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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
AsylG 2005 §57 Abs1 Z1Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Mag. Nedwed und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Wuketich, über die Revision der C T, vertreten durch Prof. Mag. Dr. Vera M. Weld, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Weihburggasse 4/40, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. August 2022, W215 2238790-2/10E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Die Revisionswerberin, eine Staatsangehörige der Volksrepublik (VR) China, stellte am 9. September 2020 einen Antrag auf internationalen Schutz, den das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) im Beschwerdeverfahren mit Erkenntnis vom 31. März 2021 rechtskräftig abwies. Das Fluchtvorbringen, die Revisionswerberin sei Anhängerin der Falun Gong-Bewegung und werde deshalb von der chinesischen Polizei verfolgt, wurde dabei für nicht glaubhaft befunden.
2 Am 17. Juni 2021 stellte die Revisionswerberin den gegenständlichen Folgeantrag, den sie zum einen mit ihren bisherigen Fluchtgründen begründete, zum anderen brachte sie neu vor, bisher verschwiegen zu haben, homosexuell zu sein. Auch deshalb drohe ihr in der VR China Verfolgung. In Österreich sei sie eine gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaft eingegangen.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das BVwG diesen Antrag in Bestätigung eines entsprechenden Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl zur Gänze ab, gewährte der Revisionswerberin keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), erließ gegen sie eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass ihre Abschiebung in die VR China zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest. Die Revision erklärte das BVwG für nicht zulässig.
4 Begründend schenkte das BVwG dem gesamten Fluchtvorbringen der Revisionswerberin keinen Glauben. Die Revisionswerberin habe sämtliche Ausreisegründe, wie in der Beweiswürdigung näher dargelegt wurde, frei erfunden. Bei Rückkehr in die VR China drohe ihr daher weder Verfolgung noch eine den Art. 2 und 3 EMRK widersprechende Lebenssituation. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung eines Aufenthaltstitels gemäß
§ 57 AsylG 2005 lägen in ihrem Fall nicht vor. Die Rückkehrentscheidung sei mangels eines schützenswerten Privat- und Familienlebens in Österreich zu treffen.
5 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zu ihrer Zulässigkeit geltend macht, das BVwG weiche von der - nicht näher bezeichneten - gefestigten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab. Die Revisionswerberin würde in der VR China wegen ihrer sexuellen Orientierung verfolgt werden. Außerdem würde sie seit mehr als einem Jahr in Österreich geduldet, weshalb ihr ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 zustünde. Die Rückkehrentscheidung sei nicht berechtigt, weil es dadurch zu einer Trennung von ihrer Lebensgefährtin komme und die Revisionswerberin in Österreich gut integriert sei. Die Abschiebung sei unzulässig, weil sie in der VR China wegen ihrer lesbischen Praxis verhaftet würde. Außerdem hätte eine längere Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt werden müssen.
6 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan.
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10 Mit ihrem Vorbringen in der Zulässigkeitsbegründung entfernt sich die Revision begründungslos vom festgestellten Sachverhalt, wonach sämtliche Fluchtgründe der Revisionswerberin frei erfunden seien, sie in der VR China zur Familie zurückkehren könne und dort Arbeit finden werde und sie keine Lebensgemeinschaft mit einer gleichgeschlechtlichen Partnerin führe. Auch die Behauptung der guten Integration steht in einem unaufgelösten Gegensatz zu den verwaltungsgerichtlichen Feststellungen, wonach sich die Revisionswerberin erst seit etwa zwei Jahren im Bundesgebiet aufhält, hier als unangemeldete Prostituierte arbeitet, kaum Deutsch spricht und von einem Mann, dessen Nachnamen sie nicht einmal habe nennen können, erhalten wird. Schon deshalb zeigt die Revision in Bezug auf die Entscheidung zum internationalen Schutz und die Rückkehrentscheidung keine Fehlbeurteilung durch das BVwG auf.
11 Soweit die Revision einen Aufenthaltstitel gemäß § 57 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 anstrebt, ist lediglich anzumerken, dass die dafür erforderlichen Voraussetzungen bei der Revisionswerberin vom BVwG zu Recht verneint wurden. Der bloße Aufenthalt in Österreich in der Dauer von mehr als einem Jahr erfüllt die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Norm entgegen den Annahmen der Revision nicht. Besondere Umstände für eine verlängerte Ausreisefrist gemäß § 55 Abs. 2 FPG wurden vom BVwG im Übrigen nicht festgestellt und von der Revision auch nicht dargetan.
12 Die Revision war daher mangels Vorliegen einer Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zurückzuweisen.
Wien, am 14. November 2022
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022180257.L00Im RIS seit
14.12.2022Zuletzt aktualisiert am
14.12.2022