TE Vwgh Beschluss 2022/11/23 Ra 2022/02/0210

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Veröffentlicht am 23.11.2022
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Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Dr. Köller als Richter und die Hofrätinnen Mag. Dr. Maurer-Kober und Mag. Schindler als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schörner, über die Revision der M in W, vertreten durch Dr. Michael Vallender, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Paulanergasse 10, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 9. August 2022, VGW-107/032/3644/2022-13, betreffend Verbot der Haltung und des Umganges mit Tieren nach dem Wiener Tierhaltegesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Wien), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit Bescheid der Landespolizeidirektion Wien vom 17. Februar 2022 wurde der Revisionswerberin gemäß § 4 Abs. 3 Wiener Tierhaltegesetz die Haltung und der Umgang mit Hunden in Wien verboten.

2        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht Wien (Verwaltungsgericht) die von der Revisionswerberin dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet ab. Die ordentliche Revision erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.

3        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

4        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

5        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

6        In der vorliegenden außerordentlichen Revision wird zur Frage der Zulässigkeit vorgebracht, es liege ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren vor, weil sich das Verwaltungsgericht nicht mit den Gründen auseinandergesetzt habe, weshalb es zu den Vorfällen gekommen sei und inwiefern die Revisionswerberin Anstrengungen getätigt und an dem Gehorsam des Hundes gearbeitet habe. In der Verhandlung habe es sich ergeben, dass die Revisionswerberin eine erfahrene Hundehalterin sei, ihren Hund gut einschätze und nicht überfordert sei. Das Verwaltungsgericht habe darüber hinaus außer Acht gelassen, dass der Hund aufgrund der in der Vergangenheit erlittenen Misshandlungen traumatisiert sei und Fortschritte daher nicht so rasch erzielt werden könnten.

Gemäß § 4 Abs. 3 Wiener Tierhaltegesetz kann die Behörde Personen, die als nicht vertrauenswürdig gelten, die Haltung von und den Umgang mit Tieren verbieten, wobei Abs. 1 letzter Satz sinngemäß anzuwenden ist. Die Frage der Vertrauenswürdigkeit ist von der Behörde im Einzelfall zu beurteilen, wobei Vertrauenswürdigkeit jedenfalls nicht gegeben ist bei einer Übertretung von Bestimmungen des Wiener Tierhaltegesetzes, insbesondere des Maulkorb- oder Leinengebots nach § 5, sofern dadurch Menschen oder Tiere schwer wiegend verletzt wurden.

7        Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Frage, ob eine Vertrauenswürdigkeit im Sinn des § 4 Abs. 3 Wiener Tierhaltegesetz zu verneinen ist, nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls zu beurteilen und vermag daher regelmäßig - von einer im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifenden krassen Fehlbeurteilung abgesehen - keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu begründen (vgl. VwGH 9.3.2020, Ra 2020/02/0027).

8        Das Verwaltungsgericht traf entgegen dem Vorbringen der Revisionswerberin umfangreiche Feststellungen insbesondere zu näher dokumentierten Vorfällen mit dem Hund der Revisionswerberin der Rasse Chow-Chow seit dem Jahr 2020. Bei diesen Vorfällen habe der Hund der Revisionswerberin jeweils keinen Maulkorb getragen und sei nicht oder nur lose angeleint gewesen. In drei Fällen sei es zu Verletzungen von Menschen gekommen, bei einem Vorfall sei ein anderer Hund verletzt worden. Mit rechtskräftigem Bescheid vom 26. Juni 2020 sei gegenüber der Revisionswerberin ausgesprochen worden, dass ihr Hund ein bissiger Hund im Sinn des § 5 Abs. 3 Wiener Tierhaltegesetz sei und es sei ihr - unter anderem - aufgetragen worden, binnen vier Monaten den Hundeführerschein zu absolvieren. Diesen habe sie bislang noch nicht absolviert. Eine Prüfung im Jänner 2022 habe die Revisionswerberin abgebrochen, eine zweite Prüfung habe sie nicht bestanden. Seit ihrem letzten negativen Antritt im März 2022 habe die Revisionswerberin keine Trainerstunden oder ähnliche auf die Absolvierung der Hundeführerscheinprüfung gerichtete Ausbildungsschritte in Anspruch genommen. Weiters stellte das Verwaltungsgericht fest, dass die Revisionswerberin beim Betreten öffentlicher Orte ihren Hund nicht durchgängig einen Maulkorb anlege; oft lasse sich ihr Hund den Maulkorb nicht von der Revisionswerberin anlegen. Die Revisionswerberin sei seit 2018 insgesamt vier Mal wegen Übertretungen des Wiener Tierhaltegesetzes rechtskräftig verurteilt worden.

9        Ausgehend davon kam das Verwaltungsgericht in rechtlicher Hinsicht zum Ergebnis, dass neben dem in der Vergangenheit anzulastenden Fehlverhalten der Revisionswerberin und der noch immer fehlenden Absolvierung des Hundeführerscheins ihre fehlende Einsichtsfähigkeit über ihr bisheriges Fehlverhalten und ihr nach wie vor sorgloser Umgang mit den Bestimmungen des Wiener Tierhaltegesetzes zu berücksichtigen seien. Noch immer werde die Maulkorbpflicht von der Revisionswerberin nicht eingehalten und die Absolvierung des Hundeführerscheins sei nur vage für die Zukunft in Aussicht gestellt. In der Gesamtschau sei das bisherige und zukünftig zu erwartende Verhalten der Revisionswerberin von solchen Versäumnissen geprägt, die die notwendige Vertrauenswürdigkeit im Sinn des § 4 Abs. 3 Wiener Tierhaltegesetz nicht erkennen ließen. Das Verbot sei unbefristet auszusprechen gewesen, weil die Revisionswerberin auch durch bereits in der Vergangenheit angewendete gelindere Mittel zur Abwendung des Tierhalteverbots nicht zu einem rechtskonformen Verhalten zu bewegen gewesen sei. Es sei nicht anzunehmen, dass mit gelinderen Mitteln als einem zeitlich unbeschränkten Hundehalteverbot verlässlich verhindert werden könne, dass es zu keinen weiteren Zwischenfällen komme, bei denen Menschen gefährdet würden.

10       Das Ergebnis dieser einzelfallbezogenen Beurteilung ist im vorliegenden Fall angesichts der vom Verwaltungsgericht getroffenen, im Wesentlichen unbestrittenen Feststellungen jedenfalls nicht als unvertretbar anzusehen.

11       Soweit die Revisionswerberin Verfahrensmängel geltend macht, ist darauf hinzuweisen, dass die Zulässigkeit der Revision im Zusammenhang mit einem eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufwerfenden Verfahrensmangel voraussetzt, dass die Revision von der Lösung dieser geltend gemachten Rechtsfrage abhängt. Davon kann bei einem Verfahrensmangel aber nur dann ausgegangen werden, wenn auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird, das heißt, dass im Falle der Durchführung eines mängelfreien Verfahrens abstrakt die Möglichkeit bestehen muss, zu einer anderen - für die revisionswerbende Partei günstigeren - Sachverhaltsgrundlage zu gelangen (vgl. VwGH 20.4.2020, Ra 2020/02/0053, mwN). Eine diesen Anforderungen entsprechende Relevanzdarlegung lässt die Revision vermissen.

12       In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 23. November 2022

Schlagworte

Auswertung in Arbeit!

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022020210.L00

Im RIS seit

16.12.2022

Zuletzt aktualisiert am

16.12.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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