Entscheidungsdatum
03.10.2022Index
90/02 KraftfahrgesetzNorm
KFG 1967 §103 Abs3Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Mag. Dr. Holzer über die Beschwerde des Herrn Dr. A. B. gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien, Polizeikommissariat C., vom 20.06.2022, Zl. VStV/…/2022, betreffend
1. Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960) vom 06.04.2022
2. Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967 (KFG 1967) vom 30.04.2022
zu Recht e r k a n n t:
I. Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde zu Spruchpunkt 1 als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis zu diesem Spruchpunkt bestätigt.
II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer zu diesem Spruchpunkt einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von EUR 15,20 (das sind 20% der verhängten Geldstrafe) zu leisten.
III. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde zu Spruchpunkt 2 des angefochtenen Straferkenntnisses insoweit Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe von EUR 150,- auf EUR 75,- und die Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag und 6 Stunden auf 10 Stunden reduziert werden.
Dementsprechend wird der Beitrag zu den Kosten des Verfahrens von der Verwaltungsbehörde zu diesem Spruchpunkt auf EUR 10,-, das ist der gesetzliche Mindestkostenbeitrag, reduziert.
IV. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer zu diesem Spruchpunkt keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.
V. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang:
Mit Privatanzeige vom 06.04.2022 wurde der belangten Behörde zur Kenntnis gebracht, dass am 06.04.2022 um 17:18 ein Fahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen W-1 (A) entgegen dem an der Örtlichkeit D.-Platz 1, Wien, verordneten und kundgemachten Fahrverbot (ausgenommen Müllabfuhr, Einsatzfahrzeuge und Winterdienst) in den Hofbereich eingefahren ist.
In der Folge erging eine mit 12.04.2022 datierende Lenkererhebung an den Beschwerdeführer als Zulassungsbesitzer, welche diesem am 15.04.2022 durch persönliche Übernahme zugestellt wurde, wer am 06.04.2022 das Fahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen W-1 (A) an der Örtlichkeit D.-Platz 1, Wien, verwendet hat.
Im Weiteren erging mit 27.05.2022 eine Aufforderung zur Rechtfertigung an den Beschwerdeführer, welche unbeantwortet blieb, und ein mit 20.06.2022 datierendes Straferkenntnis mit dem der Beschwerdeführer wegen Übertretungen nach 1) § 52 lit. a Z 1 StVO und 2) § 103 Abs. 2 KFG zu 1) einer Geldstrafe von EUR 76,- bzw. im Falle der Uneinbringlichkeit einer Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag und 11 Stunden und 2) zu einer Geldstrafe von EUR 150,- bzw. im Falle der Uneinbringlichkeit zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag und 6 Stunden verpflichtet wurde. Dieses wurde dem Beschwerdeführer durch Hinterlegung zustellt und mit 27.06.2022 erstmals zu Abholung bereitgehalten und mit 06.07.2022 behoben. Mit 07.07.2022, sohin fristgerecht, erhob der Beschwerdeführer gegen dieses Straferkenntnis Beschwerde und brachte in dieser vor, am 06.04.2022 als Mediator der Hausverwaltung an der obgenannten Örtlichkeit im Einsatz gewesen zu sein und keine andere Möglichkeit gehabt zu haben einen Parkplatz zu finden. Weiters, dass er ab 09.04.2022 an COVID-19 erkrankt gewesen sei und er daher die Lenkererhebung nicht fristgerecht habe erstatten können. Der Beschwerdeführer schloss dieser Beschwerde einen vom 11.04.2022 datierenden Bescheid des Magistrats der Stadt Wien über eine Absonderung aufgrund von COVID-19 von 10.04.2022 bis 19.04.2022 sowie eine Bestätigung über die Arbeitsunfähigkeit, wobei bei dieser nur der 24.06.2022 als Enddatum und kein Beginn sowie kein näherer Grund der Arbeitsunfähigkeit genannt werden und diese vom 27.06.2022 datiert, an.
Die belangte Behörde traf keine Beschwerdevorentscheidung und legte den Akt dem Verwaltungsgericht Wien zur Entscheidung vor. Dieses hielt am 29.09.2022 eine mündliche Verhandlung ab in deren Rahmen der Beschwerdeführer und der Zeuge E. einvernommen wurden.
II. Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer befuhr am 06.04.2022 um 17:18 Uhr die Örtlichkeit D.-Platz 1 über die Ziedlergasse. An dieser Örtlichkeit wurde ein Fahrverbot im Sinne des § 52 lit. a Z 1 StVO 1960 rechtswirksam verordnet und durch das entsprechende Vorschriftszeichen kundgemacht. Zu diesem Vorschriftszeichen besteht eine Ausnahme für Fahrzeuge der Müllabfuhr, des Winterdienstes und Einsatzfahrzeuge. Dem Beschwerdeführer wurde am 15.04.2022 durch persönliche Übernahme eine vom 12.04.2022 datierende Lenkererhebung zugestellt, wobei der Beschwerdeführer diese nicht innerhalb der zweiwöchigen Frist beantwortet.
III. Beweiswürdigung:
Die obgenannten Feststellungen ergeben sich zum einen aus dem unbedenklichen Inhalt des Verwaltungsaktes sowie auch den Aussagen des Beschwerdeführers und des Zeugen E. im Rahmen der Verhandlung am 29.09.2022 sowie auch der vom Zeugen E. im Rahmen der Verhandlung am 29.09.2022 vorgelegten Fotodokumentation.
IV. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 52 lit. a Z 1 StVO ist im Geltungsbereich des Vorschriftszeichens „Fahrverbot“ das Fahren in beide Richtungen verboten. Von diesem Vorschriftszeichen können nun in der Folge bestimmte Ausnahmen bestehen, wobei diese eng auszulegen sind (VwGH 13.12.1991, 91/18/0231). Im gegenständlichen Fall besteht die Ausnahmebestimmung an der obgenannten Örtlichkeit nur für Fahrzeuge der Müllabfuhr, des Winterdienstes und Einsatzfahrzeuge. Der Beschwerdeführer als ein im Auftrag der Hausverwaltung tätiger externer Konsulent fällt dabei unter keine dieser Ausnahmen, weshalb durch sein Einfahren an dieser Örtlichkeit der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung verwirklicht wurde.
Gemäß § 103 Abs. 2 KFG kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskunft ist dabei vom Zulassungsbesitzer zu erteilen. Benennt der Zulassungsbesitzer in der Folge eine Person, welche die Auskunft zu erteilen vermag, so hat diese die Auskunft zu erstatten (Vgl. Grundtner/Pürstl, KFG10 [2016] § 103 Anm. 22). Die Auskunft ist dabei stets vollständig und wahrheitsgemäß zu erstatten (Vgl. auch VwGH 12.10.1970, 159/70; VwGH 23.12.1989, 87/18/0117).
Im gegenständlichen Fall wurde dem Beschwerdeführer die Lenkererhebung der belangten Behörde am 15.04.2022 durch persönliche Übernahme zugestellt, jedoch innerhalb der zweiwöchigen Frist keine entsprechende Auskunft erteilt oder eine Person benannt, die diese erteilen könnte. Der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung wurde sohin erfüllt. Hieran vermag auch der Hinweis des Beschwerdeführers auf eine etwaige Erkrankung nichts zu ändern (Vgl. VwGH 27.02.1992, 92/02/0075). Dies umso mehr vor dem Hintergrund, als sich rein aus dem Absonderungsbescheid vom 11.04.2022 noch keine nähere Konkretisierung des Krankheitsbildes des Beschwerdeführers ergibt und die Frist des § 103 Abs. 2 darüber hinaus noch 10 Tage nach Ende der behördlichen Absonderung lief. Gleiches gilt dabei für die Meldung der Arbeitsunfähigkeit, da diese nur ein Enddatum, aber keinen Beginn aufweist und sich aus dieser nicht der Grund der Arbeitsunfähigkeit ergibt. Obiter dicta sei darauf hingewiesen, dass das eigentliche Instrument im Falle einer die Handlungsfähigkeit völlig einschränkenden Erkrankung die Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand für die Frist des § 103 Abs. 2 KFG gewesen wäre (Vgl. VwGH 12.02.2020, Ra 2020/11/0005).
Gegenständlich liegen Ungehorsamsdelikte im Sinne des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG vor (Vgl. VwGH 28.03.2006, 2002/03/0264), sodass zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
Im vorliegenden Fall ist dem Beschwerdeführer eine solche Glaubhaftmachung eines mangelnden Verschuldens nicht gelungen. Vielmehr ergibt sich aus dem gesamten Beschwerdevorbringen, dass der Beschwerdeführer jene Sorgfalt außer Acht gelassen hat, zu der er nach dem Kraftfahrgesetz und der StVO verpflichtet war, sodass dem Beschwerdeführer auch in subjektiver Hinsicht die ihm angelasteten Verwaltungsübertretungen vorzuwerfen sind.
Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Beschwerdeführer nach seinen persönlichen Verhältnissen im verfahrensgegenständlichen Zeitpunkt nicht fähig gewesen wäre, die objektiv gebotene Sorgfalt einzuhalten und war somit auch vom Vorliegen der subjektiven Tatseite auszugehen.
Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsguts und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Die Milderungs- und Erschwerungsgründe sind im Verwaltungsstrafgesetz nicht taxativ aufgezählt. Auch die Dauer eines strafbaren Verhaltens kann im Rahmen der Strafbemessung maßgebend sein (VwGH 12.12.1995, 94/09/0197). Bei der Strafbemessung kommt es gemäß § 19 Abs. 2 letzter Satz VStG – unter anderem – auf die Einkommensverhältnisse im Zeitpunkt der Erlassung der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht an. Die Strafbemessung setzt entsprechende Erhebungen dieser Umstände durch das Verwaltungsgericht voraus, wobei allerdings in der Regel mit den Angaben des Beschuldigen das Auslangen zu finden sein wird (vgl. zur Rechtslage vor der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 VwGH 22.12.2008, 2004/03/0029 mwN).
Im Beschwerdefall ist zu Spruchpunkt 1 gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO ein Strafrahmen bis zu EUR 726,- bzw. im Falle der Uneinbringlichkeit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu zwei Wochen und zu Spruchpunkt 2 gemäß § 134 Abs. 1 KFG ein Strafrahmen von bis zu EUR 10.000,- bzw. im Falle der Uneinbringlichkeit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen heranzuziehen. Beim Beschwerdeführer sind unterdurchschnittliche Einkommens- und Vermögensverhältnisse anzunehmen. Mildernd zu werten war, dass beim Beschwerdeführer aufgrund seiner Erkrankung erschwerende körperliche Umstände vorlagen. Der Beschwerdeführer weist mehrere verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen auf, davon eine einschlägige, und das Verschulden ist im Beschwerdefall als durchschnittlich anzusehen, da es dem Beschwerdeführer möglich und zumutbar gewesen wäre sich in Übereinstimmung mit den Bestimmungen der StVO und des KFG zu verhalten. Durch das Verhalten des Beschwerdeführers wurde das öffentliche Interesse an der Sicherheit des Verkehrs durch rasche Feststellung, welche Personen Verwaltungsübertretungen beim Lenken eines KFZ begangen haben in durchschnittlichem Maße geschädigt ebenso das öffentliche Interesse an der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs. Der objektive Unrechtsgehalt der Tat kann daher als nicht geringfügig erachtet werden.
Vor dem Hintergrund dieser Strafzumessungsgründe und des anzuwendenden Strafrahmens erweist sich die im angefochtenen Straferkenntnis verhängte Geldstrafe hinsichtlich Spruchpunkt 1 als schuld- und tatangemessen und es war der Beschwerde daher auch in diesem Punkt keine Folge zu geben; hinsichtlich Spruchpunkt 2 war die verhängte Geldstrafe auf ein schuld- und tatangemessenes Maß herabzusetzen.
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Fahrverbot; Ausnahme; Zulassungsbesitzer; Auskunft; LenkererhebungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2022:VGW.031.049.8808.2022Zuletzt aktualisiert am
16.12.2022