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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §57 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde des P in F, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in V, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 31. Oktober 1994, Zl. VerkR-391.364/5-/1994-Si, betreffend Zurückweisung einer Berufung in Angelegenheit Entziehung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 11. April 1994 wurde dem Beschwerdeführer die Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppen A und B für die Dauer von 24 Monaten (gerechnet ab der am 21. November 1993 erfolgten Abnahme des Führerscheins) entzogen. Für den gleichen Zeitraum wurde ihm das Lenken von Motorfahrrädern verboten. Als Rechtsgrundlage für diese Aussprüche wurden im Spruch des Bescheides § 73 Abs. 1 und 2 und § 75a KFG 1967 sowie § 57 Abs. 1 AVG genannt. In der Begründung dieses Bescheides wird abschließend ausgeführt, daß dann, wenn es sich um unaufschiebbare Maßnahmen handle, die Behörde gemäß § 57 Abs. 1 AVG bei Gefahr in Verzug einen Bescheid ohne vorangegangenes Ermittlungsverfahrens erlassen könne. Im Interesse der Verkehrssicherheit werde diese Bestimmung angewendet. Der Bescheid enthält die Rechtsmittelbelehrung, daß gegen ihn binnen zwei Wochen nach Zustellung bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck schriftlich Vorstellung erhoben werden könne.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er begehrt, der Berufung Folge zu geben und den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, daß von der Entziehung der Lenkerberechtigung Abstand genommen werde. In eventu wolle die "verhängte Entzugsdauer" gemildert oder der angefochtene Bescheid aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Beweisaufnahme und Entscheidung an die erste Instanz zurückverwiesen werden.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung mit der Begründung zurück, bei dem Bescheid der Erstbehörde handle es sich um einen Mandatsbescheid, gegen den gemäß § 57 Abs. 2 AVG nur Vorstellung erhoben werden könne. Die Berufung sei daher unzulässig. Eine Umdeutung der Berufung in eine Vorstellung sei nicht möglich.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluß vom 27. Februar 1995, B 2859/94-3, ihre Behandlung ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet und darin die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, bei dem Bescheid der Erstbehörde vom 11. April 1994 handle es sich nicht um einen Mandatsbescheid, weil ihm ein Ermittlungsverfahren vorausgegangen sei. Die dem Bescheid beigegebene Rechtsmittelbelehrung sei daher falsch. Eine unrichtige Rechtsmittelbelehrung mache ein zulässiges Rechtsmittel nicht unzulässig. Im Spruch des Bescheides werde zwar § 57 Abs. 1 AVG zitiert, doch fehle die "jedem Mandatsbescheid anhaftende Anordnung", daß der Adressat unverzüglich gewisse Vorkehrungen zu treffen bzw. bestimmten Anordnungen Folge zu leisten habe.
Mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Für die Beurteilung, ob ein Mandatsbescheid vorliegt, kommt es im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers nicht darauf an, ob die Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 AVG vorlagen und sich die Behörde daher mit Recht auf diese Gesetzesstelle stützen durfte. Maßgebend ist allein, ob der Bescheid sich unmißverständlich auf diese Gesetzesstelle gestützt hat (siehe Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts5, Rz 572 und die dort zitierte hg. Rechtsprechung, ferner hg. Erkenntnis vom 27. November 1990, Zl. 90/07/0102). Das war hier der Fall, wie sich aus der Zitierung der angewendeten Gesetzesstelle im Spruch des Bescheides, der Begründung für ihre Anwendung und der damit übereinstimmenden Rechtsmittelbelehrung zweifelsfrei ergibt (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 28. März 1989, Zl. 88/11/0270). Daß dem Bescheid ein Ermittlungsverfahren vorangegangen ist, nimmt ihm nicht die Eigenschaft als Mandatsbescheid (siehe auch dazu das zuvor zitierte Erkenntnis vom 27. November 1990). Einer Anordnung, den Führerschein unverzüglich abzuliefern, bedurfte es im vorliegenden Fall nicht, weil sich dieser im Besitz der Behörde befand.
Der Bescheid der Erstbehörde vom 11. April 1994 wäre demnach nur mit Vorstellung bekämpfbar gewesen. Die vom Beschwerdeführer erhobene Berufung war daher unzulässig. Eine Umdeutung dieser Berufung in eine Vorstellung kam auf Grund ihres eindeutigen Inhaltes nicht in Betracht (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 8. November 1988, Zl. 88/11/0152, und das oben zitierte Erkenntnis vom 28. März 1989). Die belangte Behörde hat daher die Berufung zu Recht als unzulässig zurückgewiesen.
Da sich die Beschwerde nach dem Gesagten als unbegründet erwiesen hat, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Voraussetzungen des Berufungsrechtes DiversesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995110146.X00Im RIS seit
11.07.2001Zuletzt aktualisiert am
16.12.2015