TE Vwgh Erkenntnis 1996/1/25 95/07/0061

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Veröffentlicht am 25.01.1996
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §58 Abs2;
WRG 1959 §100 Abs1 lite idF 1990/252;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bachler, über die Beschwerde der W Gesellschaft m.b.H. in S, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 13. Jänner 1995, Zl. 411.005/01-I 4/95, betreffend Widerstreit (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde J, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Kraftwerk J. der mitbeteiligen Partei (mP) im Vergleich zu den Kraftwerken M. (Ing. P.) und Kraftwerk J., Ausbaustufe II, der Beschwerdeführerin gemäß den §§ 17, 109 und "100 Abs. e" (gemeint wohl: § 100 Abs. 1 lit. e) WRG 1959 der Vorzug gegeben. In der Begründung führte die belangte Behörde unter anderem aus, daß sich die eingereichten Projekte der mP (Projekt J.), der Beschwerdeführerin (Projekt W.) und des Ing. P. (Projekt P.) "zweifellos" widerstreiten. Insbesondere bei den Projekten P. und J. sei ein "wesentlicher Einfluß auf die Grundwasserstände bzw. die Notwendigkeit von technischen Maßnahmen" gegeben. Da die Stauziele und die Standorte nahezu ident seien, seien auch die erforderlichen Gegenmaßnahmen und die Auswirkungen gleichartig. Das Projekt der Beschwerdeführerin sei im Vergleich zu den beiden anderen Projekten von der belangten Behörde als "weniger geeignet" zu beurteilen. Aufgrund weiterer, im angefochtenen Bescheid näher gegenübergestellter Abwägungen sei dem Projekt J. der mP "als dem besser geeigneten" der Vorzug zu geben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in dem Recht auf ein "Verfahren vor dem gesetzlichen Richter" durch Verletzung der Zuständigkeitsbestimmungen der §§ 99 und 100 WRG 1959 in der Fassung der WRG-Novelle 1990, BGBl. Nr. 252, verletzt, weil zur Entscheidung dieses Widerstreites nicht der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, sondern der Landeshauptmann von Burgenland zuständig gewesen wäre. Ferner rügt die Beschwerdeführerin einen ihrer Ansicht nach relevanten Verfahrensmangel, weil die belangte Behörde Erhebungen über das Vorliegen der die Zuständigkeit nach § 100 Abs. 1 lit. e WRG 1959 begründenden Tatbestandselemente unterlassen und dadurch die in Anspruch genommene Zuständigkeit auch nicht in einer schlüssigen und nachvollziehbaren Weise begründet habe.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 100 Abs. 1 lit. e WRG 1959 in der Fassung der WRG-Novelle 1990, BGBl. Nr. 252, ist der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft mit Ausnahme der Gewässeraufsicht in erster Instanz für Maßnahmen mit erheblichen Auswirkungen auf Gewässer anderer Staaten zuständig. Aufgrund der Neutextierung dieser Zuständigkeitsbestimmung für die belangte Behörde wäre es an dieser gelegen gewesen, in der Begründung des angefochtenen Bescheides näher darzulegen, weshalb eine "erhebliche Auswirkung auf Gewässer anderer Staaten" vorliegt. Abgesehen von der allgemein gehaltenen Behauptung eines "wesentlichen Einflusses auf die Grundwasserstände" und "erforderliche Gegenmaßnahmen" läßt sich der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht entnehmen, daß tatsächlich erhebliche Auswirkungen insbesondere auf ungarische Gewässer bei Projektsverwirklichung zu erwarten gewesen wären. Selbst wenn die projektierten Kraftwerke innerhalb des Bereiches von sechs km Entfernung der Raab von der Staatsgrenze zu Ungarn liegen sollten, wofür gleichfalls keine Feststellungen in der Begründung des angefochtenen Bescheides enthalten sind, und sich daher das Projekt auf ein Grenzgewässer im Sinne des Art. 1 Z. 1 lit. b des Vertrages der Republik Österreich mit der "Ungarischen Volksrepublik" über die Regelung der wasserwirtschaftlichen Fragen im Grenzgebiet, BGBl. Nr. 225/1959, beziehen würde, wäre daraus noch nichts für die Zuständigkeit der belangten Behörde gewonnen, fehlt es doch an einer fachkundig belegten Begründung der "Erheblichkeit" im Sinne des § 100 Abs. 1 lit e WRG 1959 in der o.a. Fassung. Sofern eine derartige Erheblichkeit nicht vorliegen sollte, wäre die allgemeine Zuständigkeit des Landeshauptmannes im Bereich von Grenzgewässern gemäß § 99 Abs. 1 lit. a WRG 1959 zu beachten.

Da mangels entsprechender Begründung nicht feststellbar ist, ob die belangte Behörde ihre Zuständigkeit zu Recht im Sinne des § 100 Abs. 1 lit. e WRG 1959 in Anspruch genommen hat, hat die Beschwerdeführerin die Wesentlichkeit dieses Verfahrensmangels aufgezeigt. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VWGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil im pauschalierten Schriftsatzaufwand die Umsatzsteuer bereits enthalten ist.

Schlagworte

Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel Beweismittel Sachverständigenbeweis Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweismittel Sachverständigenbeweis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995070061.X00

Im RIS seit

12.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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