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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
ArbIG 1993 §23 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde des X in L, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 30. Oktober 1995, Zl. UVS 303.15-5/94-22, betreffend Bestrafung wegen Übertretung der Bauarbeiterschutzverordnung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 30. Oktober 1995 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der H. BauGesmbH mit einem näher angeführten Standort unterlassen, dafür zu sorgen, daß auf einer örtlich umschriebenen Baustelle die Bestimmungen der Bauarbeiterschutzverordnung (BGBl. Nr. 267/1954) eingehalten würden, zumal auf Grund eines Arbeitsunfalles bekannt geworden sei, daß ein namentlich genannter Dienstnehmer am 7. Juli 1993 gegen 13.00 Uhr auf einem Balkonvorsprung auf einer Höhe von ca. 3,70 m über Grund Arbeiten durchgeführt habe, ohne daß er durch Anseilen gegen Absturz gesichert worden wäre; der Beschwerdeführer habe dadurch eine Übertretung nach § 7 Abs. 2 der Bauarbeiterschutzverordnung begangen. Es wurde eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:
Soweit die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides zu dem Ergebnis kommt, Ing. L S. sei nicht entsprechend den Vorschriften des § 9 Abs. 2 und 4 VStG rechtswirksam zum verantwortlichen Beauftragten bestellt worden, so braucht sich der Verwaltungsgerichtshof damit nicht näher auseinanderzusetzen, weil dies schon aus folgenden Gründen zu verneinen ist:
Laut den insoweit unbestrittenen Feststellungen der belangten Behörde langte die diesbezügliche Bestellungsurkunde vom 29. März 1993 am 1. April 1993 beim Arbeitsinspektorat ein. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde ist dieses Einlangen allerdings nicht im Grunde des § 26 Abs. 3 des Arbeitsinspektionsgesetzes 1993 (BGBl. Nr. 27 - ArbIG) als "rechtzeitig" anzusehen.
Nach der soeben zitierten Gesetzesstelle gilt eine vor dem 1. April 1993 erfolgte Bestellung von verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs. 2 bis 4 VStG für die Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften nicht für Übertretungen, die nach diesem Zeitpunkt begangen werden, sofern nicht bis zu diesem Zeitpunkt eine Mitteilung an das Arbeitsinspektorat gemäß § 23 Abs. 1 leg. cit. erfolgt.
Da das am 14. Jänner 1993 kundgemachte ArbIG nach seinem § 25 Abs. 1 mit 1. April 1993 (sohin um 0 Uhr dieses Tages) in Kraft trat, mußte eine entsprechende Mitteilung im Sinne der zitierten Vorschrift des § 26 Abs. 3 ArbIG spätestens am 31. März 1993 (um 24 Uhr) beim Arbeitsinspektorat eingelangt sein (vgl. dazu die im § 26 Abs. 3 ArbIG bezogene Vorschrift des § 23 Abs. 1 erster Satz ArbIG, betreffend das Erfordernis des "Einlangens"), was im Beschwerdefall allerdings nicht der Fall war.
Daraus folgt, daß sich der Beschwerdeführer rechtens nicht auf die Bestellung des Ing. S. zum verantwortlichen Beauftragten berufen konnte.
Was im übrigen das Vorbringen in der Beschwerde anlangt, der "Filialleiter" der gegenständlichen Filiale, Ing. P., sei gleichfalls zum verantwortlichen Beauftragten bestellt gewesen, so kann schon deshalb dahinstehen, ob es sich hiebei um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerung handelt, weil in der Beschwerde nicht behauptet wird, daß in Hinsicht auf dessen Person die diesbezüglichen Vorschriften des ArbIG eingehalten worden seien.
Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, selbst wenn man davon ausginge, daß Ing. L S. nicht verantwortlicher Beauftragter, sondern bloß Bevollmächtigter (im Sinne des § 31 Abs. 2 ANSchG) gewesen sei, sei der Beschwerdeführer nicht verantwortlich. Dem ist nicht beizupflichten:
Nach der ständigen hg. Rechtsprechung (vgl. etwa das Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 95/02/0603) ist von der Behörde von Amts wegen zu ermitteln, ob der Arbeitgeber (bzw. in den Fällen des § 9 VStG das dort genannte Organ) etwa bei der Beaufsichtigung des Bevollmächtigten es an der erforderlichen Sorgfalt habe fehlen lassen, wobei dem Arbeitgeber dabei die Verpflichtung obliegt, zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes beizutragen. Ob der Arbeitgeber dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit ist, hängt im Einzelfall davon ab, ob er sich (entsprechend dieser Mitwirkungspflicht) darauf zu berufen vermag, daß er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen; die bloße Erteilung von Weisungen reicht nicht hin, entscheidend ist deren wirksame Kontrolle, wobei vom Arbeitgeber das bezügliche Kontrollsystem darzulegen ist.
Von der Darlegung eines solchen Kontrollsystems durch den Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren kann allerdings - worauf die belangte Behörde zutreffend verweist - schon deshalb keine Rede sein, weil der Beschwerdeführer nicht dargelegt hat, inwieweit er selbst, obwohl als gemäß § 9 Abs. 1 VStG Verantwortlicher an der Spitze des Kontrollsystems stehend, in dieses entsprechend eingebunden war (vgl. das von der belangten Behörde zitierte hg. Erkenntnis vom 2. Mai 1995, Zl. 95/02/0026). Daß der Beschwerdeführer - so sein Vorbringen in der Beschwerde - "größten Wert auf die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften legt, entsprechende Weisungen an seine Filialleiter und Bauleiter weitergibt und für entsprechende Anweisungen und Schulungen der Arbeitnehmer sorgt", ist insoweit nicht ausreichend.
Zu Unrecht beruft sich der Beschwerdeführer auch auf "§ 4" (richtig wohl: § 3) der Bauarbeiterschutzverordnung. Abgesehen davon, daß der Beschwerdeführer nicht konkret aufzeigt, welche der von ihm genannten beiden Personen nun als Aufsichtsperson im Sinne dieser Gesetzesstelle bestellt worden sei, ist ihm zu entgegnen, daß er den ihm (angesichts der Wertung der ihm zur Last gelegten Tat als Ungehorsamsdelikt) nach § 5 Abs. 1 VStG obliegenden Entschuldigungsbeweis nur dadurch hätte erbringen können, daß er dargetan hätte, es sei ihm trotz Bestellung einer Aufsichtsperson auf der betreffenden Baustelle im Sinne des § 3 Bauarbeiterschutzverordnung (von der er nach ihrer Persönlichkeit sowie ihrem Wissen und Können mit Grund eine gewissenhafte und anstandslose Besorgung der übertragenen Obliegenheiten erwarten durfte) und trotz Entfaltung der dem Beschwerdeführer zumutbaren eigenen Aufsicht und Überwachung nicht möglich gewesen, die angelastete Verwaltungsübertretung hintanzuhalten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. September 1988, Zl. 87/08/0318). Daß der Beschwerdeführer insoweit seiner Pflicht nicht entsprechend nachgekommen ist, ergibt sich aus den obigen Darlegungen, betreffend das Fehlen eines entsprechenden Kontrollsystems.
Der Beschwerdeführer bringt schließlich zum objektiven Tatbestand vor, daß "nach der Bauarbeiterschutzverordnung bei der Herstellung der Stockwerksdecken Sicherungen nur bei Absturzhöhen von jedenfalls mehr als 5 m notwendig" seien, ohne sich jedoch auf eine konkrete diebezügliche Vorschrift berufen zu können. Er vermag sohin auch damit schon deshalb eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun.
Da bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Schlagworte
Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweislast Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Mitwirkungspflicht Verantwortung für Handeln anderer Personen Besondere Rechtsgebiete Arbeitsrecht ArbeiterschutzEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996020005.X00Im RIS seit
01.06.2001