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63/08 SonstigesNorm
B-VG Art7 Abs1 / GerichtsaktLeitsatz
Verletzung im Gleichheitsrecht betreffend die Versagung einer Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung durch das diskriminierende Festsetzen eines geringeren Ruhebezugs auf Grund der sexuellen Orientierung; Gültigkeit des Bundes-GleichbehandlungsG auch für Beamte im Ruhestandsverhältnis; Anspruch auf Schadenersatz wegen persönlicher Beeinträchtigung auch nach zwischenzeitig erfolgtem Ausgleich des VermögensschadensRechtssatz
Nach einem Ersuchen um Vorabentscheidung des VwGH an den EuGH betreffend die Vereinbarkeit der Aufrechterhaltung der Rechtskraftwirkungen des Disziplinarerkenntnisses vom 24.03.1976 mit Art2 der Richtlinie 2000/78/EG vom 27.11.2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (RL 2000/78) hob der VwGH das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG) - soweit die Revision nicht zurückgewiesen wurde - wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf. Der VwGH gelangt auf Basis der Entscheidung des EuGH zu dem Ergebnis, "dass eine Situation wie die aus dem Disziplinarerkenntnis vom 10. Juni 1975 resultierende, die auf einer auf die sexuelle Orientierung gestützten Ungleichbehandlung beruht, eine unmittelbare Diskriminierung im Sinne von Art2 Abs2 lita RL 2000/78 darstellt". Daraus folge, "dass die Minderung der Ruhebezüge des Revisionswerbers ab dem 3. Dezember 2003 um 25 Prozent zur Gänze zu entfallen hätte". In Bezug auf den Antrag auf Zuerkennung von Schadenersatz für die erlittene persönliche Beeinträchtigung führt der VwGH aus, "dass das Bundesverwaltungsgericht den Antrag auf Zuerkennung von Schadenersatz für die erlittene persönliche Beeinträchtigung nicht mit der Begründung versagen durfte, eine Diskriminierung des Revisionswerbers nach der sexuellen Orientierung liege nicht vor. Eine solche ist vielmehr in der Vorenthaltung des ungekürzten Ruhebezuges für Zeiträume ab dem 3. Dezember 2003 zu erblicken."
Das B-GlBG gilt gemäß dessen §1 Abs1 Z1 für "Bedienstete, die in einem öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund stehen". Dass der Beschwerdeführer in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund steht, hat der VwGH bereits mehrfach ausgesprochen. In der rechtlichen Begründung der angefochtenen Entscheidung wird zwar ausgeführt, dass die Versetzung des Beschwerdeführers in den Ruhestand als Folge eines Disziplinarerkenntnisses "am Fortbestand des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses als Ruhestandsverhältnis" nichts ändere. In der Folge führt das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) in der angefochtenen Entscheidung jedoch aus, "dass im Rahmen des B-GlBG ausschließlich aktive Dienstverhältnisse eine Regelung erfahren sollten jedoch keine Ruhestandsverhältnisse". Damit verneint das BVwG schon dem Grunde nach, dass das B-GlBG auf den Beschwerdeführer anwendbar sei. Eine solche Auslegung widerspricht jedoch dem eindeutigen Wortlaut des §1 Abs1 Z1 B-GlBG und ist daher denkunmöglich.
Auch das Argument des BVwG, dass mit der Feststellung, dass der 25-prozentige Abschlag auf den Ruhebezug des Beschwerdeführers mit 01.07.2002 zu entfallen hat, eine Diskriminierung auf Grund der Vorenthaltung von Ruhebezügen nicht mehr vorliege, entbehrt der gesetzlichen Grundlage: Der VwGH hat ausgesprochen, dass "das Bundesverwaltungsgericht den Antrag auf Zuerkennung von Schadenersatz für die erlittene persönliche Beeinträchtigung nicht mit der Begründung versagen durfte, eine Diskriminierung des Revisionswerbers nach der sexuellen Orientierung liege nicht vor". Ein zwischenzeitig erfolgter Ausgleich des Vermögensschadens führt nicht dazu, dass ein allfälliger Anspruch auf Schadenersatz für die erlittene persönliche Beeinträchtigung entfällt.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Gleichbehandlung, Homosexualität, Ruhegenuss, Ruhestandsversetzung, Bezüge Kürzung, Schadenersatz, Strafrecht, Disziplinarrecht, FrühpensionEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2022:E3845.2021Zuletzt aktualisiert am
05.12.2022