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10/10 Grundrechte, Datenschutz, AuskunftspflichtNorm
B-VG Art140 Abs1 Z1 litaLeitsatz
Zurückweisung des Antrags auf Aufhebung einer Bestimmung des DSG betreffend die Zuständigkeit der Datenschutzbehörde sowie das Privileg der Medien bei der Verarbeitung personenbezogener Daten wegen zu engen AnfechtungsumfangsRechtssatz
Der Antrag des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) auf Aufhebung näher bezeichneter Wortfolgen des Art2 §9 Abs1 des Bundesgesetzes zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten (Datenschutzgesetz - DSG) idF BGBl I 24/2018 (Datenschutz-Deregulierungsgesetz 2018) wird zurückgewiesen.
Das antragstellende Gericht bringe vor, es sei verfassungswidrig, dass der Datenschutzbehörde im vorliegenden Fall keine Zuständigkeit zukomme. Soweit das antragstellende Gericht in seinem Hauptantrag (lediglich) die Aufhebung der Wortfolge "die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie" begehre, übersehe es, dass sich die Zuständigkeit der Datenschutzbehörde nicht aus dem Datenschutzgesetz, sondern ausschließlich aus der DSGVO, konkret aus deren Kapitel VI, ergebe. Die im Hauptantrag begehrte Aufhebung erweise sich somit als zu eng gefasst.
In gleicher Weise sei der erste Eventualantrag zu eng gefasst, weil sich die behauptete Verfassungswidrigkeit durch die Aufhebung der Wortfolgen "die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie", "VI (Unabhängige Aufsichtsbehörden)," sowie "und IX (Vorschriften für besondere Verarbeitungssituationen)" nicht beseitigen lasse. Weiterhin nicht anwendbar sei nämlich Kapitel II DSGVO, weswegen der Datenschutzbehörde der inhaltliche Beurteilungsmaßstab für ihre Entscheidung fehlte. Sie habe diesfalls "im rechtsfreien Raum" zu entscheiden, was insbesondere Art18 B-VG widerspreche.
Schließlich sei auch der zweite Eventualantrag auf Aufhebung der Wortfolgen "die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie", "II (Grundsätze),", "VI (Unabhängige Aufsichtsbehörden)," sowie "und IX (Vorschriften für besondere Verarbeitungssituationen)" zu eng gewählt. Bei diesem Antrag übersehe das antragstellende Gericht, dass durch den unveränderten Ausschluss des Kapitels III DSGVO ein unsachliches Ergebnis erzielt würde: Es könnten diesfalls nämlich lediglich die in §1 Abs3 DSG genannten Rechte Gegenstand eines Verfahrens vor der Datenschutzbehörde sein, nicht hingegen die über §1 Abs3 DSG hinausreichenden, in Kapitel III DSGVO genannten Rechte. Es könnten somit lediglich behauptete Verletzungen in den Rechten auf Auskunft, Richtigstellung und Löschung vor der Datenschutzbehörde geltend gemacht werden, nicht jedoch behauptete Verletzungen in den Rechten auf Information (Art13 und 14 DSGVO), Einschränkung der Verarbeitung (Art18 DSGVO), Datenübertragbarkeit (Art20 DSGVO), Widerspruch (Art21 DSGVO) und automatisierte Entscheidungen im Einzelfall einschließlich Profiling (Art22 DSGVO).
Der VfGH teilt zunächst die Auffassung der Datenschutzbehörde, dass der Hauptantrag und der erste Eventualantrag jedenfalls zu eng gefasst sind. Darüber hinaus erweist sich auch der zweite Eventualantrag als unzulässig. Das BVwG verkennt, dass die von ihm angefochtenen Wortfolgen mit den sonstigen Bestimmungen des §9 Abs1 DSG in einem untrennbaren Zusammenhang stehen. Das BVwG hätte aus diesem Grund §9 Abs1 DSG zur Gänze anfechten müssen.
Entscheidungstexte
Schlagworte
VfGH / Gerichtsantrag, VfGH / Prüfungsumfang, Datenschutz, Medienrecht, EventualantragEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2022:G200.2022Zuletzt aktualisiert am
15.12.2022