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10/07 Verfassungs- und VerwaltungsgerichtsbarkeitNorm
B-VG Art53 Abs3Leitsatz
Abweisung des Antrags eines Viertels der Mitglieder des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses auf Entscheidung einer Meinungsverschiedenheit (mit der Bundesministerin für Justiz) betreffend zweier Verlangen auf ergänzende Beweisanforderung; kein völliger Ausschluss der (potentiellen) abstrakten Relevanz der Kommunikation von nicht mit der ÖVP verbundenen Personen für den Untersuchungsgegenstand; hinreichende Begründung des Nicht-Zusammenhangs der Korrespondenz einer Vielzahl von Personen mit dem Untersuchungsgegenstand durch die BMJSpruch
Der Antrag wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Antrag
Mit ihrem auf Art138b Abs1 Z4 B-VG gestützten Antrag begehren die Einschreiter,
"der Verfassungsgerichtshof möge aussprechen, dass die Bundesministerin für Justiz die Erhebungen gem den beiden ergänzenden Beweisanforderungen des Untersuchungsausschusses 4/US 27. GP vom 26.01.2022 (Beilage VI und VII) unverzüglich durchzuführen und die Ergebnisse dieser Erhebungen im Umfang des Untersuchungsgegenstandes dem Untersuchungsausschuss unverzüglich zu übermitteln hat".
II. Rechtslage
§25 und §27 der Anlage 1 (Verfahrensordnung für parlamentarische Untersuchungsausschüsse – VO-UA) zum Bundesgesetz vom 4. Juli 1975 über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975 – in der Folge: GOG-NR), BGBl 410, idF BGBl I 99/2014 lauten:
"Ergänzende Beweisanforderungen
§25. (1) Der Untersuchungsausschuss kann aufgrund eines schriftlichen Antrags eines Mitglieds ergänzende Beweisanforderungen beschließen.
(2) Ein Viertel seiner Mitglieder kann ergänzende Beweisanforderungen verlangen. Das Verlangen wird wirksam, wenn die Mehrheit der Mitglieder in dieser Sitzung nicht den sachlichen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand mit Beschluss bestreitet.
(3) Eine ergänzende Beweisanforderung hat ein Organ gemäß §24 Abs1 und 2 im Umfang des Untersuchungsgegenstands zur Vorlage bestimmter Akten und Unterlagen zu verpflichten oder um Erhebungen im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand zu ersuchen. Die Beweisanforderung ist zu begründen. Die Setzung einer angemessenen Frist ist zulässig. Der Untersuchungsausschuss kann Anforderungen an die Art der Vorlage beschließen. Sofern sich ein solcher Beschluss auf die Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden bezieht, ist nach Maßgabe von §58 vorzugehen.
(4) Bestreitet die Mehrheit der Mitglieder des Untersuchungsausschusses den sachlichen Zusammenhang eines Verlangens gemäß Abs2 mit dem Untersuchungsgegenstand, kann das verlangende Viertel der Mitglieder den Verfassungsgerichtshof gemäß Art138b Abs1 Z3 B-VG zur Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Beschlusses gemäß Abs2 anrufen. Mit der Feststellung des Verfassungsgerichtshofes über die Rechtswidrigkeit dieses Beschlusses wird das Verlangen gemäß Abs2 wirksam."
"Vorlage von Beweismitteln
§27. (1) Organe des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände sowie der sonstigen Selbstverwaltungskörper haben Beweisbeschlüssen gemäß §24 und ergänzenden Beweisanforderungen gemäß §25 unverzüglich zu entsprechen. Im Fall einer Anrufung des Verfassungsgerichtshofes gemäß §24 Abs4 hat die Übermittlung von Akten und Unterlagen jedoch erst mit Unterrichtung gemäß §26 Abs2 über die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes zu erfolgen.
(2) Akten und Unterlagen, die sich auf die Tätigkeit der Strafverfolgungsbehörden beziehen, sind vom Bundesminister für Justiz vorzulegen.
(3) Wird einem Beweisbeschluss oder einer ergänzenden Beweisanforderung nicht oder nur teilweise entsprochen, ist der Untersuchungsausschuss über die Gründe der eingeschränkten Vorlage schriftlich zu unterrichten.
(4) Kommt ein informationspflichtiges Organ nach Auffassung des Untersuchungsausschusses oder eines Viertels seiner Mitglieder der Verpflichtung gemäß Abs1 oder Abs3 nicht oder ungenügend nach, kann der Ausschuss oder ein Viertel seiner Mitglieder das betreffende Organ auffordern, innerhalb einer Frist von zwei Wochen diesen Verpflichtungen nachzukommen. Die Aufforderung ist schriftlich zu begründen.
(5) Der Verfassungsgerichtshof entscheidet gemäß Art138b Abs1 Z4 B-VG über die Rechtmäßigkeit der teilweisen oder gänzlichen Ablehnung der Vorlage oder der Beweiserhebung, wenn ihn das aufgeforderte Organ oder ein Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses nach Ablauf der Frist gemäß Abs4 anruft oder der Ausschuss eine Anrufung aufgrund eines schriftlichen Antrags nach Ablauf der Frist gemäß Abs4 beschließt.
(6) Werden klassifizierte Akten oder Unterlagen vorgelegt, ist der Untersuchungsausschuss über den Zeitpunkt und die Gründe der Klassifizierung schriftlich zu unterrichten."
III. Sachverhalt, Antragsvorbringen und Vorverfahren
1. Zum maßgeblichen Sachverhalt wird zunächst auf die diesbezüglichen Wiedergaben in den Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes vom 21. Juni 2022, UA1-2/2022, und vom 25. August 2022, UA5-6/2022, verwiesen (vgl insbesondere auch die dort abgedruckte Beilage VII).
1.1. Am 21. Juli 2022 stellten ua der Erst- und der Viertantragsteller sowie die Zweiteinschreiterin einen auf Art138b Abs1 Z4 B-VG gestützten Antrag,
"der Verfassungsgerichtshof möge feststellen,
• dass die Weigerung der Bundesministerin für Justiz, der Aufforderung
gemäß §27 Abs4 VO-UA vom 30.6.2022 nachzukommen und den
ergänzenden Beweisanforderungen des Untersuchungsausschusses
4/US 27. GP vom 26.01.2022 (Beilage VI und VII) um Erhebungen im
Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand innerhalb von zwei
Wochen zu entsprechen, rechtswidrig ist
sowie ferner,
dass die Bundesministerin für Justiz die Erhebungen gem den beiden Ver-
langen vom 26.02.2022 unverzüglich durchzuführen und die Ergebnisse
dem Untersuchungsausschuss unverzüglich zu übermitteln hat".
1.2. Mit Beschluss vom 25. August 2022, UA5-6/2022, wies der Verfassungsgerichtshof diesen Antrag zurück.
1.3. Laut einem Ergebnisprotokoll der Besprechung im Rahmen des Konsultationsverfahrens zum Untersuchungsausschuss betreffend Klärung von Korruptionsvorwürfen gegen ÖVP-Regierungsmitglieder (ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss) vom 5. September 2022 hat der Vorsitzende als Ergebnis festgehalten, dass bis dato auf Fraktionsebene keine Einigkeit über den Einsatz einer Suchsoftware bestehe. Das Bundesministerium für Justiz werde eine mögliche Liste mit allfälligen Suchwörtern für die potentielle Anwendung einer Suchsoftware übermitteln. Einigkeit bestehe darüber, dass die ÖVP-Fraktion auf Referentenebene einen Vorschlag über die weitere Vorgangsweise zur Erörterung auf Referentenebene übermitteln werde. Bis Anfang Oktober solle eine Konsultationsvereinbarung abgeschlossen werden. Überdies werde das Bundesministerium für Justiz einen schriftlichen Entwurf der Konsultationsvereinbarung betreffend ein näher bezeichnetes Verfahren der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption (in der Folge: WKStA) übermitteln.
1.4. In der 31. Sitzung des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses vom 15. September 2022 wurde die Bundesministerin für Justiz gemäß §27 Abs4 VO-UA aufgefordert (ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen),
"den ergänzenden Beweisanforderungen des Untersuchungsausschusses 4/US 27. GP vom 26.01.2022 (Beilage VI. und VII.) um Erhebungen im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand innerhalb von zwei Wochen zu entsprechen und die Ergebnisse der beiden Beweiserhebungen dem Untersuchungsausschuss in Entsprechung ihrer Pflichten schon aufgrund des grundsätzlichen Beweisbeschlusses (AB 1215 BIgNR 27. GP Anlage 2) zu übermitteln.[…]
Begründung
1.1. Mit zwei am 26.01.2022 (Beilage Vl. und VII.) wirksam gewordenen Verlangen ersuchte ein Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses die Bundesminister für Justiz (im Folgenden: Bundesministerin) durch die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) für den Untersuchungsausschuss 4/US im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand folgende Erhebung durchzuführen:
Erstens Auswertung des vorliegenden Datenbestands von MMag. T[.] S[.] auf Korrespondenzen mit Bezug zu näher beschriebenen Personen sowie zweitens Auswertung des vorliegenden Datenbestands auf Korrespondenzen mit Bezug zu näher bezeichneten Personen bzw Auswertung des vorliegenden Datenbestands auf Korrespondenzen unter Beteiligung näher bezeichneter Personen.
1.2. Mit Schreiben vom 09.02.2022 teilte die Bundesministerin mit, dass eine erste oberflächliche Sichtung des Datenbestandes ergeben hätte, dass MMag. T[.] S[.] im relevanten Zeitraum von den in den zwei Verlangen angeführten Personen möglicherweise nur mit einer Person Nachrichten ausgetauscht haben dürfte. Da der Aufwand für die gleichzeitige Auswertung (im Verhältnis zu einem Verlangen auf Beweiserhebung des Untersuchungsausschusses vom 16.12.2021; dazu sogleich) nur geringfügig größer sein dürfte, erscheine es zweckmäßig, diese Nachrichten in die Auswertung einzubeziehen. Es bestehe zudem hinsichtlich der Durchführung von Erhebungen entsprechend der ergänzenden Beweisverlangen vom 16.12.2021 und vom 26.01.2022 dringender Konsultationsbedarf. Mit Verlangen vom 16.12.2021 hatte ein (vom vorliegend antragstellenden Viertel verschiedenes) Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses die Bundesministerin ersucht, durch die WKStA für den Untersuchungsausschuss 4/US XXVII. GP im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand den vorliegenden Datenbestand auf Korrespondenzen mit Bezug bzw. unter Beteiligung zu näher im Verlangen bezeichneten Personen auszuwerten.
1.3. Mit Schreiben vom 15.02.2022 teilte die Bundesministerin mit, dass eine neuerliche Prüfung des Datenbestandes ergeben hätte, dass deutlich mehr Nachrichten zu den in den Verlangen vom 26.01.2022 angeführten Personen vorlägen als ursprünglich ersichtlich gewesen wäre. Eine Parallelauswertung der Verlangen vom 16.12.2021 und vom 26.01.2022 wäre ohne erheblichen zeitlichen Mehraufwand nun nicht möglich, weshalb weiterhin dringender Konsultationsbedarf zur Frage der Reihenfolge der durchzuführenden Auswertungen bestünde.
1.4. Neben mehreren Besprechungen zwischen Mitgliedern des Untersuchungsausschusses sowie zwischen Mitarbeitern der im Untersuchungsausschuss vertretenen Fraktionen fand am 24.03.2022 eine Besprechung zwischen Vertretern des BMJ und Mitgliedern des Untersuchungsausschusses statt. Die Vertreter des BMJ brachten vor, dass eine gleichzeitige Auswertung aufgrund des großen Umfanges nicht möglich sei, weshalb ein Konsultationsverfahren einzuleiten wäre. Es sei weiters notwendig, dass die Fraktionen des Untersuchungsausschusses der BMJ einen Auftrag übermitteln, in welcher Reihenfolge auszuwerten sei. Das BMJ könne nicht alle seine Ressourcen für den Untersuchungsausschuss einsetzen. Die Sitzung wurde ohne Einigung vom Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses geschlossen.
1.5. Am 07.04.2022 forderte daher ein Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses die Bundesminister gemäß §27 Abs4 VO-UA auf, binnen 14 Tagen den beiden ergänzenden Beweisanforderungen vom 26.01.2022 zu entsprechen. Die Aufforderung begründete das Viertel damit, dass die Bundesminister nicht ausreichend begründet habe, warum sie den ergänzenden Beweisanforderungen vom 26.01.2022 nicht entsprochen habe. Die von der Bundesministerin ins Treffen geführten Gründe (Ressourcenknappheit, Erforderlichkeit einer Konsultationsvereinbarung) befreien diese nicht von ihrer Pflicht zur fristgerechten Vorlage. Die Bundesministerin habe vielmehr ausreichend Ressourcen zur Verfügung zu stellen, um ihrer Vorlagepflicht nachzukommen. Der Abschluss einer Konsultationsvereinbarung sei weder gerechtfertigt noch wurde eine solche tatsächlich abgeschlossen. Die Bundesministerin sei daher zur unverzüglichen Entsprechung der beiden Verlangen verpflichtet.
1.6. Mit Schreiben vom 25.04.2021 gab die Bundesministerin erneut bekannt, dem Verlangen nicht nachkommen zu können, weil aufgrund von Ressourcenknappheit ein Konsultationsbedarf gemäß §58 Abs2 VO-UA bestünde. Erneut wurde auch darauf hingewiesen, dass die Minderheit keine Reihung der Datenauswertungen vorgenommen habe und es bei den stattgefundenen Besprechungen diesbezüglich zu keiner Einigung gekommen sei. Eine Personalaufstockung sei bereits vorgenommen worden, würde das Problem aber aufgrund der notwendigen Begleitung der Auswertung durch mit der Führung der Ermittlungen befassten Oberstaatsanwälten nicht lösen. Die auszuwertenden Informationen könnten zudem sehr wohl Gegenstand eines Konsultations-verfahrens seien.
1.7. Am 05.05.2022 stellte eine Minderheit gestützt auf Art138b Abs1 Z4 B-VG iVm §56f VfGG die beiden Anträge, der Verfassungsgerichtshof möge feststellen, die Bundesministerin verpflichtet ist, den beiden ergänzenden Beweisanforderungen zum Untersuchungsausschuss 4/US XXVII.GP vom 26.01.2022 (Beilage VI. und Beilage VII.) unverzüglich nachzukommen und die Ergebnisse der beiden Beweiserhebungen dem Untersuchungsausschuss vollständig vorzulegen.
Der Verfassungsgerichtshof wies diese Anträge zwar teilweise zurück- bzw ab, stellte aber Folgendes fest (VfGH 21.06.2022, UA1-2/2022, RZ165-166):
'Für den vorliegenden Fall bedeutet dies Folgendes: Da die angesprochene Frist von längstens drei Monaten bereits verstrichen ist, steht der Bundesministerin für Justiz nicht mehr die Möglichkeit offen, allein gestützt auf Art138b Abs1 Z6 B-VG ein Verfahren beim Verfassungsgerichtshof anzustrengen. Sie trifft daher unverzüglich nach Zustellung des vorliegenden Erkenntnisses in Bezug auf die beiden in Rede stehenden ergänzenden Beweisanforderungen gegenüber dem ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss die Verpflichtung, ihrer bestehenden Behauptungs- und Begründungspflicht für das Nicht-Entsprechen (vgl §27 Abs3 VO-UA) nachzukommen (vgl zuletzt VfGH 10.5.2021, UA4/2021 mwN). Vor dem Hintergrund der von der Bundesministerin für Justiz im Konsultationsverfahren vorgebrachten Gründe hat sie die Verpflichtung, den Untersuchungsausschuss umfassend über den Fortschritt der Erhebungen zu informieren und eine Prognose des erforderlichen Zeitaufwandes nachvollziehbar zu begründen, die auch den Einsatz der Personalressourcen umfasst. Dabei ist zu berücksichtigen, dass allfällige von der Bundesministerin für Justiz angenommene Ausnahmen von der Entsprechungsverpflichtung ihre Grundlage in Art53 B-VG haben müssen und entsprechend zu begründen sind; sollte die Bundesministerin für Justiz der Auffassung sein, Verlangen führten dazu, dass die Grenzen der Gewaltentrennung und Funktionsfähigkeit der Vollziehung überschritten werden, hätte sie diese Behauptung entsprechend zu begründen.
Die vorgebrachten Begründungen können bei Vorliegen einer neuen Meinungsverschiedenheit in einem Verfahren nach Art138b Abs1 Z4 B-VG (nach einer neuerlichen Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO-UA) vom Verfassungsgerichtshof überprüft werden.'
1.8. Am 07.07.2022 erstattete die Bundesministerin eine Äußerung zu GZ 2022-0.494.852.
Die Bundesministerin hält in diesem Schreiben fest, dass die auszuwertenden Nachrichten von der WKStA erst in ein lesbares Format gebracht werden müssten. Im Hinblick auf die Auswertung von Chats 'mit Bezug zu' merkt sie an, dass hier zusätzliche inhaltliche Sichtungen erforderlich seien. Eine Beschleunigung der Auswertung durch Suche nach Suchwörtern erscheine zweckmäßig. Es seien bereits erste Auswertungen durchgeführt worden, so hinsichtlich des Datenbestandes von MMag. T[.] S[.], wobei sie festhält, dass zur Beweisanforderung vom 26.01.2022 noch keine Punkte explizit abgearbeitet wurden. Hinsichtlich der Beweisanforderung vom 16.12.2021 sei die Auswertung des Datenbestandes von MMag. S[.] in inhaltlicher Hinsicht betreffend die genannten Personen offen. Hinsichtlich der Beweisanforderungen vom 26.01.2022 sei noch die gesamte Beweisanforderung offen. Alleine von H[.] C[.] S[.] und Mag. J[.] G[.] sei ein großer Datenbestand im Bereich von mehr als 100.000,00 Nachrichten vorhanden.
Des Weiteren werden Details des Auswertungsprozesses dargestellt, wonach zunächst die Chatnachrichten von IT-Experten aufbereitet und selektiert würden. Diese würden dann Rechtspraktikanten zur Bearbeitung zugewiesen. Der WKStA seien jeweils drei Rechtspraktikanten für die Dauer von zwei bis drei Monaten zugeteilt. Diese treffen nach entsprechender Einschulung durch den Teamleiter und einen IT Experten eine Einschätzung, welche Chatnachrichten relevant seien. Ebenso würden sie Schwärzungen vornehmen.
Nach Abschluss dieser ersten Grobeinschätzung würden die Bewertungen von einem Richteramtsanwärter vorrevidiert. Dieser vorrevidierte Nachrichtenverlauf würde einem Oberstaatsanwalt jenes Teams, das den Verfahrenskomplex bearbeitet, vorgelegt und dieser revidiere die bisher getroffenen Einordnungen der Nachricht. Nach dieser Revision würden alle Nachrichten einem weiteren Staatsanwalt aus dem Ibiza-Team vorgelegt werden. Dieser kontrolliere die vorzulegenden Chatnachrichten dahingehend, ob durch eine Vorlage eine Ermittlungsgefährdung gegeben oder ein Konsultationsmechanismus erforderlich sei. Erst wenn die Prüfung durch den zweiten Staatsanwalt beendet sei, würden die Chatnachrichten von einem IT-Experten für die Übersendung an den Untersuchungsausschuss vorbereitet und schlussendlich übermittelt.
Neben allgemeinen Darstellungen zum zeitlichen Aufwand in Abhängigkeit von der Qualität der Vorselektion auf die Rechtspraktikanten hält die Bundesministerin fest, dass das staatsanwaltliche Team zur Bearbeitung des Verfahrenskomplexes aus acht Personen (sieben Teammitglieder, ein Teamleiter) bestehe. Ein Teammitglied wende etwa drei bis vier Arbeitstage pro Monat, ein weiteres Teammitglied rund einen Arbeitstag pro Monat und der Teamleiter etwa fünf Stunden pro Monat im Zusammenhang mit Chat-Auswertungen auf.
In zeitlicher Hinsicht erscheine eine Erledigung binnen drei Monaten mit aktuellem Ressourceneinsatz unrealistisch. Würden alle Oberstaatsanwälte der WKStA angewiesen werden, sich ausschließlich den Datenauswertungen für den Untersuchungsausschuss zu widmen, käme dies zu einem Stillstand in den von der WKStA zu führenden Ermittlungsverfahren. Auch die Anzahl der Rechtspraktikanten und Richteramtsanwärter müsste aufgestockt werden.
Unter dem Titel 'Zur Frage der Überschreitung der Grenzen der Gewaltentrennung und Funktionsfähigkeit der Strafverfolgung durch die Verlangen iZm Chat-Auswertungen' hält die Bundesministerin fest, dass die Revision eine Vollzeitkraft eine Woche pro Monat binde, was zu Lasten der für die Strafrechtspflege verfügbaren Ressourcen gehe. Würden innerhalb des 'lbiza-Teams' mehr Ressourcen für die Vidierung der Auswertungen aufgewendet, ginge dies auf Kosten der eigentlichen Ermittlungstätigkeit in diesem Verfahrenskomplex. Jede Vergrößerung des Teams insgesamt wäre nur zu Lasten anderer Aufgaben der WKStA in der Strafrechtspflege möglich. Die Personalsituation sei angespannt und alle verfügbaren Ressourcen würden in der Strafrechtspflege benötigt. Die Staatsanwälte könnten ihrer verfassungsrechtlich verankerten Funktion, Ermittlungsverfahren unter Beachtung des Beschleunigungsverbots zu führen, nicht mehr ordnungsgemäß nachkommen. Zuteilungen von Staatsanwälten von anderen Staatsanwaltschaften seien nicht möglich, da diese ebenfalls völlig ausgelastet seien. Nach Art53 Abs4 B-VG bestünde die Verpflichtung gemäß Art53 Abs3 B-VG nicht, soweit die rechtmäßige Willensbildung der Bundesregierung oder von einzelnen ihrer Mitglieder oder ihre unmittelbare Vorbereitung beeinträchtigt würde.
Die Informationsrechte des Nationalrats seien im Interesse der Funktionsfähigkeit der Bundesregierung und ihrer Mitglieder nicht schranklos. Die Funktionsfähigkeit der Bundesregierung bzw ihrer Mitglieder impliziere auch die Funktions- und Arbeitsfähigkeit der den jeweiligen Regierungsmitgliedern nachgeordneten Behörden. Personal- und Sachmittel würden im Rahmen des Verfügbaren bereitgestellt, damit der Zweck des Untersuchungsausschusses möglichst effektiv erreicht werden könne.
Als Lösungsvorschlag vermeint die Bundesministerin, dass eine Auswertung der vorliegenden Daten deutlich rascher bewerkstelligt werden könne, wenn mit bestimmten – im Vorhinein festzulegenden – Suchworten operiert werden könne. Insbesondere werde die Festlegung und Bekanntgabe von Suchworten für die einzelnen Auswertungsverlangen angeregt.
2. Mit dieser Begründung kommt die Bundesministerin ihrer Begründungspflicht gemäß §25 Abs3 VO-UA nicht ausreichend nach (vgl VfGH 03.03/2021, UA1/2021; VfGH 10.05.2021, UA4/2021). Die Bundesministerin ist als vorlagepflichtiges Organ grundsätzlich zur Durchführung aller von einem Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses verlangten Ermittlungen verpflichtet, außer sie legt mit hinreichender Begründung dar, warum sie dieser Verpflichtung nicht nachkommen kann, etwa weil bestimmte Ermittlungen nicht im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand stehen oder andere rechtliche Gründe der Durchführung der Ermittlungen entgegengestehen. Ist seitens eines vorlagepflichtigen Organs beabsichtigt, die Vornahme von Ermittlungen abzulehnen, so müssen die Mitglieder des Untersuchungsausschusses nachvollziehen können, aus welchen Gründen die Ermittlungen nicht erfolgen können.
3. Bisher ist die Bundesministerin lediglich ihrer diesbezüglichen Behauptungs-, nicht aber auch ihrer Begründungspflicht gegenüber dem Untersuchungsausschuss 4/US 27. GP nachgekommen, weshalb sie verpflichtet ist, diesen – von einem Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses in den beiden Verlangen vom 26.01.2022 verlangten – Ermittlungen durchzuführen.
3.1. Die Bundesministerin vermeint, aufgrund eines hochkomplexen Systems von vor- und nachgeschalteten Juristinnen bzw Juristen, die die Kommunikation auswerten, sei die erforderliche Auswertung nicht zu bewältigen. Sie begründet jedoch nicht, weshalb exakt dieses System erforderlich ist und ob nicht auch mit weniger Personaleinsatz das Auslangen gefunden werden könnte. Mit dieser Vorgehensweise könnte jede zur Auskunft verpflichtete Stelle durch ein Vorschalten komplexer 'Qualitätssicherungssysteme' jegliches Auskunftsbegehren ins Leere laufen lassen. Tatsächlich liegt es in der Verantwortung der auskunftspflichtigen Organe, ausreichende Ressourcen vorzuhalten und die Abläufe so zu organisieren, dass die Erfüllung verfassungsgesetzlich normierter Verpflichtungen möglich ist.
Die Bundesministerin schafft sozusagen selbst ein System, erklärt dieses zum zwingend notwendigen Standard und kommt dann zum Ergebnis, dass es aufgrund dieses Standards nicht möglich sei, dem Untersuchungsausschuss die für seine Aufgabe notwendigen Akten und Unterlagen (rechtzeitig) zu übermitteln. Im Endeffekt liefert sie damit eine Scheinbegründung. Eigentlich müsste sie begründen, weshalb ausgerechnet und allein dieses System erforderlich ist und nicht etwa auch ein System mit weniger Vor- und Nachrevisionen geeignet sein könnte, dasselbe Ergebnis zu erzielen.
3.2. Dass möglicherweise durch eine Einschränkung der Anforderung auf wenige Stichworte eine Arbeitserleichterung geschaffen werden könnte, mag zwar zutreffen. Freilich wäre dies ein Eingriff in das Selbstinformationsrecht des Nationalrats. Die das Verlangen stellende Minderheit hat – mit gutem Grund – eine möglichst umfassende Auswertung verlangt, um eben dem – weit gefassten – Untersuchungsauftrag umfänglich entsprechen zu können. Durch die Einschränkung auf einige Stichworte wäre eine vollumfängliche Untersuchung nicht mehr gewährleistet. So hält selbst die Bundesministerin in ihrem Schreiben fest, dass diese Möglichkeit im Rahmen der Konsultationssitzung am 28.02.2022 von allen Fraktionen einhellig abgelehnt wurde.
3.3. Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 21.06.2022, UA1-2/2022, Rz 163 ff) klar und unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass die Bundesministerin für Justiz verpflichtet ist, den Untersuchungsausschuss umfassend über den Fortschritt der Erhebungen zu informieren und eine Prognose des erforderlichen Zeitaufwandes nachvollziehbar zu begründen, die auch den Einsatz der Personalressourcen umfasst. Die Bundesministerin hat zwar versucht, die Nichtvornahme der verlangten Ermittlungen mit Personalknappheit zu begründen, hinsichtlich der Prognose begnügt sie sich jedoch mit der lapidaren Feststellung, dass nach Einschätzung der Leiterin der WKStA der Abschluss der verlangten Chat-Auswertungen während der voraussichtlichen Dauer des Untersuchungsausschusse nicht garantiert werden könne.
Dies bedeutet nicht mehr und nicht weniger, als dass die Bundesministerin samt der ihr unterstellten Behörde nicht gedenkt, ihrer Vorlagepflicht bis zum Ende der Tätigkeit des Untersuchungsausschusses nachzukommen. Entgegen der ihr verfassungsrechtlich auferlegten und durch den VfGH erläuterten Verpflichtung hat die Bundesministerin gegenüber dem Untersuchungsausschuss keinerlei Angaben gemacht, aus denen er ableiten kann, wann er mit welchen Teillieferungen in welcher Größenordnung rechnen kann. Inhalt der zeitlichen Prognose der Bundesministerin ist lediglich, dass sich die gesamthafte Erfüllung der beiden Verlangen bis zum Ende des Untersuchungsschusses nicht ausgehen werde. Diese Information wurde gegenüber dem Untersuchungsausschuss bisher verschwiegen.
Wenn – wie von der Bundesministerin berichtet – die Leiterin der WKStA anmerkt, dass das Verlangen nicht binnen drei Monaten erfüllt werden könne, ist darauf hinzuweisen, dass das Verlangen schon deutlich länger als drei Monate wirksam ist. Schon insofern muss es möglich sein, eine seriöse Prognose zu erstellen und nicht nur eine Prognose, dass es sich nicht ausgehe.
3.4. Darüber hinaus ist das behauptete Ressourcenproblem nicht nachvollziehbar: Wenn etwa ein Teamleiter lediglich fünf Arbeitsstunden pro Monat aufwendet, um an der Aufbereitung der Kommunikation mitzuwirken, zeigt dies, dass die Ressourcenzuteilung nicht anhand der dem Bundesministerium bzw den diesem nachgeordneten Dienststellen verfassungsgesetzlich übertragenen Verpflichtungen geschieht. Auch sonst sind insbesondere die staatsanwaltschaftlichen Mitarbeiter nicht beziehungsweise nur in geringem Ausmaß mit der Auswertung beschäftigt, sodass nicht ersichtlich oder nachvollziehbar ist, weshalb hier nicht durch zusätzlichen Ressourceneinsatz dem gesetzlichen Auftrag entsprochen werden kann. In rechtlicher Hinsicht bedeutet dies, dass die Ausführungen einer Bundesministerin keine hinreichende Begründung dafür darstellen, dem Auskunftsverlangen nicht zu entsprechen.
Im Ergebnis belegt der geschilderte Ressourceneinsatz insbesondere auf Ebene der Staatsanwälte gerade nicht, dass eine verstärkte Aktivität die sonstigen Tätigkeiten der Justiz bzw die Funktion der Bundesministerin und der ihr nachgeordneten Dienststellen insgesamt gefährden würden. Würden beispielsweise die von der Bundesministerin geschilderten Anstrengungen verdoppelt, wären nach den Ausführungen der Bundesministerin gerade einmal sechs Rechtspraktikanten, zwei Richteramtsanwärter, sechs bis acht Arbeitstage eines Teammitglieds pro Monat, zwei Arbeitstage eines weiteren Teammitglieds pro Monat und zehn Stunden pro Monat des Teamleiters erforderlich. Es ist nicht nachvollziehbar, dass es nicht möglich ist, selbst mit dem bestehenden Personal diese Ressourcen aufzubringen. Schon überhaupt ist nicht plausibel, dass durch einen solchen Ressourceneinsatz die Funktionsfähigkeit der Justiz gefährdet wäre, wobei die Bundesministerin auch dafür nachvollziehbare und detaillierte Ausführungen schuldig bleibt.
Dass es etwa nicht möglich ist, der WKStA mehr als drei Rechtspraktikanten zuzuteilen, ist nicht nachzuvollziehen. Dass dies Usus ist, mag sein; wenn es aber die Umsetzung von Verlangen eines Untersuchungsausschusses gebietet, wäre es die Pflicht des obersten Organs, innerhalb seines Zuständigkeitsbereichs für entsprechende Ressourcen oder Personalumschichtungen zu sorgen. Auch wird seitens der Bundesministerin nicht ausgeführt, warum Personal anderer Staatsanwaltschaften oder des Ministeriums nicht für eine beschränkte Dauer der WKStA zur Verfügung gestellt werden, etwa im Wege einer Dienstzuteilung oder vergleichbarer personalrechtlicher Instrumente, um die verfassungsgesetzlichen Verpflichtungen gemäß Art53 Abs3 B-VG erfüllen zu können.
3.5. Alle diese Rechnungen nützen nichts, weil die Bundesministerin überhaupt keine Berechnungen angestellt hat, welcher Aufwand für die Auswertungen erforderlich ist. Eine hinreichende Begründung der Verweigerung der verlangten Ermittlungen hätte nämlich bedurft, eine belastbare Prognose zur Grundlage, welcher Personaleinsatz für die angeforderten Auswertungen erforderlich wäre, zu erstellen. Auf dieser Grundlage könnte dann beurteilt werden, mit welchem Ressourceneinsatz oder in welchem zeitlichen Rahmen (bei gegebenem Ressourceneinsatz) eine Umsetzung möglich wäre. Schon aufgrund dieser Unterlassung ist die Begründung der Frau Bundesminister nicht hinreichend und damit rechtswidrig.
Außerdem ist das Problem der Ressourcenknappheit der Bundesministerin schon seit Monaten bekannt, hat sie doch darauf gegründet bereits im Februar das Konsultationsverfahren eingeleitet. Die Bundesministerin hat es daher seit 16.01.2022, also seit über einem halben Jahr unterlassen, das Ressourcenproblem, dass sie daran hindert, ihrer verfassungsgesetzlichen Verpflichtung nach Art53 Abs3 B-VG nachzukommen, zu beheben.
Weshalb in diesem Zusammenhang die Bundesministerin nicht eine Lieferung in Tranchen anbietet, wie sie dies in anderen Fällen bereits getan hat, erschließt sich auch nicht. Insbesondere liefert sie dafür auch keine Begründung. Hätte sie ihrem gesetzlichen Auftrag entsprochen und zumindest mit der Auswertung begonnen, müssten bereits Unterlagen vorliegen. Wie die Bundesministerin selbst einräumt, wurde in Bezug auf ein Verlangen überhaupt nicht mit den Arbeiten begonnen. Dies ist rechtswidrig.
3.6. Auch der Versuch der Bundesministerin, die Nicht-Erfüllung der beiden Verlangen vom 26.01.2022 auf Art53 Abs4 B-VG zu stützen, also zu behaupten, dass im Falle einer Erfüllung der beiden Verlangen die rechtmäßige Willensbildung der Bundesregierung oder einzelner Mitglieder der Bundesregierung bzw die unmittelbare Vorbereitung diese Willensbildung beeinträchtigt wäre, ist nicht nachvollziehbar.
Die Bundesministerin stützt ihre Argumentation ausschließlich darauf, dass die für den Untersuchungsausschuss durchzuführenden Beweiserhebungen das Gefüge der WKStA vor enorme Herausforderungen stellen würde, um dann wiederum die angespannte Personalsituation der WKStA ins Treffen zu führen. Zusammengefasst behauptet die Bundesministerin, eine noch stärkere Beanspruchung der mit den gegenständlichen Beweiserhebungen befassten Oberstaatsanwälte der WKStA für die Zwecke des Untersuchungsausschusses würde anderweitige Dienstgeschäfte der WKStA und daher in der Folge auch die 'Weisungsaufgaben' der Bundesministerin gefährden und folglich eine Beeinträchtigung iSd Art53 Abs4 B VG darstellen.
Zum ersten ist überhaupt nicht ersichtlich, warum – wenn dies überhaupt zutrifft – eine Beeinträchtigung der Dienstgeschäfte der WKStA durch Beweiserhebungsersuchen eines Untersuchungsausschusses die 'Weisungsaufgaben' der Bundesministerin gefährden sollte. Die Bundesministerin führt dazu auch nichts Weiteres aus, sondern lässt diese Behauptung unbegründet, weshalb es dem antragstellenden Viertel unmöglich ist, der Argumentation zu folgen.
Zum zweiten besteht die Vorlageverpflichtung nach Art53 Abs3 B-VG nur insoweit nicht, als dadurch 'die rechtmäßige Willensbildung der Bundesregierung oder von einzelnen ihrer Mitglieder oder ihre unmittelbare Vorbereitung beeinträchtigt wird.' Der Schutzbereich des Art53 Abs4 B-VG konkretisiert also die Vorlageverpflichtung nach Art53 Abs2 B-VG dahingehen, dass die Informationsrechte des Nationalrates im Interesse der Funktionsfähigkeit der Bundesregierung und ihrer Mitglieder nicht schrankenlos sind. Es wird so ein grundsätzlich nicht ausforschbarer Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich der Bundesregierung oder einzelner ihrer Mitglieder geschützt.[…]
Obwohl nicht explizit ausgeführt, orientieren sich der Wortlaut des Art53 Abs4 B-VG und die zugehörigen Materialien an der deutschen Rechtslage.[…] Das zeigt sich auch eindeutig daran, dass man die Formulierungen in den Materialien zur Novellierung des Art53 B-VG im Rahmen der Untersuchungsausschussrechtsreform 2014[…] mit den Formulierungen aus dem Erkenntnis des Bundesverfassungsgerichts zum sogenannten Flick-Untersuchungsausschuss[…], das als Leiterkenntnis für das Konzept des Kernbereichs der exekutiven Eigenverantwortung gilt, vergleicht.
Das Bundesverfassungsgericht hat den Begriff des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung mittlerweile mehrfach aufgegriffen[…] und präzisiert, worin sich der Kernbereich der exekutiven Eigenverantwortung begründet und wie dieser abzugrenzen ist: Gründe, einem Untersuchungsausschuss Informationen vorzuenthalten, können sich aus dem Gewaltenteilungsgrundsatz ergeben.[…] Zwar muss parlamentarische Kontrolle wirksam sein[…], aber verfassungsmäßig vorgenommene Verteilung der Machtgewichte auf die drei Staatsgewalten muss aufrecht erhalten bleiben. Keine der drei Gewalten darf ein durch die Verfassung nicht vorgesehenes Übergewicht über eine andere Gewalt erhalten und keine Gewalt darf der für die Erfüllung ihrer verfassungsmäßigen Aufgaben erforderlichen Zuständigkeiten beraubt werden.[…] Die Kontrollbefugnis des Parlaments ist folglich kein Recht der Mitbeteiligung, sondern sie ist im Grundsatz auf die Ex-post-Prüfung abgeschlossener Vorgänge beschränkt.[…] Die Bundesregierung ist weder ein 'Ausschuss des Bundestages', noch ist der Bundestag der Bundesregierung gegenüber weisungsberechtigt. Der Bundesregierung kommt vielmehr – auch im parlamentarischen Regierungssystem – eine selbstständige Stellung zu. Zu dieser selbstständigen Stellung gehört ua auch die politische Führung auf höchster Ebene, 'ohne eine sich zur Mitentscheidung steigernde Ingerenz' seitens des Gesetzgebers.[…] Genau in dieser Selbstständigkeit besteht der 'Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung', der auch einen – selbst von Untersuchungsausschüssen – grundsätzlich nicht ausforschbaren Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich einschließt.[…]
Durch den Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung soll der Bundesregierung also die Möglichkeit autonomer Willensbildung eröffnet werden.[…] Daher ist zB die Willensbildung der Regierung selbst sowohl hinsichtlich der Erörterungen im Kabinett als auch bei der Vorbereitung von Kabinetts- und Ressortentscheidungen, die sich vornehmlich in ressortübergreifenden und internen Abstimmungsprozessen vollzieht, davon umfasst.[…] Die Willensbildung bezieht sich insofern keineswegs bloß auf die formale Abstimmung im Rahmen einer Regierungssitzung, sondern umfasst auch die Vorbereitung einer solchen. Der Gewaltenteilungsgrundsatz ist demgemäß nicht nur der Grund für das Untersuchungsrecht, sondern bildet auch dessen Grenze.[…]
Die obenstehenden Ausführungen machen deutlich, dass sich – auch nach den österreichischen, an die deutschen Bestimmungen angelehnten Normen – der Schutzbereich des Art53 Abs4 B-VG auf die Willensbildung innerhalb der Bundesregierung erstreckt. Zwar sind die Vorbereitungsarbeiten innerhalb des Kabinetts oder Ressorts für die Willensbildung vom Schutzbereich mitumfasst, wie nun aber – vermeidbare – mangelnde Personalressourcen im Bereich der WKStA die Bundesministerin in ihrer Willensbildung hindern sollte, erschließt sich aus dem Schreiben vom 07.07.2022 nicht.
Organisatorische Probleme und/oder mangelnde Ressourcenausstattung einer dem Ressort nachgelagerten Dienststelle stellen – wie dargelegt – keinen Anwendungsbereich des Art53 Abs4 B-VG dar. Das Konzept des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung schützt – abgleitet aus dem Grundsatz der Gewaltentrennung – die Organe der Verwaltung bzw der Vollziehung vor unzulässiger Beeinflussung der Entscheidungsfindung durch den ausschließlich zur Kontrolle, nicht jedoch zur Mitentscheidung berufenen Nationalrat. Dieses Konzept entbindet die Bundesministerin also nicht von ihrer Verantwortung, für die zur Bewältigung der (verfassungs-) gesetzlich normierten Aufgaben notwendigen Ressourcen entsprechend der der Bundesministerin zukommenden umfassenden Leitungsbefugnis (Art20 Abs1 B-VG) zu sorgen.
Würde man der Interpretation der Bundesministerin folgen, könnte forthin jedes Ressort nach Etablierung eins komplizierten, mehrstufigen Prozesses zur Aktenvorlage unter Berufung auf Personalknappheit iVm Art53 Abs4 B-VG die Anforderungen des Untersuchungsausschusses auf Vorlage von Akten und Unterlagen oder auf ergänzende Beweiserhebungen verhindern. Die Bundesministerin hätte nunmehr schon über ein halbes Jahr Zeit gehabt, die Ressourcenprobleme durch – temporäres – Beiziehen von weiterem Personal abzumildern.
Außerdem erfüllt die Bundesministerin bereits ein gleichgelagertes Verlangen (Verlangen vom 16.12.2021) durch fortlaufende Lieferungen. Warum sie hier keinen Eingriff in ihre rechtmäßige Willensbildung sieht, bei den Verlangen vom 26.01.2022 hingegen schon, lässt die Bundesministerin offen.
Jedenfalls kann die Ausnahme von der Vorlageverpflichtung nach Art53 Abs4 B-VG nicht dafür gedacht sein, dass sich die Bundesministerin aussuchen kann, welches Verlangen sie erfüllt und welches nicht. Die Bundesministerin ist als vorlagepflichtiges Organ grundsätzlich zur Entsprechung aller von einem Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses begehrten Ersuchen um Beweiserhebung unverzüglich (§27 Abs1 VO UA) verpflichtet, außer sie legt mit hinreichender Begründung dar, warum bestimmte ergänzende Beweisanforderungen nicht von (potentieller) abstrakter Relevanz für den Untersuchungsgegenstand sind oder sie durch andere rechtliche Gründe an der Entsprechung gehindert wäre.
4. Am 05.09.2022 fand eine weitere Besprechung betreffend Konsultationsverfahrens zwischen Vertretern des Bundesministeriums für Justiz und Mitarbeitern der im Untersuchungsausschuss vertretenen Fraktionen statt, die ergebnislos blieb, zumal zum wiederholten Mal seitens der Vertreter des Bundesministeriums für Justiz vorgeschlagen wurde, dass sich die Fraktionen im Untersuchungsausschuss auf eine Reihung der Bearbeitung der unterschiedlichen ergänzenden Beweisanforderungen einigen.
Für eine derartige Absprache unter den Fraktionen existiert keine rechtliche Grundlage. Vielmehr ist die Frau Bundesministerin verpflichtet, allen ergänzenden Beweisanforderungen fristgemäß zu entsprechen. Jede andere Interpretation der bezughabenden gesetzlichen Bestimmungen würde dazu führen, dass ein Viertel der Abgeordneten im Untersuchungsausschuss in der Ausübung seiner Rechte gemäß VO-UA eingeschränkt oder vom Wohlwollen anderer – nicht zum Viertel zählender – Abgeordneter abhängig wäre.
5. Ist seitens eines vorlagepflichtigen Organs beabsichtigt, die Vornahme von Beweiserhebungen abzulehnen, so müssen die Mitglieder des Untersuchungsausschusses nachvollziehen können, welchen Ersuchen um Beweiserhebungen aus welchen Gründen nicht entsprochen wird. Es bedarf daher einer substantiierten Begründung.
Außerdem ist die Frist von drei Monaten ab Einleitung des Konsultationsmechanismus (09.02.2022) betreffend die beiden in Rede stehenden Verlangen vom 26.01.2022 bereits verstrichen. Ergänzend sei noch einmal darauf hingewiesen, dass seit dem Wirksamwerden der beiden Verlangen bereits mehr als sieben Monate verstrichen sind.
Daher ist die Bundesministerin verpflichtet, den von einem Viertel der Mitglieder des Untersuchungsausschusses in den beiden Verlangen vom 26.01.2022 begehrten Ersuchen um Beweiserhebung unverzüglich zu entsprechen und die Ergebnisse der beiden Beweiserhebungen dem Untersuchungsausschuss in Entsprechung des grundsätzlichen Beweisbeschlusses (AB 1215 BlgNR 27. GP Anlage 2) dem Untersuchungsausschuss zu übermitteln."
1.5. Mit Schreiben vom 3. Oktober 2022 hat die Bundesministerin für Justiz mitgeteilt, der soeben wiedergegebenen Aufforderung vom 15. September 2022 könne aus folgenden Gründen nicht entsprochen werden:
Die in Rede stehende Aufforderung gemäß §27 Abs4 VO-UA vom 15. September 2022 sei in ihrem Begehren – ungeachtet einer geringfügig abweichenden Formulierung – ident mit jener vom 30. Juni 2022, die sich wiederum in ihrem Begehren, den ergänzenden Beweisanforderungen des ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschusses um Erhebungen im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand innerhalb von zwei Wochen zu entsprechen, mit der Aufforderung vom 7. April 2022 decke.
Dies bedeute, dass diese Begehren bereits Gegenstand zweier höchstgerichtlicher Erkenntnisse geworden seien und sich unter diesem Gesichtspunkt die Sachlage nicht geändert habe; auch die vorliegende Aufforderung betreffe denselben Sachverhalt.
Dieser Umstand werde auch bei genauer Lektüre der Begründung der hier interessierenden Aufforderung deutlich, zumal die gewählten Formulierungen weitestgehend aus den vorangegangenen Verlangen bzw an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Schriftsätzen übernommen worden seien.
Es würde dem Regelungszweck der einschlägigen, Präklusivfristen für die Anrufung des Verfassungsgerichtshofes statuierenden Bestimmungen widersprechen, wenn dasselbe Prozedere ohne Änderung des Sachverhaltes wieder in Gang gesetzt werden könnte.
Schon aus diesem Grund sei die in Rede stehende Aufforderung aus Sicht der Bundesministerin für Justiz nicht zulässig.
Um aber die intensiven Bemühungen des Bundesministeriums für Justiz darzustellen, die gewünschten Daten zu liefern (soweit sie bislang als für den Untersuchungsgegenstand relevant eingestuft worden seien), dürfe zunächst auf Folgendes hingewiesen werden:
Wie bereits von den Antragstellern zutreffend aufgezeigt, habe am 5. September 2022 eine Besprechung im Rahmen des Konsultationsverfahrens stattgefunden, im Zuge derer der aktuelle Stand der Datenauswertung dargelegt worden sei. Die VertreterInnen des Bundesministeriums für Justiz hätten zum wiederholten Male auf die Notwendigkeit einer Vereinbarung hinsichtlich der Datenauswertung verwiesen, um die Verlangen vom 26. Jänner 2022 (Beilagen VI und VII) auswerten zu können. Unter einem sei den Parlamentsfraktionen der Vorschlag unterbreitet worden, die Auswertung mittels einer Software und Suchbegriffen zu beschleunigen. Überdies sei angeboten worden, innerhalb einer Woche eine Liste mit zweckmäßig erscheinenden Suchbegriffen zu übermitteln, die der Untersuchungsausschuss in weiterer Folge anpassen könne. Diese Vorgehensweise würde die Möglichkeit eröffnen, die Beweisverlangen parallel abzuarbeiten. Der Untersuchungsausschuss sei um Erzielung einer Einigung ersucht worden, weil ein Konsultationsverfahren dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes zufolge die Verpflichtung der Bundesministerin für Justiz, Beweisanforderungen des Untersuchungsausschusses unverzüglich und vollständig zu entsprechen, längstens für die Dauer von drei Monaten hemme. Als Ergebnis sei festgehalten worden, dass auf Fraktionsebene bis dato keine Einigkeit über den Einsatz einer Suchsoftware erzielt habe werden können. Das Bundesministerium für Justiz habe in Aussicht gestellt, eine mögliche Liste mit allfälligen Suchwörtern für die potentielle Anwendung einer Suchsoftware zu übermitteln. Es habe Einigkeit darüber bestanden, dass die ÖVP-Fraktion auf Referentenebene einen Vorschlag für die weitere Vorgangsweise zur Erörterung auf Referentenebene übermitteln werde. Bis Anfang Oktober solle eine Konsultationsvereinbarung abgeschlossen werden.
Trotz des Umstandes, dass die genannte Fraktion die Übermittlung eines Vorschlages zur geplanten Vorgehensweise in Aussicht gestellt habe, sei – zur Überraschung des Bundesministeriums für Justiz – die vorliegende Aufforderung eingelangt, ohne dass eine Änderung des zugrunde liegenden Sachverhaltes eingetreten wäre. Hingegen sei dem Bundesministerium für Justiz kein – von den Fraktionen angekündigter – Vorschlag über die weitere Vorgehensweise übermittelt worden.
Mit Schreiben vom 19. September 2022 sei vom Bundesministerium für Justiz bezugnehmend auf die eben geschilderte Konsultationssitzung nachgefragt worden, ob bereits ein Vorschlag für eine Konsultationsvereinbarung vorliege. Überdies sei bekräftigt worden, dass das Bundesministerium dem Untersuchungsausschuss jederzeit für einen weiteren Besprechungstermin bzw sonstige Unterstützung zur Verfügung stehe. Ferner seien Informationen zum Umfang der Beweismittelanforderungen vom 26. Jänner 2022 und zum Status anderer Beweismittel mit möglicher Relevanz für den ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss bereitgestellt worden. Dieses Schreiben des Bundesministeriums für Justiz sei unbeantwortet geblieben.
Diese gewählte Vorgehensweise habe zunächst auf dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 14. September 2018, UA1/2018, beruht, mit dem das Höchstgericht seine Judikatur, dass der Rechnungshof zur Einsichtnahme in Unterlagen nur insoweit befugt sei, als diese Unterlagen irgendeine abstrakte Relevanz für die Gebarungsprüfung des Rechtsträgers hätten, auf Untersuchungsausschüsse übertragen habe. Somit hätten bislang alle Akten und Unterlagen vorgelegt werden müssen, die abstrakte Relevanz für den Untersuchungsgegenstand aufwiesen. An dieser abstrakten Relevanz sei zu bemessen gewesen, was als Beweismittel verwendet werden dürfe. Keine abstrakte Relevanz sei hingegen gegeben, wenn ausgeschlossen werden könne, dass Akten und Unterlagen der Erfüllung des dem Untersuchungsausschuss übertragenen Kontrollauftrages dienen könnten (vgl VfSlg 20.304/2018, Pkt. IV.2.5.).
Nach Auffassung der Bundesministerin für Justiz sei die Vorlageverpflichtung jedoch an Hand der aktuellen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes, insbesondere der Erkenntnisse jeweils vom 25. August 2022, UA7-45/2022, und UA46-74/2022, sowie vom 23. September 2022, UA77/2022, UA85/2022, nunmehr – nach gründlicher Analyse – einer neuerlichen rechtlichen Beurteilung zu unterziehen.
Zunächst sei festzuhalten, dass die Antragsteller die Bundesministerin für Justiz um Durchführung von Beweiserhebungen (und nicht um die Vorlage von Akten und Unterlagen) ersucht hätten. Gemäß Art53 Abs3 B-VG hätten diese Beweiserhebungen "im Zusammenhang mit dem Gegenstand der Untersuchung" zu stehen.
Der Verfassungsgerichtshof habe sinngemäß konstatiert, für den Fall, dass aus einem Verlangen nicht zu erkennen (und somit nicht offenkundig) sei, inwiefern die thematisierten Vorgänge dem Untersuchungsziel dienen könnten, müssten die Antragsteller eine nähere Begründung für ihr Begehren geben.
So könne es nicht Zweck einer ergänzenden Beweisanforderung gemäß §25 Abs2 und 3 VO-UA (und somit umso weniger einer Aufforderung nach §27 Abs4 leg cit, die allenfalls ein Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof vorbereiten und einen wechselseitigen Kommunikationsprozess darstellen solle) sein, ohne Bezeichnung näherer – zumindest generalisierter – Anhaltspunkte die Vorlage von Akten und Unterlagen zu begehren. Es müsse vielmehr bereits im Verlangen nachvollziehbar offengelegt werden, welchen konkreten Fragen oder Vermutungen im Umfang des Untersuchungsgegenstandes im Rahmen der ergänzenden Beweisanforderung nachgegangen werden solle. Wie die Gesetzesmaterialien zu §24 und §25 VO-UA ausführten, würden sich ergänzende Beweisanforderungen – "[i]m Unterschied zum grundsätzlichen Beweisbeschluss, der eine allgemeine Aufforderung insbesondere zur Übermittlung aller bezughabenden Akten und Unterlagen enthält" – auf "bestimmte Beweismittel im sachlichen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand" beziehen. Unter "einem 'bestimmten Beweismittel' ist dabei nicht ein genau bezeichneter Akt zu verstehen, sondern ein konkret umschriebener Vorgang im Rahmen der Verwaltung. Die Bestimmtheitsanforderung soll bloße Erkundungsbeweise oder 'Bepackungen' ausschließen" (vgl dazu VfGH 25.8.2022, UA7-45/2022, Pkt. IV.2.3.7. ff.).
In Fortführung dieser Judikatur habe das Höchstgericht in seinem Erkenntnis vom 23. September 2022, UA77/2022, UA85/2022, ausgesprochen, dass im Zusammenhang mit Verfahren nach Art138b Abs1 Z3 B-VG die Anforderungen an die Begründung einerseits eines Verlangens nach einer ergänzenden Beweisanforderung gemäß §25 Abs2 und 3 VO-UA und andererseits einer Bestreitung, dass dieses Verlangen vom Umfang des Untersuchungsgegenstandes gedeckt sei, unterschiedlich danach zu beurteilen seien, ob das Verlangen des Viertels der Mitglieder des Untersuchungsausschusses offenkundig vom Umfang des Untersuchungsgegenstandes gedeckt sei oder ob dies eben nicht der Fall sei. Dementsprechend seien die Anforderungen an die Begründung des (Bestreitungs-)Beschlusses unterschiedlich (vgl zuletzt VfGH jeweils 25.8.2022, UA7-45/2022, und UA46-74/2022 jeweils mwN). Diese Überlegungen seien grundsätzlich auch auf Verfahren gemäß Art138b Abs1 Z4 B-VG übertragbar, allerdings sei zu berücksichtigen, dass die Beurteilung der Frage, ob angeforderte Akten und Unterlagen vom Untersuchungsgegenstand erfasst seien, zunächst dem informationspflichtigen Organ obliege. Für ein informationspflichtiges Organ, das über die begehrten Akten und Unterlagen verfüge, bestehe daher grundsätzlich eine höhere Begründungsanforderung als für den Untersuchungsausschuss bzw dessen Minderheit. Sei die (potentielle) abstrakte Relevanz einer Beweisanforderung für den Untersuchungsgegenstand nicht offenkundig, so seien jedoch auch die Anforderungen an die Begründungstiefe durch das informationspflichtige Organ herabgesetzt.