Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Musger als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Wessely-Kristöfel und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H* GmbH, *, vertreten durch Mag. Andrea Moser, Rechtsanwältin in Graz, gegen die beklagte Partei Mag. F*, wegen 15.120 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 27. Juni 2022, GZ 2 R 103/22t-14, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 20. April 2022, GZ 15 Cg 47/21s-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben, und die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
[1] Der Beklagte ließ auf einer in seinem Eigentum stehenden Liegenschaft ein Wohnhaus mit vier Wohnungen errichten. Zunächst war die Wärmeversorgung des Objekts mit einer Luftwärmepumpe geplant. Wegen der mit dem Betrieb von Luftwärmepumpen verbundenen Lärmentwicklung interessierte sich der Beklagte aber auch für die Errichtung eines Fernwärmeanschlusses. Vom ortsansässigen Fernwärmeversorgungsunternehmen erhielt er die Auskunft, dass eine ganzjährige Versorgung mit Fernwärme erfolgen könne. Tatsächlich war diese Auskunft falsch, was der Beklagte damals aber nicht wusste.
[2] Der Beklagte beauftragte in der Folge die Klägerin mit den Heizungs- und Sanitärinstallationen sowie den Brandschutzmaßnahmen für das Objekt und teilte deren Geschäftsführer mit, die Errichtung eines Fernwärmeanschlusses zu wünschen. Dieser hatte damals keinerlei näheren Kenntnisse über die örtliche Fernwärmeversorgungssituation und nahm in diesem Zusammenhang auch „keine weiteren Verrichtungen“ vor. Außerdem gab der Beklagte nach Rückfrage der Klägerin, ob die Warmwasserbereitung „elektrisch oder Fernwärme/Wärmepumpe“ erfolgen soll, bekannt, eine elektrische Warmwasserbereitung zu wünschen (./B).
[3] Eine ganzjährige Fernwärmeversorgung ist an der Liegenschaftsadresse nicht möglich. Für die Warmwasserbereitung montierte die Klägerin vier elektrisch betriebene Boiler.
[4] Nach § 80 Abs 6 Stmk BauG idF LGBl Nr 34/2015 (nunmehr § 80b Abs 2 Z 4 Stmk BauG idgF) hat bei neuen Wohnbauten die Warmwasserbereitung unter Verwendung thermischer Solaranlagen oder direkt aus anderen erneuerbaren Energieträgern, sofern deren Einsatz jeweils nicht wirtschaftlich unzweckmäßig ist, oder über eine Fernwärmeversorgung aus erneuerbaren Energieträgern oder hocheffizienter Kraft-Wärme-Kopplung, wenn diese ganzjährig verfügbar ist, zu erfolgen. Daher erteilte die Baubehörde erster Instanz dem Beklagten nach Vorlage der Fertigstellungsanzeige einen entsprechenden Verbesserungs-auftrag „widrigenfalls eine Untersagung der Benützung für das 4-Familienwohnhaus auszusprechen wäre“ (./6).
[5] Aus der Schlussrechnung der Klägerin haftet (von der Gesamtrechnungssumme von 43.200 EUR) ein Betrag von 15.120 EUR brutto aus.
[6] Die Klägerin begehrte (zuletzt) die Zahlung des restlichen Werklohns von 15.260 EUR. Eine Warnpflichtverletzung sei ihr nicht anzulasten. Es sei nicht ihre Sache gewesen, sich über die Belieferung des Objekts des Beklagten mit Fernwärme zu informieren. Die Installation einer Wärmepumpe im Technikraum wäre auch gar nicht möglich gewesen. Bei der eingewandten Gegenforderung handle es sich um Sowieso-Kosten.
[7] Der Beklagte bestritt. Die von der Klägerin gelieferte und montierte Warmwasserbereitung bestehend aus vier Stück Elektrospeichern sei nicht genehmigungsfähig, worauf ihn die Klägerin nicht aufmerksam gemacht habe. Ihr stehe daher dafür kein Entgelt zu. Die Baubehörde erster Instanz habe nach konstruktiven Gesprächen dem – formalrechtlich nicht gedeckten – Kompromiss zugestimmt, die vorläufig unter Auflagen erteilte Benützungsbewilligung nicht zurückzunehmen, wenn eine Photovoltaikanlage montiert werde. Die Kosten für diese Anlage von 11.500 EUR netto entstünden dem Beklagten ausschließlich deshalb, weil die Klägerin ihn nicht darauf hingewiesen habe, dass der Verzicht auf die ursprünglich geplante Luftwärmepumpe ein Problem mit der Genehmigung der Warmwasserbereitung nach sich ziehen würde. Außerdem habe er die von der Klägerin zugesagte Bestätigung über die Einhaltung der Lärmgrenzwerte einer in einem anderen Objekt verwendeten Luftwärmepumpe nie erhalten, weshalb ihm Kosten von 1.800 EUR netto entstanden seien. Er wende daher eine Gegenforderung von insgesamt 15.960 EUR brutto aufrechnungsweise ein.
[8] Das Erstgericht sprach aus, dass die Klageforderung mit 15.120 EUR und die Gegenforderung mit 2.160 EUR zu Recht bestehen und verpflichtete den Beklagten zur Zahlung von 12.960 EUR sA. Das Mehrbegehren von 2.160 EUR sA wies es ab.
[9] Der Klägerin sei keine Warnpflichtverletzung vorzuwerfen. Nachteile des Beklagten im Sinne eines Mangels oder Schadens hätten zudem weder betreffend die Photovoltaikanlage noch betreffend die vier Boiler festgestellt werden können; der Beklagte habe ohnehin eine Benützungsbewilligung erhalten. Anderes gelte für die zugesagte Bestätigung betreffend Lärmgrenzen. Diese Leistung hätte die Klägerin trotz Vereinbarung nicht erbracht, weshalb sie die Ersatzvornahmekosten von 2.160 EUR brutto zu tragen habe.
[10] Gegen diese Entscheidung richtete sich eine Berufung des Beklagten, in der er insbesondere das Bestehen der Klageforderung bestritt.
[11] Das Berufungsgericht gab der Berufung nicht Folge und ließ die ordentliche Revision zu.
[12] Entgegen der Auffassung des Erstgerichts habe die Klägerin eine Verletzung der Warnpflicht zu vertreten. Ihr sei der Auftrag erteilt worden, die Warmwasserbereitung „elektrisch“ zu installieren. Dies widerspreche dem Stmk BauG. Diesbezüglich wäre die Klägerin als einschlägige Professionistin zur Warnung verpflichtet gewesen, zumal grundsätzlich sogar ein sachkundiger Besteller zu warnen sei. Unterlasse der Unternehmer die Warnung des Bestellers, so verliere er nicht nur den Anspruch auf Entgelt, sondern habe auch den weitergehenden Schaden zu ersetzen. Der Verlust des Werklohns könne hier nur die Warmwasserbereitung betreffen. Allerdings habe der Beklagte nach eigenem Vorbringen einen Kompromiss mit der Behörde ausgehandelt, der dazu führe, dass er diese Leistungen ohnehin weiter benötige. Deswegen sei ein Verlust des diesbezüglichen Werklohns bei dieser Sonderkonstellation nicht sachgerecht, führte dies doch zur „Bereicherung“ des Beklagten. Der Beklagte habe zwar die Photovoltaikanlage um 13.800 EUR brutto installieren müssen, um einen Schaden (Verlust der Benutzbarkeit der Wohnungen) zu verhindern. Das Erstgericht habe aber keinen mit der Photovoltaikanlage in Zusammenhang stehenden Schaden des Beklagten feststellen können.
[13] Die ordentliche Revision sei zulässig, weil die Entscheidung als Verstoß gegen den Grundsatz verstanden werden könnte, dass der Unternehmer bei Verletzung der Warnpflicht den Anspruch auf Werklohn verliere.
[14] Gegen dieses Urteil wendet sich die Revision des Beklagten aus den Revisionsgründen der Aktenwidrigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinn einer gänzlichen Klageabweisung abzuändern. Die Klageforderung bestehe nicht zurecht, jedenfalls sei aber die Aufrechnungseinrede berechtigt.
[15] Die Klägerin beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
[16] Die Revision ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig und im Sinn des – im Abänderungsantrag enthaltenen (vgl RS0041774 [T1]) – Aufhebungsantrags auch berechtigt.
1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist das gesamte (eingeschränkte) Klagebegehren:
[17] Wegen des untrennbaren Sachzusammenhangs kann die aufgrund einer Aufrechnungseinrede ausgesprochene (teilweise) Abweisung des Klagebegehrens nicht rechtskräftig werden, solange nicht feststeht, ob die Klageforderung zu Recht besteht und gegen sie daher mit der – nur für den Fall von deren Bestehen eingewendeten – Gegenforderung aufgerechnet werden kann (Lovrek in Fasching/Konecny3 § 504 ZPO Rz 11; Zechner in Fasching/Konecny2 § 504 ZPO Rz 11). Das gilt nicht nur bei Aufhebung des Ersturteils durch das Berufungsgericht (8 Ob 39/80 SZ 53/66; RS0040866), sondern wegen des ebenfalls bestehenden untrennbaren Sachzusammenhangs auch dann, wenn die zweite Instanz – wie hier – mit Urteil entschieden hat und der Beklagte weiterhin das Bestehen der Klageforderung bekämpft (6 Ob 630/93). Die nur auf das Bestehen einer Gegenforderung gestützte Abweisung eines Teilbegehrens wurde daher nicht rechtskräftig.
[18] 2. Der Revisionswerber hat bereits in der Berufung die (dislozierte) Feststellung des Erstgerichts als aktenwidrig gerügt, dass er letztlich eine Benützungsbewilligung für das von ihm betriebene Gebäude erhalten habe.
[19] Eine Aktenwidrigkeit hat das Berufungsgericht allerdings unter Hinweis auf den vom Beklagten selbst ins Treffen geführten Kompromiss mit der Baubehörde verneint, wonach die vorläufig unter Auflagen erteilte Benützungsbewilligung nicht zurückgenommen werde, wenn er eine Photovoltaikanlage montiere. Es hat die kritisierte Feststellung erkennbar so verstanden, dass der Beklagte über eine zumindest vorläufige – bislang nicht widerrufene – Benützungsbewilligung für das Objekt verfügt.
[20] Mit dem neuerlichen Einwand, die bekämpfte Feststellung sei inhaltlich falsch, es gebe nur Beweisergebnisse, die das Gegenteil belegen, zeigt der Beklagte auch in dritter Instanz keine Aktenwidrigkeit auf.
[21] 3. Die Klägerin hat eine Warnpflichtverletzung zu vertreten.
[22] 3.1. Misslingt das Werk infolge offenbarer Untauglichkeit des vom Besteller gegebenen Stoffs oder offenbar unrichtiger Anweisungen des Bestellers, so ist der Unternehmer gemäß § 1168a Satz 3 ABGB für den Schaden verantwortlich, wenn er den Besteller nicht gewarnt hat. Als „offenbar“ ist dabei anzusehen, was vom Unternehmer bei der von ihm vorausgesetzten Sachkenntnis erkannt werden muss (RS0022259). Abzustellen ist auf jene Kenntnis, die nach einem objektiven Maßstab (§ 1299 ABGB) den Angehörigen der betreffenden Branche gewöhnlich eigen sind (RS0022259 [T6]).
[23] 3.2. Im vorliegenden Fall hat der Beklagte (was insoweit unstrittig ist) sowohl den Fernwärmeanschluss (statt der ursprünglich geplanten Luftwärmepumpe) als auch die über das allgemeine Stromnetz angeschlossene elektrische Warmwasserbereitung vorgegeben. Diese Anweisungen waren unrichtig. Wie bereits das Berufungsgericht zutreffend aufgezeigt hat, widerspricht schon der Umstand, dass eine elektrische (nicht an die Fernwärme angeschlossene) Warmwasserbereitung installiert wurde, dem Stmk BauG, und zwar unabhängig davon, dass eine Fernwärmeversorgung für das Objekt des Beklagten nicht ganzjährig verfügbar ist. Eine Warmwasserbereitung, die in ihrer konkreten Ausgestaltung zu einer Untersagung der Benützung des Wohnhauses durch die Baubehörde führen muss, ist als ein im Sinn des § 1168a ABGB misslungenes Werk anzusehen.
[24] 3.3. Von einem Fachunternehmen für Heizungs- und Sanitärinstallationen darf die Kenntnis der einschlägigen Bauvorschriften erwartet werden. Die Klägerin hätte den Beklagten daher darauf hinweisen müssen, dass die durch „normalen“ Strom betriebenen Warmwasserboiler nicht mit § 80 Abs 6 (nunmehr § 80b Abs 2 Z 4) Stmk BauG in Einklang stehen, sondern dass diese Bestimmung für die Warmwasserbereitung neu errichteter Wohnbauten die Verwendung von Solarthermie oder anderer erneuerbarer Energieträger oder aber eine ganzjährig verfügbare Fernwärmeversorgung aus erneuerbaren Energieträgern oder hocheffizienter Kraft-Wärme-Kopplung verlangt. Da die Klägerin ihrer Informationspflicht über die für das Gewerk relevanten Bauvorschriften nicht nachgekommen ist, hat ihr das Berufungsgericht zu Recht eine Warnpflichtverletzung angelastet (vgl RS0021991 [T1]).
[25] 4. Ist das Werk misslungen, weil der Unternehmer nicht gewarnt hat, so verliert er den Anspruch auf Entgelt (6 Ob 15/14w mwN; 1 Ob 52/10v) und hat auch den weitergehenden Schaden zu ersetzen (RS0022124). Insofern ist der Besteller so zu stellen, wie er stünde, wenn der Warnpflicht entsprochen worden wäre (RS0102085 [T2]). Zu ersetzen ist daher der Vertrauensschaden, nicht aber das Erfüllungsinteresse. Kosten, die der Besteller auch bei entsprechender Warnung zu tragen gehabt hätte („Sowieso-Kosten“), sind nicht durch eine allfällige Warnpflichtverletzung verursacht und zählen daher auch nicht zu dem zu ersetzenden Vertrauensschaden (RS0102085 [T3]). Auf dieser Grundlage sind Klageforderung (Punkt 5) und Gegenforderung (Punkt 6) zu beurteilen.
[26] 5. Die Klageforderung ist noch nicht spruchreif.
[27] 5.1. Im vorliegenden Fall ist das Werk nur teilweise – in Bezug auf die Warmwasserversorgung – misslungen. Fraglich ist daher zunächst, ob die diesbezügliche Warnpflichtverletzung zum Verlust des gesamten Werklohns führt.
[28] (a) Dazu wird in der Literatur die Ansicht vertreten, dass der Werklohnanspruch nach den Regeln der Teilunmöglichkeit (§ 920 Satz 2 ABGB) nicht zur Gänze entfalle, wenn eine Teilleistung für den Besteller von Interesse ist (Klete?ka in Klete?ka/Schauer, ABGB-ON1.04 § 1168a Rz 57; Kodek in Schwimann/Kodek, ABGB5 § 1168a Rz 146). Ähnlich meinen Schopper (in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang³ zu § 1168a ABGB Rz 107) und Rebhahn/Kietaibl (in Schwimann/Kodek, ABGB4 zu § 1168a Rz 32), dass der Werkbesteller ein Teilentgelt schuldet, wenn das Restwerk für den Besteller (noch) einen Wert hat.
[29] (b) Diese Ansicht trifft zu. Nach § 920 Satz 2 ABGB ist anhand der Geschäftsnatur und dem Leistungszweck zu beurteilen, ob der Gläubiger an der teilweisen Erfüllung kein Interesse hat. Danach bestimmt sich, ob dem Gläubiger das Recht auf Totalrücktritt oder nur teilweisen Rücktritt (gegen eine entsprechend geminderte Gegenleistung) zusteht. Bei anfänglicher Teilunmöglichkeit im Sinn von § 878 Satz 1 ABGB ordnet Satz 2 leg cit im Zweifel die Restgültigkeit an, wenn sich nichts anderes aus dem Vertrag ergibt. Abzustellen ist auf den wirklichen oder hypothetischen Parteiwillen (9 ObA 153/16i). Bei Teilungültigkeit (etwa wegen Geschäftsunfähigkeit, Dissens oder Formmangel) wird die Regel des § 878 ABGB über Teilunmöglichkeit analog angewandt (RS0025085; RS0087386; Bollenberger/P. Bydlinski in KBB6 § 878 ABGB Rz 5; Riedler in Schwimann/Kodek5 § 878 ABGB Rz 12).
[30] Aus diesen Bestimmungen kann ganz allgemein abgeleitet werden, dass teilweise Vertragsmängel nicht auf den gesamten Vertrag durchschlagen, wenn sich aufgrund der Auslegung des Vertrags ein Interesse an einem Teilaustausch ergibt. Diese Wertung ist auch auf Konstellationen wie die vorliegende übertragbar: Hat der Werkbesteller an dem nicht von der Warnpflichtverletzung betroffenen Teil des Werks ein Interesse, bleibt der damit korrelierende Teil des Vertrags samt Entgeltanspruch des Werkunternehmers von den Rechtsfolgen des § 1168a ABGB unberührt.
[31] (c) Im vorliegenden Fall ist vom Gesamtgewerk unstrittig nur ein Teil misslungen. Dementsprechend bestreitet der Beklagte den Werklohnanspruch der Klägerin auch nur, soweit das Entgelt auf die elektrische Warmwasserbereitung entfällt. Auch das Berufungsgericht hat zutreffend erkannt, dass es darauf ankommt, welcher Teil des Werklohns die Warmwasseraufbereitung betrifft. Dazu wurden bislang allerdings keine Feststellungen getroffen, sodass die Höhe der von der Unbrauchbarkeit des Teilgewerks betroffenen Werklohnforderung noch nicht beziffert werden kann. Soweit das Werk nicht unbrauchbar war, besteht die Restlohnforderung – wie bereits an dieser Stelle festgehalten werden kann – jedenfalls zu Recht.
[32] 5.2. In einem zweiten Schritt stellt sich die Frage, ob der Umstand, dass der Beklagte die Warmwasserbereitung nach Errichtung der Solaranlage weiterhin nutzt, trotz der Warnpflichtverletzung zum Bestehen des diesbezüglichen Werklohnanspruchs führt.
[33] (a) In der Literatur wurde bisher nur zur Frage Stellung genommen, welche Auswirkungen eine vom Werkunternehmer vorgenommene Verbesserung eines zunächst misslungenen Werks auf den Werklohnanspruch hat.
[34] Nach Schopper (in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang³ zu § 1168a ABGB Rz 107) hätte der Verlust des Entgeltanspruchs für ein zunächst misslungenes, in der Folge aber (sei es im Wege der Gewährleistung, sei es im Wege des Schadenersatzes) verbessertes Werk eine Störung des Äquivalenzverhältnisses zwischen den Parteien zur Folge. Verbessere der Werkunternehmer das zunächst misslungene Werk, gelte das Werk als vollendet und werde der volle Werklohn fällig. Auch Kodek (in Schwimann/Kodek, ABGB5 § 1168a Rz 146) meint (wie schon Rebhahn/Kietaibl in Schwimann/Kodek, ABGB4 § 1168a Rz 32), dass der Verlust des Entgeltanspruchs nicht stets eintreten müsse: Lasse sich das Werk verbessern, könne der Besteller entweder auf Erfüllung bestehen oder nach Übernahme des Werks Verbesserung verlangen, falls dies keinen unverhältnismäßigen Aufwand erfordere. Dem schließt sich offenbar auch Karasek (ÖNORM B21103 Rz 778) an.
[35] (b) Diese Gedanken sind insoweit überzeugend, als ein auf Kosten des Werkunternehmers „verbessertes“ Werk nicht (mehr) als misslungen gelten kann. Der Entgeltanspruch des Werkunternehmers entfällt ja nicht wegen der Warnpflichtverletzung als solcher, sondern wegen der dadurch eingetretenen Unbrauchbarkeit des Werks. Die Regelung des § 1168a Satz 3 ABGB ist Teil des Gefahrtragungsystems beim Werkvertrag und weist dem Werkunternehmer den durch die Warnpflichtverletzung eingetretenen Nachteil zu. Stellt der Werkunternehmer die Brauchbarkeit – wenn auch erst nachträglich – her, ist dieser Nachteil ausgeglichen. Damit ist es nicht mehr gerechtfertigt, den Werkbesteller von der Entgeltzahlungspflicht zu befreien.
[36] (c) Diese Überlegungen lassen sich aber nicht auf den vorliegenden Fall übertragen:
[37] Auch wenn der Beklagte die Warmwasserbereitung benutzt, hat nicht die Klägerin für die Brauchbarkeit des aufgrund der Warnpflichtverletzung grundsätzlich misslungenen Teilgewerks gesorgt. Vielmehr hat der Beklagte (nach seinem Vorbringen erhebliche) Zusatzkosten zu tragen, um eine Brauchbarkeit erst herbeizuführen. Im Hinblick darauf ist bei ihm – anders als das Berufungsgericht meint – auch noch keine Bereicherung greifbar.
[38] Die auf Kosten des Werkbestellers hergestellte Brauchbarkeit kann nicht zur Fälligkeit des Werklohnanspruchs des Werkunternehmers führen, weil dieser dadurch ungerechtfertigt von dem ihm zugewiesenen Risiko des Misslingens des Werks entlastet wäre, obgleich er den Nachteil des Werkbestellers (noch) gar nicht ausgeglichen hat. Der (teilweise) Entfall des Werklohnanspruchs kann daher erst bei einem vom Werkbesteller wegen der „Verbesserungskosten“ erhobenen Schadenersatzanspruch berücksichtigt werden (siehe dazu unten Punkt 6.).
[39] Aus diesem Grund hat es hier bei dem allgemeinen Grundsatz zu bleiben, dass der Werkunternehmer seinen Entgeltanspruch für ein infolge Warnpflichtverletzung unbrauchbares (Teilge-)Werk verliert, sodass der auf die Warmwasserbereitung entfallende Werklohnanspruch der Klägerin nicht zu Recht besteht.
[40] 5.3. Das Erstgericht wird daher zunächst den auf die Warmwasseraufbereitung entfallenden Anteil des Werklohns zu ermitteln und von der Klageforderung in Abzug zu bringen haben. In einem weiteren Schritt wird es sich (erforderlichenfalls) mit der vom Beklagten erhobenen Gegenforderung auseinanderzusetzen haben.
[41] 6. Auch die Gegenforderung ist noch nicht spruchreif.
[42] 6.1. Der Beklagte macht Vertrauensschadenersatz geltend. Dazu hat er vorgebracht, dass er sich bei rechtzeitiger Warnung statt für einen Fernwärmeanschluss (bei annähernd gleichen Kosten) für die Installation der ursprünglich geplanten Luftwärmepumpe entschieden hätte. In diesem Fall wäre eine bauordnungskonforme Warmwasserbereitung möglich gewesen, sodass die Kosten für die nun notwendige Photovoltaikanlage nicht entstanden wären. Dieses Vorbringen ist an sich schlüssig.
[43] Auch hier fehlen allerdings Feststellungen. Die Klägerin hat in erster Instanz eingewandt, dass für eine Luftwärmepumpe nicht ausreichend Platz im Technikraum gewesen wäre. Der Beklagte ist dem entgegengetreten. Das Erstgericht wird daher nach Verfahrensergänzung festzustellen haben, welche Maßnahmen der Beklagte bei rechtzeitiger Warnung durch die Klägerin hätte ergreifen können und tatsächlich ergriffen hätte. In der Folge wird zu klären sein, welche Kosten ihm nur deshalb entstanden sind, weil er nicht gleich eine genehmigungsfähige Warmwasserbereitung herstellen ließ, sondern nunmehr eine Photovoltaikanlage nachtragen lassen muss.
[44] 6.2. Für die Höhe des Anspruchs sind die vom Beklagten tatsächlich aufgewendeten Kosten jenen gegenüberzustellen, die bei rechtzeitiger Warnung entstanden wären. Als tatsächliche Kosten sind einerseits der Aufwand für die von der Klägerin erbrachten Leistungen und andererseits jener für die Photovoltaikanlage anzusehen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin für die von ihr installierte Warmwasserbereitung keinen Anspruch auf Werklohn hat (oben 5.); insofern sind dem Beklagten daher keine Kosten angefallen. Welche Kosten bei rechtzeitiger Warnung entstanden wären, wird im fortgesetzten Verfahren festzustellen sein. Wären die Boiler auch bei Errichtung einer Luftwärmepumpe erforderlich gewesen, müssten dort selbstverständlich auch deren Kosten angesetzt werden.
[45] 6.3. Die Negativfeststellung, wonach nicht festgestellt werden kann, dass dem Beklagten aus der Errichtung der Photovoltaikanlage – langfristig betrachtet – ein „Schaden“ entstanden ist, steht dem Anspruch des Beklagten nicht entgegen. Ihr liegt offenbar die Überlegung der Vorinstanzen zugrunde, dass sich der Aufwand für diese Anlage früher oder später („womöglich“) durch Stromkostenersparnisse amortisieren könnte. In Wahrheit geht es daher um die Frage der Vorteilsanrechnung.
[46] Hier verweist der Revisionswerber zutreffend darauf, dass die Vorteilsanrechnung nicht von Amts wegen, sondern nur über Einwendung des Schädigers zu erfolgen hat, den für deren Voraussetzungen die Behauptungs- und Beweislast trifft (RS0036710). Die Klägerin hat weder konkrete Umstände behauptet, die einen Vorteilsausgleich rechtfertigen, noch stehen solche fest. Die getroffene Negativfeststellung schlägt grundsätzlich zu Lasten der behauptungs- und beweispflichtigen Klägerin aus. Dieser rechtliche Gesichtspunkt wurde von den Parteien aber bislang erkennbar übersehen und wird daher im fortgesetzten Verfahren noch zu erörtern sein (RS0037300).
[47] 7. Da somit Feststellungen fehlen, die eine abschließende Beurteilung sowohl der Klageforderung als auch der eingewandten Gegenforderung erlauben, ist der Revision Folge zu geben und die Rechtssache an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückzuverweisen.
[48] 8. Die diese Entscheidung tragenden Erwägungen können wie folgt zusammengefasst werden:
Führt eine Warnpflichtverletzung nur zur teilweisen Unbrauchbarkeit eines Werks, so entfällt der Werklohnanspruch nur soweit, als er sich auf den unbrauchbaren Teil bezieht.
Führt die Verletzung einer Warnpflicht zur Unbrauchbarkeit des Werks, entfällt der Werklohnanspruch auch dann, wenn der Werkbesteller nachträglich auf eigene Kosten die Brauchbarkeit herbeiführt.
[49] 9. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.
Textnummer
E136778European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2022:0010OB00164.22G.1122.000Im RIS seit
20.12.2022Zuletzt aktualisiert am
20.12.2022