TE Vwgh Erkenntnis 1976/10/6 2105/75

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Veröffentlicht am 06.10.1976
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Index

Erbschafts- und Schenkungssteuer
16/02 Rundfunk
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht
32/06 Verkehrsteuern
32/07 Stempelgebühren Rechtsgebühren Stempelmarken

Norm

BAO §299 Abs2 idF 1960/194
BVG Rundfunk Art1 Abs1
BVG Rundfunk Art1 Abs3
ErbStG §15 Abs1 Z15
GebG 1957 §2 Z3
RFG 1974 §1 Abs1 idF 1975/080
  1. BAO § 299 heute
  2. BAO § 299 gültig ab 01.01.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 14/2013
  3. BAO § 299 gültig von 26.03.2009 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 20/2009
  4. BAO § 299 gültig von 20.12.2003 bis 25.03.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 124/2003
  5. BAO § 299 gültig von 01.01.2003 bis 19.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 97/2002
  6. BAO § 299 gültig von 19.04.1980 bis 31.12.2002 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 151/1980

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kadecka und die Hofräte Dr. Schima, Dr. Reichel, Dr. Seiler und Dr. Schubert als Richter, im Beisein der Schriftführerin Finanzoberkommissär Dr. Feitzinger, über die Beschwerde des Österreichischen Rundfunks in Wien, vertreten durch DDr. Peter Stern, Rechtsanwalt in Wien I, Seilerstätte 22, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 9. Oktober 1975, Zl. GA 11-1878/5/75, betreffend auf aufsichtsbehördliche Entscheidung in einer Schenkungssteuersache, nach durchgeführter Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Rechtsanwalt DDr. Peter Stern und des Vertreters der belangten Behörde, Finanzoberkommissär Dr. WF, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 5.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird hinsichtlich der Umsatzsteuer und des Ersatzes der Fahrtkosten abgewiesen, im übrigen zurückgewiesen.

Begründung

Auf Grund der vom Beschwerdeführer - im folgenden auch kurz als ORF bezeichnet - unter notarieller Aufsicht am 21. Dezember 1974 veranstalteten Fernsehsendung TIP wurden an drei Teilnehmerinnen Gewinne ausbezahlt. Mit Bescheid vom 27. März 1975 schrieb das Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern in Wien dem „Österreichischen Rundfunk, Gesellschaft m.b.H.“ - ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von S 81.270,-- unter Bezugnahme auf die einschlägigen Bestimmungen des Erschafts- und Schenkungssteuergesetzes vom 30. Juni 1955, BGBl. Nr. 141 (ErbStG), und unter Anwendung eines Steuersatzes von 14 % - Schenkungssteuer in der Höhe von S 11.378,-- vor.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Berufung. Da nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch in der Verlosung von Preisen im Rahmen eines Preisausschreibens bzw. einer Quiz-Sendung eine freiwillige Zuwendung liege, sei auch in den gegenständlichen Zuwendungen ein steuerbarer Tatbestand zu erblicken. Indes sei auf Grund des Bundesgesetzes vom 10. Juli 1974, BGBl. Nr. 397, über die Aufgaben und die Einrichtung des Österreichischen Rundfunks in der Fassung des Bundesgesetzes vom 23. Jänner 1975, BGBl. Nr. 80 (ORFG), im Zusammenhalt mit § 15 Abs. 2 (richtig: Abs. 1) Z. 15 ErbStG in der Fassung der Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz-Novelle vom 24. Oktober 1967, BGBl. Nr. 15/1968, der gegenständliche Vorgang schenkungssteuerfrei, da der ORF keine Gesellschaft m.b.H. mehr sei, sondern als Anstalt bzw. Körperschaft des öffentlichen Rechts qualifiziert werden müsse, die gemäß § 15 Abs. 1 Z. 15 ErbStG im gegenständlichen Fall von der Schenkungssteuer befreit sei.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 8. Juli 1975 gab das Finanzamt der Berufung des Beschwerdeführers antragsgemäß statt und ließ die Vorschreibung von Schenkungssteuer auf. Indes gehört diese Rechtsmittelentscheidung der Abgabenbehörde erster Instanz vom 8. Juli 1975 nicht mehr dem Rechtsbestand an, da die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland diese Berufungsentscheidung mit dem - nunmehr durch Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof angefochtenen - Bescheid vom 9. Oktober 1975 gemäß § 299 Abs. 2 der Bundesabgabenordnung vom 28. Juni 1961 BGBl. Nr. 194 (BAO), aufgehoben hat.

Diesen Bescheid hat die Aufsichtsbehörde folgendermaßen begründet: Das Finanzamt habe bei seiner stattgebenden Berufungsvorentscheidung übersehen, daß der Beschwerdeführer keine Körperschaft öffentlichen Rechtes sei, da auf ihn die nach Lehre und Rechtsprechung für Körperschaften öffentlichen Rechts anerkannten und notwendigen Voraussetzungen, nämlich das Vorliegen einer Personengemeinschaft oder die ausdrückliche Bezeichnung als Körperschaft öffentlichen Rechts im Gesetz, nicht zuträfen. Der ORF sei auch im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 27. Juni 1975, G 24/74 und G 27/74, im Kommentar von Twaroch „Das neue Rundfunkrecht in Österreich“ Seite 17 f und von DDr. Heinz Mayer (Das Programmentgelt des österreichischen Rundfunks, ÖJZ 1975, Seite 477) als Anstalt des öffentlichen Rechts, bezeichnet worden. Da aber eine derartige Anstalt nicht unter die Befreiungsbestimmung des § 15 Abs. 1 Z. 15 ErbStG falle (so auch Dorazil, Kommentar zum ErbStG, 2. Auflage Seite 170), habe sich die Berufungsvorentscheidung zufolge der darin zum Ausdruck gebrachten gegenteiligen Rechtsansicht als rechtswidrig erwiesen und gemäß § 299 Abs. 2 BAO in Ausübung des Aufsichtsrechtes aufgehoben werden müssen.

Gegen diesen Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 9. Oktober 1975 richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Durchführung der von der beschwerdeführenden Partei beantragten mündlichen Verhandlung unter Bedachtnahme auf die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift Nachstehendes erwogen hat:

Die belangte Behörde hat den im Aufsichtsweg ergangenen Bescheid auf § 299 Abs. 2 BAO in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Z. 15 ErbStG und mit den einschlägigen Vorschriften des Rundfunkgesetzes gestützt.

Gemäß § 299 Abs. 2 BAO kann in Ausübung des Aufsichtsrechtes ein Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes von der Oberbehörde aufgehoben werden. Die aufsichtsbehördliche Kassationsbefugnis der belangten Behörde ist im gegenständlichen Fall davon abhängig, ob das Finanzamt seine Berufungsvorentscheidung vom 8. Juli 1975 mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet hat. In dieser Berufungsvorentscheidung ist das Finanzamt der Berufung des Beschwerdeführers „antragsgemäß“ gefolgt. Der Beschwerdeführer hat zwar in seinem Rechtsmittel eingeräumt, daß die im Rahmen des Fernseh-Quiz-Spieles TIP erfolgte Gewinnausschüttung auf Grund des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes steuerbar sei; im konkreten Fall sei aber der Vorgang gemäß § 15 Abs. 1 Z. 15 ErbStG in der Fassung der Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz-Novelle 1967, BGBl. Nr. 15/1968, steuerfrei. Nach dieser Bestimmung sind Zuwendungen öffentlich-rechtlicher Körperschaften von der Schenkungssteuer befreit.

Während die Abgabenbehörde erster Instanz in der Berufungsvorentscheidung vom 8. Juli 1975 mit dem damaligen Rechtsmittelwerber und nunmehrigen Beschwerdeführer der Ansicht war, dieser sei im Sinne der zitierten Gesetzesstelle als öffentlich-rechtliche Körperschaft, zu qualifizieren, hat die belangte Behörde als Aufsichtsbehörde die Rechtsansicht vertreten, der ORF sei wohl eine Anstalt öffentlichen Rechts, nicht aber eine öffentlich-rechtliche Körperschaft. Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens besteht also kein Streit darüber, daß der ORF eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist, strittig ist vielmehr, ob § 15 Abs. 1 Z. 15 ErbStG nur Zuwendungen durch öffentlich-rechtliche Körperschaften im eigentlichen Sinne begünstigt oder ob sich die Steuerbefreiung auf Zuwendungen seitens juristischer Personen des öffentlichen Rechts schlechthin bezieht.

In der Beschwerde wird der belangten Behörde vorgeworfen, sie hätte übersehen, daß nur in der verwaltungsrechtlichen Lehre die strikte Einteilung der juristischen Personen in Körperschaften, Stiftungen und Anstalten erfolge, während im Abgabenrecht der Begriff „Körperschaft des öffentlichen Rechtes“ mit dem Begriff “juristische Person des öffentlichen Rechtes“ gleichzusetzen sei. Zur Unterstützung seines Vorbringens verweist der Beschwerdeführer auf einschlägige Belegstellen in Literatur und Rechtsprechung.

Die vorliegende Beschwerde ist begründet.

Gemäß Art. I Abs. 1 des Bundesverfassungsgesetzes vom 10. Juli 1974, BGBl. Nr. 396, über die Sicherung der Unabhängigkeit des Rundfunks ist Rundfunk die für die Allgemeinheit bestimmte Verbreitung von Darbietungen aller Art in Wort, Ton und Bild unter Berücksichtigung elektrischer Schwingungen ohne Verbindungsleitung bzw. längs oder mittels eines Leiters sowie der Betrieb von technischen Einrichtungen, die diesem Zweck dienen. Gemäß Art. I Abs. 3 des zitierten Bundesverfassungsgesetzes ist Rundfunk eine öffentliche Aufgabe. Nach § 1 ORFG wird zur Besorgung der in diesem Bundesgesetz angeführten Aufgaben unter der Bezeichnung „Österreichischer Rundfunk“ ein eigener Wirtschaftskörper gebildet. Er hat seinen Sitz in Wien und besitzt Rechtspersönlichkeit. Gemäß Abs. 2 des zitierten Paragraphen ist der Österreichische Rundfunk nicht auf Gewinn gerichtet; er ist in der Abteilung A des Handelsregisters beim Handelsgericht Wien zu protokollieren und gilt als Kaufmann im Sinne des Handelsgesetzbuches. Nach § 1 Abs. 3 ORFG ist der Österreichische Rundfunk von der Körperschaftssteuer sowie der Gewerbesteuer nach dem Gewerbeertrag und dem Gewerbekapital befreit. Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz ORFG wird mit Wirksamkeit vom 15. Oktober 1974 die „Österreichische Rundfunk Gesellschaft m.b.H.“ in die in § 1 Abs. 1 leg. cit. bezeichnete Einrichtung des Bundes umgewandelt und besteht von da an als diese weiter. § 2 ORFG umschreibt den „Programmauftrag“ des Österreichischen Rundfunks. Er hat im Sinne des § 2 Abs. 2 leg. cit. bei Erfüllung seiner öffentlichen Aufgaben auf die Grundsätze der Österreichischen Verfassungsordnung, insbesondere auf die bundesstaatliche Gliederung nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung der Länder, Bedacht zu nehmen.

Aus den vorgenannten gesetzlichen Bestimmungen in ihrer Zusammenschau ergibt sich mit hinlänglicher Deutlichkeit, daß dem ORF die Eigenschaft einer selbständigen Anstalt des öffentlichen Rechts zukommt; der Verwaltungsgerichtshof teilt somit in diesem Punkt die von der belangten Behörde unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 27. Juni 1975, Zl. G 24/74, G 27/74, S. 152 und auf die einschlägige Literatur vertretene Rechtsansicht.

Dessenungeachtet erweist sich der angefochtene Bescheid dennoch als rechtswidrig, weil die belangte Behörde die Abgabenbefreiungsbestimmung des § 15 Abs. 1 Z. 15 ErbStG auf den ORF nicht angewendet wissen will. Wohl ist der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland einzuräumen, daß die Rechtslehre zwischen Körperschaften des öffentlichen Rechts und Anstalten des öffentlichen Rechts unterscheidet. Es verkennt allerdings auch die belangte Behörde nicht, daß der Begriff „Körperschaft des öffentlichen Rechts“ in der Gesetzessprache mitunter auch in einem weiteren Sinn, nämlich synonym für alle juristischen Personen - also auch für die Anstalten - des öffentlichen Rechts verwendet wird. Während die Lehre - wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend bemerkt - die spezifische Differenz zwischen Körperschaft des öffentlichen Rechts und Anstalt des öffentlichen Rechts darin erblickt, daß jene eine mitgliedschaftlich verfaßte und unabhängig vom Wechsel der Mitglieder bestehende Organisation darstellt, die ihren Status als Rechtsubjekt einem Hoheitsakt, in der Regel einem Gesetz, verdankt, wogegen die Anstalt des öffentlichen Rechts einen Bestand von Mitteln, sachlichen wie persönlichen, darstellt, die in der Hand eines Trägers öffentlicher Verwaltung einem öffentlichen Zweck dauernd zu dienen bestimmt sind, hat der Gesetzgeber einen scharfen Trennungsstrich zwischen Körperschaft des öffentlichen Rechts und öffentlicher Anstalt nicht oder zumindest nicht durchgehend gezogen. Nicht selten wird der Begriff der Körperschaft des öffentlichen Rechts in der Gesetzessprache als nominalistischer Sammelbegriff verwendet, der die Auslotung eines spezifischen Wesensgehaltes dieses Rechtsgebildes erschwert, ja unmöglich macht (vgl. in diesem Zusammenhang etwa das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 5. Oktober 1950, Slg. Nr. 2029, betreffend die Salzburger Landesbrandschadenversicherungsanstalt). Gerade in Abgabenvorschriften wird, worauf der Beschwerdeführer mit Recht hinweist, der Begriff der öffentlich-rechtlichen Körperschaft häufig im weiten und technischen Sinn verwendet, ohne daß in jedem Einzelfall sämtliche Wesensmerkmale vorliegen müssen, welche die Rechtslehre den Körperschaften öffentlichen Rechts im strikten Sinne zuschreibt. So vermögen sich in jedem Fall öffentliche Anstalten, öffentliche Stiftungen und öffentliche Fonds auf die in § 2 Z. 3 des Gebührengesetzes 1957, BGBl. Nr. 267, normierte Gebührenfreiheit für den Schriftenverkehr mit den öffentlichen Behörden und Ämtern zu stützen, obwohl diese gesetzliche Bestimmung dem Wortlaut nach nur öffentlich-rechtliche Körperschaften und weiters alle Vereinigungen begünstigt, die ausschließlich wissenschaftliche, Humanitäts- oder Wohltätigkeitszwecke verfolgen (vgl. in diesem Zusammenhang auch Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern Band 1, Zweiter Teil, Seite 53 U).

In Anbetracht des eben Gesagten bezieht sich der Beschwerdeführer mit Recht auf die Erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur nachmaligen Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz-Novelle 1967, Nr. 539 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates XI. GP, Seite 4. Dort heißt es wörtlich:

„Zuwendungen öffentlich-rechtlicher Körperschaften, zu denen auch Stiftungen, Anstalten und Fonds als juristische Personen des öffentlichen Rechtes zählen, verfolgen grundsätzlich die Förderung der Allgemeinheit. Diese Zuwendungen sollen daher von der Steuerpflicht ausgenommen werden.“

Entgegen der Ansicht der belangten Behörde sind diese Ausführungen in der Regierungsvorlage ein tauglicher Auslegungsbehelf bei der Interpretation des § 15 Abs. 1 Z. 15 ErbStG und es kann von dem Gesetzestext entgegenstehenden und daher unbeachtlichen Gesetzesmaterialien keine Rede sein. Auch die überwiegende Lehre (vgl. Warnung, Die Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz-Novelle 1967, Österreichische Steuerzeitung 1968, Seite 26 ff, hier Seite 29, und Höld, Begriff der Körperschaft öffentlichen Rechts im Abgabenrecht, Österreichische Steuerzeitung 1976, Seite 122 ff, hier Seite 124) redet zu § 15 Abs. 1 Z. 15 ErbStG einer weiten Auslegung des Begriffes „Körperschaft des öffentlichen Rechts“ unter Einschluß der öffentlichen Stiftungen, Fonds und Anstalten das Wort. Hingegen vertreten Dorazil a.a.O. auf Seite 170, und Fuchs im Finanzjournal Nr. 9/1976, die Ansicht, daß öffentliche Anstalten und Fonds nicht unter die Befreiungsbestimmung des § 15 Abs. 1 Z. 15 ErbStG fallen. Indes war es nach den Materialien zur Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz-Novelle 1967 eindeutig Absicht des Gesetzgebers, auch die zuletzt genannten Institutionen zu begünstigen, welche die Förderung der Allgemeinheit verfolgen. Diese Absicht hat auch im Gesetzestext mit Rücksicht darauf, daß in Finanzgesetzen der Ausdruck, „öffentlich-rechtliche Körperschaft“ nicht selten im weiteren Sinne, nämlich gleichbedeutend mit „juristische Person öffentlichen Rechts“, gebraucht wird, hinlänglich Deckung gefunden. Daß darunter auch der Beschwerdeführer auf Grund des ihm erteilten und oben näher beschriebenen Gesetzesauftrages fällt, ist nicht zweifelhaft. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes besteht somit kein sachlich gerechtfertigter Grund, den Beschwerdeführer, wie überhaupt öffentliche Anstalten und Fonds von der Begünstigung des § 15 Abs. 1 Z. 15 ErbStG auszuschließen und sie mir Körperschaften öffentlichen Rechts im eigentlichen Sinn zu gewähren. Es besteht kein Anhaltspunkt für die Ansicht, daß § 1 Abs. 3 ORFG eine erschöpfende Aufzählung der Abgabenbefreiungen des ORF enthalte.

Die belangte Behörde durfte demnach die Berufungsentscheidung des Finanzamtes vom 8. Juli 1975 nicht aus den von ihr angezogenen Gründen beheben.

Der angefochtene Bescheid mußte somit wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 der Aufhebung verfallen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz an den Beschwerdeführer gründet sich auf § 48 Abs. 1 lit. b und d VwGG 1965 und auf Art. A Z. 1 und 2 der Verordnung des Bundeskanzlers vom 19. Dezember 1974, BGBl. Nr. 4/1975. Das Mehrbegehren war hinsichtlich der Umsatzsteuer abzuweisen, da diese im Schriftsatzaufwand und im Verhandlungsaufwand ihre Deckung findet. Ebensowenig waren Fahrtkosten im Ortsgebiet anläßlich des Besuches der mündlichen Verhandlung zuzusprechen (vgl. Erkenntnis vom 24. Juni 1966, Slg. Nr. 6956/A, und vom 14. Dezember 1970, Slg. Nr. 7932/A). Im übrigen war das Mehrbegehren an Kostenersatz zurückzuweisen, da der Antrag auf Zuerkennung von Aufwandersatz für Stempelgebühren erstmals bei der mündlichen Verhandlung, somit verspätet (§ 59 Abs. 2 lit. d VwGG 1965), gestellt worden ist.

Wien, am 6. Oktober 1976

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1976:1975002105.X00

Im RIS seit

05.12.2022

Zuletzt aktualisiert am

05.12.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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