TE Vwgh Erkenntnis 1996/1/25 95/07/0105

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Veröffentlicht am 25.01.1996
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §58 Abs2;
VwGG §36 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bachler, über die Beschwerde des A in G, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des LAS beim Amt der NÖ LReg vom 9. Mai 1995, Zl. VI/3-AO-232/333, betreffend Plan der gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen im Zusammenlegungsverfahren G (mP:

Zusammenlegungsgemeinschaft G, vertreten durch den Obmann Dipl. Ing. J), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die Niederösterreichische Agrarbezirksbehörde hat im Zusammenlegungsverfahren G den 4. Teilplan des Planes der gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen durch Auflage zur allgemeinen Einsicht am Gemeindeamt G in der Zeit von 27. Dezember 1994 bis 11. Jänner 1995 erlassen. Dieser Plan beinhaltet u.a. die Errichtung eines aus 4 Einzelbecken bestehenden Rückhaltebeckens zum Schutz der vom Beschwerdeführer vorläufig übernommenen Abfindungsgrundstücke xxx1 und xxx2 vor Erosion durch Oberflächenwasser.

Gegen diesen Plan hat der Beschwerdeführer Berufung erhoben und geltend gemacht, beim Einsatz zeitgemäßer Anbau- und Erntemaschinen könnten die Abfindungsgrundstücke xxx1 und xxx2 nicht ordnungsgemäß bewirtschaftet werden; die Zu- und Abfahrt sei nicht möglich (Steigung, Radius). Es seien keinerlei Abfindungsfragen geklärt.

Die belangte Behörde holte eine Stellungnahme ihres in landwirtschaftlichen Angelegenheiten erfahrenen Mitgliedes ein. Dieses führte in seinem Erhebungsbericht aus, anläßlich einer örtlichen Erhebung am 16. März 1995 habe nicht festgestellt werden können, worin die Bewirtschaftungshindernisse bestehen sollten. Die Erschließung des Grundkomplexes werde zwar verändert, reiche aber für eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung aus. Ansonsten bleibe der Grundkomplex in nahezu gleicher Form bestehen, lediglich an der nördlichen Kopfbreite werde ein 7 m breiter Streifen für die gemeinsame Anlage verwendet; dies ändere jedoch nicht die Bewirtschaftsverhältnisse auf den Abfindungsgrundstücken xxx1 und xxx2. Das Grundstück xxx1 schließe an der nordwestlichen Kopfbreite auf einer Länge von ca. 70 m in gleicher Höhe an den Weg nn4 (gemeinsame Anlage) an. Das Grundstück habe in diesem Bereich eine Steigung von bis zu 8 %, die Zu- und Abfahrt sei daher problemlos zu bewältigen. Die gesamte südliche Kopfbreite des Grundstückes grenze eben an den Begleitweg des Marchfeldkanales. Dieser Begleitweg sei Eigentum der Marchfeldkanalerrichtungsgesellschaft und sei nicht als gemeinsame Anlage errichtet worden. Es bestehe die ausdrückliche Erlaubnis der Eigentümerin zur Benützung der Begleitwege durch die Bewirtschafter der angrenzenden Flächen. Das Grundstück xxx2 sei im Süden ebenfalls durch diesen Begleitweg erschlossen. Im Norden sei eine 5 m breite Ausfahrt mit 13 % Steigung zwischen Becken 2 und Becken 3 eingeplant. Diese steilere Ausfahrt müsse vom Beschwerdeführer nicht unbedingt benützt werden, da beide Grundstücke einen Komplex bildeten und im Eigentum des Beschwerdeführers stünden. Bei Erhebungen in der Natur sei wiederholt festgestellt worden, daß beide Grundstücke mitsammen bewirtschaftet würden. Es könne also die nordöstliche günstige Ausfahrt zur Erschließung des ganzen Komplexes benützt werden. Der Grundkomplex verfüge also über 2 Zufahrtsmöglichkeiten an der nördlichen Kopfbreite und über eine Zufahrt entlang der gesamten Kopfbreite im Süden.

In seiner Stellungnahme zu diesem Erhebungsbericht wandte der Beschwerdeführer ein, die Hindernisse bestünden dadurch, daß er "bei Rüben und Kartoffeln" die Anhänger bei Hanglange nicht befüllen könne und daß die Steigung und die Radien mit Vollernter, vollem Anhänger und weichem Boden nicht zu bewältigen seien. Bei den Erhebungen in der Natur sei nicht zwischen Rüben und Kartoffeln unterschieden worden. Da es die Ackerlänge erfordere, müsse beidseitig eine Abfahrtsmöglichkeit gegeben sein. Der Beschwerdeführer ersuche deshalb, zu einem Ortsaugenschein mit der Sachverständigen beigezogen zu werden, um die Verhältnisse an Ort und Stelle erläutern zu können.

In der Verhandlung vor der belangten Behörde bemängelte der Beschwerdeführer, er sei nicht zu den örtlichen Erhebungen der Sachverständigen beigezogen worden. Die querliegende Ausfahrt sei bei Reihenkultur nicht benützbar, da man hier über die Frucht fahren müßte. Der gesamte Acker müsse in der Bewirtschaftung geteilt werden, da das Rübenkontingent begrenzt sei. Die Ausfahrt mit einer Steigung von 13 % sei unnötig. Er müßte einen zu großen Radius fahren, um Richtung G fahren zu können.

Mit Bescheid vom 9. Mai 1995 wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet ab.

In der Begründung wird ausgeführt, der recht schwerwiegende Einwand des Beschwerdeführers, die Grundstücke xxx1 und xxx2 könnten nicht mehr mit zeitgemäßen landwirtschaftlichen Maschinen bewirtschaftet werden, müsse dahingehend relativiert werden, daß sich die behauptete Wirtschaftserschwernis bloß auf die nun eingeschränkte Zu- und Abfahrt zu/von den beiden Grundstücken erstrecken könne. An der Konfiguration und den Geländeverhältnissen der Grundstücke selbst werde durch die Errichtung der geplanten Wassersicherungsmaßnahmen grundsätzlich nichts verändert. Ausgenommen davon sei lediglich ein 7 m breiter Streifen im Norden des Grundstückes xxx1, der zur Errichtung des Rückhaltebeckens 2 verwendet werden solle.

Was die durch die Beckenerrichtung veränderte Ausfahrtsmöglichkeit aus den Grundstücken xxx1 und xxx2 anlange, sei dem Beschwerdeführer entgegenzuhalten, daß das Grundstück xxx1 auch nach der Errichtung des Beckens 2 auf einer Länge von ca. 70 m unmittelbar durch den öffentlichen Weg nn4 erschlossen sei. Wenngleich die maximale Steigung in diesem Bereich 8 % betrage, so könne dem Beschwerdeführer doch durchaus zugemutet werden, mit ortsüblichen landwirtschaftlichen Maschinen und Geräten auch derartige Feldausfahrten zu benützen. Dem Einwand des Beschwerdeführers, infolge der dort vorherrschenden Steigung könnten keine Anhänger zur Beladung abgestellt werden, werde insofern Rechnung getragen, als das bescheidmäßige Projekt an der südlichen Seite des Beckens 2 die Herstellung eines 3 m breiten waagrechten Streifens vorsehe. Dieser Streifen könne vom Beschwerdeführer dazu benützt werden, seine Anhänger zur Beladung mit Feldfrüchten abzustellen. Die Ausfahrt zwischen den Becken 2 und 3 diene vordringlich der Erschließung des Grundstückes xxx2. Wenn der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde eingewendet habe, diese Ausfahrt sei unnötig, so sei zu erwidern, daß diese Ausfahrt vom Beschwerdeführer nicht zwingend verwendet werden müsse. Da die beiden Grundstücke xxx1 und xxx2 im (vorläufigen) Eigentum des Beschwerdeführers stünden und von ihm in einem bewirtschaftet würden, stehe es ihm frei, entweder über das Grundstück xxx1 auszufahren oder die eigens für das Grundstück xxx2 vorgesehene Ausfahrtsmöglichkeit zu benützen. Dazu komme noch, daß beide Abfindungsgrundstücke im Süden durch den Begleitweg des Marchfeldkanals erschlossen seien. Da also auch auf dieser Seite eine rechtlich gesicherte und technisch mögliche Ausfahrt bestehe, müsse die Erschließung der beiden Abfindungsgrundsstücke xxx1 und xxx2 als zweckmäßig und für eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung der Grundstücke ausreichend angesehen werden.

Sofern der Beschwerdeführer mit dem Einwand, daß "Abfindungsfragen nicht erklärt worden seien", jene Geldentschädigung meine, die ihm für den Grundverlust infolge Errichtung des Beckens 2 zu erstatten sei, sei dazu anzumerken, daß der erstinstanzliche Bescheid lediglich das Ausmaß der Grundinspruchnahme enthalte. Über die Höhe der Geldentschädigung finde sich im erstinstanzlichen Bescheid kein Hinweis. Es werde daher Aufgabe der Agrarbezirksbezirksbehörde sein, diese Geldentschädigung zu ermitteln und darüber in einem eigenen Bescheid abzusprechen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Beschwerdeführer bringt vor, die belangte Behörde habe sein Vorbringen, die Zufahrt im Norden des Grundstückes xxx2 sei unnötig, zu Unrecht dahingehend gedeutet, der Beschwerdeführer brauche diese Zufahrtsmöglichkeit nicht. Das Gegenteil sei der Fall; der Beschwerdeführer brauche dringend zwei (befestigte) Zufahrtsmöglichkeiten von Norden. Bisher sei die gesamte Straße zur Verfügung gestanden. Die Zufahrt im Nordosten mit einer Steigung von 13 % aber sei für den Beschwerdeführer tatsächlich unbrauchbar. Die belangte Behörde verstehe nicht, daß gerade die Erntemaschinen den Beladungsvorgang in Richtung der angebauten Früchte vornähmen und die schweren Anhänger sohin infolge der Steigung nicht befüllt werden könnten. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, die Ausfahrt bei Grundstück xxx1 im Norden habe einen zu großen Radius, werde von der belangten Behörde überhaupt falsch dargestellt. Der Radius sei zu klein; ein zu großer Radius wäre ein Vorteil, aber kein Nachteil. Insgesamt stehe dem Beschwerdeführer daher nur noch eine nicht optimale Zufahrt im Norden für beide Grundstücke zur Verfügung und sei die ordnungsgemäße Bewirtschaftung nicht mehr möglich. Durch die Anlegung des Ackers in Nord/Süd-Richtung - Kartoffel und Rüben könnten nur so mit den großen Maschinen zweckmäßig angebaut werden - müßten auch die Erntemaschinen und die Anhänger der Transportmittel in Nord/Südrichtung plaziert werden, wobei die Ausfahrt entweder nach Süden oder nach Norden vorgenommen werden müsse. Wenn im Süden noch nicht reife Feldfrüchte wie z. B. Rüben gepflanzt würden und im Norden Kartoffel, könnten die Kartoffeln nur nach Norden abtransportiert werden. Durch die Geländeverhältnisse komme es nun zu unzumutbaren Ladevorgängen. Durch die verhinderte Ausfahrt auf die Straße verliere der Beschwerdeführer erhebliche Anbauflächen. Ein Lokalaugenschein unter Beiziehung des Beschwerdeführers und eine Demonstration mit den Maschinen hätte dies jedem Laien vor Auge geführt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 13 Abs. 1 des Niederösterreichischen Flurverfassungs-Landesgesetzes 1975, LGBl. Nr. 6650-0, sind im Zusammenlegungsgebiet die erforderlichen bodenverbessernden, gelände- oder landschaftsgestaltenden Maßnahmen (wie Kultivierungen, Erdarbeiten, Aufforstungen und dgl.) durchzuführen sowie jene Anlagen, wie Wege, Brücken, Gräben, Entwässerungs-, Bewässerungs- und Bodenschutzanlagen) zu errichten und jene Veränderungen an bestehenden Anlagen vorzunehmen, die zur zweckmäßigen Erschließung und Bewirtschaftung der Abfindungsgrundstücke notwendig sind oder sonst den Zweck der Zusammenlegung fördern und einer Mehrheit von Parteien dienen.

Der Beschwerdeführer hat in der Verhandlung vor der belangten Behörde geltend gemacht, die Ausfahrt sei bei Reihenkulturen nicht benützbar, da sonst über die Frucht gefahren werden müßte. Er hat auch begründet, warum der Acker in der Bewirtschaftung geteilt werden müßte. Mit diesem Vorbringen hat sich die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht auseinandergesetzt. Es kann daher auch nicht überprüft werden, ob diese Argumente des Beschwerdeführers zutreffen oder nicht. Der Hinweis der belangten Behörde in der Gegenschrift auf die dieser Gegenschrift angeschlossene Stellungnahme des in agrartechnischen Angelegenheiten erfahrenen Mitgliedes der belangten Behörde kann die fehlenden Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Bescheid nicht ersetzen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 1960, Slg. N.F. 5.186/A, u.a.).

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben war.

Von der beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft Stempelgebühren für Beilagen (Photos), die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht nötig waren.

Schlagworte

Begründung BegründungsmangelBegründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995070105.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

28.07.2015
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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