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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde des M in V, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in V, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 30. Juni 1995, Zl. 8 V-FE-53/2/95, betreffend Feststellung gemäß § 64 Abs. 5 KFG 1967, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde fest, daß gemäß § 64 Abs. 5 KFG 1967 ein Recht des Beschwerdeführers zum Lenken von Kraftfahrzeugen auf Grund seines englischen Führerscheines (ausgestellt am 2. Dezember 1993 vom "Secretary of State for Transport United Kingdom of Great Britain") nicht besteht.
In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei seit 26. November 1990 in V gemeldet. Für seine Behauptung, in England einen Hauptwohnsitz begründet zu haben, sei er jeden konkreten Beweis schuldig geblieben. Er habe diesbezügliche Aufforderungen der Erstbehörde ignoriert und habe auf die entsprechende Aufforderung durch die belangte Behörde geantwortet, er sei nicht beweispflichtig. Im Hinblick darauf, daß sich keinerlei Hinweis auf einen anderen Wohnsitz als V ergeben habe, wäre es Sache des Beschwerdeführers gewesen, durch entsprechende Beweisanbote darzulegen, daß er tatsächlich in England den Hauptwohnsitz begründet habe und nicht nur, was offensichtlich sei, sich dort nur kurzfristig mit dem Ziel aufgehalten habe, den englischen Führerschein zu erwerben. Der Beschwerdeführer hätte Umstände geltend machen müssen, die seine Behauptung, in England den Hauptwohnsitz begründet zu haben, in irgendeiner Weise plausibel gemacht hätten. Die belangte Behörde gehe daher davon aus, daß der Beschwerdeführer seit 26. November 1990 seinen Hauptwohnsitz in V habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Gemäß § 64 Abs. 5 KFG 1967 (in der bis 31. Dezember 1994 geltenden Fassung) ist das Lenken eines Kraftfahrzeuges auf Grund einer im Ausland erteilten Lenkerberechtigung durch Personen mit dem ordentlichen Wohnsitz im Bundesgebiet zulässig, wenn seit der Begründung des ordentlichen Wohnsitzes im Bundesgebiet nicht mehr als ein Jahr verstrichen ist. § 79 Abs. 3 bleibt unberührt.
Gemäß Art. VIII Z. 1 und 5 des Hauptwohnsitzgesetzes, BGBl. Nr. 505/1994, wurde mit Wirkung vom 1. Jänner 1995 der Begriff "ordentlicher Wohnsitz" in Bundesgesetzen - somit auch im KFG 1967 - durch den Begriff "Hauptwohnsitz" ersetzt.
Als ordentlicher Wohnsitz ist jener Ort anzusehen, an dem sich die betreffende Person in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, ihn bis auf weiteres zum Mittelpunkt ihrer Lebensbeziehungen zu wählen (siehe das hg. Erkenntnis vom 4. Februar 1992, Zl. 91/11/0121, mwN). In gleichem Sinne definiert § 1 Abs. 7 des Meldegesetzes 1991 in der Fassung des Hauptwohnsitzgesetzes den Hauptwohnsitz.
Der angefochtene Bescheid wäre dann rechtswidrig, wenn der Beschwerdeführer seinerzeit seinen ordentlichen Wohnsitz im Bundesgebiet aufgegeben hätte und ihn (nicht mehr oder) erst innerhalb des letzten Jahres vor Erlassung des angefochtenen Bescheides (wieder) begründet hätte. Davon kann allerdings nach der Aktenlage und den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens keine Rede sein. Dem Beschwerdeführer wurde nach der Aktenlage von der Bundespolizeidirektion V im Jahr 1983 für Kraftfahrzeuge der Gruppen A, B und F eine befristete Lenkerberechtigung erteilt. Mit Ablauf der Frist hat diese Lenkerberechtigung ihre Gültigkeit verloren. Ein zu einem späteren Zeitpunkt gestellter Antrag auf Erteilung einer Lenkerberechtigung war erfolglos. Am 9. Dezember 1991 und am 12. Juli 1994 hat der Beschwerdeführer auf Straßen mit öffentlichem Verkehr jeweils ein Kraftfahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt. Der Beschwerdeführer ist seit Jahren in V polizeilich gemeldet. Eine Abmeldung ist nicht erfolgt. Hinweise darauf, daß er seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland aufgegeben hätte, bestehen nicht.
Das Argument des Beschwerdeführers, bereits aus dem Besitz eines englischen Führerscheines ergebe sich, daß er sich "hauptwohnsitzlich in England aufhält", überzeugt nicht. Der Besitz der englischen Lenkerberechtigung kann ein Beweis dafür sein, daß sich der Beschwerdeführer zur Zeit des Erwerbes der Lenkerberechtigung und eine gewisse Zeit davor in England aufgehalten hat, läßt jedoch keinerlei Rückschlüsse darauf zu, daß er seinen inländischen ordentlichen Wohnsitz jemals aufgegeben hat. Bei dieser Sachlage wäre es am Beschwerdeführer gelegen, konkretes, durch Beweisanbote untermauertes Vorbringen zu erstatten, das den Schluß gerechtfertigt hätte, er habe seinen ordentlichen Wohnsitz im Bundesgebiet aufgegeben und einen solchen jedenfalls nicht länger als ein Jahr vor Erlassung des angefochtenen Bescheides wieder begründet. Diese verfahrensrechtliche Obliegenheit einer Partei, an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes mitzuwirken, besteht - unbeschadet der aus § 39 Abs. 2 AVG sich ergebenden amtswegigen Ermittlungspflicht der Behörde - insbesondere dann, wenn die Behörde hinsichtlich persönlicher Umstände einer Partei von sich aus ohne konkrete Angaben der Partei keine Feststellungen treffen kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 1. März 1988, Zl. 87/11/0227, mwN). Mangels konkreter Behauptungen des Beschwerdeführers betreffend seine persönlichen Verhältnisse, insbesondere seine beruflichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Beziehungen zu einem bestimmten Ort außerhalb des Bundesgebietes, hatte die belangte Behörde keine Möglichkeit, (im Interesse des Beschwerdeführers gelegene) Feststellungen zu treffen, die den Schluß gerechtfertigt hätten, der Beschwerdeführer habe seinen ordentlichen Wohnsitz im Bundesgebiet aufgegeben und einen solchen in England begründet. Auch die Beschwerde enthält diesbezüglich keine konkreten Ausführungen und läßt demnach nicht erkennen, welche konkreten Sachverhaltsfeststellungen auf Grund der Vernehmung des Beschwerdeführers hätten getroffen werden können, sodaß die Relevanz des im Unterbleiben der Vernehmung des Beschwerdeführers erblickten Verfahrensmangels nicht dargetan wurde.
Für die Annahme, der Beschwerdeführer wäre auf Grund einer Doppelwohnsitzbescheinigung gemäß § 79 Abs. 3 KFG 1967 berechtigt, von seinem englischen Führerschein im Bundesgebiet Gebrauch zu machen, ergibt sich weder aus dem Akteninhalt noch aus dem Beschwerdevorbringen der geringste Anhaltspunkt.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Im Hinblick auf die Erledigung der Beschwerde erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.
Schlagworte
Beweismittel Urkunden Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung MitwirkungspflichtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995110271.X00Im RIS seit
11.07.2001