Entscheidungsdatum
29.08.2022Index
60/02 ArbeitnehmerschutzNorm
ArbeitsmittelV 2000 §2 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien erkennt durch seine Richterin Dr.in Oswald, LL.M. über die Beschwerden 1) des Herrn A. B., vertreten durch RA , gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 24.11.2021, Zl. MBA/...8/2021, und 2) des Herrn C. D., vertreten durch RA, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 24.11.2021, Zl. MBA/...7/2021, jeweils betreffend eine Übertretung des § 130 Abs. 1 Z 16 des ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) iVm § 21 Abs. 1 der Arbeitsmittelverordnung (AM-VO)
zu Recht:
A.I. Der Beschwerde des Herrn A. B. gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 24.11.2021, Zl. MBA/...8/2021, wird insoweit Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe von € 1.820,-- auf € 700,-- und die für den Fall der Uneinbringlichkeit festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen auf 1 Tag herabgesetzt wird.
Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen und der Spruch des Straferkenntnisses zur Zl. MBA/...8/2021 nach Maßgabe der folgenden Abänderungen bestätigt:
1. Die übertretene Verwaltungsvorschrift lautet: „§ 130 Abs. 1 Z 16 des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes – ASchG, BGBl. Nr. 450/1994 idF BGBl. I Nr. 126/2017, iVm § 21 Abs. 1 der Arbeitsmittelverordnung – AM-VO, BGBl. II Nr. 164/2000“.
2. Die gesetzliche Grundlage der Strafe lautet: „§ 130 Abs. 1 erster Strafsatz ASchG, BGBl. Nr. 450/1994 idF BGBl. I Nr. 126/2017“.
3. Der Beitrag zu den Kosten des behördlichen Strafverfahrens gemäß § 64 VStG beträgt € 70,-- (das sind 10% der verhängten Geldstrafe).
4. Der zu zahlenden Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt: € 770,--.
5. Der Haftungsausspruch nach § 9 Abs. 7 VStG lautet wie folgt: „E. GmbH haftet gemäß § 9 Abs. 7 VStG für die über Herrn A. B. verhängte Geldstrafe in Höhe von € 700,--, Verfahrenskosten in Höhe von € 70,-- und sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen zur ungeteilten Hand.“
A.II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat Herr A. B. einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht zu leisten.
B.I. Der Beschwerde des Herrn C. D. gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 24.11.2021, Zl. MBA/...7/2021, wird insoweit Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe von € 1.820,-- auf € 700,-- und die für den Fall der Uneinbringlichkeit festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen auf 1 Tag herabgesetzt wird.
Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen und der Spruch des Straferkenntnisses zur Zl. MBA/...7/2021 nach Maßgabe der folgenden Abänderungen bestätigt:
1. Die übertretene Verwaltungsvorschrift lautet: „§ 130 Abs. 1 Z 16 des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes – ASchG, BGBl. Nr. 450/1994 idF BGBl. I Nr. 126/2017, iVm § 21 Abs. 1 der Arbeitsmittelverordnung – AM-VO, BGBl. II Nr. 164/2000“.
2. Die gesetzliche Grundlage der Strafe lautet: „§ 130 Abs. 1 erster Strafsatz ASchG, BGBl. Nr. 450/1994 idF BGBl. I Nr. 126/2017“.
3. Der Beitrag zu den Kosten des behördlichen Strafverfahrens gemäß § 64 VStG beträgt € 70,-- (das sind 10% der verhängten Geldstrafe).
4. Der zu zahlenden Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt: € 770,--.
5. Der Haftungsausspruch nach § 9 Abs. 7 VStG lautet wie folgt: „E. GmbH haftet gemäß § 9 Abs. 7 VStG 1991 für die über Herrn C. D. verhängte Geldstrafe in Höhe von € 700,--, Verfahrenskosten in Höhe von € 70,-- und sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen zur ungeteilten Hand.“
B.II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat Herr C. D. einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht zu leisten.
C. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang
1. Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien (im Folgenden: belangte Behörde), vom 24.11.2021, Zl. MBA/...8/2021, wurde über Herrn A. B. (im Folgenden: Erstbeschwerdeführer) wegen einer Übertretung des § 130 Abs. 1 Z 16 des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes – ASchG iVm § 21 Abs. 1 der Arbeitsmittelverordnung – AM-VO eine Geldstrafe in Höhe von € 1.820,-- bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 2 Tagen verhängt. Dem Erstbeschwerdeführer wird zur Last gelegt, es als gemäß § 9 Abs. 1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG zur Vertretung nach außen befugtes Organ der F. GmbH mit Sitz in Wien zu verantworten zu haben, dass am 10.8.2021 ein näher genannter Arbeitnehmer dieser Gesellschaft in einer Arbeitsstätte der Gesellschaft in G. einen anderen näher genannten Arbeitnehmer auf den Gabelzinken eines Elektro-Staplers beförderte, ohne dass der Gabelstapler über eine gesicherte Einrichtung zur Personenbeförderung verfügte.
2. Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 24.11.2021, Zl. MBA/...7/2021, wurde über Herrn C. D. (im Folgenden: Zweitbeschwerdeführer) wegen einer Übertretung des § 130 Abs. 1 Z 16 ASchG iVm § 21 Abs. 1 AM-VO eine Geldstrafe in Höhe von € 1.820,-- bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 2 Tagen verhängt. Dem Zweitbeschwerdeführer wird zur Last gelegt, es als gemäß § 9 Abs. 1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG zur Vertretung nach außen befugtes Organ der F. GmbH mit Sitz in Wien zu verantworten zu haben, dass am 10.8.2021 ein näher genannter Arbeitnehmer dieser Gesellschaft in einer Arbeitsstätte der Gesellschaft in G. einen anderen näher genannten Arbeitnehmer auf den Gabelzinken eines Elektro-Staplers beförderte, ohne dass der Gabelstapler über eine gesicherte Einrichtung zur Personenbeförderung verfügte.
3. Gegen das dem Erstbeschwerdeführer am 26.11.2021 zugestellte Straferkenntnis vom 24.11.2021, Zl. MBA/...8/2021, brachte der Erstbeschwerdeführer mit Schriftsatz seines rechtsfreundlichen Vertreters vom 23.12.2021 (Postaufgabe am selben Tag) eine Beschwerde bei der belangten Behörde ein. Der Zweitbeschwerdeführer brachte gegen das ihm am 26.11.2021 zugestellte Straferkenntnis vom 24.11.2021, Zl. MBA/...7/2021, mit Schriftsatz seines rechtsfreundlichen Vertreters vom 23.12.2021 (Postaufgabe am selben Tag) eine Beschwerde bei der belangten Behörde ein.
In ihren (inhaltsgleichen) Beschwerden bringen die Beschwerdeführer auf das Wesentliche zusammengefasst Folgendes vor: Die angelastete Beförderung eines Arbeitnehmers auf einem Gabelstapler ohne gesicherte Einrichtung zur Personenbeförderung habe keinen betrieblichen Zwecken gedient, sondern sei – während einer Pause – aus Übermut und plötzlicher Unreife der Dienstnehmer passiert. Die Beschwerdeführer treffe kein Verschulden, da sie eine zur Vermeidung solcher Unfälle taugliche Betriebsorganisation geschaffen und überwacht hätten. Der für die Niederlassung der (damals) F. GmbH in G. zuständige Magazinmeister, Herr I. H., kontrolliere und überwache die Abläufe in dieser Niederlassung laufend, halte die Dienstnehmer zur Einhaltung aller einschlägigen Vorschriften an und führe sowohl Erstunterweisungen als auch wiederkehrende Unterweisungen durch. In einer, den Dienstnehmern ausgefolgten, Betriebsanweisung werde explizit festgehalten, dass eine Personenbeförderung auf Gabelstaplern nur unter Verwendung von Arbeitskörben zulässig sei. Herrn H. und den Beschwerdeführern stehe auch die Sicherheitsfachkraft, Herr J. K., als Berater in Sicherheitsfragen zur Verfügung. Beide involvierten Arbeitnehmer verfügten über die Berechtigung zum Führen von Staplern und in Bezug auf beide Arbeitnehmer seien keine früheren Beanstandungen bekannt. Ein Arbeitsunfall wie der gegenständliche sei im Unternehmen noch nie vorgekommen. Das unangekündigte Verhalten der beiden Arbeitnehmer sei eigenmächtig, weisungswidrig und überdies so überraschend erfolgt, dass der anwesende Vorarbeiter, Herr L. M., nicht habe eingreifen können.
4. Die belangte Behörde sah von der Erlassung von Beschwerdevorentscheidungen ab und legte die Beschwerden samt bezughabendem Verwaltungsakten dem Verwaltungsgericht Wien vor.
5. Das Verwaltungsgericht Wien hat die Beschwerdesachen wegen ihres persönlichen, sachlichen und rechtlichen Zusammenhanges gemäß § 17 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes – VwGVG iVm § 39 Abs. 2 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 – AVG zur gemeinsamen Behandlung und Entscheidung verbunden.
6. Das Verwaltungsgericht Wien machte gemäß § 10 VwGVG dem Arbeitsinspektorat Oberösterreich Ost Mitteilung von den Beschwerden und räumte ihm Gelegenheit ein, dazu Stellung zu nehmen.
7. Mit Schreiben vom 2.2.2022 trat das Arbeitsinspektorat Oberösterreich Ost dem Beschwerdevorbringen mit näherer Begründung entgegen.
8. Das Verwaltungsgericht Wien führte am 23.5.2022 und am 22.8.2022 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der der rechtsfreundliche Vertreter der Beschwerdeführer, ein Vertreter des Arbeitsinspektorates Wien West Ost in Vertretung des Arbeitsinspektorates Oberösterreich Ost und beim zweiten Verhandlungstermin der Zweitbeschwerdeführer teilnahmen und in welcher Herr O. N., Herr P. Q., Herr J. K., Herr I. H., Herr L. M., Herr R. S. und Herr T. U. als Zeugen vernommen wurden sowie der Zweitbeschwerdeführer auf Antrag des Erstbeschwerdeführers als Zeuge im den Erstbeschwerdeführer betreffenden Beschwerdeverfahren als Zeuge vernommen wurde. Die belangte Behörde verzichtete auf eine Teilnahme an der Verhandlung.
II. Feststellungen
Für das Verwaltungsgericht Wien steht folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt als erwiesen fest:
1. Der Erstbeschwerdeführer war von 15.10.2019 bis 6.4.2022, der Zweitbeschwerdeführer ist seit 5.8.2020 handelsrechtlicher Geschäftsführer der E. GmbH (vormals: F. GmbH), einem Speditionsunternehmen mit Sitz in … Wien. Die genannte Gesellschaft hat u.a. auch eine Niederlassung in ... G.. Der Erstbeschwerdeführer ist nicht mehr für E. GmbH tätig.
2. Am 30.4.2021 langte beim Arbeitsinspektorat Oberösterreich Ost die Mitteilung über die Bestellung von Herrn V. W., der nicht selbst Geschäftsführer der (damals) F. GmbH war, als verantwortlicher Beauftragter der F. GmbH „gemäß § 23 ArbIG“ für die Arbeitsstätte G., ..., ein, wobei der Zweitbeschwerdeführer im entsprechenden Formular unter der Rubrik „Widerruf“ unterschrieb. Am 1.10.2021 langte beim Arbeitsinspektorat Oberösterreich Ost die Mitteilung über die Bestellung von Herrn L. X., der nicht selbst Geschäftsführer der (damals) F. GmbH war, zum verantwortlichen Beauftragten „gemäß § 23 ArbIG“ für die Betriebsstätte in G. ein. Ein Widerruf der Bestellung von Herrn V. W. als verantwortlicher Beauftragter wurde dem Arbeitsinspektorat Oberösterreich Ost nicht mitgeteilt.
Herr V. W. hatte bereits ab ca. April 2021 keinerlei Aufgaben in der Betriebsstätte der (damals) F. GmbH in G. mehr, insbesondere auch keinerlei Anordnungsbefugnisse im Hinblick auf Arbeitnehmerschutzangelegenheiten. Er war ab ca. April 2021 bei einer Schwestergesellschaft (Y. GmbH) beschäftigt. Im Zuge der Umstrukturierung der F. GmbH wurden bei dieser Schwestergesellschaft jene Arbeitnehmer beschäftigt, über deren weitere Laufbahn nach der Umstrukturierung erst entschieden werden sollte.
3. Herr P. Q. war am 10.8.2021 im Rahmen eines Arbeitskräfteüberlassungsverhältnisses für die (damals) F. GmbH als Lagerarbeiter tätig; er war seit April 2021 für die F. GmbH tätig. Herr O. N. war zu diesem Zeitpunkt (bereits seit 1991) Arbeitnehmer der genannten Gesellschaft bzw. ihrer Rechtsvorgängerinnen. Beide Arbeitnehmer waren in der Betriebsstätte in G. mit Arbeiten unter Verwendung von Hubstaplern betraut und beide verfügen über eine Berechtigung zum Führen von Staplern.
4. Am 10.8.2021 am frühen Nachmittag, während der Arbeitszeit, befand sich Herr Q. gemeinsam mit anderen Kollegen in einer Lagerhalle. Es fand gerade ein Schichtwechsel statt. Im Rahmen des Schichtwechsels machten die Arbeitnehmer eine Pause, tranken Kaffee und aßen Kuchen. Herr N. O. fuhr mit einem Hubstapler von einem Arbeitsplatz in einer anderen Halle (Gleishalle) kommend in die Halle, in der sich die Gruppe befand, und näherte sich der Gruppe. Herr Q. bestieg die Gabelzinken des Staplers, welche sich in Höhe von etwa einem halben Meter über dem Boden befanden, und wippte darauf.
Der in der Halle anwesende, etwa 3-3,50m entfernt stehende Schichtleiter, Herr R. S., sah das und sagte zu Herrn Q. und Herrn O.: „Spielt euch nicht so blöd. Ihr spielt euch noch so lange, bis sich einer weh tut.“ Daraufhin lachten Herr Q. und Herr O. und Herr Q. stieg von den Gabelzinken herunter, was Herr S. sah. Trotz des Lachens war Herr S. der Auffassung, dass Herr O. und Herr Q. seine Ermahnung ernst nahmen. Er drehte sich um und wandte sich seiner Arbeit, der Bearbeitung von Frachtbriefen, zu. Unmittelbar danach stieg Herr Q. wieder auf die Gabelzinken. Herr O. hob Herrn Q. auf eine Höhe von ca. 2m und senkte ihn nach ca. 1-2 Minuten wieder ab. Beim Absenken verlor Herr Q. das Gleichgewicht, wollte sich beim Mast des Hubstaplers festhalten und klemmte sich seine Finger zwischen Mast und Gabelzinken ein. Herr S. hörte die Rufe von Herrn Q., wonach Herr N. ihn wieder herunterlassen sollte, und drehte sich wieder um und sah, dass Herrn Q.s Finger eingeklemmt waren.
Bei dem Unfall wurden Teile zweier Finger von Herrn Q. abgetrennt und ein weiterer Finger gebrochen.
Es gab keinen spezifischen Anlass für diese Verhaltensweise von Herrn Q. und Herrn N.. Davor hatten sie einander noch nie gegenseitig auf den Gabelzinken eines Hubstaplers stehend befördert.
Der verwendete Hubstapler verfügte nicht über eine gesicherte Einrichtung zur Personenbeförderung.
5. Der Vorgesetzte von Herrn Q. und Herrn N. war zum damaligen Zeitpunkt Herr I. H., der Umschlagleiter (unternehmensintern auch als „Magazinleiter“ oder „Lagerleiter“ bezeichnet) der in Rede stehenden Betriebsstätte der (nunmehr) E. GmbH in G.. Ihm unterstellt waren zum Tatzeitpunkt die Teamleiter, Herr L. M. und Herr Z., diesen wiederum unterstellt waren die Schichtleiter, Herr R. S. und Herr T. U..
Der Vorfall vom 10.8.2021 ereignete sich außerhalb der Dienstzeit von Herrn H., der immer nur vormittags arbeitet. Herr M. war der diensthabende Teamleiter. Er sah den Vorfall jedoch nicht, da er gerade in einer anderen Halle arbeitete. Der Schichtleiter, Herr S., war in der Halle anwesend, als sich der Vorfall ereignete (siehe oben Pkt. II.4.).
Der Vorgesetzte von Herrn H. war zum Tatzeitpunkt der Leiter des Logistikcenters, Herr X.. In der Hierarchie steht zwischen dem Leiter des Logistikcenters und Herrn H. noch der Betriebsleiter. Dieser kommt ein- bis zweimal wöchentlich in die Betriebstätte und fragt bei Herrn H. nach, ob alles in Ordnung ist. Regelmäßige strukturelle Sitzungen halten die beiden nicht ab. Die Beschwerdeführer und Herr H. arbeiten nicht unmittelbar zusammen; sie kennen einander nicht persönlich.
Aufgrund einer internen Aufgabenaufteilung zwischen den Geschäftsführern war der Zweitbeschwerdeführer zum Tatzeitpunkt für den gesamten operativen Bereich des Unternehmens zuständig. Er berichtete dem Erstbeschwerdeführer von besonderen Vorkommnissen, auch im Hinblick auf arbeitnehmerschutztechnische Themen. Er berichtete dem Erstbeschwerdeführer auch vom gegenständlichen Vorfall. Der Zweitbeschwerdeführer wurde von Herrn X. vom gegenständlichen Vorfall informiert.
Dem Zweitbeschwerdeführer berichten (jetzt wie auch zum Tatzeitpunkt) in Angelegenheiten des Arbeitnehmerschutzes die ihm unterstehenden Niederlassungsleiter, u.a. Herr X., und der Quality-Health-Safety-Environment (im Folgenden: QHSE) – Beauftragte, Herr AB.. Im Rahmen monatlicher Sitzungen („Business-Reviews“) mit allen Niederlassungsleitern werden die Geschäftsergebnisse und alle betrieblichen Belange besprochen. Der Zweitbeschwerdeführer wird dabei auch über außergewöhnliche Vorfälle in Bezug auf alle Betriebstätten der (nunmehr) E. GmbH informiert. Er hält auch mit Herrn AB. monatliche Sitzungen ab. Dieser berichtet ihm über sicherheits- und arbeitnehmerschutzrelevante Themen, wobei zur Klassifizierung der Themen ein Ampelsystem besteht. Wenn der Zweitbeschwerdeführer im Rahmen seiner Sitzungen mit Herrn AB. von atypischen Vorfällen hört, spricht er diese den Niederlassungsleitern gegenüber auch in den Business-Reviews an. Wenn der Zweitbeschwerdeführer in den Business-Reviews ein Thema angesprochen hat, spricht er dieses Thema in den darauffolgenden Sitzungen nicht von sich aus wieder an, es sei denn, ihm sei diesbezüglich erneut etwas bekannt geworden.
Jährlich finden im Unternehmen zentrale Arbeitnehmerschutzausschüsse statt, an denen neben Vertretern des QHSE, der Personalabteilungen und des Betriebsrates auch der Zweitbeschwerdeführer teilnimmt. Dort werden etwa auch Verbesserungsmaßnahmen, die im Bereich des Arbeitnehmerschutzes zu treffen sind, besprochen. An häufiger stattfindenden örtlichen Arbeitnehmerschutzausschüssen nimmt der Zweitbeschwerdeführer nicht teil. Wenn dort von Abweichungen berichtet wird, wird dies dem Zweitbeschwerdeführer aber von Herrn AB. mitgeteilt. Weiters finden monatlich Sitzungen zwischen dem Zweitbeschwerdeführer und dem Betriebsrat statt, in denen u.a. arbeitnehmerschutztechnische Themen besprochen werden.
Der Zweitbeschwerdeführer war bereits etwa vier- bis sechsmal in der gegenständlichen Betriebsstätte in G.. Aus Anlass des gegenständlichen Vorfalles hat der Zweitbeschwerdeführer die Betriebsstätte nicht aufgesucht.
In der gegenständlichen Betriebsstätte der (nunmehr) E. GmbH fanden vor dem gegenständlichen Vorfall jährliche Unterweisungen der Arbeitnehmer statt, welche Herr H. durchführte. Die Erstunterweisung dauert dabei zumeist eine Stunde, die darauffolgenden Unterweisungen kürzer. Bei den nachfolgenden Unterweisungen werden insbesondere seit der vorangegangenen Unterweisung eingetretene Veränderungen und aus Sicht des Unterweisenden besonders wichtige Themen angesprochen. Nach den Unterweisungen fragt Herr H. üblicherweise nach, ob diese verstanden wurden. Zeigt sich in der Folge, dass die Unterweisung nicht eingehalten wird, weist er nochmals darauf hin. Die Teamleiter und Schichtleiter sind nicht angewiesen, in ihren Schichten eine spezifische Kontrolle der Einhaltung von Unterweisungen durchzuführen. Wenn ihnen etwas auffällt, berichten sie aber Herrn H. darüber. Herr N. war vor dem gegenständlichen Vorfall zuletzt am 10.3.2021, Herr Q. zuletzt am 1.4.2021 (anlässlich des Antrittes seiner Beschäftigung bei der F. GmbH) unterwiesen worden, wobei die Unterweisung von Herrn O. 10 Minuten und jene von Herrn Q. 45 Minuten dauerte. Die unternehmensinterne „Betriebsanweisung für Stapler“ vom 30.1.2020, welche in der Betriebstätte aufliegt, enthält u.a. den folgenden Hinweis: „Es dürfen grundsätzlich keine Personen auf dem Stapler oder dem Lastaufnahmemittel transportiert werden. Ausnahme: Heben einer Person in einem sicher angebrachten und für den jeweiligen Hubstapler zugelassenen Arbeitskorb. […]“. Hinweise über die korrekte Verwendung der Hubstapler sind auch an den Staplern angebracht.
Bei den Arbeiten in der gegenständlichen Betriebsstätte besteht eine Partie üblicherweise aus sechs Personen, welche aufgrund der unterschiedlichen Aufgaben (z.B. Übernahme von angelieferter Ware in einer Gleishalle, Beladung von LKW in einer anderen Halle) in mehreren Lager- bzw. Lade- und Entladehallen arbeiten, sodass sich in jeder Halle teilweise nur ein bis zwei Personen gleichzeitig aufhalten; zu manchen Zeiten halten sich auch fünf bis sechs Personen in einer Halle auf. Der jeweils zuständige Teamleiter bzw. Schichtleiter ist von Herrn H. nicht angewiesen, während seiner Schicht spezifische Kontrollgänge durch alle Lagerhallen durchzuführen. Er kommt aber im Zuge der Arbeiten immer wieder in den verschiedenen Hallen vorbei. Wenn Regelverstöße stattfinden, werden die Arbeitnehmer von den zuständigen Schichtleitern oder, wenn er anwesend ist, von Herrn H., auf die korrekte Verhaltensweise hingewiesen und angewiesen, die Vorschriften einzuhalten. Die Schichtleiter sind langjährige Mitarbeiter und werden von den übrigen Arbeitnehmern grundsätzlich ernst genommen. Es kann aber schon vorkommen, dass manchen Arbeitnehmern gegenüber Anweisungen öfter wiederholt werden müssen, weil sie nicht eingehalten werden. Sollten die Anweisungen der Schichtleiter ignoriert werden, informieren sie den über ihnen stehenden Teamleiter. Wenn die Teamleiter bzw. Schichtleiter Herrn H. von Regelverstößen berichten, weist er die Arbeitnehmer auch selbst auf die Einhaltung der Regeln hin. Weitergehende Konsequenzen wurden von Herrn H. bisher noch nie gezogen.
Herr H., der immer nur vormittags arbeitet, vertraut darauf, dass die an den Nachmittagen und Abenden zuständigen Schichtleiter ihm bei der täglichen Übergabe von allfällig vorgekommenen Regelverstößen berichten. Eine spezifische diesbezügliche Anordnung besteht nicht. Wenn die Teamleiter und Schichtleiter ihm von Regelverstößen berichten, werden sie von Herrn H. aufgefordert, besser auf die Einhaltung der Vorschriften zu achten.
In der gegenständlichen Betriebsstätte finden 3-4 Mal jährlich Begehungen durch die Sicherheitsfachkraft, Herrn J. K., statt. Dabei spricht er die Arbeitnehmer mitunter auch auf den Inhalt der letzten Unterweisungen an und veranlasst gegebenenfalls eine Nachunterweisung.
Über den gegenständlichen Unfall wurde von Herrn H. ein Unfallprotokoll verfasst und der Sicherheitsfachkraft übermittelt. Dies ist standardmäßig vorgesehen. Das übliche, auch vorliegend eingehaltene, Prozedere sieht eine Evaluierung des Arbeitsunfalles durch die Sicherheitsfachkraft vor. Anschließend erfolgt eine Nachunterweisung der Arbeitnehmer des betroffenen Standortes. Auch nach dem gegenständlichen Unfall wurden die Arbeitnehmer der gegenständlichen Betriebsstätte durch Herrn H. nochmals unterwiesen. Weiters erging seitens der Sicherheitsfachkraft die unternehmensweite Aufforderung an die Verantwortlichen, Nachunterweisungen durchzuführen und die für Unterweisungen zuständigen Personen benennen. Als Konsequenz des gegenständlichen Unfalles wurden überdies Abstände der Unterweisungen verkürzt (von jährlichen auf quartalsmäßige Unterweisungen). Der Unfall wurde auch im zentralen Arbeitnehmerschutzausschuss, an dem auch der Zweitbeschwerdeführer teilnahm, thematisiert.
Herr Q. beendete nach dem Unfall von sich aus seine Tätigkeit für die (damals) F. GmbH. Herr N. wurde, wie die anderen Arbeitnehmer auch, nachunterwiesen. Herr H. teilte den beiden Arbeitnehmern mit, dass der Vorfall eine „dumme Aktion“ gewesen sei.
In der gegenständlichen Betriebsstätte kam es vor dem gegenständlichen Vorfall schon vor, dass beim Verwenden der Stapler Regelverstöße stattfanden, sodass etwa Kollisionen oder Unfälle passierten oder die Arbeitnehmer unvernünftiges Verhalten an den Tag legten. Ein so gravierendes Fehlverhalten wie das gegenständliche hatte in der gegenständlichen Betriebsstätte zuvor noch nie stattgefunden. Den Beschwerdeführern war vor dem gegenständlichen Vorfall nicht bekannt, dass es in Bezug auf die Verwendung von Hubstaplern in der gegenständlichen Betriebsstätte Probleme gegeben hätte, wiewohl ihnen bewusst war, dass in einem Speditionsunternehmen auch Unfälle mit Staplern passieren können.
Die (nunmehr) E. GmbH verfügt über zertifiziertes Managementsystem für den Geltungsbereich Speditions- und Logistikdienstleistungen. Die Zertifikate der Zertifizierungsstelle TÜV SÜD Landesgesellschaft Österreich GmbH betreffend die Einhaltung der Normen ISO 45001:2018, ISO 14001:2015 und ISO 9001:2015 sind jeweils bis 31.12.2022 gültig. Das letzte – auf das gesamte Unternehmen bezogene – Überwachungsaudit betreffend die Einhaltung dieser Normen fand im Zeitraum 25.1.2021-4.3.2021 statt. Im Auditbericht wird zu arbeitnehmerschutztechnischen Aspekten ausgeführt, dass im Jahr 2020 12 Arbeitsunfälle passiert seien. Im Jahr 2018 sei eine Häufung von Unfällen mit Flurförderfahrzeugen verzeichnet worden, weshalb Schulungen vorgenommen und die technische Ausrüstung verbessert worden seien. Ein Branchenvergleich zeige in Bezug auf Arbeitsunfälle akzeptable Werte. Hervorgehoben wird im Auditbericht auch, dass die Sicherheitsfachkraft geplante Standortbegehungen durchführe und die Standorte nach einer „guten Bewertungsmethode“ bewerte. Im Auditbericht wird weiters ausgeführt, dass die Einhaltung u.a. des ASchG und der AM-VO im Rahmen einer Stichprobenprüfung geprüft worden sei, wobei die Auditoren zu dem Ergebnis kamen, dass das Unternehmen und die Betriebsanlagen in Übereinstimmung mit diesen Vorschriften geführt würden. Als positiver Aspekt wird im Auditbericht angeführt, dass die Arbeitsunfälle 30% unter der „Benchmark (AUVA)“ liegen würden.
6. Die Beschwerdeführer sind verwaltungsstrafrechtlich unbescholten.
III. Beweiswürdigung
Die Feststellungen gründen sich auf den gesamten Akteninhalt (Gerichts- und Behördenakt), an dessen Richtigkeit und Vollständigkeit kein Zweifel entstanden ist, sowie auf die Erörterung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Wien am 23.5.2022 und am 22.8.2022, in der der Zweitbeschwerdeführer als Beschuldigter sowie als Zeuge betreffend das Verfahren des Erstbeschwerdeführers und die (vormaligen) Arbeitnehmer der E. GmbH, Herr O. N., Herr P. Q., Herr J. K. (Sicherheitsfachkraft), Herr I. H. (Umschlagleiter), Herr L. M. (Teamleiter), Herr R. S. (Schichtleiter) und Herr T. U. (Schichtleiter) als Zeugen vernommen wurden.
Im Einzelnen:
1. Die Geschäftsführereigenschaft der Beschwerdeführer ergibt sich eingeholten Firmenbuchauszügen mit historischen Daten und den Angaben des Beschwerdeführervertreters (Verhandlungsprotokoll vom 23.5.2022, S. 3). Die Feststellungen zum Sitz und zur Firma der (nunmehr) E. GmbH folgen ebenfalls aus eingeholten Firmenbuchauszügen. Dass diese Gesellschaft eine Niederlassung in G. hat, ergibt sich aus dem gesamten Akteninhalt und ist unstrittig.
2. Die Feststellungen zur Bestellung von Herrn W. zum verantwortlichen Beauftragten und zu dessen Anordnungsbefugnissen in der gegenständlichen Betriebsstätte gründen sich auf die im Behördenakt inliegenden und vom Arbeitsinspektorat Oberösterreich Ost im Beschwerdeverfahren nochmals vorgelegten Bestellurkunden (OZ 57 des VGW-Aktes) sowie auf die glaubwürdigen Angaben des Zweitbeschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung (Verhandlungsprotokoll vom 22.8.2022, S. 3-4). Da die Angaben des Zweitbeschwerdeführers zu den Anordnungsbefugnissen von Herrn W. glaubwürdig waren, konnte eine Vernehmung von Herrn W. als Zeuge – auf welche die Beschwerdeführer im Übrigen verzichteten (OZ 58 des VGW-Aktes) – unterbleiben.
3. Die Arbeitnehmer- bzw. Leiharbeitnehmereigenschaft von Herrn Q. und Herrn N. zum Tatzeitpunkt ist, ebenso wie ihre Aufgaben bei der Tätigkeit für die (vormals) F. GmbH, unstrittig und folgt auch aus den Aussagen der beiden Arbeitnehmer (Verhandlungsprotokoll vom 23.5.2022, S. 4, S. 8) sowie aus eingeholten Versicherungsdatenauszügen (AJ-WEB). Die Berechtigung zum Führen von Hubstaplern ergibt sich aus den im Behördenakt inliegenden Urkunden [Beilage ./A und ./B zur Rechtfertigung vom 14.10.2021, AS 25-26 bzw. AS 26-27]).
4. Der Ablauf des Vorfalles vom 10.8.2021 ist in den entscheidungswesentlichen Punkten unstrittig (Verhandlungsprotokoll vom 23.5.2022, S. 4). Die Verletzungsfolgen konnten auf der Grundlage der Aussage des Zeugen Q. (Verhandlungsprotokoll vom 23.5.2022, S. 8) festgestellt werden und sind ebenfalls unstrittig. Auch wenn die Aussagen der Zeugen N. und Q. hinsichtlich der Frage, wer die Initiative für jenes Verhalten traf, das letztendlich zum Unfall führte, grundsätzlich divergierten, folgt aus den Zeugenaussagen übereinstimmend, dass Herr Q. von Herrn N. auf den Gabelzinken des Hubstaplers auf eine Höhe von ca. 2m gehoben und wieder abgesenkt wurde und dabei keine Einreichung zur Personenbeförderung vorhanden war. Die Beschwerdeführer bestritten auch nicht, dass der in Rede stehende Stapler nicht über eine geeignete Einrichtung zur Personenbeförderung verfügte (Beschwerdeschriftsätze; Verhandlungsprotokoll vom 23.5.2022, S. 4). Auf wessen Initiative (die des Zeugen Q. oder die des Zeugen N.) der Vorfall stattfand, ist im gegenständlichen Verfahren nicht entscheidungserheblich.
Die vernommenen Zeugen gaben auch übereinstimmend an, dass sich der Vorfall an einem Nachmittag während der Arbeitszeit ereignete, gerade eine Pause eingelegt wurde bzw. ein Schichtwechsel stattfand (Verhandlungsprotokoll vom 23.5.2022, S. 4-5, S. 8, S. 13; Verhandlungsprotokoll vom 22.8.2022, S. 7). In Bezug auf die Dauer des Vorfalles folgt aus den Zeugenaussagen, dass diese jedenfalls nur einige wenige Minuten betrug (Verhandlungsprotokoll vom 23.5.2022, S. 4; S. 9, S. 10; Verhandlungsprotokoll vom 22.8.2022, S. 7-8).
Herr S. schilderte in seiner Vernehmung nachvollziehbar und glaubwürdig – sowie übereinstimmend mit seiner Aussage vor dem Landesgericht G. in einem bezüglich des gegenständlichen Sachverhaltes anhängig gewesenen zivilgerichtlichen Verfahren (herbeigeschafftes Protokoll der Verhandlung vor dem LG G. vom 4.5.2022, Zl. ...; OZ 63 des VGW-Aktes) –, was er beobachtet und gesagt hat. Er führte auch aus, dass die beiden Arbeitnehmer gelacht hätten, dass er sich aber sicher sei, dass Herr Q. von den Gabelzinken heruntergestiegen sei, widrigenfalls er sich nicht weggedreht, sondern etwa Herrn M. als nächsthöheren Vorgesetzten informiert hätte, und dass er der Auffassung gewesen sei, die beiden Arbeitnehmer würden seiner Ermahnung folgen (Verhandlungsprotokoll vom 22.8.2022, S. 7-9). Auch der Zeuge Q. sagte damit übereinstimmend aus, dass Herr S. darauf hingewiesen habe, dass mit den Blödeleien aufgehört werden solle (Verhandlungsprotokoll vom 23.5.2022, S. 9).
Die Zeugen N. und Q. sagten übereinstimmend aus, dass sie ein solches Verhalten zwar noch nie zuvor an den Tag gelegt haben, dass es aber auch keinen bestimmten Grund gab, warum sie dies genau an jenem Tag machten (Verhandlungsprotokoll vom 23.5.2022, S. 4, S. 8). Auch der Zeuge U. bestätigte, dass es einen derartigen Vorfall in der gegenständlichen Betriebsstätte zuvor noch nicht gegeben hatte (Verhandlungsprotokoll vom 22.8.2022, S. 10).
5. Die festgestellte Weisungs- und Verantwortungshierarchie folgt insbesondere aus der glaubwürdigen – und mit den Aussagen der Zeugen N., Q., M., S. und U. im Wesentlichen im Einklang stehenden – Aussage des Zeugen H. (Verhandlungsprotokoll vom 23.5.2022, S 12-13; siehe auch Verhandlungsprotokoll vom 23.5.2022, S. 5; S. 9, S. 12; S. 16; Verhandlungsprotokoll vom 22.8.2022, S. 8, S. 10). Die Rolle der Beschwerdeführer in der Hierarchie und die Art und Weise, wie sie über arbeitnehmerschutztechnische Fragen informiert werden, ergibt sich aus der glaubwürdigen Aussage des Zweitbeschwerdeführers (Verhandlungsprotokoll vom 22.8.2022, S. 4-6; S. 10). Dass Herr H. und die Beschwerdeführer nicht unmittelbar zusammenarbeiten, folgt aus den übereinstimmenden Aussagen des Zeugen H. und des Zweitbeschwerdeführers (Verhandlungsprotokoll vom 23.5.2022; S. 14; Verhandlungsprotokoll vom 22.8.2022, S. 4).
Der Zweitbeschwerdeführer gab weiters glaubwürdig an, bisher vier- bis sechsmal in der gegenständlichen Betriebsstätte gewesen zu sein (Verhandlungsprotokoll vom 22.8.2022, S. 5).
Die festgestellten Unterweisungen, Nachunterweisungen und Betriebsanweisungen wurden durch Urkunden (OZ 37 des VGW-Aktes) belegt und durch die Aussage des Zeugen H. bestätigt sowie auf nachvollziehbare Weise näher erläutert (Verhandlungsprotokoll vom 23.5.2022, S. 14). Die Zeugen gaben übereinstimmend und glaubwürdig an, dass die Betriebsanweisung betreffend die Verwendung von Hubstaplern im Betrieb aufgehängt sei (Verhandlungsprotokoll vom 23.5.2022, S. 5, S. 14; Verhandlungsprotokoll vom 23.5.2022, S. 8). Auch die Aussage des Zeugen M., wonach auch die Hubstapler mit entsprechenden Hinweisen ausgestattet sind, ist glaubwürdig (Verhandlungsprotokoll vom 23.5.2022, S. 16). Die in der mündlichen Verhandlung vorgelegte – undatierte – Power Point Präsentation „ArbeitnehmerInnenschutz Sicherheitsunterweisung Logistikcenter E. GmbH Bereich Lager“ samt einer mit September 2021 datierten Betriebsanweisung für Stapler (Beilage ./6 zum Verhandlungsprotokoll vom 22.8.2022) enthält in Bezug auf die Verwendung von Staplern keine über die Betriebsanweisung vom 30.1.2020 hinausgehenden Inhalte.
Die Zeugen H. und K. gaben an, dass nach Unterweisungen keine spezifische (auch sprachliche) Kontrolle dahingehend stattfindet, ob die Unterweisungen auch eingehalten werden; vielmehr wies der Zeuge H. darauf hin, dass er dann, wenn er in den darauffolgenden Tagen sehe, dass die Unterweisungen nicht eingehalten werden, nochmals darauf hinweise. Eine Anweisung an die Teamleiter und Schichtleiter, die Einhaltung der Unterweisungen spezifisch zu kontrollieren, verneinte er (Verhandlungsprotokoll vom 23.5.2022, S. 12; S. 15-16).
Der Zeuge H. sagte – in Übereinstimmung mit den Aussagen der Zeugen M. und S. – aus, dass die Teamleiter bzw. Schichtleiter nicht angewiesen seien, in regelmäßigen Abständen in den verschiedenen Hallen spezifische Kontrollgänge zu machen, dass sie aber angewiesen seien, die Arbeitnehmer bei Regelverstößen auf die Einhaltung der Vorschriften hinzuweisen (Verhandlungsprotokoll vom 23.5.2022, S. 13-14; S. 17; Verhandlungsprotokoll vom 22.8.2022; S. 8). Dass die Partien aus sechs Personen bestehen, aufgeteilt auf mehrere Hallen arbeiten und auch die Teamleiter bzw. Schichtleiter im Zuge der Arbeit immer wieder in alle Hallen kommen, folgt aus den übereinstimmenden Aussagen der Zeugen H., M. und S. (Verhandlungsprotokoll vom 23.5.2022, S. 13-14; S. 17; Verhandlungsprotokoll vom 22.8.2022; S. 8).
Der Zeuge H. verneinte, dass die jeweiligen Teamleiter bzw. Schichtleitern konkret angewiesen seien, im Rahmen der täglichen Schichtübergabe über bestimmte Vorfälle laufend zu berichten, und verwies auf das langjährige Vertrauensverhältnis, das er zu den Mitarbeitern pflege (Verhandlungsprotokoll vom 23.5.2022, S. 13, S. 14). Dies wurde durch die Aussage des Zeugen M. bestätigt (Verhandlungsprotokoll vom 23.5.2022, S. 17).
In Bezug auf seine eigenen Berichtspflichten führte Herr H. glaubwürdig aus, dass der ihm übergeordnete Betriebsleiter ein- bis zweimal wöchentlich anwesend sei, allerdings keine periodischen Meetings stattfinden (Verhandlungsprotokoll vom 23.5.2022, S. 14). Dies entspricht auch der Aussage des Zeugen K., der befragt zu periodischen Berichtspflichten der Lagerleiter lediglich angab, dass diese von besonderen Vorkommnissen, wie Arbeitsunfällen, berichten müssten (Verhandlungsprotokoll vom 23.5.2022, S. 11). Der Zeuge H. gab auch glaubwürdig an, dass er nicht unmittelbar mit den Beschwerdeführern zusammenarbeite (Verhandlungsprotokoll vom 23.5.2022, S. 14). Dies ergibt sich auch aus der Befragung des Zweitbeschwerdeführers, der den Namen des Umschlagleiters nicht kannte (Verhandlungsprotokoll vom 22.8.2022, S. 4).
Dass die Sicherheitsfachkraft periodische Begehungen in der Betriebsstätte durchführt, folgt aus deren glaubwürdiger Aussage (Verhandlungsprotokoll vom 23.5.2022, S. 12).
Aus den übereinstimmenden Aussagen der Zeugen N., H., M. und U. ergibt sich, dass die jeweils zuständigen Schichtleiter oder Herr H. im Fall von Regelverstößen entsprechende Hinweise bzw. Anweisungen in Bezug auf die korrekte Arbeitsweise aussprechen (Verhandlungsprotokoll vom 23.5.2022, S 5, S. 13; S. 15; S. 16; S. 17; Verhandlungsprotokoll vom 22.8.2022, S. 9). Der Zeuge M. gab überdies an, dass im Fall von Regelverstößen durch die Arbeitnehmer auch die Schichtleiter von Herrn H. aufgefordert werden, besser auf die Einhaltung der Regeln zu achten (Verhandlungsprotokoll vom 23.5.2022, S. 17). Weitere konkrete, den Arbeitnehmern im Fall von Regelverstößen systematisch drohende Konsequenzen (etwa Verwarnungen durch Vorgesetzte, Eintragungen im Personalakt, Drohung der Entlassung etc.) konnten nicht festgestellt werden. So gab etwa der Zeuge H. an, dass er weitere Konsequenzen bisher noch nicht ziehen habe müssen (Verhandlungsprotokoll vom 23.5.2022, S. 13). Der Zeuge M. gab damit übereinstimmend an, dass ihm nicht bekannt sei, dass es aufgrund von Fehlverhalten bereits dienstliche Verwarnungen oder Entlassungen gegeben habe. Letztere nannte er nur im Zusammenhang mit qualitativ mangelhafter Arbeitsweise, nicht aber mit der Verletzung von Sicherheitsvorschriften (Verhandlungsprotokoll vom 23.5.2022, S. 17). Zwar sagte der Zeuge N. aus, dass jemand, der mit einem Stapler eine Person anfahre oder etwas beschädige, nicht mehr fahren dürfe, konnte aber nicht spezifizieren, ob dies jemals schon geschehen sei (Verhandlungsprotokoll vom 23.5.2022, S. 5). Aus dieser Aussage kann auch vor dem Hintergrund der übrigen Zeugenaussagen nicht der Schluss gezogen werden, dass als strukturelle Sanktion für Fehlverhalten etwa ein Fahrverbot vorgesehen gewesen sei.
Dass weitere Konsequenzen – etwa aufgrund des tadellosen Verhaltens der Arbeitnehmer – bisher tatsächlich nicht notwendig waren, konnte nicht festgestellt werden, zumal der Zeuge H. selbst auch darauf hinwies, dass er seine Anweisungen manchmal öfter und mit Nachdruck wiederholen müsse (Verhandlungsprotokoll vom 23.5.2022, S. 13; S. 15). Damit steht nicht in Widerspruch, dass die beiden Schichtleiter S. und U. angaben, dass die Schichtleiter von den anderen Arbeitnehmern üblicherweise ernst genommen werden (Verhandlungsprotokoll vom 22.8.2022, S. 8; S. 10), zumal auch sie selbst nicht ausschlossen, dass ihre Anweisungen u.U. auch nicht befolgt werden und sie daher etwa gezwungen sein können, den nächsten Vorgesetzten zu informieren oder etwa einen Arbeitnehmer aufzufordern, die Halle zu verlassen (Verhandlungsprotokoll vom 22.8.2022, S. 8; S. 10). Die nicht näher substantiierte Aussage von Herrn N., wonach Anweisungen immer befolgt würden (Verhandlungsprotokoll vom 23.5.2022, S. 5) kann den Feststellungen nicht zugrunde gelegt werden, da dies nicht der allgemeinen Lebenserfahrung entspricht und im Widerspruch insbesondere zur Aussage des Zeugen H. steht, wonach ihm schon auch Fehlverhalten zu Ohren komme und er mitunter wiederholt und nachdrücklich auf die Einhaltung der Vorschriften hinweisen müsse (Verhandlungsprotokoll vom 23.5.2022, S. 13; S. 15).
Das übliche, auch gegenständlich eingehaltene, Prozedere im Fall von Arbeitsunfällen wurde vom Zeugen K. glaubwürdig und nachvollziehbar dargestellt (Verhandlungsprotokoll vom 23.5.2022, S. 10-11) und vom Zeugen H. bestätigt (Verhandlungsprotokoll vom 23.5.2022, S. 13.14). Im Behördenakt inliegend findet sich auch eine den Beschreibungen entsprechende Meldung des gegenständlichen Unfalles (Beilage ./F zur Rechtfertigung vom 14.10.2021, AS 32 bzw. AS 33). Der Zeuge K. gab auch – in Übereinstimmung mit dem Zweitbeschwerdeführer – glaubwürdig an, dass im Nachhang des Unfalles die Unterweisungen engmaschiger durchgeführt wurden, der Unfall im Arbeitnehmerschutzausschuss besprochen wurde und die Standortleiter die für Unterweisungen zuständigen Personen benennen mussten (Verhandlungsprotokoll vom 23.5.2022, S. 11; Verhandlungsprotokoll vom 22.8.2022, S. 4).
Der Zeuge N. konnte keine konkreten, aus dem gegenständlichen Vorfall resultierenden Konsequenzen, wie etwa eine Verwarnung, benennen bzw. verneinte er, dass jemand ihm gesagt habe, dass sein Verhalten nicht korrekt gewesen sei (Verhandlungsprotokoll vom 23.5.2022, S. 6-7). Gefragt nach Konsequenzen, die aus dem gegenständlichen Vorfall gezogen wurden, verwiesen die übrigen Zeugen auf Nachunterweisungen (vgl. Verhandlungsprotokoll vom 23.5.2022, S. 6-7; S. 14; Verhandlungsprotokoll vom 22.8.2022, S. 8) und die Befragung durch Vertreter des Arbeitsinspektorates (Verhandlungsprotokoll vom 23.5.2022, S. 7; S. 17); der Zeuge U. konnte sich an keine Maßnahmen erinnern (Verhandlungsprotokoll vom 22.8.2022; S. 10). Die in der Beschwerde vorgebrachte scharfe Verwarnung von Herrn N. kann daher nicht festgestellt werden. Der Zeuge H. gab diesbezüglich, wie festgestellt, lediglich an, dass er die beiden Arbeitnehmer darauf hingewiesen habe, dass das eine „dumme Aktion“ gewesen sei (Verhandlungsprotokoll vom 23.5.2022, S. 14). Dass Herr Q. seine Tätigkeit für die (damals) F. GmbH von sich aus beendete, ergibt sich aus dessen glaubwürdiger Aussage (Verhandlungsprotokoll vom 23.5.2022, S. 8, S. 9), die im Einklang mit der Aussage des Zeugen H. steht (Verhandlungsprotokoll vom 23.5.2022, S. 14). Dem Beschwerdevorbringen, wonach Herr Q. aufgrund seines Fehlverhaltens seitens der F. GmbH nicht weiterbeschäftigt wurde, kann daher nicht gefolgt werden.
Herr H. und Herr M. gaben – wenngleich, auch auf Nachfrage, ohne nähere Spezifizierung – an, dass es bereits vorgekommen sei, dass im Umgang mit den Hubstaplern „Blödsinnigkeiten“ stattfanden oder „leichtsinniges Verhalten“ an den Tag gelegt wurde, wenn den Arbeitnehmern etwa langweilig sei (Verhandlungsprotokoll vom 23.5.2022, S. 13, S. 16). Der Zeuge H. spezifizierte, dass in seiner Anwesenheit meistens nichts bemerkbar sei, ihm aber schon zu Ohren komme, dass es etwa aufgrund der Nichteinhaltung von Fahrvorschriften zu Kollisionen komme (Verhandlungsprotokoll vom 23.5.2022, S. 13). Auch der Zeuge Q. deutete in seiner Aussage an, dass es – möglicherweise in anderen Hallen – „Blödeleien“ gegeben haben könnte (Verhandlungsprotokoll vom 23.5.2022, S. 9). Dass die Zeugen auf Nachfrage, welches Verhalten genau gemeint sei, ausweichend reagierten und dieses nicht spezifizierten (Verhandlungsprotokoll vom 23.9.2022, S. 9, S. 13), lässt nicht den Schluss zu, dass die Aussagen falsch waren, sondern deutet vielmehr darauf hin, dass tatsächlich unvernünftiges Verhalten stattgefunden hatte, die Zeugen dieses aber möglicherweise nicht konkret offenlegen wollten. Dass die Zeugen S. und U. auf Nachfrage verneinten, dass in der Vergangenheit Blödeleien stattgefunden hätten (Verhandlungsprotokoll vom 22.8.2022, S. 8; S. 9), zeigt lediglich auf, dass ihnen solche allenfalls nicht unmittelbar bekannt wurden. Dies schließt aber nicht aus, dass dem Zeugen M. und dem Zeugen H. – die in der Hierarchie über den Zeugen S. und U. stehen – solche Vorfälle nicht sehr wohl zu Ohren gekommen sind. Der vom Zeugen M. geschilderte Vorfall des gegenseitigen Hochhebens von Gabelstaplern (Verhandlungsprotokoll vom 23.5.2022, S. 16) lässt sich allerdings vor dem Hintergrund der glaubwürdigen Aussage des Zeugen U., wonach ein solcher Vorfall im Zusammenhang mit der notwendigen Befreiung eines unter einem Gabelstapler liegenden Verletzten gestanden sei (Verhandlungsprotokoll vom 22.8.2022, S. 9) nicht als Beispiel für eine solche „Blödelei“ feststellen. Dass den Beschwerdeführern nicht bekannt war, dass es in der Vergangenheit bereits Fehlverhalten in Bezug auf die Verwendung der Hubstapler gab, folgt aus der glaubwürdigen Aussage des Zweitbeschwerdeführers (Verhandlungsprotokoll vom 22.8.2022, S. 4; S. 6).
Die Feststellungen zu den ISO-Zertifizierungen und dem Auditbericht vom 23.3.2021 gründen sich auf die entsprechenden, vom Zweitbeschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Unterlagen (Beilagen ./1, ./2, ./4, ./5 zum Verhandlungsprotokoll vom 22.8.2022).
Da die Weisungshierarchie, die präventiven Maßnahmen, Kontrollmaßnahmen und Sanktionen für Fehlverhalten auf Grundlage der vorgelegten Unterlagen und der Zeugenaussagen hinreichend geklärt erscheinen, konnte von der Vernehmung des Zeugen AC. – auf die die Verfahrensparteien im Übrigen verzichteten (Verhandlungsprotokoll vom 22.8.2022, S. 10) – abgesehen werden, zumal nicht ersichtlich ist, welchen Beitrag zur Wahrheitsfindung seine Vernehmung leisten könnte.
6. Die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit der Beschwerdeführer folgt aus Ergebnissen entsprechender Abfragen bei den Verwaltungsbehörden.
IV. Rechtliche Beurteilung
1. Gemäß § 130 Abs. 1 Z 16 des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes – ASchG, BGBl. Nr. 450/1994 idF BGBl. I Nr. 126/2017, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von € 166,-- bis € 8 324, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von € 333,-- bis € 16.659,-- zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen dem ASchG oder den dazu erlassenen Verordnungen die Verpflichtungen betreffend die Beschaffenheit, die Aufstellung, die Benutzung, die Prüfung oder die Wartung von Arbeitsmitteln verletzt.
Das ASchG gilt gemäß seinem § 1 Abs. 1 für die Beschäftigung von Arbeitnehmern, wobei § 1 Abs. 2 ASchG bestimmte, vorliegend nicht anwendbare, Ausnahmen normiert. Die auf Grund von u.a. § 39 Abs. 1 ASchG erlasse Arbeitsmittelverordnung – AM-VO, BGBl. II Nr. 164/2000 idF BGBl. II Nr. 21/2010, gilt nach ihrem § 1 Abs. 1 für Arbeitsstätten, auswärtige Arbeitsstellen und Baustellen, die unter das ASchG fallen.
§ 21 Abs. 1 AM-VO normiert, dass für das Heben von ArbeitnehmerInnen nur dafür geeignete Arbeitsmittel benutzt werden dürfen. Dazu gehören insbesondere Hubarbeitsbühnen, Mastkletterbühnen, Fassadenbefahrgeräte, Hängebühnen, Hebeeinrichtungen von Bühnen und vergleichbare Arbeitsmittel. Auf Arbeitsmitteln, die zum Heben von Lasten bestimmt sind, dürfen ArbeitnehmerInnen nur befördert werden, wenn sie über gesicherte Einrichtungen zur Personenbeförderung verfügen, insbesondere Arbeitskörbe.
Gemäß § 2 Abs. 1 AM-VO sind Arbeitsmittel im Sinne der AM-VO alle Maschinen, Apparate, Werkzeuge, Geräte und Anlagen, die zur Benutzung durch ArbeitnehmerInnen vorgesehen sind. Zu den Arbeitsmitteln gehören insbesondere auch Beförderungsmittel zur Beförderung von Personen oder Gütern, Aufzüge, Leitern, Gerüste, Dampfkessel, Druckbehälter, Feuerungsanlagen, Behälter, Silos, Förderleitungen, kraftbetriebene Türen und Tore sowie Hub-, Kipp- und Rolltore.
Benutzung im Sinne der AM-VO umfasst nach § 2 Abs. 2 AM-VO alle ein Arbeitsmittel betreffende Tätigkeiten wie In- und Außerbetriebnahme, Gebrauch, Transport, Instandsetzung, Umbau, Instandhaltung, Wartung und Reinigung.
Gemäß § 2 Abs. 9 AM-VO sind Hubstapler mit Gabeln, Plattformen oder anderen Lastaufnahmemitteln ausgerüstete selbstfahrende Arbeitsmittel mit Hubmast, die dazu bestimmt sind, Lasten zu heben, sie an einen anderen Ort zu verbringen, dort abzusetzen oder zu stapeln oder in Regale einzubringen oder um sonstige Manipulationstätigkeiten mit Lasten unter Verwendung besonderer Zusatzgeräte durchzuführen. Hubstapler mit hubbewegtem Fahrersitz sind Hubstapler, die mit einem Fahrerplatz ausgerüstet sind, der mit dem Lastaufnahmemittel zum Einlagern von Lasten in Regale angehoben wird.
2. Die festgestellte Beförderung eines Arbeitnehmers auf den Gabelzinken eines Hubstaplers ohne gesicherte Einrichtung zur Personenbeförderung widerspricht der Vorgabe des § 21 Abs. 1 AM-VO, da nach dieser Bestimmung auf einem Hubstapler iSd § 2 Abs. 9 AM-VO als Arbeitsmittel, das zum Heben von Lasten bestimmt ist, Arbeitnehmer nur befördert werden dürfen, wenn sie über gesicherte Einrichtungen zur Personenbeförderung verfügen, insbesondere Arbeitskörbe.
Das Vorbringen der Beschwerdeführer, wonach die in Rede stehende Beförderung in einer Arbeitspause erfolgt sei, zeigt keine Ausnahme von der Verpflichtung der Einhaltung der Bestimmungen der AM-VO auf, zumal die AM-VO nach ihrem § 1 Abs. 1 für Arbeitsstätten, die unter das ASchG fallen, anwendbar ist, ohne dass dabei danach unterschieden wird, ob die Arbeitsmittel von den beschäftigten Arbeitnehmern (weisungswidrig) während einer Arbeitspause verwendet werden oder nicht. Der gegenständliche Vorfall trug sich jedenfalls an einem Arbeitstag während der Arbeitszeit in einer Arbeitsstätte der (damals) F. GmbH zu und die in den Vorfall involvierten, von der F. GmbH beschäftigten Arbeitnehmer waren von der Arbeitgeberin grundsätzlich damit betraut, mit Hubstaplern Arbeiten durchzuführen, weshalb in Bezug auf die von ihnen verwendeten Stapler jedenfalls die Verpflichtungen der AM-VO einzuhalten waren (vgl. idZ – zu einem anderen Tatbestand der AM VO – VwGH 26.1.2001, 96/02/0011).
Der objektive Tatbestand des § 130 Abs. 1 Z 16 ASchG iVm § 21 Abs. 1 AM-VO wurde daher zweifelsohne erfüllt.
3. Gemäß § 9 Abs. 1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG, BGBl. Nr. 52/1991 idF BGBl. I Nr. 58/2018, ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.
Nach § 9 Abs. 2 VStG sind die zur Vertretung nach außen Berufenen berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.
Gemäß § 23 Abs. 1 erster Satz des Arbeitsinspektionsgesetzes – ArbIG, BGBl. Nr. 52/1991 idF BGBl. I Nr. 58/2018, wird die Bestellung von verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs. 2 und 3 VStG für die Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften und für die Einhaltung des ArbIG erst rechtswirksam, nachdem beim zuständigen Arbeitsinspektorat eine schriftliche Mitteilung über die Bestellung samt einem Nachweis der Zustimmung des/der Bestellten eingelangt ist. Gemäß § 23 Abs. 3 ArbIG hat der Arbeitgeber/die Arbeitgeberin den Widerruf der Bestellung und das Ausscheiden von verantwortlichen Beauftragten dem zuständigen Arbeitsinspektorat unverzüglich schriftlich mitzuteilen.
Auch wenn die am 30.4.2021 beim örtlich zuständigen (siehe § 15 Abs. 1 ArbIG iVm der § 1 Z 9 der Verordnung Arbeitsinspektorate – AiatV, BGBl. Nr. 237/1993 idF BGBl. II Nr. 400/2016) Arbeitsinspektorat