TE Vwgh Beschluss 1996/1/29 95/10/0173

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Veröffentlicht am 29.01.1996
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §28 Abs1 Z5;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §34 Abs2;
VwGG §41 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 95/10/0174 95/10/0175

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat in der Beschwerdesache I.1. des S und 2. des W, beide in K, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 12. November 1993, Zl. Präs-2040/8/93, betreffend Bordellbewilligung, II. des S, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. G, gegen die Bescheide der Kärntner Landesregierung 1. vom 6. Juli 1994, Zl. Präs-495/5/94, und vom 30. Jänner 1995, Zl. 3-Gem-1422/2/94, jeweils betreffend Zwangsstrafe, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerdeverfahren werden eingestellt.

Begründung

Zu I.

Mit Bescheid vom 3. März 1992 wies der Bürgermeister der Marktgemeinde O. den Antrag der Edith P., für den Standort im ersten Obergeschoß des Hauses T-Straße 6 in O. die Bewilligung zum Betrieb eines Bordells zu erteilen, nach § 5 des Kärntner Prostitutionsgesetzes, LGBl. Nr. 58/1990 (ProstG) in Verbindung mit der Verordnung des Gemeinderates der Marktgemeinde O. vom 13. Februar 1993, Zl. 139-2/1992 (im folgenden: VO) ab.

Gegen diesen Bescheid erhob Edith P. Berufung an den Gemeindevorstand der Marktgemeinde O. Edith P. verstarb am 3. März 1992. Die Beschwerdeführer erklärten - unter Berufung auf die Eigenschaft des Erstbeschwerdeführers als Mieter des Hauses T-Straße 6 und des Zweitbeschwerdeführers als "Verantwortlicher" (offenbar gemäß § 4 Abs. 3 lit. g ProstG) - in das Verfahren einzutreten.

Mit dem an die Beschwerdeführer gerichteten Bescheid vom 1. Juni 1993 wies der Gemeindevorstand der Marktgemeinde O. die Berufung gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom 13. Februar 1993 ab.

Mit Bescheid vom 12. November 1993 wies die belangte Behörde die von den Beschwerdeführern gegen den zuletzt genannten Bescheid erhobene Vorstellung ab.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof, in der sie darlegten, "als Beschwerdepunkte werden insbesondere geltend gemacht:

I. Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Eigentum (Art. 5 StGG; vgl. auch Art. 1 des ersten Zusatzprotokolles zur MRK, BGBl. Nr. 210/1958, welcher durch das Bundesverfassungsgesetz vom 4. März 1964, BGBl. Nr. 59/1964, Verfassungsrang zuerkannt wurde),

II. Verletzung des verfassungsgesetzlich geschützten Gleichheitsgrundsatzes nach Art. 7 B-VG (vgl. auch Art. 14 MRK, BGBl. Nr. 210/58) wegen Verstoßes gegen das Willkürverbot, einer gehäuften Verkennung der Rechtslage und Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt,

III. Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes der Freiheit des Erwerbes (Art. 6 Abs. 1 StGG), und IV. Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes, wonach die Entscheidung über zivilrechtliche Ansprüche einem Tribunal obliegt (Art. 6 Abs. 1 MRK);"

II.1. Mit Bescheid vom 23. August 1991 hatte der Bürgermeister der Marktgemeinde O. gegenüber dem Erstbeschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 ProstG die unverzügliche Schließung des im Haus T-Straße 6 ohne Bewilligung betriebenen Bordells angeordnet.

Mit Bescheid vom 16. Mai 1994 verhängte die Bezirkshauptmannschaft S. über den Beschwerdeführer nach vorangegangener Androhung eine Zwangsstrafe von S 5.000,--, weil er der mit dem Bescheid des Bürgermeisters vom 23. August 1991 auferlegten Verpflichtung nicht nachgekommen sei.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wies die belangte Behörde mit Bescheid vom 6. Juli 1994 als unbegründet ab.

Gegen diesen Bescheid erhob der Erstbeschwerdeführer Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof. Er vertrat die Auffassung, das ProstG sei verfassungswidrig und die VO gesetzwidrig; ebenso "alle damit zusammenhängenden übrigen Bescheide".

II.2. Mit Bescheid vom 19. Juli 1994 verhängte die BH über den Erstbeschwerdeführer nach vorangegangener Androhung eine Zwangsstrafe von S 6.000,--, weil er der mit dem Bescheid des Bürgermeisters vom 23. August 1991 auferlegten Verpflichtung nicht nachgekommen sei.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung des Erstbeschwerdeführers wies die belangte Behörde mit Bescheid vom 30. Jänner 1995 als unbegründet ab.

Gegen diesen Bescheid erhob der Erstbeschwerdeführer Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof. Er führte aus, der Bescheid werde "aus den gleichen Gründen bekämpft, wie die Bescheide vom 6. Juli 1994 und 12. November 1993".

Mit Beschluß vom 28. Juni 1995, B 2259/93, B 1782/94, und B 667/95, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der oben erwähnten Beschwerden ab und trat diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Mit Verfügungen vom 18. September 1995 wurde den Beschwerdeführern jeweils aufgetragen, die abgetretenen Beschwerden u.a. durch bestimmte Bezeichnung des Rechtes, in dem sie verletzt zu sein behaupten (§ 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG), zu verbessern. In den daraufhin erstatteten Schriftsätzen wird (wortgleich) folgendes dargelegt: "Zur Aufforderung, jenes Recht bestimmt zu bezeichnen in dem die beschwerdeführende Partei verletzt zu sein behauptet, verweist der Beschwerdeführer in Ansehung der Begründung der Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde auf die Verfassungsgerichtshof-Beschwerde mit dem Bemerk, daß das dortige Vorbringen als Verletzung gesetzlicher Bestimmungen relativiert wird. Dem Verfassungsgerichtshof wurde im Zweifelsfall der Vorzug gegeben, weil eine verfassungskonforme Anwendung des Gesetzes in Frage stand."

Nach Art. 130 Abs. 1 lit. a B-VG erkennt der Verwaltungsgerichtshof über Beschwerden, womit Rechtswidrigkeit von Bescheiden der Verwaltungsbehörden einschließlich der Unabhängigen Verwaltungssenate behauptet wird.

Nach Art. 133 Z. 1 B-VG sind die Angelegenheiten, die zur Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes gehören, von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen. Über Beschwerden, in denen der Beschwerdeführer behauptet, durch einen Bescheid in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt zu sein, hat demnach ausschließlich der Verfassungsgerichtshof zu erkennen (vgl. hiezu die bei Mayer, B-VG (1994) Art. 133 B-VG I.1. zitierte Rechtsprechung).

Nach § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG hat die Beschwerde u.a. die bestimmte Bezeichnung des Rechtes, in dem der Beschwerdeführer verletzt zu sein behauptet (Beschwerdepunkte), zu enthalten.

Die vorliegenden, an den Verwaltungsgerichtshof abgetretenen Beschwerden enthielten keine zur Behandlung durch den Verwaltungsgerichtshof tauglichen (auf einfach-gesetzlichen Vorschriften beruhenden) Rechtsverletzungsbehauptungen. Den Beschwerdeführern wurde daher gemäß § 34 Abs. 2 VwGG die Möglichkeit eingeräumt, diesen Mangel zu beheben. Diesem Auftrag sind die Beschwerdeführer nicht nachgekommen, weil auch ihren Ergänzungsschriftsätzen nicht zu entnehmen ist, in welchen einer Wahrnehmung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglichen Rechten sie sich verletzt erachten. Die bestimmte Bezeichnung eines konkreten Rechtes, dessen Verletzung durch den angefochtenen Bescheid behauptet wird, enthalten die ergänzenden Schriftsätze der Beschwerdeführer nicht. Ebensowenig kann im vorliegenden Fall die Erklärung, wonach das Vorbringen der an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerden "als Verletzung gesetzlicher Bestimmungen" (gemeint offenbar: als Verletzung einfach-gesetzlicher Bestimmungen) "relativiert" werde, als Behebung des Mangels der fehlenden Bezeichnung des Beschwerdepunktes angesehen werden. Die Beschwerdeführer hatten in der zur Zl. B 2259/93 protokollierten Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ausdrücklich die Verletzung bestimmter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte als "Beschwerdepunkt" bezeichnet; darauf bezieht sich der oben wiedergegebene Hinweis des Ergänzungsschriftsatzes. In den zu Zlen. B 1782/94 und B 667/95 protokollierten Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof hatte der Erstbeschwerdeführer Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide lediglich unter dem Gesichtspunkt der Verfassungswidrigkeit des ProstG bzw. der Gesetzwidrigkeit der VO geltend gemacht. Die an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerdeschriftsätze enthielten somit, soweit sie vom oben wiedergegebenen Hinweis der Ergänzungsschriftsätze bezogen werden, kein Vorbringen, das "als Verletzung einfach-gesetzlicher Bestimmungen" dahin "relativiert" werden könnte, daß daraus die bestimmte Bezeichnung eines Rechtes, in dem sich die Beschwerdeführer verletzt erachten, wenigstens gefolgert werden könnte. Zwar kann der Hinweis des Beschwerdeführers auf das Vorbringen der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof mit der Beifügung, dieses werde in Richtung der Verletzung einfach-gesetzlicher Vorschriften dahin relativiert, daß einer verfassungskonformen Auslegung der Vorzug zu geben sei, unter bestimmten Voraussetzungen als Ausführung der BeschwerdeGRÜNDE hinreichend sein (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 30. September 1993, Zl. 93/17/0122). Dem Auftrag, den BeschwerdePUNKT bestimmt zu bezeichnen, wird jedoch nicht entsprochen, wenn der erwähnte Hinweis nicht erkennen läßt, in welchem Recht sich der Beschwerdeführer verletzt erachtet. Im vorliegenden Fall wurde vor dem Verwaltungsgerichtshof weder die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte als solche geltend gemacht (vgl. hiezu den Beschluß vom 31. März 1995, Zl. 95/17/0030, und die dort zitierte Vorjudikatur), noch wird sonst ein besitmmtes (auf einfachgesetzlicher Ebene gelegenes) Recht bezeichnet, in dem sich die Beschwerdeführer verletzt erachteten. Die Beschwerdeführer sind somit dem ihnen erteilten Auftrag, die Beschwerden durch bestimmte Bezeichnung des Rechtes, in dem sie sich verletzt erachten, zu verbessern, nicht nachgekommen; dies hat gemäß § 34 Abs. 2 iVm § 33 Abs. 1 VwGG die Einstellung der Beschwerdeverfahren zur Folge.

Schlagworte

Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH Gegenseitige Beziehung: VwGH - VfGH Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Erklärung und Umfang der Anfechtung Anfechtungserklärung Mängelbehebung Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Angelegenheiten die zur Zuständigkeit des VfGH gehören (B-VG Art133 Z1) Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995100173.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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