TE Vwgh Erkenntnis 2022/11/9 Ra 2022/12/0107

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Veröffentlicht am 09.11.2022
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Index

E1P
001 Verwaltungsrecht allgemein
10/07 Verwaltungsgerichtshof
19/05 Menschenrechte
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §32 Abs2
MRK Art6
VStG §24
VStG §51e Abs6
VwGG §42 Abs2 Z3
VwGG §42 Abs2 Z3 litc
VwGVG 2014 §38
VwGVG 2014 §44 Abs1
VwGVG 2014 §44 Abs6
VwRallg
12010P/TXT Grundrechte Charta Art47
  1. VStG § 24 heute
  2. VStG § 24 gültig ab 15.08.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 57/2018
  3. VStG § 24 gültig von 01.01.2014 bis 14.08.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  4. VStG § 24 gültig von 26.03.2009 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 20/2009
  5. VStG § 24 gültig von 20.04.2002 bis 25.03.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 65/2002
  6. VStG § 24 gültig von 01.01.1999 bis 19.04.2002 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 158/1998
  7. VStG § 24 gültig von 01.07.1995 bis 31.12.1998 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 620/1995
  8. VStG § 24 gültig von 01.02.1991 bis 30.06.1995
  1. VStG § 51e gültig von 20.04.2002 bis 31.12.2013 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 33/2013
  2. VStG § 51e gültig von 01.01.2002 bis 19.04.2002 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 137/2001
  3. VStG § 51e gültig von 01.01.1999 bis 31.12.2001 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 158/1998
  4. VStG § 51e gültig von 01.07.1995 bis 31.12.1998 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 620/1995
  5. VStG § 51e gültig von 01.02.1991 bis 30.06.1995
  1. VwGG § 42 heute
  2. VwGG § 42 gültig ab 01.01.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  3. VwGG § 42 gültig von 01.07.2012 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  4. VwGG § 42 gültig von 01.07.2008 bis 30.06.2012 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008
  5. VwGG § 42 gültig von 01.01.1991 bis 30.06.2008 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 330/1990
  6. VwGG § 42 gültig von 05.01.1985 bis 31.12.1990
  1. VwGG § 42 heute
  2. VwGG § 42 gültig ab 01.01.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  3. VwGG § 42 gültig von 01.07.2012 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  4. VwGG § 42 gültig von 01.07.2008 bis 30.06.2012 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008
  5. VwGG § 42 gültig von 01.01.1991 bis 30.06.2008 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 330/1990
  6. VwGG § 42 gültig von 05.01.1985 bis 31.12.1990

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma sowie die Hofrätinnen Mag. Nussbaumer-Hinterauer und Dr. Holzinger als Richterinnen, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Binder, über die Revision des M D, vertreten durch die Hochstöger Nowotny Wohlmacher Rechtsanwälte OG in 4020 Linz, Breitwiesergutstraße 10, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 30. Mai 2022, VGW-002/011/14039/2021-2, betreffend Übertretungen des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Wien), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien vom 30. Juni 2021 wurde dem Revisionswerber eine Übertretung des Glücksspielgesetzes zur Last gelegt, und über ihn gemäß § 52 Abs. 1 2. Halbsatz Glücksspielgesetz (GSpG) eine Geldstrafe in Höhe von € 3.000,- (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Tage) verhängt. Der vom Revisionswerber zu entrichtende Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens wurde mit € 300,- festgesetzt.

2        Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Revisionswerber Beschwerde an das Verwaltungsgericht Wien. Dieses beraumte mit Ladung vom 11. April 2022 eine mündliche Verhandlung für den 26. April 2022 an. Diese Ladung wurde dem Revisionswerber am 15. April 2022 zugestellt. Nach Durchführung der mündlichen Verhandlung am 26. April 2022 wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde des Revisionswerbers mit gewissen Modifikationen des Spruchs als unbegründet ab und setzte den vom Revisionswerber zu leistenden Beitrag zu den Verfahrenskosten mit € 600,- fest. Die ordentliche Revision erklärte das Verwaltungsgericht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

3        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision mit dem Antrag, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts sowie wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

4        Die belangte Behörde erstattete keine Revisionsbeantwortung.

5        Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

6        § 44 Abs. 6 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013, lautet:

„Verhandlung

§ 44

...

(6) Die Parteien sind so rechtzeitig zur Verhandlung zu laden, dass ihnen von der Zustellung der Ladung an mindestens zwei Wochen zur Vorbereitung zur Verfügung stehen.“

7        In der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision führt der Revisionswerber ein Abweichen von der - näher zitierten - Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ins Treffen, wonach gemäß § 44 Abs. 6 VwGVG eine zweiwöchige Zeit zur Vorbereitung auf eine mündliche Verhandlung zu gewähren ist.

8        Bereits damit erweist sich die Revision als zulässig; sie ist auch berechtigt.

9        Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner insofern auf die aktuelle Rechtslage übertragbaren Judikatur zu § 51e Abs. 6 VStG, der „Vorgängerbestimmung“ des § 44 Abs. 6 VwGVG, bereits ausgesprochen, dass dann, wenn die vorgesehene Mindestfrist von zwei Wochen zwischen Zustellung der Ladung und der Verhandlung nicht gewahrt wurde, die Behörde den bekämpften Bescheid mit Rechtswidrigkeit belastet, weil nicht gesagt werden kann, dass die Behörde bei Wahrung dieser Mindestfrist nicht zu einem anderen, für den Beschwerdeführer günstigen Ergebnis gelangt wäre, weshalb sich dieser Verfahrensmangel als wesentlich erweist. Die zweiwöchige Vorbereitungszeit gilt jedenfalls für die erste Verhandlung (vgl. VwGH 22.6.2022, Ra 2021/02/0147, mwN).

10       Gemäß § 32 Abs. 2 AVG enden nach Wochen bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche, der durch seine Benennung dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat.

11       Da im vorliegenden Fall die Ladung zur mündlichen Verhandlung dem Vertreter des Revisionswerbers postalisch am Freitag, dem 15. April 2022, zugestellt wurde, endete die nach § 44 Abs. 6 VwGVG vorgeschriebene zweiwöchige Vorbereitungsfrist mit Ablauf des Freitags, 29. April 2022 und hätte die Verhandlung bis dahin nicht durchgeführt werden dürfen. Die schon am Dienstag, dem 26. April 2022 abgehaltene Verhandlung erweist sich somit als rechtswidrig. Dies ist dem Unterbleiben einer Verhandlung gleichzuhalten. Bei einem rechtswidrigen Unterlassen der nach Art. 6 EMRK oder Art. 47 GRC erforderlichen mündlichen Verhandlung ist keine Relevanzprüfung hinsichtlich des Verfahrensmangels vorzunehmen (vgl. erneut VwGH 22.6.2022, Ra 2021/02/0147, mwN).

12       Das angefochtene Erkenntnis war wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG aufzuheben.

13       Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 3 VwGG abgesehen werden.

14       Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 9. November 2022

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Rechtsgrundsätze Fristen VwRallg6/5 Verfahrensbestimmungen Berufungsbehörde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022120107.L00

Im RIS seit

09.12.2022

Zuletzt aktualisiert am

13.12.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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