Diskriminierungsgrund
GeschlechtDiskriminierungstatbestand
Festsetzung des Entgelts, sonstige Arbeitsbedingungen, Verletzung des BenachteiligungsverbotesText
Senat I der Gleichbehandlungskommission
Prüfungsergebnis gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz
(BGBl Nr 108/1979 idgF)
Der Senat I der Gleichbehandlungskommission (GBK) gelangte am 8. März 2022 über den am 4. Dezember 2020 eingelangten Antrag der Gleichbehandlungsanwaltschaft (GAW) für A (Antragstellerin) betreffend die Überprüfung einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes bei der Festsetzung des Entgelts gemäß § 3 Z 2 GlBG (BGBl I Nr 66/2004 idgF) und bei den sonstigen Arbeitsbedingungen gemäß § 3 Z 6 GlBG, in eventu aufgrund des Geschlechtes durch eine Verletzung des Benachteiligungsverbotes gemäß § 13 GlBG durch die Z AG (Antragsgegnerin) nach Durchführung eines Verfahrens gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz iVm § 11 der Gleichbehandlungskommissions-GO (BGBl II Nr 396/2004 idgF), zu GZ GBK I/980/20, zu folgendem
PRÜFUNGSERGEBNIS:
1. A ist aufgrund des Geschlechtes bei der Festsetzung des Entgelts gemäß § 3 Z 2 GlBG durch die Z AG diskriminiert worden.
2. A ist nicht aufgrund des Geschlechtes bei den sonstigen Arbeitsbedingungen gemäß § 3 Z 6 GlBG durch die Z AG diskriminiert worden.
3. A ist nicht aufgrund des Geschlechtes durch eine Verletzung des Benachteiligungsverbotes gemäß § 13 GlBG durch die Z AG diskriminiert worden.
Dies ist eine gutachterliche Feststellung. Es handelt sich hierbei im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes1 nicht um einen Bescheid.
VORBRINGEN
Im Antrag wurde im Wesentlichen Folgendes vorgebracht:
Die Antragstellerin sei von 00. Mai 2018 bis 00. Oktober 2019 bei der Antragsgegnerin als Buchhalterin beschäftigt gewesen. Die Stelle sei mit einem Einstiegsgehalt von EUR 2.900,-- bis EUR 3.300,-- brutto ausgeschrieben worden. Zu Beginn ihrer Tätigkeit sei für die Antragstellerin ein Einstiegsgehalt von EUR 3.300,-- brutto festgesetzt worden, wobei damit laut Dienstvertrag auch sämtliche Überstunden pauschal abgegolten gewesen seien.
Ein halbes Jahr später habe Y, die Vorgesetzte der Antragstellerin, einen weiteren Buchhalter gesucht. Schon bei der Ausschreibung habe Y gemeint, dass sie einen Mann für die Stelle haben wolle. Dieser sollte die Antragstellerin unterstützen, weil der Arbeitsanfall für eine Person offensichtlich zu hoch gewesen sei. Er solle dieselben Tätigkeiten und Aufgabenbereiche abdecken wie die Antragstellerin, und eine wechselseitige Vertretung sei erwünscht gewesen. Diese Stelle sei mit einem Einstiegsgehalt von EUR 3.300,-- bis EUR 3.500,-- brutto ausgeschrieben gewesen.
Am 00. Dezember 2018 sei B als zweiter Buchhalter eingestellt worden. Die Antragstellerin habe erfahren, dass sein Einstiegsgehalt EUR 3.700,-- brutto betragen habe. Dies sei sogar noch über dem ausgeschriebenen Entgelt und EUR 400,-- brutto monatlich über dem Entgelt von der Antragstellerin gelegen. Daraufhin habe die Antragstellerin Y auf die Entgeltdifferenz angesprochen. Diese habe zu ihr gesagt, dass auch für sie eine Gehaltserhöhung vorgesehen sei, und zwar zusätzlich zur Kollektivvertrags-Anpassung.
In Summe habe die Antragstellerin im Jänner 2019 eine Gehaltserhöhung auf EUR 3.450,-- brutto erhalten, die sich aus der Kollektivvertrags-Erhöhung (2,5% des Ist-Gehalts) und einer individuellen Gehaltserhöhung (2% des Ist-Gehalts) zusammengesetzt habe. Auch B habe im Jänner 2019 — einen Monat nach seinem Einstieg bei der Antragsgegnerin – seine erste Gehaltserhöhung, und zwar 2,5% gemäß dem Kollektivvertrags-Entgelt auf EUR 3.771,12 brutto erhalten.
Die Antragstellerin habe daraufhin am 1. Februar 2019 per E-Mail angesprochen, dass die Differenz zwischen den beiden Gehältern auch nach der Gehaltserhöhung noch EUR 320,-- betrage, und für sie nicht nachvollziehbar sei. Insbesondere, da sie ja bereits ein halbes Jahr länger beim Unternehmen beschäftigt sei als B.
Y habe in ihrer Antwort argumentiert, dass sie ihr keine größere Gehaltserhöhung habe geben können. Bezüglich der Ungleichbehandlung habe sie darauf verwiesen, dass sich das Gehalt auch nach Alter, Erfahrung, etc. richte. Im Mitarbeitergespräch zwei Monate später (2. Mai 2019) habe Y die Gehaltsdifferenz damit gerechtfertigt, dass B nicht zuletzt aufgrund seines höheren Alters – er sei vier Jahre älter – mehr Erfahrung habe sammeln können. Außerdem habe sie argumentiert, dass der Kollege eben besser verhandelt habe.
Da die Erklärungen für die Ungleichbehandlung nicht sachlich erschienen hätten, habe die Antragstellerin den Eindruck erhalten, dass Y B aufgrund seines Geschlechts bevorzuge und dass sich auch die Entgeltdifferenz durch das Geschlecht ihres Kollegen erkläre.
Nach dem Mitarbeiter-Gespräch habe Y immer mehr Druck auf die Antragstellerin ausgeübt. Die Arbeitsbelastungen seien höher geworden und ihr seien fixe Arbeitszeiten vorgegeben worden. Die Antragstellerin habe erst um 7.00 Uhr anfangen dürfen, obwohl sie einen früheren Dienstantritt bevorzugt habe. Auch wurde unter Hinweis auf den Arbeitsvertrag verlangt, dass sie Überstunden leiste, während das von B nicht eingefordert worden sei. Y habe die Antragstellerin mehrere Male dafür gerügt, dass sie mit B über dessen Gehalt gesprochen habe. Zudem habe sie die praktische Arbeit von der Antragstellerin komplizierter gestaltet und habe ihr zusätzliche Aufgaben aufgetragen.
Die Antragstellerin habe am 00. Juli 2019 mit 00. Oktober 2019 gekündigt und sei am 00. Juli 2019 in Krankenstand gegangen, weil die Situation am Arbeitsplatz für sie nicht mehr erträglich gewesen sei. Sie habe sich im November 2019 an die Gleichbehandlungsanwaltschaft gewandt. Die Gleichbehandlungsanwältin habe ein Schreiben an die Antragsgegnerin gerichtet und sie um Stellungnahme und Übermittlung der konkreten Entgeltdaten der Vergleichsperson ersucht, um die von der Antragstellerin gemachten Angaben einer Überprüfung unterziehen zu können (Beilage 1: Intervention GAW). Eine Stellungnahme der Antragsgegnerin sei Anfang März 2020 (Beilage 2: Stellungnahme Z) bei der Gleichbehandlungsanwaltschaft eingelangt.
In inhaltlicher Hinsicht sei die Entgeltdifferenz nicht bestritten worden. Im Wesentlichen sei in der Stellungnahme vom 2. März 2020 argumentiert worden, dass die Aufgaben nicht gleichartig gewesen seien und die Differenz damit berechtigt gewesen sei. Die Antragsgegnerin gehe weder von einer gleichwertigen Ausbildung noch einer gleichwertigen Berufserfahrung von der Antragstellerin und B aus, die Entgeltunterschiede seien gerechtfertigt.
Zur angeblichen Notwendigkeit der Kommunikation in Englisch habe die Antragstellerin angegeben, dass es in ihrer gesamten Dienstzeit nur zwei englische Telefonate und ungefähr 10 E-Mails auf Englisch zu beantworten gegeben habe, was sie mit Leichtigkeit gemeistert habe. Zweimal jährlich habe es eine IC-Abstimmung in englischer Sprache gegeben, welche sie auch ohne Probleme durchgeführt habe. Ihre Englischkenntnisse seien für das Unternehmen mehr als ausreichend gewesen, da sie die Buchhaltung der Holding in Österreich erledigt habe, es in diesem Büro nur deutschsprechende Personen gegeben habe und daher mit wenigen Ausnahmen in deutscher Sprache kommuniziert worden sei.
Die Antragstellerin habe seit 1997 einschlägig in der Buchhaltung gearbeitet. Andere Bürotätigkeiten habe sie dabei nicht hauptsächlich getätigt, sondern seien Nebentätigkeiten gewesen. Die bisherigen beruflichen Aufgaben von B seien hingegen nicht als einschlägig im Bereich der Buchhaltung oder Konzernbuchhaltung zu bewerten. Bei der Firma 2 AG habe er lediglich die Eingangs- und Ausgangsrechnungen kontrolliert, wofür noch keine Buchhalterprüfung notwendig sei – zu diesem Zeitpunkt habe er die Buchhalterprüfung auch noch gar nicht abgelegt gehabt. Wie der Antragstellerin aus dem Lebenslauf von B bekannt gewesen sei, sei er von 2003-2011 bei der Firma 3 GmbH gewesen, und nicht schon seit 2002. Auch habe B die Buchhalterprüfung zu diesem Zeitpunkt gar nicht ablegen dürfen, da zwischen den Kursen Buchhaltung 1 bis 3 und der Buchhalterprüfung mindesten zwei Jahre Praxis liegen müssten.
Laut Angaben von B sei er bei der Firma 3 GmbH lediglich für die Buchhaltung für zwei kleinere Dörfer tätig gewesen, wobei das Reporting vom System ausgegeben worden sei und er keine Umsatzsteuervoranmeldung gemacht habe. Die Antragstellerin bezweifle, dass die Anlagenbuchhaltung eine von Bs Aufgaben gewesen sei, da ihm zum Beispiel nicht bekannt gewesen sei, wie lange man einen PKW abschreiben müsse.
Beim Unternehmen Firma 4 habe B lediglich eine Einnahmen-Ausgabenrechnung durchgeführt. Dabei sei keine Bilanz notwendig gewesen, sondern nur Berichte an die Bank und für seine Vorgesetzten zu deren Orientierung. Auch habe er dort keine Steuern abzurechnen gehabt, da das Unternehmen steuerbefreit gewesen sei. Nachdem er das Unternehmen verlassen habe, sei diese Tätigkeit an eine andere Angestellte übergeben worden, die keine Vorkenntnisse in Sachen Buchhaltung gehabt habe. Somit könne man im Wesentlichen nur die Tätigkeit bei der Firma 3 GmbH als einschlägige Berufserfahrung bezeichnen, was demnach sieben Jahre und vier Monate Berufserfahrung ergeben würden und nicht, wie von der Gegenseite angegeben, 20 Jahre.
Wenn sich die Antragstellerin und B aus beruflichen Gründen über Buchhaltung ausgetauscht haben, habe B immer wieder betont, wie viel sie zu diesem Thema wisse. Y habe öfters bemerkt, wie sehr sie mit der Arbeit der Antragstellerin zufrieden sei und dass die beiden für sie gleichgestellt seien. Dieser Vergleich sei für die Antragstellerin nicht nachvollziehbar gewesen, da sie der Meinung gewesen sei, als Buchhalterin bessere Leistungen zu erbringen. Obwohl die Antragstellerin genaue Anleitungen verfasst habe, seien B während ihrer Urlaubsvertretung gravierende Fehler bei der Umsatzsteuervoranmeldung (UVA) unterlaufen, für die das Unternehmen sogar vom Finanzamt gemahnt worden sei. Nachdem die Antragstellerin gekündigt habe, habe sie B die Vorgehensweise für die UVA und die Zusammenfassende Meldung (ZM) mehrmals erklären müssen.
Auch verstehe die Antragstellerin nicht, warum die SAP-Kenntnisse von B hervorgehoben werden würden, da er ihres Wissens nach nicht mit SAP gearbeitet habe, sondern mit Infor LN. Ihres Erachtens nach seien ihre EDV Kenntnisse um einiges besser gewesen als die von B.
Bei der Gegenüberstellung ihrer momentanen Tätigkeiten seien der Anwaltskanzlei, die die Stellungnahme für die Antragsgegnerin verfasst hatte, wohl auch Fehler passiert: Entgegen der Stellungnahme habe nicht B die Bilanzierung der in Österreich ansässigen Gesellschaften übernehmen sollen, sondern die Antragstellerin. Auch die Behauptung, B hätte den Konzern gebucht, sei unrichtig. Den Konzern habe die Antragstellerin meist alleine gebucht. Die Arbeitsaufteilung sei vielmehr folgendermaßen gewesen: die Antragstellerin, die am Anfang ihrer Anstellung beide Firmen gebucht habe, sei für die Buchhaltung der Z AG zuständig gewesen und B für die X GmbH, eine kleinere Tochterfirma, die nur drei Konten gehabt habe. In der Praxis habe es sich dann sogar eher so entwickelt, dass die Antragstellerin die Mehrheit der komplexeren Tätigkeiten wie etwa die Buchung von Fremdwährungen erledigt und außerdem B Arbeiten abgenommen habe, die er aufgrund geringerer Qualifikation nicht bewältigen habe können. Auf Drängen von Y habe B den Konzern in dieser Zeit zweimal zur Gänze buchen sollen, habe dies aber ohne Unterstützung der Antragstellerin nicht geschafft. Laut der Antragstellerin könnten Anzahl und Komplexität der jeweiligen Dienstleistungen leicht anhand der Journalisierungen ausgehoben und verglichen werden.
Die Antragstellerin habe sich dazu entschlossen, einen Antrag auf Überprüfung des Vorliegens einer Diskriminierung zu stellen.
B habe nicht nur von Beginn seiner Anstellung an ein besseres Einstiegsgehalt erhalten, er habe auch nach Beschwerden der Antragstellerin weiterhin EUR 320,-- monatlich mehr bezahlt bekommen, für den Zeitraum Dezember 2018 bis Oktober 2019 in Summe sohin eine Entgeltdifferenz von EUR 4.199,99.
Die Vergleichsperson der Antragstellerin, B, sei dezidiert für die gleiche Stelle engagiert worden. Die Antragstellerin sei aber deutlich besser qualifiziert gewesen und B habe von Beginn an wesentlich mehr Entgelt erhalten.
Die Antragstellerin arbeite seit 1997 im administrativen Bereich und habe im Jahr 1999 die Buchhaltungskurse 1 und 2 beim Wifi und 2010 die gewerbliche Buchhaltungsprüfung absolviert. B habe 2003 die Buchhaltungskurse 1, 2 und 3 (den dritten Wifi-Kurs habe es zu Zeiten der Antragstellerin noch nicht gegeben) absolviert. Unmittelbar anschließend und ohne Absolvierung von Praxisjahren habe er die gewerbliche Buchhalterprüfung abgelegt. Auch das angefangene Studium könne hier keinen wesentlichen Unterschied machen, B habe insgesamt nur ein Semester lang studiert (Oktober 1986 —Jänner 1987). Die Antragstellerin verfüge über eine längere Praxiserfahrung im angesprochenen Bereich.
Neben der Entgeltdiskriminierung hätten sich insbesondere nach ihrer Forderung nach mehr Lohn im Mitarbeitergespräch im Mai 2019 die Arbeitsbedingungen der Antragstellerin im direkten Vergleich zu B gravierend verschlechtert. Ihre Vorgesetzte habe immer mehr Druck ausgeübt, die Arbeitsbelastungen seien höher geworden und ihr seien fixe Arbeitszeiten vorgegeben worden. In eventu müsse in diesem Zusammenhang auch geprüft werden, ob die Benachteiligungen als Reaktion auf eine Beschwerde innerhalb des Unternehmens als Verletzung des Benachteiligungsverbotes nach § 13 GIBG gewertet werden könne und damit ebenfalls einen Schadenersatzanspruch auslöse.
In der auf Ersuchen des Senates I der GBK von der rechtsfreundlichen Vertretung der Antragsgegnerin übermittelten Stellungnahme vom 1. Februar 2021 und in ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 2. März 2022 bestritt diese die im Antrag vorgebrachten Vorwürfe, soweit die Richtigkeit nicht außer Streit gestellt wurde, und trat ihnen im Wesentlichen wie folgt entgegen:
Rund ein halbes Jahr nach Einstellung der Antragstellerin sei eine weitere Stelle in der Buchhaltungsabteilung der Antragsgegnerin zur Besetzung gelangt. B sei am 00. Dezember 2018 eingestellt worden. Sein Einstiegsgehalt habe EUR 3.700,-- brutto betragen.
Parallel zur Gehaltserhöhung der Antragstellerin habe B mit Jänner 2019 die kollektivvertragsmäßige Gehaltserhöhung erhalten. Eine weitere individuelle Erhöhung habe er nicht erhalten.
Die Antragstellerin habe am 00. Juni 2019 zum 00. Oktober 2019 gekündigt. Am 00. Juli 2019 sei die Antragstellerin in Krankenstand gegangen.
Zum unberechtigten Vorwurf der Diskriminierung:
Die Gleichbehandlungsanwältin vermute, dass die Antragstellerin bei der Festsetzung des Entgelts gegenüber einem Mann, B, im Sinne des Gleichbehandlungsgesetzes benachteiligt worden sei (§ 3 Z 2 GIBG). Weiters werde die Vermutung aufgestellt, die Antragstellerin sei von ihrem Arbeitgeber, der Antragsgegnerin, bei den sonstigen Arbeitsbedingungen aufgrund ihres Geschlechtes benachteiligt worden (§ 6 Z 6 GIBG). Schließlich („in eventu“) habe die Antragsgegnerin die Antragstellerin auch als Reaktion auf deren Beschwerde (§ 13 GIBG) diskriminiert. Diese Vermutungen seien allesamt nicht zutreffend.
Das höhere Entgelt von B sei aus folgenden Gründen sachlich gerechtfertigt und keine Diskriminierung der Antragstellerin:
B habe bereits vor seiner Tätigkeit für die Antragsgegnerin häufig beruflich die englische Sprache verwendet, was für die Antragsgegnerin eine wertvolle Vorerfahrung sei. Der Antrag stelle die Bedeutung der englischen Sprache im Geschäftsalltag der Antragsgegnerin völlig unzutreffend dar. Richtig sei vielmehr, dass die IC-Abstimmung („Intercompany-Abstimmung“; diese diene der Überprüfung buchhalterischer Vorgänge zwischen zusammengehörenden Konzerngesellschaften auf ihre Übereinstimmung miteinander) monatlich stattfinde und nicht nur zweimal im Jahr, wie es im Antrag behauptet sei. Mit den Konzerngesellschaften in Asien, Nord- und Lateinamerika sowie in einigen europäischen Ländern könne ausschließlich in englischer Sprache kommuniziert werden. Gute Englischkenntnisse seien daher für die bei der Antragsgegnerin in der Buchhaltung Beschäftigten sehr wichtig. Die Antragstellerin habe keine Vorerfahrungen mit der Verwendung des Englischen im beruflichen Kontext, die an das Erfahrungsausmaß von B heranreichen würden. So habe B von Oktober 2003 bis zu seinem Eintritt bei der Antragsgegnerin bereits hauptsächlich in englischer Sprache gearbeitet.
Die berufliche Erfahrung von B im Bereich Buchhaltung sei höher einzustufen als die der Antragstellerin. Es lasse sich eben nicht sagen, wie im Antrag ohne nähere Erläuterungen behauptet, dass die Antragstellerin eine durchgehende und vollwertige berufliche Erfahrung in der Buchhaltung seit dem Jahr 1997 aufweise. Die Antragsgegnerin verweise diesbezüglich auf ihre Stellungnahme an die Gleichbehandlungsanwaltschaft vom 2. März 2020 unter Punkt 1.3. Besonders sei hervorzuheben, dass die Buchhaltungstätigkeit bei der Firma 5 nicht mit der von Konzerngesellschaften zu vergleichen sei. Richtig sei lediglich der nicht entscheidungswesentliche Umstand, dass B erst ab Oktober 2003 als selbstständiger gewerblicher Buchhalter für Firma 3 GmbH tätig gewesen sei, nicht schon ab Oktober 2002. Dies ändere jedoch nichts daran, dass er insgesamt rund 20 Jahre einschlägige berufliche Erfahrung aufweise. Insbesondere habe er auch berufliche Erfahrung in internationalen Konzernen gesammelt, was bei der Antragstellerin nicht der Fall sei.
Die im Antrag aufgestellte Behauptung der Antragstellerin, B hätte beim Unternehmen Firma 4 lediglich Einnahmen-/Ausgabenrechnungen durchgeführt, sei unrichtig. Er sei dort alleinverantwortlich für die laufende Buchhaltung und Bilanzierung, den Zahlungsverkehr, das Reporting und die Personalverrechnung gewesen.
Bezüglich der profunden Ausbildung von B werde auf die Stellungnahme an die Gleichbehandlungsanwaltschaft vom 2. März 2020 unter Punkt 1.7 verwiesen. Die Ausbildung der Antragstellerin sei in der Stellungnahme an die Gleichbehandlungsanwaltschaft vom 2. März 2020 unter Punkt 1.4 dargestellt worden. Der Ausbildungsstand der Antragstellerin bleibe hinter dem von B zurück. Wesentlich sei etwa der Umstand, dass B den Bilanzbuchhalterkurs besucht habe, sich die dabei vermittelten Kenntnisse angeeignet habe und daher fachlich in der Lage gewesen sei, die Bilanzierung alleine zu übernehmen bzw. die Buchhaltung zu leiten — dies auch ohne abgelegte Prüfung. Den Bilanzbuchhalterkurs (im Antrag als „Buchhaltungskurs 3“ bezeichnet) habe es auch schon „zu Zeiten der Antragstellerin“ gegeben.
Als Zwischenergebnis könne festgehalten werden, dass die Antragstellerin und B weder eine gleichwertige Ausbildung noch eine gleichwertige Berufserfahrung hätten. Ungeachtet des – für die Antragsgegnerin besonders wichtigen – Umstandes, dass B einschlägige und mehrjährige Berufserfahrung in der Buchhaltung von Konzerngesellschaften habe, verfüge er – im Gegensatz zur Antragstellerin – auch über ausgezeichnete Englischkenntnisse. Darüber hinaus verfüge B – im Gegensatz zur Antragstellerin – auch über vertiefende EDV-Kenntnisse. Dies allein rechtfertige schon eine unterschiedlich hohe Bezahlung.
Es sei richtig, dass Y als Vorgesetzte die Antragstellerin und B als gleichgestellt angesehen habe. Dies bedeute, dass hierarchisch und hinsichtlich der Wahrnehmung der dienstgeberischen Fürsorgepflichten natürlich kein Unterschied zwischen den beiden gemacht worden sei und selbstverständlich auch die Antragstellerin als Mitarbeiterin wertgeschätzt worden sei. Diese Wertschätzung sei gleichermaßen B zuteilgeworden. Niemals würde Y die Person eines Mitarbeiters/einer Mitarbeiterin hintanstellen. Im Antrag werde vorgebracht, der Vergleich zwischen der Antragstellerin und B sei nicht nachvollziehbar, weil die Leistungen der Antragstellerin die besseren gewesen seien. In Wahrheit habe es einen solchen Vergleich der Leistungen durch Y aber nie gegeben. Es würde sich auch verbieten, einen Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin als ungleichwertig zu bezeichnen, selbst wenn die Leistungen schlechter sein sollten.
Zur Beschreibung der Tätigkeit der Antragstellerin im Antrag sei Folgendes festzuhalten: Im Gegensatz zur Darstellung im Antrag habe nicht die Antragstellerin „den Konzern“ alleine gebucht, sondern abwechselnd mit B, der dazu aufgrund seiner Erfahrung und Qualifikation auch in der Lage gewesen sei (vgl die Stellungnahme an die Gleichbehandlungsanwaltschaft vom 2. März 2020 unter Punkt 1.10). Angemerkt sei hierzu, dass die Antragstellerin diese Tätigkeit im Antrag falsch darstelle: Es seien hier nicht Buchungen für den gesamten Konzern vorzunehmen, sondern lediglich Buchungen für die Muttergesellschaft des Konzerns und einige Tochtergesellschaften.
Es treffe nicht zu, dass die Antragstellerin die Bilanzierung der österreichischen Gesellschaften alleine übernehmen hätte sollen. Für diese anspruchsvolle Tätigkeit habe der Antragstellerin schlicht die nötige Qualifikation gefehlt. Vielmehr hätte dies B übernehmen sollen (er sei aus privaten Gründen – Umzug in ein anderes Bundesland – im Einvernehmen aus dem Arbeitsverhältnis mit der Antragsgegnerin ausgeschieden). Es könne daher auch keine Rede davon sein, wie im Antrag behauptet, dass die Antragstellerin und B für die gleiche Tätigkeit eingestellt worden seien. Vielmehr sei B für höherwertige Tätigkeiten eingestellt worden, was auch seine höhere Bezahlung rechtfertige.
Es sei zwar richtig, dass die Antragstellerin Währungstransaktionen verbucht habe, die Motivlage dafür werde im Antrag aber völlig verdreht dargestellt. Es war die Antragstellerin, die diese Buchungen unbedingt selbst vornehmen habe wollen und gar nicht zugelassen habe, dass B dies tue. B habe dies um des kollegialen Frieden willens hingenommen. Leider seien der Antragstellerin bei diesen Buchungen Fehler unterlaufen, was sie aber nicht einsehen habe wollen. Auf pflichtgemäßen Hinweis von Y auf diese Fehler habe die Antragstellerin behauptet, Y habe die dabei anzuwendende Vorgehensweise anders, genauso wie von der Antragstellerin ausgeführt, erklärt. Naturgemäß habe sie es so dargestellt, dass die unterlaufenen Fehler auf die Erklärung von Y zurückzuführen seien. Überdies würde Y jetzt ihre Meinung ändern, um B recht geben zu können, so die Unterstellung der Antragstellerin.
Das höhere (Einstiegs-)GehaIt von B habe noch einen weiteren handfesten Grund gehabt. Schon als die Antragstellerin eingestellt worden sei, sei bei der Mandantin eine Organisationsänderung der Finanzabteilung in Planung gewesen. Es sollten Teamleitungen in den für die Buchhaltung und die Konsolidierung zuständigen Abteilungen eingesetzt werden. Leider habe die Antragsgegnerin feststellen müssen, dass die Antragstellerin aufgrund ihrer Persönlichkeit und noch mehr wegen ihrer dafür nicht ausreichenden Qualifikationen für die Besetzung als Teamleiterin nicht geeignet gewesen sei. Da B schon bei seinem Einstieg in das Unternehmen viel eher als Teamleiter in Betracht gekommen sei, dies vor allem wegen seiner einschlägigen Qualifikationen, aber auch wegen seines Wesens, sei gleich von Beginn an ein höheres Gehalt gewährt worden. Dies sei wichtig gewesen, um eine entsprechende Motivation von B zu erreichen und seine Bindung an das Unternehmen sicherzustellen. Auch aus diesem Grund könne keine Rede davon sein, wie im Antrag behauptet, dass die Antragstellerin und B für die gleiche Tätigkeit eingestellt worden seien. Die beschriebene organisatorische Umstellung sei mittlerweile auch umgesetzt worden.
Ausdrücklich zurückgewiesen würden auch die Anschuldigungen bezüglich Arbeitszeiten und Druckausübung auf die Antragstellerin werden. Keinesfalls habe Y zusätzliche oder schwierigere Aufgaben als Reaktion auf das Mitarbeitergespräch vom 2. Mai 2019 an die Antragstellerin übertragen. Der Antragstellerin sei schon bei Ihrer Einstellung mitgeteilt worden, dass ein Arbeitsbeginn vor 7.30 Uhr nicht möglich sei. Dies deshalb, weil die Antragsgegnerin ein international agierender, in vielen Zeitzonen aktiver Konzern sei. Beispielsweise sei eine Abstimmung mit Kollegen und Kolleginnen in den Konzerngesellschaften in den USA oder Mexiko erst ab deren Arbeitsbeginn zwischen 15.00 und 16.00 Uhr unserer Zeit möglich. Hätte die Antragstellerin schon zwischen 6:00 und 6:30 Uhr zu arbeiten begonnen, wäre eine Abstimmung am gleichen Tag nicht mehr möglich gewesen. Ein so zeitiger Arbeitsbeginn hätte auch die Zusammenarbeit im Team erschwert.
Die Aufforderung zur Leistung von Überstunden, die über ein verträgliches Maß hinausgehe, sei ebenfalls nicht richtig. Das genaue Gegenteil sei der Fall gewesen. So habe Y darauf geachtet, dass die Antragstellerin keinesfalls länger als zehn Stunden pro Tag arbeite. Wenn sie dennoch eigenmächtig (mehr) Überstunden verrichtet habe, so sei dies nur passiert, weil Y, die viel beruflich unterwegs gewesen sei, nicht immer vor Ort anwesend sein habe können. Auch Wochenendarbeit habe die Antragstellerin ohne Wissen und Willen von Y geleistet. Y habe ihr dies dann untersagt und die erbrachten Stunden seien auf Initiative von Y im Zeiterfassungssystem nachgetragen worden. Nicht nur bezüglich Überstunden- und Wochenendarbeit habe sich die Antragstellerin den Anweisungen ihrer Vorgesetzten wiederholt widersetzt, sondern etwa auch bei der Einhaltung der Mittagspause. Überdies habe sich die Antragstellerin auch wiederholt fachlichen Anweisungen ihrer Vorgesetzten widersetzt. So sei die Antragstellerin sehr ausführlich die Arbeitsweise der Finanzabteilung, der sie angehört habe, erklärt und besonders auf die Notwendigkeit von Teamarbeit hingewiesen worden, die Antragstellerin habe sich jedoch um die Zusammenarbeit im Team und teamübergreifend überhaupt nicht bemüht, sich dieser sogar widersetzt.
Zusammenfassend müsse daher nochmals festgehalten werden, dass die Festsetzung des Entgelts bei der Antragsgegnerin nach objektiven, nachvollziehbaren, transparenten und diskriminierungsfreien Kriterien erfolgt sei. Wesentliche Kriterien bei der Festsetzung des Entgelts sind für die Antragsgegnerin vor allem die Ausbildung und einschlägige Berufserfahrung der Bewerber/Bewerberinnen sowie die Art der zu verrichtenden Tätigkeit. Nach Arbeitsantritt werde zusätzlich auch auf die Qualität der Arbeitsleistung der Arbeitnehmer/Arbeitnehmerinnen geachtet.
Auch bei den Arbeitsbedingungen sei die Antragstellerin nicht diskriminierend behandelt worden.
Schließlich könne auch nicht die Rede davon sein, dass die Antragstellerin in Reaktion auf ihre Beschwerde entgegen dem Benachteiligungsverbot des § 13 GIBG diskriminiert worden sei. Diesbezüglich enthalte der Antrag auch keine substantiierten Ausführungen. Auch eine sonstige Verletzung des Gleichbehandlungsgesetzes liege nicht vor.
In der ergänzenden Stellungnahme vom 2. März 2022 brachte die Antragsgegnerin unter Vorlage weiterer Unterlagen vor, dass von der Antragsgegnerin externe Personalberater engagiert worden seien und die Aufträge an die Personalvermittler ohne jegliche Diskriminierung nach dem Geschlecht erteilt worden seien. Bei der Ausschreibung der Stelle der Antragstellerin sei ein „Mitarbeiter Buchhaltung (m/w)“ gesucht worden, während die Stelle von B mit einem „Buchhalter bis Rohbilanz (m/w)“ besetzt werden sollte. Es sei bei der zweiten Ausschreibung also auch um Stellenbewerber/Stellenbewerberinnen gegangen, die höhere Kompetenzen, nämlich auch zur Erstellung einer Bilanz, gehabt hätten.
Auch im Zuge der Zusammenarbeit mit dem von der Antragsgegnerin engagierten Personalberater, der W GmbH, habe sich bestätigt, dass die Gehaltsvereinbarungen für deren jeweilige Position, Qualifikation und Erfahrung angemessen gewesen seien.
Die Antragsgegnerin zeige sich entsetzt, dass die Antragstellerin interne Korrespondenz, die nicht für Außenstehende bestimmt sei, offenbar an ihre private E-Mail-Adresse und an den außenstehenden C weitergeleitet habe. Dadurch habe sie eklatant gegen ihre nachvertragliche Verpflichtung zur Geheimhaltung verstoßen. Das Verhalten der Antragstellerin sei insofern bezeichnend, als sie der Antragsgegnerin völlig grundlos die Verletzung des Datenschutzes vorgeworfen und ein Verfahren bei der Datenschutzbehörde angestrengt habe. Die Beschwerde sei zurückgewiesen worden.
Der Anstellungsvertrag der Antragstellerin unterscheide sich nicht von jenem von B. Lediglich bei der Höhe des Gehalts sei mit ihm etwas anderes vereinbart worden. Dies werde aufgrund der mitgebrachten Berufserfahrung und Fähigkeiten vereinbart. Ein höheres Gehalt von B sei daher gerechtfertigt gewesen.
Die von der Antragstellerin vorgelegten Dienstzeugnisse würden zeigen, dass sie sich auch bei früheren Arbeitgebern nicht bewährt habe, da es sich um „einfache“ Dienstzeugnisse handle, die lediglich die Eckdaten der Beschäftigung der Antragstellerin angeben würden, und nicht um „qualifizierte“ Zeugnisse, die die Fähigkeiten herausstreichen würden.
Das von der Firma 5 ausgestellte Dienstzeugnis zeige, dass die Antragstellerin lediglich „Einnahmen-Ausgaben-Buchhaltung“ gemacht habe und dass sie in gleichem Ausmaß auch für sonstige Sekretariatsarbeiten beschäftigt gewesen sei.
Das von der Firma 6 AG ausgestellte Dienstzeugnis beweise, dass die Antragstellerin dort keinerlei Berufserfahrung im Bereich Bilanzierung gesammelt habe, da dies bei den aufgelisteten Tätigkeiten nicht vorkomme.
Die Antragsgegnerin habe bislang keine Kenntnis davon gehabt, dass die Antragstellerin Lehrgänge zur Vorbereitung auf die Bilanzbuchhalterprüfung absolviert habe. Die Antragstellerin habe im Zuge des Bewerbungsverfahrens die Möglichkeit gehabt, dies der Antragsgegnerin mitzuteilen. Es bestehe aber darüber hinaus ein wesentlicher Unterschied zwischen der Antragstellerin und B, der eine unterschiedliche Bezahlung rechtfertige. Die Antragstellerin habe zwar den theoretischen Kurs zur Bilanzbuchhaltung besucht, allerdings im Gegensatz zu B nie im Bereich Bilanzbuchhaltung gearbeitet.
Aus dem E-Mail von Y an die Antragstellerin vom 10. Juli 2019 betreffend die Arbeitszeiten der Antragstellerin während der Kündigungsfrist sei keine Diskriminierung ersichtlich. Sie werde lediglich auf die einzuhaltenden Arbeitszeiten hingewiesen, die im Wesentlichen schon vor der Kündigung gegolten hätten und mit ihr vereinbart gewesen seien. Y komme der Antragstellerin sogar entgegen und gestatte, dass sie bereits um 7.00 Uhr statt wie zuvor um 7.30 Uhr zu arbeiten beginne und am Freitag bereits um 12.30 Uhr statt wie zuvor üblicherweise zwischen 14.00 und 15.00 Uhr zu arbeiten aufhöre. Trotz vereinbarten All-In-Gehalts habe die Antragstellerin sogar Überstunden abbauen dürfen.
Aus den vorgelegten E-Mails gehe kein diskriminierungsrechtlich relevanter Sachverhalt hervor. B habe die Antragstellerin bei deren Abwesenheit vertreten und ihre Arbeitsaufgaben (zusätzlich) übernommen. Darüber hätten sich die beiden ausgetauscht. B habe darüber hinaus wesentlich verantwortungsvollere Tätigkeiten als die Antragstellerin übernommen (etwa die Bilanzierung) und überhaupt die übernommenen Tätigkeiten besser und effizienter ausgeführt als die Antragstellerin.
Aus dem E-Mail der Antragstellerin an den Geschäftsführer einer anderen Konzerngesellschaft gehe außerdem hervor, dass sich die Antragstellerin den Anweisungen ihrer Vorgesetzten, Y, widersetzt und auch während ihres Urlaubs gearbeitet habe. Dieses Verhalten zeige das schwierige Wesen der Antragstellerin.
PRÜFUNGSGRUNDLAGEN
Der Senat I der GBK stützt seine Erkenntnis auf das schriftliche Vorbringen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin sowie die mündliche Befragung der Antragstellerin und von Y (informierte Vertreterin der Antragsgegnerin) vom 1. Februar 2022 und vom 8. März 2022. Als weitere Auskunftsperson wurde B am 1. Februar 2022 befragt. Des Weiteren bezieht sich der Senat in seiner Entscheidungsfindung auf die vorgelegten Ausschreibungen bzw. Unterlagen, die an das Personalvermittlungsunternehmen übermittelt wurden, die Lebensläufe der Antragstellerin und der Auskunftsperson B, deren Dienstverträge und den E-Mail-Verkehr zwischen der Antragstellerin und der Antragsgegnervertreterin Y sowie die vorgelegte Korrespondenz vor Einbringung des Antrags.
BEGRÜNDUNG2
Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Gleichbehandlungsgesetzes, BGBl I Nr 66/2004 idgF, lauten:
„§ 3. Auf Grund des Geschlechtes, insbesondere unter Bezugnahme auf den Familienstand oder den Umstand, ob jemand Kinder hat darf im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere nicht […]
2. bei der Festsetzung des Entgelts, […]
6. bei den sonstigen Arbeitsbedingungen, […]“
„§ 13. Als Reaktion auf eine Beschwerde darf ein/e Arbeitnehmer/in durch den/die Arbeitgeber/in innerhalb des betreffenden Unternehmens (Betriebes) oder auf die Einleitung eines Verfahrens zur Durchsetzung des Gleichbehandlungsgebotes nicht entlassen, gekündigt oder anders benachteiligt werden. Auch ein/e andere/r Arbeitnehmer/in, der/die als Zeuge/Zeugin oder Auskunftsperson in einem Verfahren auftritt oder eine Beschwerde eines/einer anderen Arbeitnehmers/Arbeitnehmerin unterstützt, darf als Reaktion auf eine solche Beschwerde oder auf die Einleitung eines solchen Verfahrens zur Durchsetzung des Gleichbehandlungsgebotes nicht entlassen, gekündigt oder anders benachteiligt werden. § 12 gilt sinngemäß.“
Generell ist zur Frage des Beweismaßes und der Beweislastverteilung im GBK-Verfahren anzumerken, dass eine betroffene Person, die sich auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne der §§ 3, 13 GlBG beruft, diesen glaubhaft zu machen hat. Insoweit genügt daher nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (OGH) eine „Bescheinigung“ der behaupteten Tatsachen, wobei jedoch der bei der GBK zu erreichende Überzeugungsgrad gegenüber der beim „Regelbeweis“ geforderten „hohen Wahrscheinlichkeit“ auf eine „überwiegende Wahrscheinlichkeit“ herabgesenkt ist.
Vereinfacht gesagt muss mehr für die Darstellung des Antragstellers/der Antragstellerin sprechen als dagegen.3 Dem Antragsgegner/der Antragsgegnerin obliegt dann zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes von ihm/ihr glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder ein Rechtfertigungsgrund vorliegt.
Der Senat I der GBK führte zwecks Überprüfung des Vorwurfes einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes bei der Festsetzung des Entgelts und bei den sonstigen Arbeitsbedingungen sowie durch Verletzung des Benachteiligungsverbotes ein Ermittlungsverfahren im Sinne des GBK/GAW-Gesetzes durch und geht von folgendem Sachverhalt aus:
Die Antragstellerin war von 00. Mai 2018 bis 00. Oktober 2019 bei der Antragsgegnerin als Buchhalterin beschäftigt. Ihr Einstiegsgehalt betrug EUR 3.300,-- brutto pro Monat, womit allfällige Überstunden pauschal abgegolten waren. Die Stelle war ursprünglich mit einem Gehaltsrahmen von EUR 2.900,-- bis 3.300,-- ausgeschrieben. Ihre Vorgesetzte war Y.
Am 00. Dezember 2018 wurde B als zweiter Buchhalter mit einem Einstiegsgehalt von EUR 3.700,-- brutto unter anderem zur Unterstützung der Antragstellerin aufgrund des hohen Arbeitsanfalls in ihrer Abteilung eingestellt. Seine inhaltlichen Aufgaben glichen im Wesentlichen jenen der Antragstellerin. Die beiden übernahmen die gegenseitige Stellvertretung für die Zeiten, in denen der/die jeweils andere nicht verfügbar war. Die Anstellungsverträge der beiden unterschieden sich bloß im § 3 Entgelt. Aufgrund der Tatsache, dass die Antragstellerin bereits einige Monate mehr bei der Antragsgegnerin angestellt war, gehörte es auch zu ihren Aufgaben, ihrem neuen Kollegen diverse Arbeitsschritte zu erklären. Im Rahmen ihrer Arbeitstätigkeit wurde die überwiegende Zeit Deutsch gesprochen. Nur bei einzelnen E-Mails oder Telefonaten mit anderen Konzerngesellschaften – wie beispielsweise Inter-Company Abstimmungen – bedienten sich die Angestellten der englischen Sprache. Die Konzernstruktur setzte die Fähigkeiten einer doppelten Buchhaltung im Gegensatz zu einer bloßen Einnahmen-/Ausgabenrechnung voraus.
Vor ihrem Einstieg bei der Antragsgegnerin konnte die Antragstellerin insbesondere bei der Firma 6 AG, der Steuerberatungskanzlei 1, der Firma 5 einschlägige Erfahrung sammeln. Überdies absolvierte sie 1998 die Personalverrechnerprüfung, 2011 die Buchhalterprüfung und im Jahr 1999 die Kurse Buchhaltung 1 und 2. Sie ist am 00. Dezember 1970 geboren.
B war zuvor für die Firma 2 AG, die Firma 7 GmbH Personalvermittlung, die Firma 3GmbH und Firma 4 tätig. Im Anschluss an seinen Präsenzdienst studierte er ein Semester lang. Von 2001 bis 2004 machte er die Bilanzbuchhalterausbildung und einen Lohnverrechnungs-Kurs. Im Gewerberegister ist er als gewerblicher Buchhalter eingetragen. Er ist am 00. November 1966 geboren und damit rund vier Jahre älter als die Antragstellerin.
Sowohl die Antragstellerin als auch B erhielten im Jänner 2019 Gehaltserhöhungen, woraufhin die Antragstellerin EUR 3.450,-- brutto und B EUR 3.771,12 brutto ausbezahlt bekamen. Die Entgeltdifferenz zwischen den beiden Kollegen/Kolleginnen betrug für den Zeitraum Dezember 2018 bis Oktober 2019 sohin EUR 4.199,99.
Als die Antragstellerin von der Gehaltsdifferenz zu ihrem Kollegen erfahren hatte, wandte sie sich an Y. Diese rechtfertigte den Unterschied in der Bezahlung dadurch, dass B vier Jahre älter sei, mehr Erfahrung habe sammeln können und außerdem besser verhandelt habe. Dadurch erhielt die Antragstellerin den Eindruck, dass er aufgrund des Geschlechtes bevorzugt worden sei.
Außerdem stand eine Organisationsänderung im Raum. B sollte aufgrund seines Wesens und Wissens zukünftig Teamleiter werden. Um seine Motivation zu erhöhen, erhielt er ein höheres Einstiegsgehalt.
Die Situation zwischen Y und der Antragstellerin spitzte sich daraufhin – insbesondere ab Februar 2019 – zu und wurde immer angespannter. Die Antragstellerin verspürte erhöhten Druck und eine höhere Arbeitsbelastung. Ihr kam es so vor, als hätte sich ihre praktische Arbeit komplizierter gestaltet und als wären ihr zusätzliche Aufgaben aufgetragen worden. Darüber hinaus kam es zu Diskussionen mit Y betreffend ihre Arbeitszeiten und Überstunden. Die Antragstellerin wollte vor 7.00 Uhr morgens zu arbeiten beginnen, ihre Vorgesetzte wollte dies allerdings nicht (mehr) zulassen. Bei einem Mitarbeitergespräch am 2. Mai 2019 teilte Y der Antragstellerin mit, dass ihr Gehalt nicht erhöht werden könnte.
Am 00. Juli 2019 reichte die Antragstellerin ihre Kündigung per 00.10.2019 ein. Ab 00. Juli 2019 ging sie in Krankenstand, weil die Situation für sie nicht mehr erträglich war.
In rechtlicher Hinsicht ist der Sachverhalt wie folgt zu beurteilen:
1. Es liegt eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes bei der Festsetzung des Entgelts gemäß § 3 Z 2 GlBG vor.
Niemand darf aufgrund des Geschlechtes, insbesondere unter Bezugnahme auf den Familienstand oder den Umstand, ob jemand Kinder hat, im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis diskriminiert werden.
Das Verbot der Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes basiert zwar grundsätzlich auf dem Geschlecht im biologischen Sinn, beinhaltet aber auch alle anderen Fallkonstellationen, in denen das Geschlecht im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis als Unterscheidungskriterium verwendet wird, obwohl es grundsätzlich kein entscheidendes Kriterium sein dürfte.4
Bei der Beurteilung, ob eine vergleichbare Situation der Antragstellerin und der männlichen Vergleichspersonen vorliegt, sind subjektive Elemente außer Acht zu lassen, maßgeblich ist ausschließlich die objektiv festzustellende gleiche bzw. vergleichbare Arbeit.5 Die Gleichzeitigkeit der zu vergleichenden Arbeiten ist für die Vergleichbarkeit nicht erforderlich.6
Der Entgeltbegriff ist nach der Rechtsprechung des EuGH weit zu fassen, sodass man darunter alle Leistungen versteht, die ein Arbeitnehmer/eine Arbeitnehmerin als Gegenleistung für die Zurverfügungstellung seiner/ihrer Arbeitskraft an den Arbeitgeber/die Arbeitgeberin erhält.7
Die Antragstellerin konnte aus Sicht des Senates durch ihre Ausführungen glaubhaft den Anschein einer Diskriminierung darlegen. Ihre Darstellung, dass sie im Gegensatz zu ihrem Kollegen B, der im Wesentlichen dieselben Aufgaben verrichtete wie sie und von Beginn an mehr verdiente, ließ darauf schließen, dass die Antragstellerin aufgrund ihres Geschlechtes bei Festsetzung ihres Gehaltes von der Antragsgegnerin benachteiligt wurde.
Auch B konnte in seiner persönlichen Befragung glaubhaft darstellen, dass die Buchhaltungsabteilung nur von ihm und der Antragstellerin besetzt war und die beiden sich in den laufenden Buchhaltungen vertreten haben und daher gegenseitig zwei Gesellschaften buchen konnten. Aufgrund einer gewissen Aufgabenverteilung ist es selbstverständlich, dass sich ihre Arbeitsinhalte im Einzelnen ein wenig unterschieden. Die Abschlusstätigkeiten machte er gemeinsam mit der Konsolidierungsabteilung, während sich die Antragstellerin um die laufenden Buchungen kümmerte. Die Antragsgegnervertreterin gab an, dass schon beim Antritt der Antragstellerin klar gewesen sei, dass sie für die zweite Gesellschaft Unterstützung in der Buchhaltungsabteilung benötigen werde, da dies nicht alleine zu bewältigen sei. Für den Senat entstand insgesamt der Eindruck, dass die Tätigkeiten der beiden Vergleichspersonen einen ähnlichen Ausbildungs- und Erfahrungsstand voraussetzten, der im vorliegenden Fall auch anzunehmen war.
Daher verlagerte sich die Beweislast auf die Antragstellerin.
Als Grund dafür, dass die Antragstellerin niedriger eingestuft wurde als ihr später eintretender Kollege, wurde von der Antragsgegnerin insbesondere genannt, dass seine Qualifikationen über ihren gelegen seien, seine Englisch-Kenntnisse besser seien und er generell mehr Arbeits- und Konzernerfahrung mitgebracht habe. Auch sei vorgesehen gewesen, ihm mit der Zeit eine leitende Funktion zu übergeben. Um ihn zu motivieren, sei man seinem Gehaltswunsch nachgekommen und habe ihm einen höheren Betrag als der Antragstellerin zur Verfügung gestellt.
Aus Sicht des Senates ist kritisch zu beurteilen, dass B im Hinblick auf eine mögliche Leitungsfunktionsübernahme bereits bei seinem Eintritt höher eingestuft worden ist und diesbezüglich nicht transparent kommuniziert worden ist. Der Senat konnte nicht davon überzeugt werden, dass schon zum Zeitpunkt seiner Einstellung feststand, dass er in den darauffolgenden Monaten mit mehr Verantwortung ausgestattet werde und daher monetär motiviert werden musste.
Dazu kommt, dass die Ausbildung der Antragstellerin gut mit jener von B zu vergleichen war. Es mag sein, dass Bs Englisch-Kenntnisse aufgrund seiner bisherigen Berufserfahrung über jenen von der Antragstellerin gelegen haben. Der Senat glaubte allerdings nicht, dass die höheren Sprachkenntnisse oder die bessere Übung den vorliegenden Gehaltsunterschied rechtfertigen können, nachdem die überwiegende Zeit auf Deutsch kommuniziert worden ist und die Anzahl an Telefonaten und E-Mails, die der englischen Sprache bedurften, verhältnismäßig gering ausfiel und auch mit den Kenntnissen der Antragstellerin gut zu bewältigen waren.
Dass das Verhältnis zwischen der Antragstellerin und der Antragsgegnervertreterin sehr angespannt war und ein gegenseitig vorwurfsvoller Ton herrschte, ging über die Aktenlage hinaus auch aus ihrer gemeinsamen Befragung hervor und zeigte sich durch über die hier tatbestandsrelevanten hinausgehenden Diskussionen, wie beispielsweise das Verfahren vor der Datenschutzbehörde.
Zusammengefasst waren für den Senat daher keine sachlichen Gründe ersichtlich, die den entsprechenden Gehaltsunterschied rechtfertigen hätten können. Es liegt an dem Arbeitgeber/der Arbeitgeberin auf faire Bedingungen und ein einheitliches Entlohnungsschema zu achten. Die monetäre Einstufung soll gerade in einem großen Konzern nicht bloß vom Verhandlungsgeschick der Bewerber/Bewerberinnen abhängig gemacht werden. Die Antragsgegnerin reagierte auch nicht mit einer Gehaltsanpassung, als sich abzeichnete, dass die Vergleichsperson ähnliche Aufgaben wie die Antragstellerin übernahm. Die Entlohnung der Antragstellerin war von Beginn an schlechter und konnte für den Senat nicht hinreichend begründet werden.
Im Hinblick auf die Beweislastregeln des § 12 Abs 12 GlBG gelangte der Senat daher zu der Ansicht, dass es der Antragsgegnerin nicht gelungen ist zu beweisen, dass ausschließlich sachliche Motive für die bessere Entlohnung ihrer Vergleichsperson ausschlaggebend waren.
2. Es liegt keine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes bei den sonstigen Arbeitsbedingungen gemäß § 3 Z 6 GlBG vor.
Die obigen Ausführungen zum Begriff des Geschlechtes gelten für Punkt 2 gleichermaßen.
Beim Begriff der „sonstigen Arbeitsbedingungen“ handelt es sich um einen Auffangtatbestand, der weit auszulegen ist.8 Er umfasst neben den rechtlichen auch die faktischen Rahmenbedingungen für die Leistungserbringung der Arbeitnehmer/Arbeitnehmerinnen im laufenden Arbeitsverhältnis.9 Es werden darunter u.a. die Schwere (Erschwerung) der Arbeitsleistung und die Wertschätzung im Betrieb verstanden. Andere Beispiele sind eine Benachteiligung in Bezug auf: die Gewährung und Einteilung von Urlaub und Karenz, die Einteilung der Arbeitszeit, das Image, die Wertschätzung und Minderung des Ansehens im Betrieb, der Wechsel von Vollzeit- auf Teilzeitbeschäftigung, Leistungsbeurteilungen uvm.10
Im vorliegenden Fall ging es diesbezüglich insbesondere um die Lage und Einteilung der Arbeitszeit, die aufgrund dieser Ausführungen vom Begriff der sonstigen Arbeitsbedingungen erfasst ist, da kein anderer Diskriminierungstatbestand aus dem Katalog des § 3 anwendbar ist.
Die im Antrag behaupteten Vorwürfe, die Antragstellerin habe unter erhöhtem Druck arbeiten müssen, ihr seien fixe Arbeitszeiten vorgegeben worden, sie habe Überstunden leisten und zusätzliche Aufgaben übernehmen müssen, können grundsätzlich eine Diskriminierung bei den sonstigen Arbeitsbedingungen darstellen. Die Antragstellerin hat diese Vorwürfe in ihrem schriftlichen Antrag auch insofern glaubwürdig geschildert, als diesbezüglich eine Prüfung durch die GBK durchgeführt wurde.
Bei der Befragung konnte sie die vorgebrachten Vorwürfe jedoch nicht weiter konkretisieren. Es gelang der Antragstellerin in der mündlichen Befragung folglich nicht, die in ihrem Antrag angeführten Vorkommnisse glaubhaft zu machen.
Wie unter Punkt 1 ausgeführt, hatte sich die Lage und Stimmung zwischen der Antragstellerin und Antragsgegnervertreterin insbesondere ab dem Zeitpunkt, zu dem die Antragstellerin den Gehaltsunterschied angesprochen hat, mehr und mehr verschlechtert. Ihr Verhältnis wurde zerrüttet und das Arbeitsklima litt darunter.
Die Lage der Arbeitszeiten war über einige Monat hinweg Diskussionsinhalt. Aus dem vorgelegten E-Mail-Verkehr ergab sich, dass die Antragsgegnervertreterin die Antragstellerin zumindest auch am 00. Juli 2019, dem Tag der Kündigung der Antragstellerin, schriftlich auf die vorgesehenen Arbeitszeiten hingewiesen hatte. Die genannten Unstimmigkeiten basierten aus Sicht des Senates auf der unterschiedlichen Entlohnung. Ein direkter Zusammenhang mit verschlechternden Arbeitsbedingungen oder einer schlechteren Behandlung der Antragstellerin ab dem Zeitpunkt, zu dem sie das Thema der unterschiedlichen Entlohnung angesprochen hatte, konnte für den Senat nicht ausreichend klar und eindeutig nachvollzogen werden.
Der gewonnene Eindruck führte daher im Hinblick auf die Beweislastregeln des § 12 Abs 12 GlBG zur Ansicht, dass es der Antragstellerin nicht gelungen ist, eine Diskriminierung durch die Antragsgegnerin glaubhaft zu machen. Daher kommt es zu keiner Beweislastverlagerung. Das Beweisdefizit geht folglich zu Lasten der Antragstellerin.
3. Es liegt keine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes durch eine Verletzung des Benachteiligungsverbotes gemäß § 13 GlBG vor.
Gemäß § 13 bzw. § 27 GlBG darf als Reaktion auf eine Beschwerde innerhalb des Unternehmens (Betriebes) oder auf die Einleitung eines Verfahrens zur Durchsetzung des Gleichbehandlungsgebotes ein Arbeitnehmer/eine Arbeitnehmerin nicht durch den Arbeitgeber/die Arbeitgeberin entlassen, gekündigt oder anders benachteiligt werden.
Der Regelungszweck des Benachteiligungsverbotes ist somit eine Verstärkung des Rechtsschutzes für jene Arbeitnehmer/Arbeitnehmerinnen, die sich in eigener Sache oder im Interesse von Arbeitskollegen und Arbeitskolleginnen mit rechtlich anerkannten Mitteln gegen (vermutliche) Diskriminierungen durch ihre Arbeitgeber/Arbeitgeberinnen wenden. Die benachteiligende Reaktion des Arbeitgebers/der Arbeitgeberin muss in einem plausiblen Zusammenhang mit dem Auftreten des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin stehen, wobei auch ein gewisser zeitlicher Konnex gegeben sein muss.11
Ob im Einzelfall eine Benachteiligung nach §§ 13 bzw. 27 GlBG vorliegt, ist nach einem objektiven Maßstab zu beurteilen. Es reicht daher nicht aus, dass ein bestimmtes Verhalten des Arbeitgebers/der Arbeitgeberin von dem betroffenen Arbeitnehmer bzw. der betroffenen Arbeitnehmerin subjektiv als benachteiligend empfunden wird. 12
In eventu wurde im zugrundeliegenden Antrag die Prüfung einer Diskriminierung in Bezug auf das Benachteiligungsverbot vorgebracht. Für die Antragstellerin wirkte es so, als ob ihr ab dem Moment, in dem sie den Gehaltsunterschied gegenüber ihrer Vorgesetzten angesprochen hatte, mehr und mehr Steine in den Weg gelegt worden seien. In dem Zusammenhang ging es insbesondere um die unter Punkt 2, die sonstigen Arbeitsbedingungen betreffenden, erwähnten Behauptungen der Antragstellerin, dass sich ihre Arbeitsbedingungen insbesondere nach der Forderung nach einem höheren Lohn verschlechtert hätten und sie nicht mehr – wie zuvor – in den frühen Morgenstunden arbeiten habe dürfen.
Der Senat kam zum Ergebnis, dass dieser Aspekt des Vorbringens im Zusammenhang mit dem Benachteiligungsverbot, der im vorliegenden Fall ohnehin mit dem Antragspunkt 2 einhergeht, nicht ausreichend konkretisiert werden konnte. Da schon der Tatbestand der Diskriminierung bei den sonstigen Arbeitsbedingungen nicht als erfüllt angesehen werden konnte, die Beweislage für den Senat dahingehend zu dünn war und das Benachteiligungsverbot oftmals als Ausfluss damit verbunden ist, sah der Senat auch unter diesem Antragspunkt keine Diskriminierung durch die Antragsgegnerin. Dementsprechend ist auf obige Ausführungen zu verweisen.
Im Hinblick auf die Beweislastregeln des § 12 Abs 12 GlBG gelangte der Senat daher zu der Ansicht, dass es der Antragstellerin nicht gelungen ist, eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes durch eine Verletzung des Benachteiligungsverbotes durch die Antragsgegnerin näher zu konkretisieren. Daher kommt es zu keiner Beweislastverlagerung und geht dieses Beweisdefizit wiederholt zu Lasten der Antragstellerin.
VORSCHLAG
Gemäß § 12 Abs 3 GBK/GAW-Gesetz hat der Senat, wenn er der Auffassung ist, dass eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes vorliegt, dem Arbeitgeber/der Arbeitgeberin oder in Fällen in Zusammenhang mit einer sonstigen Diskriminierung in der Arbeitswelt dem/der für die Diskriminierung Verantwortlichen schriftlich einen Vorschlag zur Verwirklichung des Gleichbehandlungsgebotes zu übermitteln und ihn/sie aufzufordern, die Diskriminierung zu beenden. Für die Umsetzung des Vorschlags ist eine Frist von zwei Monaten zu setzen. Wird einem Auftrag nach Abs 3 nicht entsprochen, kann gemäß § 12 Abs 4 GBK/GAW-Gesetz jede der im jeweiligen Senat vertretenen Interessensvertretungen beim zuständigen Arbeitsgericht oder Zivilgericht auf Feststellung der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes klagen.
Da der Senat I der GBK zur Auffassung gelangt ist, dass eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes vorliegt, wird die Antragsgegnerin, die Z AG, gemäß § 12 Abs 3 GBK/GAW-Gesetz aufgefordert, die Diskriminierung zu beenden, und wird folgender Vorschlag zur Verwirklichung des Gleichbehandlungsgebotes erteilt:
Leistung eines angemessenen Schadenersatzes
Wien, 8. März 2022
Dr.in Eva Matt
Vorsitzende des Senates I der GBK
1 Vgl. zB VfSlg. 19.321.
2 Im weiteren Verlauf werden (akademische) Titel nicht weiter angeführt.
3 Vgl. OGH 9 ObA 144/14p, Arb 13.203 mit weiteren Nachweisen.
4 Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG² (2021) § 3 Rz 2.
5 Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 12 Rz 31.
6 Vgl. EuGH 27. 3. 1980, 129/79, Macarthys Ltd, Slg 1980, 1275, Rn 11, 13.
7 Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 3 Rz 75.
8 Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG (2021) § 3 Rz 132.
9 Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG (2021) § 3 Rz 129.
10 Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG (2021) § 3 Rz 133.
11 Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG (2021) § 13 Rz 7.
12 Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG (2021) § 13 Rz 9.
Zuletzt aktualisiert am
01.12.2022