Übertragung der geschenkten Sache unter Lebenden – Wertänderungen durch allfällige Nutzungsrechte

Spruch

I. Der Antrag auf Aufhebung des §788 des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB), JGS Nr 946/1811, idF BGBl I Nr 87/2015 wird abgewiesen.

II. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Antrag

Gestützt auf Art140 Abs1 Z1 litd B-VG, begehrt der Antragsteller, der Verfassungsgerichtshof möge

"[…]

II. die Wortfolge 'nach einem von der Statistik Austria verlautbarten Verbraucherpreisindex' in §788 ABGB in der aktuell geltenden Fassung vom 01.01.2017, kundgemacht im BGBl I Nr 87/2015 am 30.07.2015, als verfassungswidrig [aufheben];

in eventu

III. die Wortfolge 'Dieser Wert ist sodann auf den Todeszeitpunkt nach einem von der Statistik Austria verlautbarten Verbraucherpreisindex anzupassen.' in §788 ABGB in der aktuell geltenden Fassung vom 01.01.2017, kundgemacht im BGBl I Nr 87/2015 am 30.07.2015, als verfassungswidrig [aufheben];

in eventu

IV. den §788 ABGB, in der aktuell geltenden Fassung vom 01.01.2017, kundge-macht im BGBl I Nr 87/2015 am 30.07.2015, zur Gänze als verfassungswidrig [aufheben]."

II. Rechtslage

Die maßgeblichen Bestimmungen des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches, JGS 946/1811, idF BGBl I 87/2015 lauten (die mit dem zweiten Eventualantrag angefochtene Bestimmung ist hervorgehoben):

"3. Hinzu- und Anrechnung von Schenkungen unter Lebenden

§781. (1) Schenkungen, die der Pflichtteilsberechtigte oder auch ein Dritter vom Verstorbenen zu dessen Lebzeiten oder auf den Todesfall erhalten hat, sind der Verlassenschaft nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen hinzuzurechnen und auf einen allfälligen Geldpflichtteil des Geschenknehmers anzurechnen.

(2) Als Schenkung in diesem Sinn gelten auch

1. die Ausstattung eines Kindes,

2. ein Vorschuss auf den Pflichtteil,

3. die Abfindung für einen Erb- oder Pflichtteilsverzicht,

4. die Vermögenswidmung an eine Privatstiftung,

5. die Einräumung der Stellung als Begünstigter einer Privatstiftung, soweit ihr der Verstorbene sein Vermögen gewidmet hat, sowie

6. jede andere Leistung, die nach ihrem wirtschaftlichen Gehalt einem unentgeltlichen Rechtsgeschäft unter Lebenden gleichkommt.

[…]

Schenkungen an Pflichtteilsberechtigte

§783. (1) Auf Verlangen eines Pflichtteilsberechtigten oder eines Erben sind Schenkungen an Personen, die dem Kreis der Pflichtteilsberechtigten angehören (§757), der Verlassenschaft hinzuzurechnen und auf den Pflichtteil der beschenkten Person oder derjenigen Person, die an deren Stelle tritt, anzurechnen. Ein Geschenknehmer, der im Zeitpunkt der Schenkung allgemein zum Kreis der pflichtteilsberechtigten Personen gehörte (§757) und dem deshalb kein Pflichtteil zukommt, weil er auf seinen Pflichtteil verzichtet hat oder die Erbschaft ausgeschlagen hat, kann ebenfalls die Hinzu- und Anrechnung von Schenkungen an Pflichtteilsberechtigte verlangen.

(2) Die Hinzu- und Anrechnung kann auch ein Vermächtnisnehmer verlangen, soweit er zur Pflichtteilserfüllung beizutragen hat oder einen verhältnismäßigen Abzug erleidet.

[…]

Bewertung der Schenkung

§788. Die geschenkte Sache ist auf den Zeitpunkt zu bewerten, in dem die Schenkung wirklich gemacht wurde. Dieser Wert ist sodann auf den Todeszeitpunkt nach einem von der Statistik Austria verlautbarten Verbraucherpreisindex anzupassen."

III. Anlassverfahren, Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Der Antragsteller ist Beklagter in einem (erbrechtlichen) Pflichtteilsprozess vor dem Landesgericht Korneuburg; er ist der Sohn der Verstorbenen und nach dieser pflichtteilsberechtigt. Die Verstorbene schenkte dem Antragsteller zwei in ihrem Alleineigentum stehende Liegenschaften. Schenkungszeitpunkt war der 1. Juli 1991 bzw der 5. Jänner 2004, die Geschenkgeberin starb am 2. August 2019. Eine der beiden Liegenschaften war mit einem Wohnungsgebrauchsrecht zu Gunsten der Geschenkgeberin belastet. Im Anlassverfahren war unter anderem strittig, ob dieses Gebrauchsrecht bei der Bewertung der Schenkung zu berücksichtigen ist. Das Landesgericht Korneuburg hat diese Frage mit Urteil vom 30. April 2021 unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes verneint, weil die Belastung mit dem Tod der Geschenkgeberin weggefallen sei. Das Landesgericht Korneuburg nahm daher den Wert der Liegenschaft zum Schenkungszeitpunkt ohne Berücksichtigung des Gebrauchsrechtes an und passte den Wert entsprechend §788 ABGB auf den Todeszeitpunkt nach dem Verbraucherpreisindex an.

2. Gegen das genannte Urteil des Landesgerichtes Korneuburg erhob der Antragsteller Berufung und stellte aus Anlass dieses Rechtsmittels den vorliegenden Gesetzesprüfungsantrag. Darin legt der Antragsteller seine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die angefochtene Gesetzesbestimmung wie folgt dar:

"5. Begründung der Verfassungswidrigkeit

Die Bewertungsvorschrift des §788 ABGB in der aktuell geltenden Fassung vom 01.01.2017, kundgemacht im BGBl I Nr 87/2015 am 30.07.2015, verstößt gegen den Gleichheitsgrundsatz und führt zu einer massiven Ungleichbehandlung der Erben und Noterben bei zu Lebzeiten erhaltenen Schenkungen.

Es wird dadurch weder das Ziel des Gesetzgebers[,] 'die zu Lebzeiten vom Verstorbenen zugewendeten Werte möglichst gleichmäßig an die Verhältnisse im Todeszeitpunkt heranzuführen'[,] erreicht (vgl ErläutRV 688 BlgNR 25. GP), noch können Unterschiede im Tatsachenbereich, insbesondere Wertminderungen geschenkter Gegenstände, welche nicht vom Geschenknehmer verursacht wurden, berücksichtigt werden.

Steigende Indizes führen nämlich auch stets zu höheren Bemessungsgrundlagen für die Hinzu- und Anrechnung, selbst wenn Vermögenswerte tatsächlich zwischenzeitlich an Wert verloren haben und dieser Wertverlust – wie im vorliegenden Fall – durch den Geschenkgeber selbst verursacht wurde. Sinn und Zweck des §788 ABGB ist es, die Pflichtteilsberechtig[t]en so zu stellen, als wären die pflichtteilswidrigen Verfügungen unterblieben und die geschenkten Sachen noch im Nachlass. Dies wird durch die Bewertungsvorschrift in der angefochtenen Norm gerade nicht erreicht, schließlich bleiben hier durch den Geschenkgeber bedingte Abnützungen unberücksichtigt und kann – wie im vorliegenden Fall – der so ermittelte Wert den tatsächlichen Verkehrswert im Zeitpunkt des Todes sogar übersteigen!

Darüber hinaus ist der Geschenknehmer bei Einräumung von Personalservituten wie einem Wohnungsgebrauchsrecht (siehe sogleich) sogar verpflichtet, die Sache auf eigene Kosten in brauchbarem Zustand zu erhalten, wobei diese Kosten bei den Bewertungsvorschriften der angefochtenen Norm nicht einmal in Abzug gebracht werden können.

Demgegenüber erfolgt die Bewertung der geschenkten Sache im Fall einer Schenkung auf den Todesfall gem §780 Abs2 zum Zeitpunkt des Todes des Verstorbenen, sohin mit dem Verkehrswert im Todeszeitpunkt.

Es ist ein geradezu typischer Inhalt eines Schenkungsvertrages über eine bebaute Liegenschaft zwischen Eltern und Kindern, dass Eltern sich ein lebenslanges unentgeltliches Wohnungsgebrauchsrecht (iSe Personalservitut) vorbehalten. In solchen häufigen Fällen wird der Geschenknehmer zwar Eigentümer der Liegenschaft, jedoch ist sein Eigentumsrecht beschränkt durch die Personalservitut der Eltern. Ein Verkauf zu Lebzeiten der Servitutsberechtigten ist zwar möglich, allerdings in der Regel, bedingt durch die Servitut, lediglich zu einem weitaus geringeren Kaufpreis.

Tatsächlich befindet sich also derjenige, der eine Wohnimmobilie zu Lebzeiten unter Vorbehalt eines lebenslangen Wohnungsgebrauchsrechts des Geschenknehmers erhält, was die Nutzungsmöglichkeit einer solchen Immobilie betrifft, in derselben Situation wie ein Pflichtteilsberechtigter, welcher eine solche Immobilie erst auf den Todesfall geschenkt erhält: Beide können faktisch erst nach dem Ableben der Geschenknehmer (und Servitutsberechtigten) Nutzungen aus der geschenkten Sache ziehen.

Während die Abnützung des Gebäudes sich allerdings bei einer Schenkung auf den Todesfall im Verkehrswert niederschlägt und berücksichtigt wird (§780 Abs2), muss sich der Geschenknehmer bei einer Schenkung zu Lebzeiten allerdings eine Valorisierung mit dem VPI zum Empfangszeitpunkt (Schenkungszeitpunkt) gefallen lassen, wodurch weder die durch den Geschenkgeber verursachte Abnützung der Liegenschaft berücksichtigt werden kann, noch eine Deckelung mit dem tatsächlichen Verkehrswert im Zeitpunkt des Todes stattfindet.

Es ist nicht einzusehen und unsachlich, weshalb dahingehend Pflichtteilsberechtigte, die Schenkungen auf den Todesfall erhalten, privilegiert sein sollen.

Auch die Möglichkeit eines Verkaufs der Liegenschaft durch den schon zu Lebzeiten des Verstorbenen Beschenkten ändert daran nur wenig, schließlich kann dieser die Immobilie nur in belastetem Zustand verkaufen. Dennoch wäre, der nunmehr angefochtenen Norm zufolge, auch in einem derartigen Fall für die Pflichtteilsbemessung der Wert der Liegenschaft – ohne Personalservitut (!) – im Schenkungszeitpunkt heranzuziehen und sodann einer Valorisierung zu unterziehen.

Überdies besteht auch keine Verpflichtung des Eigentümers der dienstbaren Sache, verbessernde bzw werterhöhende Maßnahme zu ergreifen, vielmehr muss er aber die Sache auf eigene Kosten, in einem brauchbaren Zustand erhalten. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auch darauf, dass während des Bestehens der Personalservitut auf einer ganzen Liegenschaft, vom Eigentümer auch kein Nutzen iSd §508 ABGB gezogen werden kann, schließlich ist vom Nutzen iSd §508 ABGB nicht nur der unmittelbare Ertrag der Sache umfasst, sondern auch alles, was dem Eigentümer durch die Sache zukommt, insbesondere der Mitgebrauch, Ersatzbeträge wegen Beschädigung der Sache oder das Entgelt für die Bestellung der Dienstbarkeit (vgl OGH 14.04.2011, 6 Ob 40/11t). Ein solches Entgelt wird aber bei Wohnungsgebrauchsrechten zu Versorgungszwecken innerhalb der Familie typischerweise nicht vereinbart.

Zusammenfassend führt die derzeitige Rechtslage daher zu einer unbilligen und sachlich nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung der Noterben und wird durch die angefochtene Gesetzesstelle ermöglicht, dass für die Berechnung der Pflichtteile bei Hinzu- bzw Anrechnung von Schenkungen ein fiktiver Wert der geschenkten Sache, ohne Berücksichtigung tatsächlicher Wertveränderungen jener Sache – gleich auf welchem Grund diese beruhen – herangezogen werden kann."

3. Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie die Zulässigkeit des Antrages bestreitet und anschließend den vom Antragsteller erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken auch in der Sache wie folgt entgegentritt:

"3. Die Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

3.1. §788 wurde durch das Erbrechts-Änderungsgesetz 2015, BGBl I Nr 87/2015, in das ABGB eingefügt. In den Gesetzesmaterialien wird dazu Folgendes ausgeführt (RV 688 BlgNR XXV. GP 35 f.):

'Zu §788 ABGB:

Nach der Bewertungsvorschrift des bisherigen §794 sind unbewegliche Sachen nach dem Zeitpunkt des Empfangs, bewegliche Sachen nach dem Zeitpunkt des Erbanfalls zu bewerten. Diese Regelung führt nach einhelliger Meinung zu unbilligen Ergebnissen (siehe näher Welser, Reform des Erbrechts 144). Für die Bewertung von Bargeldzuwendungen lässt das bisherige Recht überhaupt jede Regelung vermissen. §788 des Entwurfs soll daher umgestaltet werden.

Teilen der Lehre folgend (siehe Schauer, NZ 1998, 28) soll der Wert der zugewendeten Sache im Empfangszeitpunkt zu ermitteln sein. Bei der Ermittlung des Empfangszeitpunkts kommt es aber darauf an, dass dem Geschenknehmer die geschenkte Sache tatsächlich zukommt, das Vermögensopfer also erbracht ist, die Schenkung wirklich gemacht wurde.

Ein ermittelter Wert soll auf den Todeszeitpunkt angepasst werden, und zwar nach einem von der Statistik Austria verlautbarten Verbraucherpreisindex. Dies gilt auch für einen zugewendeten Geldbetrag. Hingegen sollen alle anderen wertverändernden Umstände, die zwischen dem Zuwendungs- und dem Todeszeitpunkt eintreten (seien sie vom Zuwendungsempfänger zu vertreten oder nicht), wie etwa Änderungen der Flächenwidmung, die verkehrsmäßige Erschließung von Liegenschaften, Schadensereignisse, die auch bei unterbliebener Zuwendung eingetreten wären, oder Preisänderungen infolge erhöhter oder gesunkener Nachfrage außer Betracht bleiben (für die Berücksichtigung letzterer Umlauft, Reform des Erbrechts 148). Durch diese Bewertungsmethode soll erreicht werden, dass die zu Lebzeiten vom Verstorbenen zugewendeten Werte möglichst gleichmäßig an die Verhältnisse im Todeszeitpunkt herangeführt werden.'

3.2. Der Pflichtteil ist ein bestimmter Anteil am Wert des Vermögens des Verstorbenen, der dem Pflichtteilsberechtigten zukommen soll. Bemessungsgrundlage für die Ermittlung und Berechnung des Pflichtteils ist die gesamte Verlassenschaft, die auf den Todestag des Verstorbenen zu schätzen ist (§778 ABGB). Schenkungen, die der Pflichtteilsberechtigte oder auch ein Dritter vom Verstorbenen zu dessen Lebzeiten oder auf den Todesfall erhalten hat, sind der Verlassenschaft hinzuzurechnen und auf einen allfälligen Geldpflichtteil des Geschenknehmers anzurechnen (§781 ABGB). Die Schenkungsanrechnung verfolgt allgemein die Zwecke des Schutzes der Pflichtteilsberechtigten vor Verkürzung ihrer Ansprüche, des Ausgleichs unter mehreren Pflichtteilsberechtigten und der Vermeidung einer doppelten Begünstigung von Pflichtteilsberechtigten (vgl Ferrari/Likar-Peer, Erbrecht² 613 f).

3.3. §788 ABGB regelt die Bewertung für die Berücksichtigung von Schenkungen beim Pflichtteil. Ausweislich der Gesetzesmaterialien sollen die vom Verstorbenen zu Lebzeiten zugewendeten Werte möglichst gleichmäßig an die Verhältnisse im Todeszeitpunkt herangeführt werden. Dies soll gemäß §788 zweiter Satz ABGB dadurch erreicht werden, dass der gemäß §788 erster Satz ABGB ermittelte Wert der geschenkten Sache nach einem von der Statistik Austria verlautbarten Verbraucherpreisindex auf- oder abgewertet wird, nicht jedoch nach einem anderen sachlich passenden Teilindex wie beispielsweise dem Immobilienpreisindex (vgl Bittner/Hawel in Klete?ka/Schauer, ABGB-ON1.05 §788 Rz 6). Diese Anpassung des Wertes soll das Problem von Wertveränderungen der Sache zwischen der Schenkung und dem Tod des Erblassers lösen. Indem auf den Verbraucherpreisindex (und nicht etwa auf den Immobilienpreisindex) abgestellt wird, wird verhindert, dass der Beschenkte, sollte er kurz nach Erwerb der geschenkten Sache (zB eine Liegenschaft), diese weiterveräußern, mit einer erheblichen Belastung konfrontiert wäre. Dadurch wird auch bewirkt, dass die Verfügungsfreiheit des Beschenkten über die geschenkte Sache nicht unbillig eingeschränkt wird (vgl Bittner/Hawel, aaO, Rz 1).

3.3.1. Bei der Anrechnung auf den Pflichtteil werden Schenkungen – wie auch bei der Anrechnung auf den Erbteil gemäß §755 ABGB – auf jenen Zeitpunkt bewertet, zu dem sie 'wirklich gemacht' wurden. Mit der Wendung 'wirklich gemacht' findet die sogenannte Vermögensopfertheorie Eingang in die Bewertung (vgl Musger in Koziol/Bydlinski/Bollenberger, Kurzkommentar zum ABGB6 §§782–783 ABGB Rz 3). Danach kommt es darauf an, wann dem Geschenknehmer die geschenkte Sache 'tatsächlich zukommt', 'das Vermögensopfer also erbracht ist'. Solange eine Schenkung etwa widerruflich ist, ist das Vermögensopfer noch nicht erbracht; gefordert ist jedenfalls die endgültige Aufgabe der Substanz (vgl Musger, aaO, Rz 4). Der Vorbehalt eines Wohnungsgebrauchsrechts hindert nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes das Vermögensopfer jedenfalls nicht (RIS-Justiz RS0130273; OGH 6.8.2020, 2 Ob 195/19v unter Hinweis auf die RV 688 BlgNR XXV. GP 34).

3.3.2. Die Frage, ob sich vorbehaltene, im Zeitpunkt des Empfangs wertmindernde Rechte, die sicher mit dem Tod des Erblassers erlöschen, bei der Hinzurechnung der Schenkung wertmindernd auswirken, hat der Oberste Gerichtshof zuletzt wie folgt entschieden (OGH 26.5.2020, 2 Ob 64/19d; RIS-Justiz RS0133183): 'Auch nach dem ErbRÄG 2015 ist der Wert einer vom Erblasser bei der Übergabe einer Liegenschaft vorbehaltenen lebenslangen Personaldienstbarkeit, wiewohl diese Belastung auf den Zeitpunkt des Empfangs bezogen den Liegenschaftswert erheblich verminderte, bei der Schenkungshinzurechnung und der Schenkungsanrechnung für die Bemessung des Pflichtteils außer Ansatz zu lassen, weil bereits im Übergabszeitpunkt mit völliger Sicherheit feststand, dass in dem für die Beurteilung der Pflichtteilswidrigkeit maßgebenden Zeitpunkt des Erbanfalls die Belastung weggefallen sein werde.'

3.3.3. Diese Rechtsprechung wurde durch die Entscheidung vom 25. Februar 2021, 2 Ob 124/20d, bestätigt (RIS-Justiz RS0133516). Begründet wird diese Entscheidung im Wesentlichen damit, dass ein Abzug des Werts der Dienstbarkeit dazu führte, dass ein zur Anrechnung einer Schenkung verpflichteter Pflichtteilsberechtigter bei einer mit einem zurückbehaltenen Nutzungsrecht verbundenen lebzeitigen Schenkung besser stünde als bei Zuwendung derselben Sache erst auf den Todesfall: Obwohl er früher über die Substanz der Sache verfügen könnte, müsste er sich weniger anrechnen lassen als bei einem Erwerb erst von Todes wegen. Dies wäre mit den Zwecken des Pflichtteilsrechts nicht vereinbar. Der Wortlaut von §788 ABGB würde zwar die in der Lehre von Krist ([Anmerkung zu 2 Ob 64/19d], JBl 2021, 116 ff) und allen voran von Umlauft (Die Hinzu- und Anrechnung von Schenkungen im Erb- und Pflichtteilsrecht2, 2018, 318 ff) vertretene Auffassung decken, dass §788 ABGB eine 'klare' Regelung – im Sinn der Berücksichtigung erlöschender Rechte bei der Bewertung – enthalte. Zwingend sei das aber nicht, weil – so der Oberste Gerichtshof in 2 Ob 124/20d Rz 33 – 'der Begriff 'Bewertung' auch im eingeschränkten Sinn (Wert der Sache ohne Berücksichtigung von Lasten) verstanden werden kann.' Der Zweck und die Stellung von §788 ABGB im System des Pflichtteilsrechts würden für dieses eingeschränkte Verständnis sprechen.

In der oben zitierten Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (2 Ob 124/20d) wird aber auch die alternative rechtliche Lösung nach dem sogenannten 'Stichtagprinzip' dargestellt (Rz 22 Punkt a). Dabei 'wird der Wert der Liegenschaft im Schenkungszeitpunkt unter Berücksichtigung der Wohnrechte ermittelt. Das Ergebnis wird […] nach §788 ABGB auf den Zeitpunkt des […] Todes aufgewertet, davon wird der Pflichtteilsanspruch berechnet.'

3.3.4. In der Lehre wird die Frage der Wertminderung durch ein vorbehaltenes Gebrauchsrecht uneinheitlich beurteilt (siehe dazu die Übersicht in OGH 26.05.2020, 2 Ob 64/19d Punkt 4.2). Für eine Wertminderung durch solche Rechte sprechen sich etwa Klampfl (Privatstiftung und Pflichtteilsrecht nach der Erbrechtsreform – der 'neue' Rechtsrahmen zur Berücksichtigung stiftungsnaher Transaktionen, JEV 2015, 120 [126]), Umlauft (Die Hinzu- und Anrechnung von Schenkungen im Erb- und Pflichtteilsrecht2 319 ff), Bittner/Hawel (in Klete?ka/Schauer, ABGB-ON1.05 §788 Rz 1) und Apathy (Zur Hinzurechnung und Anrechnung im neuen Erbrecht, ÖJZ 2016, 805 [811]) aus. Gegen eine Wertminderung durch ein vorbehaltenes Recht treten Tschugguel ([Anmerkung zu 2 Ob 96/16f], EF-Z2017/90, 182 f), Schweda ([Anmerkung zu 2 Ob 96/16f], iFamZ 2017, 277 f), Musger (in Koziol/Bydlinski/Bollenberger, Kurzkommentar zum ABGB6 §788 ABGB Rz 3) und Welser (Erbrechts-Kommentar §781 Rz 22 f) auf.

II. Zum Anlassverfahren und zur Zulässigkeit:

1. Zum Anlassverfahren:

[…]

2. Zur Zulässigkeit:

2.1. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sind die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfenden Gesetzesvorschrift sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden (vgl VfSlg 13.965/1994, 16.542/2002, 16.911/2003). Dieser Grundposition folgend hat der Verfassungsgerichtshof die Rechtsauffassung entwickelt, dass im Gesetzesprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang einer in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrags nicht zu eng gewählt werden darf (vgl VfSlg 16.212/2001, 16.365/2001, 18.142/2007, 19.496/2011).

2.2. Unzulässig ist ein Antrag etwa dann, wenn der im Fall der Aufhebung im begehrten Umfang verbleibende Rest einer Gesetzesstelle als sprachlich unverständlicher Torso inhaltsleer und unanwendbar wäre (vgl VfSlg 16.279/2001, 19.413/2011; VfGH 19.6.2015, G211/2014; 7.10.2015, G444/2015; 10.10.2016, G662/2015), der Umfang der zur Aufhebung beantragten Bestimmung so abgesteckt ist, dass die angenommene Verfassungswidrigkeit durch die Aufhebung gar nicht beseitigt würde (vgl zB VfSlg 18.891/2009, 19.933/2014), oder durch die Aufhebung bloßer Teile einer Gesetzesvorschrift dieser ein völlig veränderter, dem Gesetzgeber überhaupt nicht mehr zusinnbarer Inhalt gegeben würde (vgl VfGH 15.10.2016, G339/2015; zuletzt VfGH 23.2.2021, G280-281/2019, Rz 7 mwN).

2.3. Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung erweisen sich der vorliegende Hauptantrag sowie die Eventualanträge aus folgenden Gründen als unzulässig:

2.3.1. Der Antragsteller begehrt in seinem Hauptantrag die Aufhebung der Wortfolge 'nach einem von der Statistik Austria verlautbarten Verbraucherpreisindex'. Es wird zunächst darauf hingewiesen, dass vom Antragsteller weder behauptet noch näher dargelegt wird, inwiefern die angefochtene Wortfolge gegen den Gleichheitssatz verstoßen sollte; dem Antrag fehlt diesbezüglich jegliche Begründung. Der Hauptantrag wird insofern den Anforderungen nach §62 Abs1 zweiter Satz VfGG nicht gerecht und ist schon aus diesem Grund unzulässig (vgl VfSlg 11.150/1986, 13.851/1994, 14.802/1997, 19.933/2014). Es ist nicht Aufgabe des Verfassungsgerichtshofes, pauschal vorgetragene Bedenken einzelnen Be-stimmungen zuzuordnen und so – gleichsam stellvertretend – das Vorbringen für den Antragsteller zu präzisieren (vgl VfSlg 17.099/2003, 17.102/2004 mwN).

2.3.2. Die Bundesregierung weist des Weiteren darauf hin, dass die Aufhebung dieser Wortfolge dazu führen würde, dass in Bezug auf die Wertanpassung, die weiterhin möglich wäre ('Dieser Wert ist sodann auf den Todeszeitpunkt anzupassen.'), unklar wäre, nach welcher Bewertungsmethode die geschenkte Sache zu bewerten wäre, sodass der verbleibende Teil des zweiten Satzes des §788 ABGB nicht vollzogen werden könnte.

2.3.3. Unzulässig ist ein Gesetzesprüfungsantrag dann, wenn die betreffende Regelung durch die beantragte Aufhebung einen völlig veränderten, dem Normsetzer nicht mehr zusinnbaren Inhalt erhalten würde. Ein derartiger, der Gesetzgebung nicht mehr zusinnbarer Inhalt würde bei einer Aufhebung wie im Haupt- und in den Eventualanträgen beantragten Umfang aber entstehen. Ausweislich der Gesetzesmaterialien zu §788 ABGB (wie oben in Punkt I.3.1. dargelegt) ging es der Gesetzgebung bei der Neuregelung der Bewertungsvorschrift ausdrücklich darum, den ermittelten Wert der Schenkung auf den Todeszeitpunkt anzupassen, und zwar nach einem von der Statistik Austria verlautbarten Verbraucherpreisindex. Durch diese Bewertungsmethode soll erreicht werden, dass die zu Lebzeiten vom Verstorbenen zugewendeten Werte möglichst gleichmäßig an die Verhältnisse im Todeszeitpunkt herangeführt werden (RV 688 BlgNR XXV. GP 35 f). Es ging der Gesetzgebung daher bei der Neuregelung um die Vorgangsweise bei der Ermittlung jenes (fiktiven) Werts der geschenkten Sache, der der Hinzu- und Anrechnung zugrunde zu legen ist. Die angefochtene Bestimmung stellt klar, dass Wertveränderungen nach der Schenkung unabhängig von ihrer Ursache (also Zufall, Handlungen oder Unterlassungen des Beschenkten oder konkrete Preisentwicklung) grundsätzlich unerheblich sind; stattdessen hat (zum 'Heranführen' der Werte an den Todeszeitpunkt) eine Aufwertung nach der allgemeinen Preisentwicklung (Verbraucherpreisindex) zu erfolgen. Der Antragsteller bekämpft letztlich jede Art der Valorisierung; die Aufhebung dieser Wortfolge würde daher die von ihm kritisierte Verfassungswidrigkeit nicht beseitigen. Vielmehr könnte sich durch die Heranziehung eines anderen Index (zB des Immobilienpreisindex) eine für ihn ungünstigere Rechtslage ergeben.

Die Aufhebung der angefochtenen Wortfolgen bzw des §788 ABGB zur Gänze würde zu dem Ergebnis führen, dass eine Regelung[,] wie Schenkungen zu bewerten sind, gänzlich fehlen würde. Dies würde im Ergebnis einem Akt positiver Normsetzung gleichkommen, die dem Verfassungsgerichtshof verwehrt ist (vgl VfGH 24.11.2016, G208/2016).

2.3.4. Der Antragsteller hat all jene Normen anzufechten, welche für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des Antragstellers teilen – beseitigt werden kann (vgl VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011 und 19.933/2014). Der Antragsteller wendet sich erkennbar gegen die Auslegung, dass – als Voraussetzung für den Stichtag der Bewertung – das Vermögensopfer bei einer Schenkung mit dem Vorbehalt des Gebrauchsrechts bereits erbracht ist und nicht erst mit dem Wegfall dieses Rechts (das ist meist der Tod des Berechtigten, wie beim Vorbehalt eines Fruchtgenussrechts oder beim Tod des Erblassers bei einer Schenkung auf den Todesfall). Der Gesetzesbegriff der 'wirklich gemachten' Schenkung und damit das Abstellen auf die Vermögensopfertheorie ist jedoch nicht nur in §788 ABGB, sondern auch in den §§782 und 792 ABGB verankert. Insofern ist der Anfechtungsumfang zu eng gefasst.

2.4. Vor diesem Hintergrund ist die Bundesregierung der Auffassung, dass sowohl der Hauptantrag als auch die Eventualanträge unzulässig sind.

Für den Fall, dass der Verfassungsgerichtshof den Antrag dennoch als zulässig erachten sollte, nimmt die Bundesregierung im Folgenden in der Sache Stellung:

III. In der Sache:

Die Bundesregierung verweist einleitend auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, wonach dieser in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B-VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen beschränkt ist und ausschließlich beurteilt, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (vgl zB VfSlg 19.160/2010, 19.281/2010, 19.532/2011, 19.653/2012). Die Bundesregierung beschränkt sich daher im Folgenden auf die Erörterung der im Antrag dargelegten Bedenken.

1. Der Antragsteller erblickt in der angefochtenen Wortfolge eine Verletzung des Gleichheitssatzes, weil die Bemessungsregelung des §788 zweiter Satz ABGB zu einer massiven Ungleichbehandlung der Erben und Noterben bei zu Lebzeiten erhaltenen Schenkungen führen würde. Die behauptete Gleichheitswidrigkeit wird im Wesentlichen damit begründet, dass die Bestimmung keine Unterschiede im Tatsachenbereich berücksichtigen würde. Die starre Bemessungsregelung des §788 ABGB ermögliche, dass für die Berechnung der Pflichtteile bei Hinzu- bzw Anrechnung von Schenkungen ein fiktiver Wert der geschenkten Sache, ohne Berücksichtigung tatsächlicher Wertveränderungen jener Sache – gleich auf welchem Grund diese beruhen – herangezogen werden kann.

2. Eine Verletzung des Gleichheitssatzes durch die Gesetzgebung liegt nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs dann vor, wenn das Gesetz an gleiche Tatbestände ungleiche Rechtsfolgen knüpft oder ungleiche Tatbestände gleich behandelt. Differenzierungen durch das Gesetz müssen immer sachlich gerechtfertigt sein (vgl VfSlg 11.190/1986, 11.641/1988, 13.477/1993 uva.). Er setzt ihm insofern inhaltliche Schranken, als er verbietet, sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen. In diesem Zusammenhang hat der Verfassungsgerichtshof schon wiederholt den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers betont (vgl zB VfSlg 11.795/1988, 13.420/1993, 13.455/1993, 13.527/1993, 19.762/2013).

2.1. Die Bundesregierung weist zunächst darauf hin, dass vom Antragsteller keine Bedenken vorgebracht werden, warum die im Hauptantrag angefochtene Wortfolge der Aufwertung 'nach einem von der Statistik Austria verlautbarten Verbraucherpreisindex' gegen den Gleichheitssatz verstoßen und unsachlich sein sollte. Die Bedenken des Antragstellers richten sich vielmehr gegen die Auslegung, dass – als Voraussetzung für den Stichtag der Bewertung – das Vermögensopfer bei einer Schenkung mit dem Vorbehalt des Gebrauchsrechts bereits erbracht ist und nicht erst mit dem Wegfall dieses Rechts (das ist meist der Tod wie bei einer Schenkung auf den Todesfall oder beim Vorbehalt eines Fruchtgenussrechts).

2.1.1. Die Gesetzgebung hat mit der angefochtenen Bestimmung eine Regelung im Erbrecht geschaffen, durch die bei der Bewertung von Schenkungen unvorhersehbare wertverändernde Umstände, die zwischen dem Zuwendungs- und dem Todeszeitpunkt eintreten (seien sie vom Zuwendungsempfänger zu vertreten oder nicht), wie etwa Änderungen der Flächenwidmung, die verkehrsmäßige Erschließung von Liegenschaften, Schadensereignisse, die auch bei unterbliebener Zuwendung eingetreten wären, oder Preisänderungen infolge erhöhter oder gesunkener Nachfrage außer Betracht bleiben (vgl RV 608 BlgNR XXV. GP 35). Wertveränderungen zwischen dem Zuwendungszeitpunkt, zu dem das Vermögensopfer erbracht wurde, und dem Todeszeitpunkt sind jedoch dann zu berücksichtigen, wenn sie im Zeitpunkt der Zuwendung bereits angelegt waren, sodass der Beschenkte das Risiko des Sachverlusts oder -untergangs trägt; zu erwartende Faktoren, wie etwa Abnützung oder bereits im Schenkungszeitpunkt absehbare Widmungsänderungen, haben daher in die Bewertung einzufließen. Unvorhersehbare Marktentwicklungen oder andere Ereignisse wie etwa zufällige Beschädigungen sowie werterhöhende Aufwendungen des Zuwendungsempfängers belasten oder begünstigen hingegen allein diesen (vgl Bittner/Hawel in Klete?ka/Schauer, ABGB-ON1.05 §788 Rz 2).

2.1.2. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes sind Nutzungsrechte Dritter bei deren Hinzurechnung zum Nachlass (§781 ABGB) nur insoweit zu berücksichtigen, als sie beim Tod des Erblassers noch bestehen. Sind sie zu oder mit diesem Zeitpunkt erloschen, so haben sie keinen Einfluss auf die Bemessung des Pflichtteils. Bestehen sie noch, ist der aufgrund der wahrscheinlichen Restnutzungsdauer ermittelte Wert von der Bemessungsgrundlage abzuziehen (vgl RIS-Justiz RS0133516). Nach Ansicht der Bundesregierung liegt es im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum der Gesetzgebung, eine Regelung vorzusehen, die vorbehaltene Nutzungsrechte – wie ein Fruchtgenuss- oder Wohnrecht – bei der Bewertung der geschenkten Sache außer Acht lässt, wenn die geschenkte Sache zum Todeszeitpunkt diesbezüglich lastenfrei ist (vgl RIS-Justiz RS0133183).

2.1.3. Der Annahme des Antragstellers, wonach es Sinn und Zweck des §788 ABGB sei, 'die Pflichtteilsberechtigten so zu stellen, als

Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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