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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma sowie Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer und Hofrätin Dr. Holzinger als Richterinnen, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Binder, über die Revision des A C in H, vertreten durch Dr. Patrick Ruth und MMag. Daniel Pinzger, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg vom 5. April 2022, LVwG-1-569/2018-R20, betreffend Übertretungen des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Dornbirn), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 5. April 2022 verhängte das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg über den Revisionswerber wegen des unternehmerisch Zugänglichmachens von verbotenen Ausspielungen an einem konkret genannten Ort in einem konkret genannten Zeitraum zwei Geldstrafen in der Höhe von jeweils € 3.000,- (Ersatzfreiheitsstrafe von jeweils 28 Stunden). Zur Strafbemessung wies das Verwaltungsgericht darauf hin, dass keine Erschwerungs- und Milderungsgründe vorlägen. Der Beschwerdeführer sei nicht unbescholten. Er werde erstmalig nach dieser Bestimmung bestraft. Es sei davon auszugehen, dass die Verhängung einer Geldstrafe von € 3.000,- je Glücksspielgerät - ein Betrag, der ein Drittel des zur Anwendung kommenden Strafrahmens ausmache - ausreichend sei, um den Beschuldigten von künftigen, gleichartigen Übertretungen abzuhalten. Ebenso sei davon auszugehen, dass dadurch auch andere Personen von Übertretungen dieser Art abgehalten würden. Die ordentliche Revision erklärte das Verwaltungsgericht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.
2 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision.
3 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt, oder die zu lösende Rechtsfragen der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
4 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
5 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG und im Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) überprüfen.
6 In seinen Zulässigkeitsausführungen macht der Revisionswerber zunächst geltend, das Verwaltungsgericht hätte die lange Verfahrensdauer mildernd berücksichtigen müssen.
7 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass das Gesetz bei der Strafbemessung in einer dem Art. 6 EMRK widersprechenden Weise angewendet wurde, wenn eine überlange Verfahrensdauer nicht festgestellt und strafmildernd bewertet wurde (vgl. z.B. VwGH 24.6.2009, 2008/09/0094, mwN). Die Angemessenheit der Verfahrensdauer ist dabei an Hand der besonderen Umstände des Einzelfalles, insbesondere der Schwierigkeit des Falles, des Verhaltens der Partei und der staatlichen Behörden im betreffenden Verfahren und der Bedeutung der Sache für die Partei zu beurteilen. Die maßgebliche Frist beginnt, sobald die Partei durch offizielle Mitteilung oder auch in sonstiger Weise in Kenntnis gesetzt wird, dass gegen sie wegen des Verdachts, eine strafbare Handlung begangen zu haben, Ermittlungen mit dem Ziel strafrechtlicher Verfolgung durchgeführt werden (vgl. VwGH 14.12.2009, 2006/10/0250).
8 Mit seiner bloß pauschalen Behauptung, es wäre fallbezogen eine überlange Verfahrensdauer vorgelegen, zeigt der Revisionswerber in der Zulassungsbegründung nicht durch ein konkretes fallbezogenes Vorbringen auf, dass das Verwaltungsgericht im Revisionsfall von den in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes formulierten Leitlinien zur Beurteilung der Angemessenheit der Verfahrensdauer abgewichen wäre.
9 Weiters beruft sich der Revisionswerber zur Zulässigkeit seiner Revision darauf, das Verwaltungsgericht hätte Ermittlungen dazu anstellen müssen, ob der Revisionswerber infolge eingetretener Tilgung von Verwaltungsstrafen als unbescholten anzusehen gewesen wäre.
10 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes führt ein Verfahrensmangel grundsätzlich nur dann zur Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses, wenn das Verwaltungsgericht bei Vermeidung des Mangels zu einem anderen, für den Revisionswerber günstigeren Ergebnis hätte gelangen können. Der Revisionswerber hat daher in der Zulässigkeitsbegründung der Revision die Relevanz des Mangels durch ein konkretes tatsächliches Vorbringen aufzuzeigen (vgl. VwGH 19.2.2020, Ra 2019/12/0039). Eine solche Relevanzdarstellung ist der vorliegenden Zulässigkeitsbegründung nicht zu entnehmen. Der Revisionswerber hat nicht einmal behauptet, dass das Verwaltungsgericht bei Durchführungen weiterer Ermittlungen zu dem Ergebnis gelangt wäre, dass konkret bezeichnete Verwaltungsstrafen im Zeitpunkt seiner Entscheidung bereits getilgt gewesen wären.
11 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 9. November 2022
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022120131.L00Im RIS seit
09.12.2022Zuletzt aktualisiert am
13.12.2022