TE Vwgh Erkenntnis 1996/1/26 96/02/0002

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Veröffentlicht am 26.01.1996
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §37;
FrG 1993 §48 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde des G in S, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich, Außenstelle Wiener Neustadt, vom 17. November 1995, Zl. Senat-F-95-445, betreffend Schubhaft, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 17. November 1995 wurde die an diese gerichtete Beschwerde unter Berufung auf § 52 des Fremdengesetzes abgewiesen und gleichzeitig festgestellt, daß die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft vorlägen.

In der Begründung wurde unter anderem ausgeführt, mit Bescheid vom 30. Oktober 1995 habe die Bundespolizeidirektion Schwechat gegen den Beschwerdeführer die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes und einer Ausweisung sowie der Abschiebung mit der Begründung angeordnet, daß dieser am 27. Oktober 1995 am Flughafen Wien-Schwechat betreten und dabei festgestellt worden sei, daß er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte; die Verhängung der Schubhaft sei danach notwendig, da dies im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit sowie zur Verhinderung eines weiteren strafbaren Verhaltens erforderlich erscheine.

Der Beschwerdeführer - so die belangte Behörde weiter -, ein somalischer Staatsangehöriger, sei in der Nacht vom 8. zum 9. August 1995 unter Umgehung der Grenzkontrolle, ohne im Besitz eines Reisedokumentes mit einem Sichtvermerk oder einer Aufenthaltsbewilligung zu sein, sohin illegal, nach Österreich eingereist und sei am 9. August 1995 von Beamten des Gendarmeriepostens Mattersburg aufgegriffen und festgenommen worden. Die Bezirkshauptmannschaft Mattersburg habe mit Bescheid vom 9. August 1995 über den Beschwerdeführer die Schubhaft verhängt, welche auch vollzogen worden sei. Mit jeweils rechtskräftigen Bescheiden sei der Antrag des Beschwerdeführers auf Asylgewährung abgewiesen und seinem Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung nach Somalia gemäß § 54 Fremdengesetz keine Folge gegeben worden; weiters sei der Beschwerdeführer rechtskräftig ausgewiesen worden. Nach Vorliegen sämtlicher, für eine Außerlandesschaffung notwendigen Unterlagen, insbesondere dem von der somalischen Botschaft in Bonn ausgestellten Einreisepaß und der erforderlichen Flugkarten, habe die Bezirkshauptmannschaft Mattersburg die Durchführung der Abschiebung des Fremden im Luftwege via Moskau und Dubai nach Somalia veranlaßt. Am 21. Oktober 1995 sei der Beschwerdeführer aus der Schubhaft zum Flughafen Schwechat überstellt worden, wo er am gleichen Tag ein Flugzeug bestiegen und (ohne Begleitung österreichischer Beamter und ohne Willens- oder Bewegungseinschränkungen) via Moskau nach Dubai gereist sei. Er habe jedoch in Dubai die Weiterreise nach Somalia vereitelt, indem er aus freiem Willensentschluß den für 23. Oktober 1995 vorgesehenen Weiterflug nicht angetreten habe. Am 27. Oktober 1995 sei der Beschwerdeführer im Luftwege wieder am Flughafen Schwechat eingetroffen, ohne im Besitz einer entsprechenden Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, eines Sichtvermerkes oder einer Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz zu sein und der Sichtvermerkspflicht zu entsprechen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt zunächst vor, die Bundespolizeidirektion Schwechat habe seit seiner Inschubhaftnahme bis zur Entscheidung der vor dem Verwaltungsgerichtshof belangten Behörde "keinerlei fremdenpolizeiliche Schritte" gesetzt, zumal sie auf Grund eines Rechtsirrtums davon ausgegangen sei, daß die Bezirkshauptmannschaft Mattersburg zur fremdenpolizeilichen Behandlung zuständig sei. Diese Untätigkeit der Behörde könne nicht zu Lasten des Beschwerdeführers gehen, sodaß die Schubhaft für diesen Zeitraum als rechtswidrig erkannt hätte werden müssen.

Dazu hat die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausgeführt, sie teile nicht die Rechtsansicht der Bundespolizeidirektion Schwechat, wonach diese für gegen den Beschwerdeführer zu setzende aufenthaltsbeendende Maßnahmen örtlich nicht zuständig sei. Im übrigen habe die Bezirkshauptmannschaft Mattersburg umgehende Erhebungen bezüglich des durchgeführten Abschiebungsvorganges geführt und nach Vorliegen der diesbezüglichen Auskünfte zügigst und äußerst effizient die zur Durchführung der Abschiebung erforderlichen Schritte (Ersuchen an die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland um Zustimmung, daß der Fremde auf dem Luftwege in Begleitung von Einsatzbeamten abgeschoben werde, die diesbezügliche Genehmigung sei am 13. November 1995 erteilt worden) gesetzt. Die rund zweieinhalbwöchige Haftdauer entspreche angesichts dieser Umstände noch dem in § 48 Abs. 1 Fremdengesetz normierten Gebot, wobei auch darauf hinzuweisen sei, daß in den genannten Zeitraum mehrere Feiertage und Wochenenden gefallen seien.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. die Erkenntnisse vom 25. November 1994, Zlen. 94/02/0233, 0234, und vom 23. Dezember 1994, Zl. 94/02/0437) bei Prüfung der Frage, ob die Schubhaft im Grunde des § 48 zu lange gedauert hat, eine Mitwirkungspflicht des Fremden beim Bemühen der Behörde, der gesetzlichen Vorschrift (in Hinsicht auf eine möglichst kurze Dauer der Schubhaft) Genüge zu tun, als gegeben erachtet. In Weiterverfolgung dieses Gedankens kann der Behörde aber auch dann nicht der Vorwurf einer von ihr zu vertretenden (unzulässigen) Dauer der Schubhaft gemacht werden, wenn der Fremde - so wie der Beschwerdeführer - tatsächliche Umstände schafft, die die Tätigkeit der Behörde in Bezug auf die geplante Außerlandesschaffung in außergewöhnlichem Maße beeinträchtigen. Im übrigen ist eine Rechtsverletzung des Beschwerdeführers auch aus dem Blickwinkel nicht erkennbar, daß eine andere Behörde (hier die Bezirkshauptmannschaft Mattersburg) zielführende Maßnahmen in dieser Hinsicht gesetzt hat.

Auch vermag der Verwaltungsgerichtshof die Rechtsansicht des Beschwerdeführers, die nunmehrige, von der Bundespolizeidirektion Schwechat angeordnete Schubhaft sei als "Fortsetzung" der früheren Schubhaft (vor seiner Ausreise) zu werten, nicht zu teilen. Weshalb "die Verfügungsberechtigung des Beschwerdeführers über seinen Aufenthalt während der Außerlandesschaffung begrenzt" gewesen sei, ist - insbesondere im Hinblick auf die unbestritten festgestellte freiwillige Rückkehr des Beschwerdeführers nach Österreich - ebensowenig erkennbar wie, daß bei dem von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt "eine Anhaltung nach wie vor" bestanden haben soll.

Weiters entspricht es der ständigen hg. Rechtsprechung (vgl. etwa das Erkenntnis vom 17. November 1995, Zl. 95/02/0372), daß die Überprüfung, ob die Abschiebung eines Fremden aus tatsächlichen Gründen unmöglich ist (scheint) - soferne solches im Beschwerdefall überhaupt in Betracht kommt -, nicht im Rahmen der Prüfung einer Schubhaftbeschwerde durch den unabhängigen Verwaltungssenat zu erfolgen hat, sodaß darauf nicht näher einzugehen ist.

Was schließlich den Einwand des Beschwerdeführers anlangt, zum Zeitpunkt der neuerlichen Inschubhaftnahme sei ein "laisser-passe" vorgelegen, sodaß diese rechtswidrig gewesen sei, so wird dies vom Beschwerdeführer nicht näher ausgeführt, sodaß er auch damit eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun imstande ist.

Da bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Mitwirkungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996020002.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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