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L55002 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Kärnten;Norm
AVG §33;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Mizner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, über die Beschwerde des M in K, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 16. Oktober 1995, Zl. Ro-577/2/1995, betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich nachstehender Sachverhalt:
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt (BH) vom 13. September 1991 wurde dem Beschwerdeführer die naturschutzrechtliche Bewilligung zur Erweiterung einer Schottergrube erteilt. Punkt 7 der Nebenbestimmungen dieses Bescheides lautet:
"Die Bewilligung wird insgesamt auf drei Jahre befristet (inkl. Rekultivierungsmaßnahmen)."
Mit Eingabe vom 25. April 1995 beantragte der Beschwerdeführer eine Fristverlängerung um 2 Jahre.
Mit Bescheid vom 4. Mai 1995 gab die BH diesem Antrag keine Folge.
In der Folge beantragte der Beschwerdeführer die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Verlängerung der naturschutzrechtlichen Bewilligung zum Abbau von Sand und Schotter.
Dieser Antrag wurde mit Bescheid der BH vom 5. Juli 1995 mit der Begründung abgewiesen, die vom Beschwerdeführer angeführten Gründe stellten kein unvorhergesehenes und unabwendbarers Ereignis dar, da es bei einer ordnungsgemäßen Terminverwaltung zu keiner Fristversäumnis hätte kommen müssen.
Der Beschwerdeführer berief. Er machte geltend, unter einem unvorhergesehenen und unabwendbaren Ereignis sei jedes Geschehen zu verstehen, daher auch sogenannte psychologische Vorgänge wie Vergessen, Verschreiben, sich irren usw. Ebenso sei bei der Einhaltung von Terminen und Fristen die erforderliche und zumutbare Sorgfalt bei rechtsunkundigen Personen nicht mit einem so strengen Maßstab anzusetzen wie bei rechtskundigen Personen. Bei Fristenangaben, die mehrdeutig seien, sei bei rechtsunkundigen Personen weitgehend eine geringere Sorgfaltspflicht anzusetzen. Dem rechtsunkundigen Beschwerdeführer sei der Eintritt der Rechtskraft des Bescheides der BH vom 13. September 1991 mit Zustellung des Bescheides nicht bekanntgewesen und dieser sei ihm von der Behörde auch nicht gesondert mitgeteilt worden. Auch sei der Beschwerdeführer zu diesem Zeitpunkt davon ausgegangen, daß er einen Verlängerungsantrag gar nicht benötige. Da unter diesen Voraussetzungen das Ende der Frist für die Antragstellung nicht exakt bekanntgewesen sei, könne "dieser Umstand entgegen der Ansicht der BH nicht als extremes Abweichen von der im konkreten Fall gebotenen Sorgfalt gewertet werden."
Mit Bescheid vom 16. Oktober 1995 wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. In der Begründung heißt es im wesentlichen, der relativ lange Zeitraum zwischen dem Ablauf der im Bewilligungsbescheid festgesetzten Dreijahresfrist (19. November 1994) und der Einbringung des Antrages auf Fristverlängerung (25. April 1995) lasse darauf schließen, daß die zumutbare Sorgfalt bei der Einhaltung von Terminen und Fristen vom Beschwerdeführer vernachlässigt worden sei. Wenn beim unvertretenen Beschwerdeführer Zweifel über den Beginn bzw. das Ende der Dreijahresfrist bestanden hätten, dann hätte er sich über die Wirkung des Bescheides bei einem Rechtskundigen informieren können. Im Hinblick auf diesen Umstand sei daher davon auszugehen, daß der Vorwurf, die Behörde hätte dem Beschwerdeführer den Eintritt der Rechtskraft des Bewilligungsbescheides nicht gesondert mitgeteilt bzw. der Eintritt der Rechtskraft des Bescheides sei dem Beschwerdeführer mit Zustellung des Bescheides nicht bekanntgewesen, eine reine Schutzbehauptung darstelle. Zum Einwand, daß bei der Einhaltung von Terminen und Fristen die erforderliche und zumutbare Sorgfalt bei rechtsunkundigen Personen nicht mit einem so strengen Maßstab anzusetzen sei wie bei rechtskundigen Personen, werde ausgeführt, daß nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes mangelnde Rechtskenntnis oder Rechtsirrtum nicht als unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis zu werten sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer bringt vor, die belangte Behörde übersehe, daß nicht nur eine naturschutzrechtliche Bewilligung für den gewerblichen Abbau von Sand und Schotter notwendig gewesen sei, sondern eine gewerberechtliche und eine wasserrechtliche, die erst mit Bescheid vom 24. Juni 1992 von der BH erteilt worden sei. Obwohl ein Schotterabbau nach anderen gesetzlichen Bestimmungen gar nicht vorgelegen sei, habe die Frist der naturschutzrechtlichen Bewilligung bereits zu laufen begonnen. Der Beschwerdeführer als juristischer Laie sei daher nicht nur mit der Rechtskraft eines Bescheides beschäftigt gewesen, sondern mit mehreren. Wenn der Beschwerdeführer damit konfrontiert sei, daß er erst mit der Genehmigung durch sämtliche relevanten Behörden einen Schotterabbau, befristet auf 3 Jahre, durchführen könne, er die tatsächliche Rechtskraft der einzelnen Bescheide nicht mehr exakt in Erinnerung gehabt habe und im Rahmen seiner Überwachungspflicht als Gewerbetreibender irrtümlich davon ausgegangen sei, daß erst im Frühhjahr 1995 die Dreijahresfrist ablaufe, so liege ein psychischer Vorgang als relevantes Ereignis im Sinne des § 71 AVG vor, das vom Beschwerdeführer nicht einberechnet worden sei und dessen Eintritt auch unter Bedachtnahme auf zumutbare Aufmerksamkeit nicht habe erwartet werden können. Der Maßstab des Verschuldens in der Evidenzhaltung von Fristen des Beschwerdeführers dürfe nicht mit der Evidenzhaltung von Rechtsmittelfristen eines Parteienvertreters gleichgesetzt werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Nach § 9 Abs. 9 des Kärntner Naturschutzgesetzes, LGBl. Nr. 54/1986 (KNSchG) liegt bei Sand- und Schottergruben, wenn der Abbau auf die Dauer eines konkreten Bedarfes, längstens aber auf drei Jahre, befristet ist, ein Widerspruch nach § 11 Abs. 1 Gemeindeplanungsgesetz 1982, LGBl. Nr. 51, bei Fehlen einer Widmung für diese Zwecke nicht vor, wenn
a) die betroffenen Grundstücke im Flächenwidmungsplan nicht als "Bauland-Wohngebiet", "Bauland-Kurgebiet" oder "Grünland-Erholung" festgelegt sind, und
b) nach Beendigung des Abbaues eine der Widmung entsprechende Nutzung nicht erschwert oder verhindert wird.
Die dreijährige Frist kann in begründeten Fällen einmal auf längstens zwei Jahre verlängert werden.
§ 9 Abs. 9 KNSchG enthält keine Bestimmungen darüber, innerhalb welcher Frist ein Antrag auf Verlängerung der dreijährigen Bewilligungsfrist zu stellen ist. Eine Verlängerung einer Frist ist begrifflich nur möglich, wenn zumindest vor ihrem Ablauf darum angesucht wird, da eine bereits abgelaufene Frist nicht mehr verlängert werden kann.
Die Frist für die Einbringung eines Ansuchens um Verlängerung der befristeten Bewilligung endete für den Beschwerdeführer demnach mit dem Ablauf der befristeten Bewilligung. Eine nähere Untersuchung der in diesem Zusammenhang auftauchenden Frage, ob es sich bei dieser Frist zur Einbringung eines Antrages auf Fristverlängerung um eine materiell-rechtliche oder eine verfahrensrechtliche Frist oder eine sogenannte "doppelfunktionelle Frist" handelt - nur im letztgenannten Fall wäre § 71 AVG anwendbar (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Mai 1993, Zl. 93/06/0053, u.a.) - erübrigt sich im Beschwerdefall, da das Ergebnis in beiden Fällen dasselbe ist. Handelt es sich um eine materiell-rechtliche Frist, kommt eine Wiedereinsetzung von vornherein nicht in Betracht. Liegt eine verfahrensrechtliche Frist vor, sind auf deren Versäumung zwar die Bestimmungen des AVG über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand anzuwenden, doch liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung einer Wiedereinsetzung nicht vor.
Nach § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.
Der Umstand, daß der Beschwerdeführer als juristischer Laie mit mehreren Bescheiden und den daraus resultierenden Fristen konfrontiert war und daß er die tatsächliche Rechtskraft der einzelnen Bescheide nicht mehr exakt in Erinnerung hatte und irrtümlich davon ausging, daß erst im Frühjahr 1995 die Dreijahresfrist ablaufe, stellt keinen Wiedereinsetzungsgrund im Sinne des § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG dar. Aus dem naturschutzbehördlichen Bescheid war zweifelsfrei zu erkennen, daß die naturschutzbehördliche Bewilligung befristet war. Es war daher Sache des Beschwerdeführers, das Ende dieser Frist in Vormerkung zu halten, um erforderlichenfalls um deren Verlängerung anzusuchen. Falls ihm das Fristende nicht klar war, war es seine Sache, sich bei der Behörde oder an anderer geeigneter Stelle danach zu erkundigen. Da der Beschwerdeführer diese Vorkehrungen nicht getroffen hat, trifft ihn an der Versäumung der Frist für den Verlängerungsantrag ein über einen minderen Grad des Versehens hinausgehendes Verschulden.
Da der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995100262.X00Im RIS seit
11.07.2001