TE Vwgh Erkenntnis 1996/1/25 95/19/0971

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.01.1996
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

ABGB §140 Abs1;
ABGB §94 Abs2;
AufG 1992 §5 Abs1;
AVG §45 Abs1;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
FrG 1993 §10 Abs3 Z2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Bachler, Dr. Dolp und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des A in H, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bunderministers für Inneres vom 21. März 1995, Zl. 104.819/2-III/11/95, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen. Die belangte Behörde ging dabei davon aus, daß der Beschwerdeführer über keinerlei Eigeneinkommen verfüge; sein Unterhalt solle lediglich aufgrund von Verpflichtungserklärungen gedeckt werden. Eine derartige Finanzierung seines Aufenthaltes durch Dritte sei jedoch nicht geeignet, die dauernde Sicherung des Lebensunterhaltes im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG zu gewährleisten.

Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 5 Abs. 1 AufG darf eine Bewilligung Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 Fremdengesetz) vorliegt, insbesondere aber, wenn der Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 14. Dezember 1995, Zl. 95/19/0612, dargelegt hat, kann auch die freiwillig übernommene Verpflichtung zur Gewährung von Unterhalt in der Lage sein, den Lebensunterhalt im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG als gesichert erscheinen zu lassen.

Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde auf eine vom Beschwerdeführer vorgelegte "Verpflichtungserklärung" Bezug genommen. Nach deren Inhalt hat sich ein Dritter unwiderruflich verpflichtet, für den gesamten Lebensunterhalt des Beschwerdeführers (bezeichnet als Cousin) solange uneingeschränkt aufzukommen, bis er dazu aus eigenem Einkommen in der Lage sein werde.

Die belangte Behörde hat diese Erklärung nicht als unzureichend angesehen, sie hat auch die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des sich Verpflichtenden nicht als unzureichend beurteilt (der Beschwerdeführer hat einen Einkommensnachweis betreffend den sich Verpflichtenden in der Höhe von S 25.000,-- brutto monatlich vorgelegt). Die belangte Behörde hat sich ausschließlich darauf gestützt, daß die Abgabe einer derartigen Verpflichtungserklärung durch Dritte nicht geeignet wäre, den Unterhalt des Beschwerdeführers zu sichern. Welche Erwägungen dieser These zugrundeliegen, kann der Begründung des angefochtenen Bescheides jedoch nicht entnommen werden. Da es sich hiebei keineswegs um eine offenkundige Tatsache handelt, hindert das Fehlen der Bekanntgabe der maßgebenden Erwägungen die Nachprüfung des Bescheides auf seine inhaltliche Rechtmäßigkeit. Der belangten Behörde fällt somit ein Verstoß gegen die Begründungspflicht gemäß § 58 Abs. 2 in Verbindung mit § 67 AVG zur Last, weshalb ihr Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben war (vgl. die bei Dolp,

Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 600 ff wiedergegebene Rechtsprechung).

Auf die Frage, ob die belangte Behörde etwa ausgehend von einer falschen Rechtsansicht, Erklärungen Dritter, für den Lebensunterhalt aufzukommen, generell als nicht geeignet im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG ansah, war beim gegenwärtigen Stand des Verfahrens nicht weiter einzugehen, hat die belangte Behörde doch nicht dargelegt, in welcher Weise - tatsächlich oder rechtlich - sie derartige Erklärungen als ungeeignet ansah. Ebenso bedurfte es derzeit noch keiner Stellungnahme zu der in der Beschwerde aufgeworfenen Frage, ob Art. 8 MRK in diesem Zusammenhang anzuwenden sei oder nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, da allein die Vorlage einer Ausfertigung des bekämpften Bescheides zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war.

Schlagworte

Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995190971.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten