TE Vwgh Erkenntnis 1996/1/26 95/17/0395

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Veröffentlicht am 26.01.1996
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Index

L34008 Abgabenordnung Vorarlberg;
L36008 Sonstige Landes- und Gemeindeabgaben Vorarlberg;
L37028 Hundeabgabe Vorarlberg;
30/02 Finanzausgleich;

Norm

FAG 1993 §14 Abs1 Z11;
FAG 1993 §15 Abs3 Z3;
GdAbgG Vlbg 1937 §1 litc;
HAV Hittisau 1993;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Puck, Dr. Höfinger, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde des K in Hittisau, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in D, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 24. Jänner 1995, Zl. IIIa-244/2, betreffend Vorschreibung von Hundesteuer für das Jahr 1994 (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Hittisau), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1.1. Mit Bescheid vom 4. Mai 1994 schrieb der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde dem Beschwerdeführer aufgrund der Verordnung der Gemeindevertretung von Hittisau vom 28. Dezember 1993 über die Einhebung einer Hundeabgabe (im folgenden: Hittisauer HundeabgabeV), für die Haltung von drei Hunden je S 410,--, somit insgesamt S 1.230,-- für das Jahr 1994 vor.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung und machte darin geltend, die von ihm gehaltenen drei Rehpinscher würden zur Bewachung seines Wohnobjektes, welches äußerst abgelegen situiert und nur über einen unbeleuchteten Weg zu erreichen sei, eingesetzt. Die Rehpinscher fungierten mithin als Wachhunde. Der Einsatz der ausgesprochen sensiblen Rehpinscher als Wachhunde stelle eine geeignete Schutzmaßnahme zur Bewachung des Wohnobjektes des Beschwerdeführers dar.

1.2. Mit Bescheid vom 7. Juli 1994 gab die Abgabenkommission Hittisau dieser Berufung nicht statt. Nach der Begründung dieses Bescheides seien Wachhunde abgabenbefreit. Als Wachhunde würden gemäß § 4 der Hittisauer HundeabgabeV Hunde anerkannt, die der Hundehalter zur Bewachung eines Objektes (Wohngebäudes) einsetze; ein Objekt sei dann als wachbedürftig einzustufen, wenn das zu bewachende Objekt so abgelegen sei, daß im Umkreis von 300 m kein ganzjährig bewohntes Nachbarobjekt vorhanden sei und das zu bewachende Objekt ganzjährig keine Pkw-Zufahrtsmöglichkeit (Umkreis von 100 m) besitze und mittels Telefons nicht erschlossen sei. Durch den Standort des Wohnhauses und das vorhandene Telefon in demselben träfen die genannten Befreiungsgründe nicht zu.

Der Beschwerdeführer erhob Vorstellung, in der geltend gemacht wird, die Abgabenbehörden hätten zur Frage, ob der Einsatz der drei Rehpinscher als Wachhunde eine geeignete Schutzmaßnahme darstelle, und zur Frage der Bewachungsbedürftigkeit des Wohnobjektes kein ordentliches Ermittlungsverfahren durchgeführt.

1.3. Mit Bescheid vom 24. Jänner 1995 wies die Vorarlberger Landesregierung diese Vorstellung als unbegründet ab. In der Begründung dieses Bescheides wird auf eine Entscheidung der FLD für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 12. August 1991, ergangen zu § 20 Abs. 1 EStG, Bezug genommen, wonach ein Cocker-Spaniel von der Rasse her nicht zur Erfüllung von Wachaufgaben geeignet sei. Wenn aber schon ein Cocker-Spaniel - der größer als ein Rehpinscher sei - von seiner Rasse her nicht geeignet sei, Wachhundaufgaben zu erfüllen, dann treffe dies auf einen Rehpinscher schon aufgrund seiner Rasse umso mehr zu. Da die Hunde des Beschwerdeführers schon von Natur aus keine Wachhunde sein könnten, seien die Gemeindeabgabenbehörden berechtigt gewesen, ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens die Hundeabgabe vorzuschreiben.

1.4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof. Mit Beschluß vom 12. Juni 1995, B 662/95, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung dieser Beschwerde ab; antragsgemäß wurde die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

1.5. In der Beschwerdeergänzung vor dem Verwaltungsgerichtshof werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Zuerkennung der Wachhundeeigenschaft hinsichtlich seiner drei Wachhunde (Rehpinscher) nach § 15 Abs. 3 Z. 3 FAG 1993 und auf deren Abgabenfreiheit gemäß § 3 der Hittisauer HundeabgabeV verletzt. Nach der Beschwerdebegründung sei zu Unrecht keinerlei Ermittlungsverfahren zur Erhebung des Sachverhaltes, insbesondere zur Wachhundeeigenschaft durchgeführt worden. Auf das Kriterium der Hunderasse komme es nicht an, einzig entscheidend sei die entsprechende Erziehung und Schulung der Hunde. Die drei Rehpinscher des Beschwerdeführers seien jedenfalls als Wachhunde im Sinne des Gesetzes und der Gemeindeverordnung zu werten.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Gemäß § 14 Abs. 1 FAG 1993, BGBl. Nr. 30, sind ausschließliche Landes(Gemeinde)abgaben insbesondere: ...

11. Abgaben für das Halten von Tieren.

§ 15 Abs. 3 Z. 3 FAG 1993 lautet:

"(3) Die Gemeinden werden ferner ermächtigt, durch Beschluß der Gemeindevertretung folgende Abgaben vorbehaltlich weitergehender Ermächtigung durch die Landesgesetzgebung auszuschreiben:

...

3. ohne Rücksicht auf ihre Höhe Abgaben für das Halten von Tieren, die nicht in Ausübung eines Berufes oder Erwerbes gehalten werden, und für das Halten von Hunden, die nicht als Wachhunde oder Blindenführerhunde gehalten werden;

..."

§ 1 lit. c) des Gesetzes über die Ermächtigung der Ortsgemeinden zur Erhebung von Gemeindeabgaben (Gemeindeabgabengesetz 1937), Vorarlberger LGBl. Nr. 22/1937, lautet auszugsweise:

"Unbeschadet der in § 10 Buchstabe c des Abgabenteilungsgesetzes 1937 (B.G. Bl. Nr. 120/1937) festgelegten weitergehenden Ermächtigung können die Ortsgemeinden für das Halten von Hunden allgemein Abgaben bis zum Höchstausmaß von 50 S für einen Hund und für ein Jahr, ... vorschreiben und einheben. ..."

Die Hittisauer HundeabgabeV vom 28. Dezember 1993 bestimmt

auszugsweise:

" § 1 Abgabepflicht

Für jeden innerhalb des Gemeindegebietes von Hittisau gehaltenen Hund, ausgenommen Hunde, die als Jagdhunde, Wachhunde oder Blindenführerhunde gehalten werden, ist eine Hundeabgabe zu entrichten. Abgabepflichtig ist der jeweilige Halter des Hundes im Gemeindegebiet.

...

§ 3 Abgabenbefreiung

Von der Hundeabgabepflicht sind Jagd-, Wach-, Blindenführer- und Lawinenhunde befreit. Eine Befreiung wird nur über SCHRIFTLICHEN Antrag des Hundehalters ausgesprochen.

Jagdhunde werden dann als Jagdhunde anerkannt, wenn dieser eine entsprechende Ausbildung nachweislich mit Erfolg absolviert hat, der Hundehalter eine gültige Jagdkarte von der Bezirkshauptmannschaft Bregenz besitzt und den Hund jagdlich einsetzt.

Wachhunde werden dann als Wachhunde anerkannt, wenn der Hundehalter den Hund zur Bewachung eines Objektes (land- oder forstwirtschaftlicher Betrieb, Gewerbebetrieb, Lagerhalle, Wohngebäude) einsetzt. Ein Objekt ist dann als wachbedürftig einzustufen, wenn das zu bewachende Objekt so abgelegen ist, daß im Umkreis von 300 Metern kein ganzjährig bewohntes Nachbarobjekt vorhanden ist und das zu bewachende Objekt ganzjährig keine PKW-Zufahrtmöglichkeit (Umkreis von 100 Metern) besitzt, und mittels Telefon nicht erschlossen ist.

Blindenführer- und Lawinenhunde, wenn sie nachweislich entsprechend ausgebildet wurden und als solche gehalten werden.

Eine einmal ausgesprochene Befreiung gilt auch für die Folgejahre, solange sich die Befreiungsgründe nicht ändern. In solchen Fällen erfolgt keine Abgabenvorschreibung."

2.2. Die im § 14 Abs. 1 Z. 11 FAG 1993 genannten "Abgaben für das Halten von Tieren" sind gemäß § 14 Abs. 2 FAG 1993 ausschließliche Gemeindeabgaben. Gemäß § 8 Abs. 1 F-VG werden sie durch die Landesgesetzgebung geregelt. Gestützt auf § 7 Abs. 5 F-VG hat der Bundesgesetzgeber allerdings die Gemeinden im FAG 1993 zur Ausschreibung von Abgaben für das Halten von Tieren durch Beschluß der Gemeindevertretung ermächtigt. Von dieser Ermächtigung ist unter anderem das Halten von Hunden, die als Wachhunde gehalten werden, ausgenommen (§ 15 Abs. 3 Z. 3 FAG 1993). Der Vorarlberger Landesgesetzgeber, dem es nach § 15 Abs. 3 FAG 1993 vorbehalten ist, dem Verordnungsgeber der Gemeinde eine WEITERGEHENDE Ermächtigung einzuräumen, hat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. Im § 1 lit. c des (Vorarlberger) Gemeindeabgabengesetzes 1937 werden nämlich die Gemeinden ermächtigt, für das Halten von Hunden allgemein (somit auch von Wachhunden) Abgaben bis zum Höchstausmaß von 50 S (damaliger Währung) für einen Hund und für ein Jahr vorzuschreiben.

Der Verordnungsgeber der mitbeteiligten Gemeinde hat nun der bundesgesetzlichen Ermächtigung nach § 15 Abs. 3 Z. 3 FAG 1993 durch die oben wiedergegebene Regelung der §§ 1 und 3 Abs. 1 der HundeabgabeV über die Ausnahme des Haltens von Wachhunden bzw. über die Befreiung von der Abgabepflicht Rechnung getragen und von der weitergehenden landesgesetzlichen Ermächtigung, auch für Wachhunde eine (allerdings betragsmäßig eng begrenzte) Hundeabgabe zu erheben, nicht Gebrauch gemacht. Zu einer darüber hinausgehenden Besteuerung von Wachhunden iSd FAG 1993 in Höhe des tatsächlich vorgeschriebenen Betrages von S 410,-- pro Hund wäre der Verordnungsgeber, wie dargestellt, auch gar nicht ermächtigt gewesen.

Vor dem Hintergrund des Sachverhaltes, der der bekämpften Abgabenvorschreibung zugrundeliegt, nämlich des Haltens von drei Rehpinschern zum behaupteten Zweck der Bewachung des Wohnobjektes, ist dabei die vom Verordnungsgeber gewählte Umschreibung des Begriffes "Wachhund" von Bedeutung. Zutreffend stellt der Verordnungsgeber bei der Besteuerung darauf ab, daß der betreffende Hund nicht ALS WACHHUND EINGESETZT wird, denn auch die Verordnungsermächtigung des FAG 1993 wird dadurch begrenzt, daß es sich nicht um Hunde handeln darf, die ALS WACHHUNDE GEHALTEN werden. Nicht abgabenbefreit sind Hunde selbst mit objektiver Wachhundeeignung, wenn der Halter sie nicht als Wachhunde einsetzt. Es ist nun davon auszugehen, daß der Bundesgesetzgeber für den Begriff des "Haltens als Wachhund" nicht das subjektive Gefährdungsgefühl des Halters als entscheidend angesehen hat, sondern auf jene Fälle abstellt, in denen sich nach der Verkehrsauffassung eine Bewachung durch einen Hund als notwendig und zweckmäßig erweist. Bedenken dagegen, daß der Verordnungsgeber für das Halten eines WACHHUNDES die Bewachungsbedürftigkeit eines Objektes als entscheidend ansieht und daß die weitere Präzisierung dieses Begriffsinhaltes der Bewachungsbedürftigkeit gegen die bundesgesetzliche Ermächtigung verstieße, sind aus Anlaß des Beschwerdefalles beim Verwaltungsgerichtshof ebensowenig wie zuvor beim Verfassungsgerichtshof entstanden.

2.3. Eines der Merkmale, die nach der Hittisauer HundeabgabeV kumulativ vorliegen müssen, um ein Objekt als bewachungsbedürftig einstufen zu können, ist, daß dieses "mittels Telefon nicht erschlossen ist."

Im zweitinstanzlichen Abgabenbescheid wurde festgestellt, daß das Objekt, zu dessen Bewachung die drei Rehpinscher behauptetermaßen gehalten werden, mittels Telefons erschlossen ist. Dieser Feststellung ist der Beschwerdeführer in der Vorstellung nicht entgegengetreten. Der Telefonanschluß ist auch im amtlichen Telefonbuch eingetragen.

Dem in der Beschwerde geltend gemachten Feststellungsmangel hinsichtlich der - objektivierbaren - Wachhundeeignung der drei Rehpinscher (zwei der der Beschwerde beigelegten Lichtbilder zeigen die kleinen Hunde in gespannter Aufmerksamkeit auf Polstermöbeln sitzend) fehlt daher schon wegen der mangelnden Bewachungsbedürftigkeit des Objektes im Sinne der Hittisauer HundeabgabeV die Wesentlichkeit, da die belangte Behörde auch bei Vermeidung dieses behaupteten Verfahrensmangels zu keinem anderen Bescheid hätte kommen können.

2.4. Bei diesem Ergebnis war es entbehrlich zu prüfen, ob die Berücksichtigung der Ausnahme eines Wachhundes von der Abgabepflicht etwa die vorangehende bescheidmäßige Befreiung "auf schriftlichen Antrag" des Halters voraussetzt oder ob die Bedeutung des § 3 Abs. 1 iVm § 3 Abs. 4 der Hittisauer HundeabgabeV in der bindenden Dauerwirkung eines Befreiungsbescheides liegt, ohne daß damit gesagt wäre, daß die Abgabenbehörde bei Nichtvorliegen eines solchen Befreiungsbescheides von einer Prüfung der im Abgabenfestsetzungsverfahren geltend gemachten Ausnahmetatbestände entbunden wäre (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 24. Mai 1967, Slg. N.F. Nr. 3617/F, vom 23. November 1990, Zl. 87/17/0272, und vom 23. November 1990, Zl. 87/17/0359, in welchen der Verwaltungsgerichtshof anhand des Wiener Ankündigungsabgabegesetzes freilich nur die Zulässigkeit eines gesonderten Befreiungsbescheides bejaht, einen solchen aber nicht als Voraussetzung einer Nichtbesteuerung abgabenbefreiter Vorgänge gesehen hat).

2.5. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

2.6. Es wird darauf hingewiesen, daß die Beendigung des Beschwerdeverfahrens, für dessen Dauer die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt wird, einen Abspruch über diesen Antrag entbehrlich macht (vgl. z.B. den hg. Beschluß vom 6. September 1978, Zlen. 1902, 1903/78 = ZfVB 1979/2/513.

2.7. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995170395.X00

Im RIS seit

18.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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