TE Vwgh Erkenntnis 1996/1/29 92/10/0382

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.01.1996
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
80/02 Forstrecht;

Norm

B-VG Art129a Abs1 Z1;
ForstG 1975 §172 Abs6;
ForstG 1975 §174 Abs1 lita Z6;
ForstG 1975 §174 Abs3;
VwGG §42 Abs2 Z2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, über die Beschwerde des E in A, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 16. Juli 1992, Zl. UVS 30.6-15/92-9, betreffend Übertretung des Forstgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.160,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer vorgeworfen, er habe

"in der Zeit von Ende August 1990 bis 23. März 1991 ein Wildgatter mit Rotwild (2 Hirsche) Gesamtfläche von 2,2 ha, welches eine Waldfläche von 2.633 m2 beinhalte, auf dem Grundstück Nr. 1651 und Nr. 1653, beide KG A, südwestlich der Gebäudeansammlung der B-Alm, A, trotz mehrmaliger behördlicher Aufforderung, die Tierhaltung sofort einzustellen, betrieben, obwohl die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken (z.B. Tierhaltung in Gehegen) als für solche der Waldkultur ohne Rodungsbewilligung verboten ist."

Der Beschwerdeführer habe dadurch § 174 Abs. 1 lit. a Z. 6 in Verbindung mit § 17 Abs. 1 des Forstgesetzes 1975 (ForstG) verletzt. Über ihn wurde daher unter Berufung auf § 174 Abs. 1 zweiter Satz Z. 1 ForstG eine Geldstrafe in der Höhe von S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 7 Tagen) verhängt.

Ferner wurde dem Beschwerdeführer "gemäß § 174 Abs. 3 ForstG als Ersatz für die durch das Rotwild vernichtete Jungkultur" die Pflanzung von 100 Fichten, 50 Tannen und 10 Ebereschen unter Aufsicht der Forstbehörde vorgeschrieben.

Nach der Begründung habe der Beschwerdeführer in dem im Spruch angeführten Zeitraum auf den Grundstücken Nr. 1651 und 1653 der KG A 2 Hirsche gehalten, wobei eine Fläche von

2.633 m2 als Wald ausgewiesen sei. Dadurch sei Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur verwendet worden, da eine Tierhaltung ohne Rodungsbewilligung verboten sei. Bei dem gegenständlichen Teil des Grundstückes Nr. 1651 handle es sich um Wald, was durch die Zeugenaussage des Bezirksoberförsters R. in der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde eindeutig belegt sei. Dies sei auch vom Beschwerdeführer selbst zugestanden worden. Durch die Haltung des Rotwildes sei es auch zu einer Schädigung des vorhandenen Waldbestandes gekommen. Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, daß ihm die Einholung einer Rodungsbewilligung nicht aufgetragen worden sei, sei zu erwidern, daß ein solcher Antrag durch ihn selbst zu stellen gewesen wäre, und zwar bereits zu einem Zeitpunkt, als er die Errichtung des Wildgatters geplant habe. Die Kenntnis der diesbezüglich geltenden Rechtsvorschriften müsse vom Beschwerdeführer aufgrund seiner Tätigkeit in der Landwirtschaft bzw. seinen Erfahrungen bei der Wildtierhaltung erwartet werden. Überdies sei der Beschwerdeführer anläßlich der Verhandlung vom 13. August 1990 vor der Bezirkshauptmannschaft Liezen vom Vertreter der Bezirksforstinspektion darauf hingewiesen worden, daß eine Teilfläche der gegenständlichen Parzelle als Wald ausgewiesen sei. Es bedürfe daher bezüglich der Wildtierhaltung grundsätzlich einer Rodungsbewilligung, um die anzusuchen sei. Für die Verwirklichung des Tatbestandes des § 17 Abs. 1 ForstG sei nicht relevant, weshalb die beiden Hirsche erst am 23. März 1991 entfernt worden seien bzw. die nach der Verhandlung am 30. August 1990 vorgenommene Auszäunung unwirksam gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsstrafakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Beschwerdeführer hat zur Gegenschrift eine Replik erstattet. Die belangte Behörde hat dazu eine Gegenäußerung abgegeben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 17 Abs. 1 ForstG ist die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur (Rodung) verboten.

Nach § 174 Abs. 1 lit. a Z. 6 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer das Rodungsverbot des § 17 Abs. 1 nicht befolgt.

Die in lit. a aufgezählten Übertretungen sind gemäß § 174 Abs. 1 zweiter Satz Z. 1 ForstG mit einer Geldstrafe bis zu S 100.000,-- oder mit Arrest bis zu 4 Wochen zu ahnden.

Der Vorwurf der widerrechtlichen Rodung - das ist gemäß § 17 ForstG die konsenslose Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldzucht - setzt begriffsnotwendig die Waldeigenschaft der betreffenden Fläche während der Rodung voraus (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 19. März 1990, 89/10/0032).

Die belangte Behörde hat die Waldeigenschaft der streitgegenständlichen Fläche vorfragenweise beurteilt. Sie hat sich dabei im wesentlichen auf die Aussage des in der mündlichen Verhandlung als Zeugen einvernommenen Oberförsters R. gestützt, wonach laut dem derzeit gültigen Waldkatasterplan, Auszug aus dem Grundstücksverzeichnis mit Stand 24. März 1987, bei dem gegenständlichen Grundstück Nr. 1651 eine Teilfläche von 2.633 m2 als Wald ausgewiesen sei; auch nach dem Naturzustand handle es sich dabei um Wald. Der Beschwerdeführer hat allerdings in der mündlichen Verhandlung nicht - wie die belangte Behörde meint - ausdrücklich zugestanden, daß es sich bei dem gegenständlichen Teil des Grundstückes um Wald handelt, sondern dies in Abrede gestellt. Bei dieser Verfahrenskonstellation wäre es daher an der belangten Behörde gelegen, das Strafverfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung in einem Feststellungsverfahren nach § 5 ForstG auszusetzen oder die Frage der Waldeigenschaft aufgrund entsprechender Tatsachenfeststellungen als Vorfrage im Sinne des § 38 AVG zu beurteilen.

Da es im Beschwerdefall an solchen der nachprüfenden Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes zugänglichen Feststellungen mangelt, war der angefochtene Bescheid - ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war - wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Mit der uneingeschränkten Abweisung der Berufung als unbegründet hat die belangte Behörde - entgegen ihrer in der Gegenschrift vertretenen Auffassung - auch den oben wiedergegebenen Ausspruch des Straferkenntnisses betreffend die Anordnung der Ersatzaufforstung übernommen. Auch insoweit ist der angefochtene Bescheid rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weil sich die belangte Behörde mit der Frage ihrer Zuständigkeit im erwähnten Umfang nicht auseinandergesetzt hat. Das Straferkenntnis beruft sich im erwähnten Zusammenhang zu Unrecht auf § 174 Abs. 3 ForstG; die Heranziehung dieser Vorschrift kommt schon mangels Vorhandenseins eines vom Waldeigentümer verschiedenen Schädigers nicht in Betracht. Einen inhaltlich auf § 172 Abs. 6 ForstG beruhenden Ausspruch durfte die belangte Behörde nicht bestätigen, weil es sich dabei nicht um ein "Verfahren wegen Verwaltungsübertretungen" iSd Art. 129a Abs. 1 Z. 1 B-VG und auch nicht um eine sonst in die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates fallende Angelegenheit handelte. Mit der Frage nach der rechtlichen Grundlage des Aufforstungsauftrages hat sich die belangte Behörde nicht auseinandergesetzt; dabei ist zu bemerken, daß der Instanzenzug im Falle eines Auftrages nach § 172 Abs. 6 ForstG zum Landeshauptmann führt (vgl. § 170 Abs. 1 ForstG).

Aufgrund dieser Erwägungen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1992100382.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten