TE Vwgh Erkenntnis 1996/1/25 94/06/0087

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.01.1996
beobachten
merken

Index

L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Steiermark;
L82000 Bauordnung;
L82006 Bauordnung Steiermark;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

BauO Stmk 1968 §62 Abs1;
BauRallg;
VwGG §27;
VwGG §55 Abs1;
VwGG §55 Abs2;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 94/06/0088

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Müller, Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. König, über die Beschwerden des Rudolf und der Eva T in S, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in E, gegen den Gemeinderat der Gemeinde Hollenegg, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Bausache, zu Recht erkannt:

Spruch

Gemäß § 42 Abs. 4 VwGG sowie in Anwendung des § 119 Abs. 2 des Steiermärkischen Baugesetzes, LGBl. Nr. 59/1995 iVm § 62 Abs. 1 der Steiermärkischen Bauordnung 1968, LGBl. Nr. 149 in der Fassung der Kundmachung LGBl. Nr. 54/1992, wird der Berufung der Beschwerdeführer gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Hollenegg vom 10. Jänner 1992, Zl. 153/I-IV-1991, FOLGE GEGEBEN und der erstinstanzliche Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG dahin abgeändert, daß das Ansuchen der N KG in A vom 10. Juli 1991 um Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung eines Unterstandes für einspurige Fahrzeuge, eines Waschplatzes mit Hochdruckreinigerraum sowie einer Zelthalle für die vorübergehende Lagerung von Handelsprodukten und fertigen und halbfertigen Erzeugnissen auf den Baugrundstücken Nr. n1, n2, n3 und n4 der Katastralgemeinde R ABGEWIESEN wird.

Die Gemeinde Hollenegg hat den Beschwerdeführern Aufwendungen von insgesamt S 13.220,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren der Beschwerdeführer wird abgewiesen.

Begründung

Mit Eingabe vom 10. Juli 1991 beantragte die N KG die Erteilung einer Baubewilligung zur Errichtung eines Unterstandes für einspurige Fahrzeuge, eines Waschplatzes mit Hochdruckreinigerraum, einer Zelthalle sowie einer Lärmschutzwand entlang der Anrainergrenzen auf den im Spruch genannten Grundstücken. In der über dieses Ansuchen durchgeführten mündlichen Verhandlung vom 25. September 1991 zog die Bauwerberin den Antrag auf Errichtung einer Lärmschutzwand zurück. Nach dem Vortrag des bautechnischen Sachverständigengutachtens erhoben die Beschwerdeführer gegen die Baubewilligung Einwendungen: Die Zelthalle stehe zu nahe an der Grundstücksgrenze und durch das Zeltdach würden sehr viele Niederschlagswässer anfallen. Die zur Zeit vorhandenen Halbschalen zur Niederschlagswasserableitung seien zu klein, wodurch Niederschlagswässer auf den Grund der Beschwerdeführer gelangen würden. Die künstliche Böschungsbefestigung durch Bruchsteine weise schon Sprünge entlang der Grundgrenze auf. Diese Sprünge seien durch die Unterspülung mit den Oberflächenwässern entstanden. Weiters rutsche der Schnee vom Zeltdach auf das Grundstück der Beschwerdeführer. Die in der Zelthalle abgestellten Geräte seien mit Motoröl und Getriebeöl gefüllt. Der Hallenboden neige sich in Richtung der Grundgrenze der Beschwerdeführer und es bestehe auch die Gefahr, daß ausfließendes Öl auf den Grund der Beschwerdeführer gelange. Wegen des notwendigen Blitzschutzes müsse ein Sachverständiger beigezogen werden. An der Böschungsoberkante werde ein Abrollschutz von mindestens 1 m Höhe und 30 cm Dicke aus Vollbeton verlangt, damit abgestellte Fahrzeuge und LKWs, welche beladen würden, nicht auf den Grund der Beschwerdeführer abrollen könnten. Überdies verlangten die Beschwerdeführer, daß die in einem Verfahren bereits 1985 vorgeschriebenen Auflagen erfüllt würden. Betreffend des Waschplatzes befürchteten die Beschwerdeführer eine Beeinträchtigung durch Lärm, der beim Waschen der Kraftfahrzeuge entstehe.

Mit Bescheid vom 10. Jänner 1992 erteilte der Bürgermeister der Gemeinde Hollenegg der N KG unter zahlreichen Auflagen die beantragte Baubewilligung und wies die Einwendungen der Beschwerdeführer teils als unzulässig zurück, teils als unbegründet ab. Zu den Einwendungen der Beschwerdeführer, daß die Zelthalle zu nah an ihrer Grundgrenze stehe und die Ableitung von Niederschlagswässern und Schnee auf ihr Grundstück befürchtet würde, begründete die Behörde die Zurückweisung dieser Einwendungen damit, daß sie sich nicht auf subjektiv-öffentliche Rechte gründeten, zu deren Wahrnehmung ein Nachbar gemäß § 61 Abs. 2 der Steiermärkischen Bauordnung legitimiert sei. Darüber hinaus habe die Baubehörde auch im öffentlichen Interesse und auch im Interesse der Nachbarn für eine entsprechende Ableitung der Niederschlagswässer und von Schnee in der Weise zu sorgen, daß diese Niederschläge nicht auf die Grundstücke der Beschwerdeführer gelangten. Auch die Einwendungen betreffend den Abrollschutz gründeten sich nicht auf subjektiv-öffentliche Rechte der Beschwerdeführer, sondern seien aus dem Titel des Gewässerschutzes von Amts wegen wahrzunehmen. Auch Fragen des Blitzschutzes würden nicht unter die von den Nachbarn mit Erfolg zu wahrenden subjektiven öffentlichen Rechte fallen. Bezüglich der behaupteten Lärmbelästigung hätten die Beschwerdeführer "zweifelsohne Parteistellung". Auf Grund der schlüssigen Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, insbesondere des Befundes und der Begutachtung durch die Amtssachverständigen ergebe sich, daß die zu erwartende Lärmbelästigung im Hinblick auf die Entfernung des Waschplatzes zum Wohnhaus der Beschwerdeführer von ca. 43 m das Richtmaß der "ÖAL-Richtlinien Nr. 3" keinesfalls übersteige und nach den Kategorien des Flächenwidmungpslanes und der Ausweisung der Baugrundstücke im besonderen unter Berücksichtigung des Entfalles des Zweischichtbetriebes nicht so gelagert sei, daß die Behörde Anlaß zu einer Verfügung größerer Abstände habe. Die von den Anlagen ausgehenden Immissionen durch Lärm würden zu keiner das ortsübliche Ausmaß übersteigenden Belästigung oder Gefährdung, die nach den Kategorien der Ausweisung im Flächenwidmungsplan unzulässig wären, führen.

Die Beschwerdeführer erhoben Berufung, in der sie im wesentlichen ihre Einwendungen, darunter auch jene der Ableitung von Niederschlagswässern und Schnee auf ihr Grundstück, aufrechterhielten und sich gegen die Rechtsauffassung der Behörde erster Instanz wendeten.

Mit Bescheid vom 17. Dezember 1992 hat der Gemeinderat der Gemeinde Hollenegg den Berufungen der Beschwerdeführer (und anderer Anrainer) keine Folge gegeben und den erstinstanzlichen Bescheid bestätigt.

Gegen diesen Bescheid erhoben (unter anderem) die Beschwerdeführer Vorstellung. Diese Vorstellung wurde zunächst mit Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 13. Juli 1993 als verspätet zurückgewiesen. Mit einem weiteren Bescheid vom 26. September 1993 hat die Steiermärkische Landesregierung gemäß § 69 Abs. 3 in Verbindung mit § 69 Abs. 1 lit. b (richtig: Z. 2) AVG die Wiederaufnahme dieses mit dem Zurückweisungsbescheid vom 13. Juli 1993 abgeschlossenen Vorstellungsverfahrens betreffend die Beschwerdeführer von Amts wegen verfügt, der Vorstellung der Beschwerdeführer Folge gegeben, den Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde Hollenegg vom 17. Dezember 1992 wegen Verletzung von Rechten der Beschwerdeführer behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde verwiesen. Nach einer Darstellung des Verfahrensganges und einer näheren Begründung des die Wiederaufnahme verfügenden Spruchpunktes I führte die Vorstellungsbehörde in der Begründung ihres Bescheides u.a. folgendes aus:

"Im ersten Beschwerdepunkt wird bemängelt, daß sich das im erstinstanzlichen Verfahren eingeholte Schallgutachten lediglich auf den lärmarmen Zeitraum von 20.45 Uhr bis 22.40 Uhr beziehe. Die Behörde hätte im Sinne der erhobenen Einwendung ein umfassendes Gutachten mit Lärmmessungen zu verschiedenen Tages- und Nachtzeiten einholen müssen. Hiezu ist auszuführen, daß Gegenstand des im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Schallgutachtens der durch die Zu- und Abfahrt der Arbeitnehmer des Konsenswerbers entstehende Lärm vom Parkplatz (unter anderem auf Grundstück Nr. n1) war. Die Einwendungen der Vorstellungswerber hinsichtlich einer Lärmbeeinträchtigung richten sich jedoch gegen den Betrieb des Waschplatzes mit Hochdruckreinigerraum. Dieser Waschplatz befindet sich auf dem Grundstück Nr. n4/1. Mangels Identität des Prüfungsgegenstandes kann das vorliegende Gutachten keine Grundlage zur Abweisung der erhobenen Einwendungen bilden.

Die Stellungnahme des bautechnischen Amtsachverständigen zu den Einwendungen der Vorstellungswerber, wonach eine das Richtmaß der ÖAL-Richtlinien Nr. 3 übersteigende Lärmbeeinträchtigung in der Nachbarschaft - den ordnungsgemäßen Betrieb der Waschanlage vorausgesetzt - nicht zu erwarten ist, zumal das Wohnhaus der Vorstellungswerber laut Messung im Lageplan rund 50 m entfernt ist, ist nicht geeignet, die Einwendungen der Vorstellungswerber zu entkräften. Es kommt ihr somit nicht die Qualifikation eines Sachverständigengutachtens zu.

...

Schließlich sei hiezu noch ausgeführt, daß der gesamte Nachbargrund - nicht nur ein Gebäude - vor Immissionen zu schützen ist (VwGH 15.10.1991, 06/0401/80).

...

Als vierten Beschwerdepunkt haben die Vorstellungswerber vorgebracht, daß die vom Bauwerber vorgelegten Halbrohre für die Ableitung des Niederschlages vom Zelt zu gering dimensioniert sind und Niederschlagswässer in großen Mengen auf die Liegenschaft der Vorstellungswerber gelangt, sodaß im Bereich der Grundstücksgrenze bereits eine Versumpfung der Liegenschaft eingetreten sei. Im angefochtenen Bescheid wurde von der belangten Behörde hiezu ausgeführt, daß es sich bei diesem Vorbringen um kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht handelt, weshalb das Vorbringen unzulässig sei.

Hiezu ist zu bemerken, daß es richtig ist, daß § 1 Abs. 2 der Steiermärkischen Bauordnung, welche Bestimmung unter anderem die Sicherheit einer einwandfreien, ausreichenden Abwasserbeseitigung vorschreibt, kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht begründet. Die Vorstellungswerber wenden sich jedoch nicht gegen die Ausgestaltung der Abwasserbeseitigung im gesamten, sondern lediglich dagegen, daß durch die vorgesehene Art der Abwasserbeseitigung Immissionenn, nämlich Durchfeuchtungen, auf ihr Grundstück gelangen, welche offenbar das ortsübliche Ausmaß übersteigen und sprechen somit ein ihnen grundsätzlich zustehendes subjektiv-öffentliches Nachbarrecht (§ 61 Abs. 2 lit. k der Steiermärkischen Bauordnung) an.

Die Baubehörde hat nun zur Hintanhaltung derartiger Immissionen folgende Auflage erteilt: "Niederschlagswässer sind wie im Befund beschrieben abzuleiten, wobei dafür Sorge zu tragen ist, daß Niederschlagswässer nicht auf Nachbargrund gelangen können (Vorlage eines entsprechenden Ableitungsplanes)". Nach der Rechtsprechung müssen Auflagen bestimmte, geeignete, behördlich erzwingbare Maßnahmen des Inhabers einer Anlage zum Gegenstand haben. Die bloße Bestimmung eines Immissionsgrenzwertes im Wege einer Auflagenvorschreibung - ohne daß im einzelnen jene Maßnahmen bezeichnet werden, bei deren Einhaltung die Wahrung des zulässigen Immissionsausmaßes zu erwarten ist - entspricht nicht diesem Erfordernis (vgl. VwGH 20.10.87, 87/04/0021). Auch im gegenständlichen Fall wurden keine konkreten Maßnahmen vorgeschrieben (ein entsprechender Ableitungsplan lag zum Zeitpunkt der örtlichen Verhandlung noch gar nicht vor und ist auch in den weiteren Verfahrensakten nicht enthalten), sondern wurde lediglich bestimmt, daß Niederschlagsabwässer nicht auf Nachbargrundstücke gelangen dürfen. Da aber die ausreichende Präzisierung der Auflagen im Spruch eines Bescheides eine unabdingbare Voraussetzung einer Vollstreckung ist

(VwGH 26.9.1985, 85/06/0074), entspricht die gegenständliche Auflage nicht dem vom Gesetz geforderten Bestimmtheitsgebot, weshalb eine Verletzung von Rechten der Vorstellungswerber durch den angefochtenen Bescheid nicht ausgeschlossen werden konnte.

...

Da also der Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde Hollenegg, wie in der vorangegangenen Begründung ausgeführt, in mehrfacher Weise mit Rechtswidrigkeit belastet war und eine Verletzung von Rechten der Vorstellungswerber nicht ausgeschlossen werden konnte, war spruchgemäß zu entscheiden.

Aus verfahrensökonomischen Gründen wird ausgeführt, daß nach Vorliegen eines Lärmgutachtens betreffend den Waschplatz ein medizinisches Gutachten hinsichtlich der Beurteilung der Wirkungen der festgestellten Immissionen auf den menschlichen Organismus einzuholen sein wird. Diese Gutachten sowie der Ableitungsplan und dessen gutächtliche Beurteilung durch einen Sachverständigen wären den Vorstellungswerbern in Wahrung des Parteiengehörs zur Abgabe einer Stellungnahme binnen angemessener Frist zur Verfügung zu stellen.

..."

Dieser Bescheid wurde der Gemeinde am 14. Oktober 1993 zugestellt und erwuchs nach der Aktenlage in Rechtskraft.

Mit Schreiben vom 25. August 1994 übermittelte der Bürgermeister dem Beschwerdevertreter ein Schallmeßprotokoll der Baubezirksleitung Leibnitz vom 24. Mai 1994 sowie ein ärztliches Gutachten vom 16. Juni 1994 des Distriktsarztes zur Abgabe einer Stellungnahme innerhalb einer Frist von zwei Wochen. Trotz intensiver schriftlicher Bemühungen sei es nicht möglich gewesen, vom Masseverwalter der im Konkurs befindlichen Bewilligungswerberin einen Wasserableitungsplan zu erhalten. Der Beschwerdevertreter erstattete eine Stellungnahme, in der er das eingeholte Schallgutachten als nicht aussagekräftig kritisiert und auf dem zu erstellenden Wasserableitungsplan beharrt.

Mit je einer am 4. Mai 1994 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangten Säumnisbeschwerde machen die Beschwerdeführer die Verletzung der Entscheidungspflicht des Gemeinderates der Gemeinde Hollenegg geltend.

Der Verwaltungsgerichtshof hat diese Säumnisbeschwerden dem Gemeinderat gemäß § 36 Abs. 2 VwGG mit der Aufforderung zugestellt, binnen drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliege, und dazu gemäß § 36 Abs. 1 VwGG die Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen. Diese Aufforderung wurde dem Gemeinderat der Gemeinde Hollenegg am 9. Juni 1994 zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 8. September 1994, beim Verwaltungsgerichtshof eingelangt am 12. September 1994, teilte der Gemeinderat mit, daß sich die N KG (die Bewilligungswerberin) seit Anfang 1994 in Konkurs befinde. Trotz intensiver Bemühungen sei es nicht gelungen, die "für eine Bescheiderstellung notwendigen Unterlagen" zu erhalten. Es seien dies im wesentlichen das Schallmeßprotokoll, ein ärztliches Gutachten betreffend Lärmbeeinträchtigung und der Wasserableitungsplan. Auch eine Intervention des Rechtsanwaltes der Gemeinde beim Masseverwalter sei erfolglos geblieben. Daraufhin habe die Gemeinde von Amts wegen das Schallmeßprotokoll und ein ärztliches Gutachten eingeholt. Ein Wasserableitungsplan eines Zivilingenieurs habe trotz Bemühungen seitens der Gemeinde von der Bewilligungswerberin nicht erlangt werden können.

Nach einer neuerlichen Aufforderung durch den Verwaltungsgerichtshof am 26. September 1994 legte die Gemeinde die Verwaltungsakten vor.

Mit Berichterverfügung vom 28. September 1995 forderte der Verwaltungsgerichtshof die Bewilligungswerberin auf, binnen vier Wochen ab Zustellung dieser Aufforderung einen Ableitungsplan für Niederschlagswässer entsprechend den Ausführungen des Bausachverständigen in der Bauverhandlung vom 25. September 1991 vorzulegen. Für den Fall, daß ein solcher Plan nicht fristgerecht vorgelegt würde, wurde eine Entscheidung auf Grund der Aktenlage in Aussicht gestellt. Ein solcher Wasserableitungsplan langte beim Verwaltungsgerichtshof weder innerhalb der gesetzten Frist noch danach ein. Eine Kontaktaufnahme mit dem Masseverwalter ergab lediglich, daß die Bewilligungswerberin die Bauliegenschaft mittlerweile veräußert habe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach den vorgelegten Verwaltungsakten wurde der aufhebende Vorstellungsbescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 26. September 1993 der Gemeinde Hollenegg am 14. Oktober 1993 (Einlangen beim Gemeindeamt) zugestellt. Die am 4. Mai 1994 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangten Säumnisbeschwerden sind daher im Sinne des § 27 VwGG zulässig (zur Zulässigkeit einer Säumnisbeschwerde gegen die Säumnis des Gemeinderates vgl. u.a. den hg. Beschluß vom 8. September 1969, Slg. Nr. 7626/A, sowie das hg. Erkenntnis vom 9. Juni 1978, Slg. Nr. 9590/A, uva.).

Vorausgeschickt sei ferner, daß der Verwaltungsgerichtshof aufgrund der zulässigen Säumnisbeschwerde als Berufungsbehörde anstelle des Gemeinderates der Gemeinde Hollenegg zu entscheiden hat.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes binden die tragenden Begründungselemente eines in Rechtskraft erwachsenen kassatorischen gemeindeaufsichtsbehördlichen Vorstellungsbescheides die Gemeindebehörden, die Gemeindeaufsichtsbehörden selbst und auch den Verwaltungsgerichtshof (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 6. Juni 1990, Zl. 88/17/0059, und vom 13. Dezember 1990, Zl. 89/06/0207).

Der in Rechtskraft erwachsene Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 26. September 1993 enthielt zwei tragende Begründungselemente der Aufhebung der Baubewilligung: Es sei die Einholung eines schalltechnischen Gutachtens und eines medizinischen Gutachtens über die Lärmbelästigung sowie die Vorlage eines Ableitungsplanes für Niederschlagswässer zum Zwecke der Erteilung einer hinreichend bestimmten Auflage erforderlich. Die Erteilung einer Baubewilligung ist daher ohne Vorlage eines solchen Wasserableitungsplanes nicht zulässig. Ein solcher Wasserableitungsplan kann aber auch nicht von der Behörde (bzw. im Säumnisbeschwerdeverfahren vom Verwaltungsgerichtshof) eingeholt werden, da es nicht Aufgabe der Baubehörde ist, dem Bewilligungswerber eine bestimmte Art der Bauführung (hier: eine bestimmte Art der Wasserableitung) vorzuschreiben, soweit nicht ausdrückliche gesetzliche Vorschriften etwas anderes gebieten (was hier nicht der Fall ist).

Da die Baubewilligungswerberin trotz Aufforderung (zuletzt) durch den Verwaltungsgerichtshof einen solchen Wasserableitungsplan - weiterhin - nicht vorgelegt hat, ist das Bauansuchen in der vorliegenden Form - in Beachtung der Bindung des Verwaltungsgerichtshofes an den aufhebenden Vorstellungsbescheid der Steiermärkischen Landesregierung - nicht bewilligungsfähig.

Da aufgrund des Vorstellungsbescheides auch bindend feststeht, daß den Beschwerdeführern in diesem Zusammenhang Nachbarrechte im Sinne des § 61 Abs. 2 lit. k der Steiermärkischen Bauordnung zustehen, war das Bewilligungsansuchen der N KG aufgrund der Berufung der Beschwerdeführer in Abänderung des erstinstanzlichen Bescheides schon deshalb abzuweisen, ohne daß es einer Erörterung weiterer Fragen bedurfte.

Der Verwaltungsgerichtshof hatte in diesem Zusammenhang zu beachten, daß ab 1. September 1995 das Steiermärkische Baugesetz, LGBl. Nr. 59/1995, in Kraft getreten ist. Nach der Übergangsbestimmung des § 119 Abs. 2 Baugesetz sind jedoch die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes anhängigen Verfahren nach den bisher geltenden Bestimmungen zu Ende zu führen. Es ist daher auch eine Änderung der Rechtslage seit Erlassung des bindenden Vorstellungsbescheides vom 26. September 1993 nicht eingetreten.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere 53 Abs. 1 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Gemäß § 55 Abs. 1 VwGG ist in den Fällen der Säumnisbeschwerde die Frage des Anspruches auf Aufwandersatz (§ 47) so zu beurteilen, wie wenn der Beschwerdeführer obsiegende Partei im Sinne des § 47 Abs. 1 VwGG wäre. Gründe im Sinne des § 55 Abs. 2 VwGG, durch die die belangte Behörde an der fristgerechten Erlassung des Bescheides gehindert gewesen wäre, hat sie nicht geltend gemacht. Insbesondere kann der Umstand, daß der Bewilligungswerber eine erforderliche Unterlage nicht vorlegt, nicht dazu führen, daß die Behörde untätig bleibt, wenn ihr eine Sacherledigung (wenn auch im abweislichen Sinne) möglich ist. Die Behandlung der Beschwerdeführer als obsiegende Partei im Sinne des § 47 Abs. 1 VwGG hat auch die sinngemäße Anwendung der für Bescheidbeschwerden geltenden Kostenersatzvorschriften zur Folge. Gemäß § 53 Abs. 1 und 2 VwGG ist im Falle von Beschwerdeführern, die in getrennten, jedoch die Unterschrift desselben Rechtsanwaltes aufweisenden Beschwerden denselben Verwaltungsakt angefochten haben, die Frage des Anspruches auf Aufwandersatz so zu beurteilen, wie wenn die Beschwerde nur von einem Beschwerdeführer eingebracht worden wäre. Der Verwaltungsgerichtshof konnte daher den Beschwerdeführern in entsprechender Anwendung dieser Bestimmung nur einmal Schriftsatzaufwand in der Höhe von S 12.500,-- zusprechen. Das Mehrbegehren war daher abzuweisen.

Schlagworte

Anspruch auf Sachentscheidung Besondere Rechtsgebiete Säumnisbeschwerde Entscheidung in der Sache bzw Abweisung oder Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1994060087.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten