Entscheidungsdatum
16.11.2022Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
VStG §49 Abs2Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Dr.in Luchner über die Beschwerde des AA, **** Z, vertreten durch BB, Bezirksstelle Y, Tiroler Wirtschaftskammer, gegen den Teilzahlungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom 20.05.2020, Zl ***,
zu Recht:
1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Vorverfahren, Sachverhalt:
Mit Strafverfügung vom 21.04.2020, Zl ***, wurde dem Beschwerdeführer wegen Verlassen des eigenen Wohnsitzes und Überschreitung der Gemeindegrenze eine Geldstrafe in der Höhe von insgesamt Euro 540,00 (inklusive der Kosten des erstinstanzlichen Strafverfahrens) aufgetragen.
Nach Zustellung dieser Strafverfügung hat der Beschwerdeführer mit E-Mail vom 20.05.2020 den Einspruch gegen die Strafverfügung zurückgezogen und gleichzeitig ersucht, ihm sechs Ratenzahlungen zu gewähren.
Mit Teilzahlungsbescheid vom 20.05.2020 wurden dem Beschwerdeführer Teilzahlungen in Form von Euro 90,00, gewährt, zahlbar bis zu jeweils 10. des Monats, sechs Mal.
In der Folge hat der Beschwerdeführer eine rechtliche Beratung absolviert und in der Folge vorgebracht, er ziehe die Zurückziehung seines Einspruchs vom 20.05.2020 wieder zurück und erhebe auch gegen den Teilzahlungsbescheid innerhalb offener Frist Beschwerde, da die Geldstrafe ohne eine rechtskräftige Strafverfügung nicht verhängt werden könne.
Im gegenständlichen Fall ist daher zunächst die Frage zu klären, ob überhaupt eine Zurückziehung der Zurückziehung eines Einspruches möglich ist. Zur Frage von Zurücknahmen von Rechtsmitteln gibt es eine Vielzahl von Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.
Unter anderem hat dieser in seiner Entscheidung zu Slg 4466F, 21.01.88, vom 07.12.1972 sowie 88/02/0002, Slg 12616A vom 23.04.1996, 95/05/0320 ua ausgeführt, dass die Zurücknahme einer Berufung ebenso wie ein Rechtsmittelverzicht eine unwiderrufliche Prozesserklärung darstelle. (Nichts Anderes gilt für die Zurücknahme eines Einspruchs.)
Wenn jemand ein Schriftstück – hier eine Zurückziehung eines Einspruchs – unterschreibt, so ist davon auszugehen, dass er seinen Inhalt kennt und das Schriftstück vor Unterfertigung gelesen hat. Er kann sich nicht nachträglich rechtswirksam auf einem Irrtum oder auf eine mangelnde Anleitung durch die Behörde über die mit der Unterschrift verbundenen Rechtsfolgen berufen (ein vergleichbarer Fall dazu VwGH 02.07.86, 85/03/0093).
Wenn der Beschwerdeführer schreibt, die Strafverfügung sei durch seinen Einspruch vom 07.05.2020 zur Gänze außer Kraft getreten und könne nach geltender Rechtsprechung nicht zurückgezogen werden, ist ihm zu erwidern, dass aufgrund eines Einspruchs, wenn er rechtzeitig eingebracht und nicht innerhalb von zwei Wochen zurückgezogen worden wäre, das ordentliche Verfahren einzuleiten gewesen wäre (§ 49 Abs 2 VStG).
Da aber im gegenständlichen Fall der Einspruch gegen die Strafverfügung am 07.05.2020 mittels E-Mail bei der Bezirkshauptmannschaft X eingelangt ist und am 20.05.2020 der Einspruch betreffend die Strafverfügung zurückgezogen wurde, ist er also innerhalb der Einspruchsfrist von zwei Wochen zurückgezogen worden, sodass das ordentliche Verfahren nicht einzuleiten war. Das Verfahren ist in den Zustand vor Erhebung des Einspruchs zurückgekehrt.
Wenn ein Einspruch nicht oder nicht rechtzeitig erhoben oder zurückgezogen wird, ist die Strafverfügung zu vollstrecken.
Da der Einspruch im gegenständlichen Fall aber fristgerecht zurückgezogen wurde, nämlich innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung der Strafverfügung, ist diese nun zu vollstrecken, weshalb auch die Beschwerde gegen den Teilzahlungsbescheid als unbegründet abzuweisen war.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
II. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.
Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.
Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.
Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.
Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.
Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Dr.in Luchner
(Richterin)
Schlagworte
Zurückziehung des EinspruchsEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2022:LVwG.2021.17.2486.2Zuletzt aktualisiert am
05.12.2022