Gbk 2022/5/17 GBK I/959/20

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Veröffentlicht am 17.05.2022
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Diskriminierungsgrund

Geschlecht

Diskriminierungstatbestand

Mangelnde Abhilfe, sexuelle Belästigung durch Dritten, Verletzung des Benachteiligungsverbotes

Text

Senat I der Gleichbehandlungskommission

Prüfungsergebnis gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz

(BGBl Nr 108/1979 idgF)

Der Senat I der Gleichbehandlungskommission (GBK) gelangte am 17. Mai 2022 über den am 27. Mai 2020 Antrag der Gleichbehandlungsanwaltschaft (GAW) für A (Antragstellerin) betreffend die Überprüfung einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes durch schuldhaftes Unterlassen des Arbeitgebers/der Arbeitgeberin im Falle einer sexuellen Bela?stigung durch Dritte eine nach den gesetzlichen Bestimmungen, Normen der kollektiven Rechtsgestaltung oder des Arbeitsvertrages angemessene Abhilfe zu schaffen gemäß § 6 Abs 1 Z 2 GlBG (BGBl I Nr 66/2004 idgF) und durch eine Verletzung des Benachteiligungsverbotes gemäß § 13 GlBG durch die Hotel Z GmbH (Erstantragsgegnerin) sowie durch eine sexuelle Belästigung durch Dritte gemäß § 6 Abs 1 Z 3 GlBG durch X (Zweitantragsgegner) nach Durchführung eines Verfahrens gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz iVm § 11 der Gleichbehandlungskommissions-GO (BGBl II Nr 396/2004 idgF), zu GZ GBK I/959/20, zu folgendem

PRÜFUNGSERGEBNIS:

1.   A ist nicht aufgrund des Geschlechtes durch schuldhaftes Unterlassen des Arbeitgebers/der Arbeitgeberin im Falle einer sexuellen Bela?stigung durch Dritte eine nach den gesetzlichen Bestimmungen, Normen der kollektiven Rechtsgestaltung oder des Arbeitsvertrages angemessene Abhilfe zu schaffen gemäß § 6 Abs 1 Z 2 GlBG durch die Hotel Z GmbH diskriminiert worden.

2.   A ist aufgrund des Geschlechtes durch eine sexuelle Belästigung durch Dritte gemäß § 6 Abs 1 Z 3 GlBG durch X diskriminiert worden.

3.   A ist nicht aufgrund des Geschlechtes durch eine Verletzung des Benachteiligungsverbotes gemäß § 13 GlBG durch die Hotel Z GmbH diskriminiert worden.

Dies ist eine gutachterliche Feststellung. Es handelt sich hierbei im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes1 nicht um einen Bescheid.

VORBRINGEN

Im Antrag wurde im Wesentlichen Folgendes vorgebracht:

Die Antragstellerin habe von 00. August bis 00. Oktober 2019 bei der Erstantragsgegnerin als Front Office Agent gearbeitet. Zunächst habe sie sich an ihrem Arbeitsplatz sehr wohl gefühlt und habe positives Feedback für ihre Arbeit bekommen.

In der Woche vom 00. bis 00. August 2019 sei sie zum Spätdienst mit dem Zweitantragsgegner eingeteilt gewesen. Die beiden seien alleine an der Rezeption gewesen. In den Stehzeiten hätten sie sich miteinander unterhalten, wobei die Antragstellerin dabei keine übermäßigen Einblicke in ihr Privatleben von sich aus offenbart habe. Der Zweitantragsgegner habe jedoch immer eindringlichere Fragen nach Privatleben der Antragstellerin gestellt. Besonders habe ihn die Beziehung der Antragstellerin zu ihrem damaligen Partner interessiert, der in Land 1 lebe. Die Antragstellerin habe von einer gemeinsamen Reise nach Land 2 erzählt. Daraufhin habe der Zweitantragsgegner begonnen, sexualisierte Fragen zu stellen, wie: „Bist du intim mit deinem Freund?“ und gleich darauf: „Wie ist das? Wie war das für dich?“ Die Antragstellerin habe darauf gesagt, sie antworte nicht auf solche Fragen. Daraufhin habe sich der Zweitantragsgegner entschuldigt. Die Antragstellerin sei von dieser Situation sehr irritiert gewesen.

In der darauffolgenden Woche hätten die Antragstellerin und der Zweitantragsgegner wieder gemeinsam Spätdienst gehabt. An einem Abend habe sie einen Gast zu seinem Zimmer begleitet, weil dieser das Zimmer wechseln habe wollen, und habe sich mit ihm unterhalten. Danach sei sie zur Toilette gegangen. Als sie zur Rezeption zurückgekommen sei, habe der Zweitantragsgegner gefragt: „Wo warst du solange? Bist du mit dem Gast intim geworden?“ Daraufhin habe die Antragstellerin gesagt: „Warum fragst du das? Ich habe noch mit dem Gast geplaudert und war danach am WC.“ Der Zweitantragsgegner sei von ihrer Reaktion irritiert gewesen, habe dann aber gesagt: „Ja, ist ok.“ Am folgenden Tag sei der Zweitantragsgegner jedoch deutlich unfreundlicher zu ihr gewesen. Der Antragstellerin sei das sehr unangenehm gewesen. Deshalb sei sie in die Direktion gegangen und habe das Gespräch mit der Geschäftsführung gesucht. Sie teilte Y mit, dass sie kündigen wolle, weil der Zweitantragsgegner unfreundlich zu ihr sei und sie nicht mit ihm zurechtkomme. Y habe erwidert, dass das nicht sein könne. Daraufhin habe die Antragstellerin berichtet, dass er sie nach privaten Themen gefragt habe, etwa nach dem Intimleben mit ihrem Freund. Y habe die Vorfälle heruntergespielt und gemeint: „X ist halt so und das ist überall so."

Die Antragstellerin sei von dieser Situation sehr belastet gewesen und habe ihrer Mutter davon erzählt. Als die Antragstellerin am Sonntag, den 00. September 2019 Dienst gehabt habe, habe ihre Mutter im Hotel angerufen und mit dem Zweitantragsgegner gesprochen. Sie habe ihn dazu aufgefordert, die Antragstellerin in Ruhe zu lassen. Er habe geleugnet, dass etwas vorgefallen sei, woraufhin zwischen den beiden eine Diskussion entstanden sei.

Danach sei der Zweitantragsgegner sehr aufgebracht gewesen. Er habe mehreren Kollegen im Beisein von der Antragstellerin von der Diskussion erzählt und die sexuellen Belästigungen geleugnet. Er habe gesagt, dass er kündigen werde. Er habe auch erzählt, dass ihm an einem anderen Arbeitsplatz bereits sexuelle Belästigung vorgeworfen worden sei. Er sei sehr aggressiv zu der Antragstellerin gewesen und habe sie schreiend danach gefragt, welche privaten Themen er denn angesprochen habe. Die Antragstellerin habe sich diesen Angriffen hilflos ausgeliefert gefühlt.

Er habe in weiterer Folge seinen Vorgesetzten, den Front Office Manager W, angerufen mit dem er sich gut verstanden habe und dieser kam ins Hotel, obwohl es sein freier Tag gewesen sei. Dieser habe zuerst ein Gespräch mit der Antragstellerin und dem Zweitantragsgegner zugleich geführt, dann mit beiden separat. Die Antragstellerin habe berichtet, was passiert sei. Daraufhin habe W gesagt: „Deine Toleranz ist ganz unten, andere haben eine höhere Toleranz.“, weiters: „Niemand wird hier gekündigt, niemand verlässt das Hotel.“ Und: „Er ist halt so, vielleicht hat er halt keinen sexuellen Kontakt mit seiner Frau.“ Danach habe er gesagt, dass er dafür sorgen werde, dass die Antragstellerin am nächsten Tag ein Gespräch mit Y führen könne. Außerdem werde er die Dienstpläne ändern und die Antragstellerin werde eine Weile nicht mit dem Zweitantragsgegner zusammenarbeiten. Bis wann diese Regelung gelten solle, habe er nicht gesagt.

Es habe sich herausgestellt, dass die Antragstellerin seit dem Gespräch mit W ausschließlich zum Spätdienst und der Zweitantragsgegner zum angenehmeren Frühdienst eingeteilt worden sei.

Als die Antragstellerin am nächsten Tag zur Arbeit erschienen sei, sei sie nicht in die Direktion geholt worden. Die Antragstellerin habe sich nicht getraut nachzufragen, da sie gefürchtet habe auf Grund der Meldung der Belästigung benachteiligt zu werden. Es sei auch in weiterer Folge zu keinen weiteren Gesprächen mit der Geschäftsführung in Zusammenhang mit den sexuellen Belästigungen gekommen.

Sie sei jedoch in der Folge von mehreren Kollegen und Kolleginnen auf die Vorfälle angesprochen worden. Der Praktikant, B, etwa habe zu ihr gesagt: „X meinte, du hast ihn sexuell belästigt. Kann ich eine Erklärung haben?“ Auch im Service sei sie gefragt worden, was mit ihr und dem Zweitantragsgegner passiert sei. Am 00. Oktober 2019 habe die Antragstellerin wieder mit B zusammengearbeitet. Dieser habe in scherzhaftem Ton zu ihr gesagt: „Pass auf, dass du mich nicht sexuell belästigst“. All die Fragen und Anspielungen der Kollegen und Kolleginnen hätten zu einer erheblich belasteten Arbeitssituation für die Antragstellerin geführt.

In der auf Ersuchen des Senates I der GBK von der Erstantragsgegnerin übermittelten Stellungnahme vom 5. März 2020 bestritt diese die im Antrag vorgebrachten Vorwürfe, soweit die Richtigkeit nicht außer Streit gestellt wurde, und trat ihnen im Wesentlichen wie folgt entgegen:

Die Antragstellerin habe bei der Erstantragsgegnerin laut Dienstvertrag von 00. August 2019 bis 00. Oktober 2019 als Front Office Agent gearbeitet.

Am Anfang des Arbeitsverhältnisses habe sich die Antragstellerin bemüht und motiviert gezeigt. Ihr Verhalten gegenüber Kollegen, Kolleginnen und ihrem Vorgesetzten habe sich rasch zum Negativen geändert.

W, Front Office Manager und V, HR-Managerin, hätten kurz vor Ablauf der Probezeit ein Gespräch zu den Arbeitsleistungen von der Antragstellerin geführt. W sei mit den erbrachten Arbeitsleistungen nicht zufrieden gewesen.

Der Zweitantragsgegner, Assistant Front Office Manager, und die Antragstellerin hätten in der gleichen Abteilung gearbeitet und hätten somit auch einen ähnlichen Dienstplan gehabt. Keinesfalls habe der Zweitantragsgegner die Antragstellerin mit privaten Fragen bedrängt, dies würde auch dem kollegialen Verhältnis zueinander widersprechen, da die Antragstellerin ihm auch private Fotos von sich und auch von ihrer Familie gezeigt habe. Zudem habe sie ihm auch Fotos von sich im Bikini gezeigt und erzählt, sie müsste für die geplante Hochzeit mit ihrem Freund noch abnehmen.

Während eines gemeinsamen Dienstes sei dem Zweitantragsgegner aufgefallen, dass die Antragstellerin ihren Arbeitsplatz für mehr als 20 Minuten verlassen habe. Generell habe sie am Tag mehrere Rauchpausen gemacht, weshalb der Zweitantragsgegner nicht gewusst habe wo die Antragstellerin sich nach dem Gespräch mit dem Gast aufgehalten habe. Als die Antragstellerin an ihren Arbeitsplatz zurückgekehrt sei, habe der Zweitantragsgegner den Grund für die lange Abwesenheit erfragt. Der Zweitantragsgegner habe den Vorwurf bestritten, sie danach gefragt zu haben, ob sie mit dem Gast intim geworden sei.

Kurze Zeit darauf sei die Antragstellerin vor dem Büro des Direktors angetroffen worden. Die Antragstellerin habe sehr unruhig und nervös gewirkt, weshalb V sie darauf angesprochen habe. Die Antragstellerin habe erklärt, dass sie mit dem General Manager sprechen wolle um ihr Arbeitsverhältnis zu lösen. Die Antragstellerin habe um ein Gespräch gebeten und sie seien gemeinsam in das Büro von Y, General Manager, gegangen.

Die Antragstellerin habe berichtet, dass sie ihr Arbeitsverhältnis kündigen möchte. Y habe den Grund erfragt und sie habe erklärt, dass sie sich mit dem Zweitantragsgegner nicht verstehe und generell in der Abteilung Probleme habe, Y habe gemeint, dass er das nicht wirklich nachvollziehen könne, da sich jeder Mitarbeiter in der Abteilung mit dem Zweitantragsgegner sehr gut verstehe. Die Antragstellerin habe nicht erzählt, dass sie mit dem Zweitantragsgegner private Gespräche über ihr Intimleben geführt habe.

Sie habe von Problemen in der Abteilung erzählt, weshalb Y darauf eingegangen sei. Sie habe über Schwierigkeiten in der Einschulungsphase berichtet. Y und V hätten ihr eine Unterstützung zugesichert und die Möglichkeit die Einschulung zu verbessern, besprochen. Die Antragstellerin habe berichtet, dass sie keine Pausen gehabt habe, dies habe W im anschließenden Gespräch mit Y bestritten.

Nach diesem Gespräch habe sich V gemeinsam mit einer weiteren Mitarbeiterin um eine weiterführende Einschulung für die Antragstellerin gekümmert.

Die Antragstellerin sei gebeten worden die vorhandenen Schwächen am Front Office zu dokumentieren, damit ein Schulungsplan für die Antragstellerin erstellt werden könne. Eine ehemalige Front Office Mitarbeiterin, derzeit in der Administration tätig, habe begonnen damit einen Fragenkatalog auszuarbeiten. V habe den Front Office Teil aus dem Systemhandbuch an die Antragstellerin übermittelt. Die Antragstellerin habe gemeint, dass sie alles wisse und daher keine Einschulung benötige, weshalb sie auch das besprochene Dokument über ihre Kenntnisse nicht erstellt und übermittelt habe.

Richtig sei, dass W am besagten Sonntag, den 00. September 2019, von dem Zweitantragsgegner angerufen worden sei. Der Zweitantragsgegner habe emotional über einen Anruf von der Mutter der Antragstellerin berichtet. Daraufhin habe W sofort das persönliche Gespräch mit dem Zweitantragsgegner und der Antragstellerin gesucht. Der Zweitantragsgegner habe über den Anruf berichtet, er sei von der Mutter beschuldigt worden, dass er die Antragstellerin belästige und als Nutte und Hure beleidige. Weiters habe sie am folgenden Tag gemeint, Y aufsuchen zu wollen, was sie jedoch nicht getan habe. Weiters habe die Mutter von der Antragstellerin gedroht, dass sie den Bruder vorbei schicken werde.

Daraufhin habe W ein Gespräch mit dem Zweitantragsgegner und der Antragstellerin geführt.

W könne sich nicht daran erinnern, mit der Antragstellerin über das Sexualleben von dem Zweitantragsgegner und seiner Frau, gesprochen zu haben. Sehr wohl sei das Thema Toleranz thematisiert worden, hier sei allerdings generell gesprochen worden und nicht auf die Toleranzgrenze von der Antragstellerin eingegangen. Die Aussage von W „niemand verlässt das Hotel und niemand wird gekündigt“ sei auf den damaligen Tag bezogen gewesen. Die Aussage von W, dass die Dienstpläne geändert werden würden, sei aus der Information von Y und V an W, dass die Antragstellerin die Absicht habe das Dienstverhältnis zu beenden, resultiert.

Des Weiteren habe der Zweitantragsgegner die Information aus einem früheren Betrieb, in dem er jahrelang tätig war, erhalten, dass eine Dame sich über ihn telefonisch erkundigt habe. Sie habe versucht persönliche Informationen über den Zweitantragsgegner einzuholen.

Y stehe für Gespräche jederzeit zur Verfügung, weshalb die Antragstellerin auch die Möglichkeit für ein persönliches Gespräch gehabt habe als sie kündigen habe wollen.

Die Antragstellerin habe am 00. September 2019 V per WhatsApp kontaktiert, und ihren Urlaubswunsch von 25 Tagen mitgeteilt. In dieser Nachricht habe sie auch mitgeteilt, dass sie bislang keine Zustimmung von W und Y erhalten habe. W und Y hätten bereits von diesem Anliegen gewusst und sie habe eine Ablehnung gefürchtet und Unterstützung bei V gesucht.

Am 00. September 2019 hätten W und die Antragstellerin ein Gespräch betreffend den Urlaub von der Antragstellerin geführt. Mit diesem Anliegen habe die Antragstellerin ein finales Gespräch mit Y gesucht. Y habe den Urlaubswunsch der Antragstellerin auf Grund des kurzen Dienstverhältnisses abgelehnt.

Daher sei auf Grund der schlechten Arbeitsweise von der Antragstellerin die Entscheidung getroffen worden, das Dienstverhältnis mit ihr zu beenden.

Nach den arbeitsfreien Tagen von der Antragstellerin am 00. September 2019, habe V ihr mitgeteilt, dass ein Urlaubskonsum in diesem Ausmaß nicht genehmigt werde und die einzige Möglichkeit über einen Zeitraum von 25 Tagen zu verreisen, eine einvernehmliche Lösung sei. Dies könne in einem gemeinsamen Gespräch mit W geklärt werden.

Am 00. September 2019 habe die Antragstellerin eine E-Mail an V mit dem Status der Behindertenzugehörigkeit in der Höhe von 50% gesendet. Der Antrag sei am 00. September 2019 gestellt worden. Gleichzeitig habe sie V über ihren Krankenstand informiert.

Das Arbeitsverhältnis sei Ende September in einem gemeinsamen Gespräch mit der Antragstellerin einvernehmlich gelöst worden und es sei kein Wiedereintritt definiert bzw. zugesagt worden. Der letzte Arbeitstag von der Antragstellerin sei am 00. Oktober 2019 gewesen, somit habe kein Gespräch am 00. Oktober 2019 stattgefunden.

Die Nachfolge von der Antragstellerin habe ihren Dienst am 00. Oktober 2019 angetreten. Zusätzlich sei Anfang Dezember eine neue Mitarbeiterin als Front Office Agent eingestellt worden. Somit seien im Dezember 2019 alle Positionen besetzt gewesen.

In der auf Ersuchen des Senates I der GBK von der rechtsfreundlichen Vertretung des Zweitantragsgegners übermittelten Stellungnahme vom 14. Juli 2020 bestritt dieser die im Antrag vorgebrachten Vorwürfe, soweit die Richtigkeit nicht außer Streit gestellt wurde, und trat ihnen im Wesentlichen wie folgt entgegen:

Es sei richtig, dass der Zweitantragsgegner mit der Antragstellerin in der Woche vom 00. August 2019 bis 00. August 2019 zum Spätdienst eingeteilt gewesen sei. Während dieses Spätdienstes sei es zwischen den beiden zu gewöhnlichen Gesprächen beruflicher, jedoch auch privater Natur, gekommen. Es sei in keiner Weise ungewöhnlich, dass zwischen Kollegen und Kolleginnen – insbesondere im Spätdienst, in welchem ein geringerer Betrieb herrsche – auch private Gespräche geführt werden würden. Die beiden hätten sich unterhalten und wechselseitig Einzelheiten aus ihrem Privatleben preisgegeben, wobei es keineswegs in einen „intimen“ oder aufdringlichen Bereich gelangt sei. Der Zweitantragsgegner habe der Antragstellerin von seiner eigenen Familie erzählt, diese wiederum habe ihm erzählt, dass sie nun plane zu heiraten. Man sei über dieses Thema ins nähere Gespräch gekommen und habe die dem Zweitantragsgegner sodann erzählt, dass sie einen Freund in Land 1 habe, welchen sie nun heiraten wolle. Im Zuge des Gespräches habe sich auch herausgestellt, dass sie diesen selbst erst etwa vier Mal in ihrem Leben getroffen habe. Der Zweitantragsgegner habe darauf hingewiesen, dass es heutzutage doch ungewöhnlich sei, dass man nach so kurzer Zeit und so wenigen Treffen schon heiraten möchte und habe der Antragstellerin den freundschaftlichen Rat gegeben, dass man bei derartigen Beziehungen und insbesondere Eheschließungen nach kurzer Zeit vorsichtig sein müsse, da man die andere Person in so kurzer Zeit nicht wirklich gut kennenlernen könne. Die Äußerung des Beschuldigten sei jedoch in keiner Weise negativ oder herabwertend gewesen, sondern – ganz im Gegenteil – habe er sich darum bemüht, dass dies nicht als eine Kritik, sondern lediglich als gut gemeinter Rat aufgefasst werde. Keineswegs sei es jedoch zu aufdringlichen oder sexualisierten Fragen gekommen.

Hinzu komme der wesentliche Punkt, dass im Zuge des Gesprächs zwischen den beiden Betroffenen niemals auch nur ansatzweise eine direkte oder indirekte Aufforderung von der Antragstellerin an den Zweitantragsgegner gekommen sei, er solle ein Thema nicht besprechen oder eine Art von Fragen nicht stellen. Der Zweitantragsgegner habe keinerlei Interesse daran, mit Kolleginnen oder Kollegen, die er gerade erst als Neuankömmling in einem Betrieb kennenlerne, von vornherein unangenehme Situationen zu kreieren oder eine feindselige oder unangenehme Atmosphäre zu gestalten. Dabei sei auch darauf hingewiesen, dass der Zweitantragsgegner sehr wohl darauf vorbereitet gewesen sei, dass er mit der Antragstellerin über eine längere Zeit zusammenarbeiten werde und auch eine intensivere Zusammenarbeit im von gemeinsamen Diensten an der Rezeption bevorstehen werde. Es wäre daher völlig selbstschädlich, wenn man sich die Situation bringen würde, welche dem Zweitantragsgegner hier vorgeworfen werde.

Der Vorhalt, der Zweitantragsgegner hätte die Antragstellerin im Zusammenhang mit einem Gast, welchen diese zu seinem Zimmer begleitet habe, erneut mit unangebrachten Fragen belästigt, sei ebenso völlig unwahr und wird bestritten. Bemerkenswert sei auch, dass die Antragstellerin bis zum Tag der von ihr ausgesprochenen Kündigung stets eine freundschaftliche Beziehung zwischen den beiden weiterbestanden habe. Wenn die Antragstellerin sohin behaupte, dass diese Vorfälle in der Woche vom 00. August 2019 bis zum 00. August 2019 stattgefunden hätten und sie sich durch diese belästigt gefühlt hätte, so sei nicht erklärlich, warum sie noch eine ganze weitere Woche bis zum 00. September 2019 ein freundschaftliches Verhältnis mit dem Zweitantragsgegner gepflegt habe und diesem weiterhin private Themen offenbart habe.

Beispielsweise habe sie ihm noch vor der ausgesprochenen Kündigung bzw. dem Gespräch mit Y regelmäßig ihre Sorge herangetragen, dass man sie in diesem Hotel vielleicht nach der Probezeit nicht übernehme. Sie habe ihm auch erzählt, dass sie zuvor in einem anderen Hotel beschäftigt gewesen sei, welches sie nach der Probezeit nicht übernommen habe. Sie habe dem Zweitantragsgegner ferner erzählt, dass sie auf diese Anstellung angewiesen sei, da sie ein gewisses Einkommen nachweisen müsse um für ihren Verlobten einen Aufenthaltstitel beantragen zu können. Dies sei für den Zweitantragsgegner nachvollziehbar gewesen und er habe ihr stets gut zugesprochen, dass man sie schon übernehmen werde. Er habe sogar den Front Office Manager W darauf angesprochen und diesen ersucht, die Antragstellerin zu unterstützen und sie zu übernehmen. Er habe sich bis zu diesem Zeitpunkt noch für seine Kollegin starkgemacht, um diese bei ihrem Berufseinstieg zu unterstützen.

Der Anruf der Mutter der Antragstellerin sei für den Zweitantragsgegner entsprechend überraschend gekommen, zumal er bis zu diesem Zeitpunkt von einer an sich positiven Beziehung unter Kollegen und Kolleginnen ausgegangen sei. Aufgrund des Anrufes der Mutter von der Antragstellerin und dem Inhalt der von ihr geäußerten, völlig unsachlichen und unwahren Vorwürfen (dies auch noch in einem aggressiven Ton), sei der Zweitantragsgegner sehr aufgebracht und enttäuscht gewesen, sodass er ankündigt habe, diesen Job aufzugeben. Er habe auf seine langjährige Berufserfahrung und auf seinen tadellosen Ruf hingewiesen und sich davon überzeugt gegeben, dass er binnen kürzester Zeit eine neue Anstellung finden werde bei welcher er derartigen Rufschädigungen nicht ausgesetzt sein werde. Dabei sei auch darauf hingewiesen, dass die Mutter der Antragstellerin, beim Telefonat mit dem Zweitantragsgegner, diesem Vorwürfe gemacht habe, welche sich nunmehr nicht einmal in der Darstellung der Gleichbehandlungsanwaltschaft finden würden. Sie habe ihm vorgehalten, er hätte ihre Tochter beschimpft und habe angekündigt, dass sie mit ihrem Sohn ins Hotel kommen werde. Der Zweitantragsgegner sei aufgrund des Inhalts dieses Gesprächs innerlich sehr aufgebracht gewesen, jedoch äußerlich professionell geblieben und habe die Mutter der Antragstellerin ersucht, in das Hotel zu kommen um über die Sache zu sprechen.

Nach Beendigung des Telefonats habe er der Antragstellerin mitgeteilt, dass ihre Mutter ihn angerufen habe und er derartige Vorwürfe nicht tolerieren könne, weshalb er kündigen werde. Er habe umgehend den Front Office Manager W kontaktiert und habe diesen ersucht, an seinem freien Tag ins Hotel zu kommen, da er das Hotel nun umgehend verlassen werde und dass die Antragstellerin als Berufseinsteigerin nicht alleine an der Rezeption arbeiten könne. W habe auf den Zweitantragsgegner eingeredet und ihn mehrfach ersucht zu bleiben und die Kündigung zu überdenken. Der Zweitantragsgegner habe sich jedoch nicht davon abbringen lassen, da er aufgrund der massiven Vorwürfe gegen ihn sehr aufgebracht gewesen sei und kein Interesse an einer Fortsetzung seiner Tätigkeit an einem derartigen Arbeitsplatz beabsichtigt habe.

Wenn nunmehr vorgebracht wird, dass der Zweitantragsgegner mehreren Kollegen im Beisein der Antragstellerin von der Diskussion erzählt habe, so sei darauf hingewiesen, dass die Antragstellerin selbst von dieser Diskussion erzählt habe und bereits zu diesem Zeitpunkt mit ihren rufschädigenden, unwahren Äußerungen gegen die Person des Beschuldigten begonnen habe. Sie sei diejenige gewesen, welche das Thema vor den Kollegen zur Sprache gebracht habe. Es sei jedoch auch richtig, dass Herr X selbst das Thema aufgegriffen habe, nachdem die Antragstellerin es erwähnt habe. Er habe richtigerweise vor den Kollegen die gegen ihn geäußerten Vorwürfe geleugnet. Es sei jedoch unrichtig, dass er „sehr aggressiv“ zu der Antragstellerin gewesen sei, es habe sich bei dem Gespräch aber sehr wohl um ein Streitgespräch gehandelt. Die Darstellung, wonach er die Antragstellerin angeschrien hätte sei ebenso unrichtig. Vielmehr hätten sich beide Streitparteien gegenseitig Vorwürfe gemacht und in lautem Ton miteinander gesprochen.

Abschließend sei darauf hingewiesen, dass die Darstellung des Gesprächs mit W auch völlig unrichtig sei. Dieser habe lediglich versucht den Streit zu schlichten und insbesondere den Zweitantragsgegner von einer vorschnellen Reaktion, nämlich einer Kündigung, abzubringen. Es sei jedoch keineswegs versucht worden die Schuld an dem Streit auf die Antragstellerin zu verlagern, indem man ihre „Toleranz“ herunterspiele. W sei ebenso wie der Beschuldigte, ein Mitarbeiter des Hotels mit einer sehr langen Berufserfahrung und dieser genieße ebenso einen hervorragenden Ruf in der Branche und unter seinen Kollegen.

Wenn nun nebenbei ausführe, dass die Antragstellerin seit dem Gespräch mit W „ausschließlich zum Spätdienst und der Zweitantragsgegner zum angenehmeren Frühdienst“ eingeteilt worden sei, so sei darauf hingewiesen, dass der Frühdienst keineswegs „angenehmer“ sei, da dieser mit einem weit größeren Arbeitsaufwand und höherem Stresspegel verbunden sei. Ferner sei darauf hingewiesen, dass Anfänger in der Branche immer zum Spätdienst eingeteilt werden würden, weshalb es gar nicht anders möglich gewesen sei als die Antragstellerin zum Spätdienst und den Zweitantragsgegner zum Frühdienst einzuteilen, da nur Letzterer über die Arbeitserfahrung verfüge, den Frühdienst übernehmen zu können.

PRÜFUNGSGRUNDLAGEN

Der Senat I der GBK stützt seine Erkenntnis auf das schriftliche Vorbringen der Antragstellerin, der Erstantragsgegnerin und des Zweitantragsgegners sowie die mündliche Befragung der Antragstellerin, von Y (informierter Vertreter der Antragsgegnerin) und des Zweitantragsgegners vom 17. Mai 2022. Als weitere Auskunftspersonen wurden W, V, MA und C am 17. Mai 2022 befragt.

BEGRÜNDUNG2

Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Gleichbehandlungsgesetzes, BGBl I Nr 66/2004 idgF, lauten:

„§ 6. (1) Eine Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes liegt auch vor, wenn eine Person

[…]

2.   durch den/die Arbeitgeber/in dadurch diskriminiert wird, indem er/sie es schuldhaft unterlässt, im Falle einer sexuellen Belästigung durch Dritte (Z 3) eine auf Grund gesetzlicher Bestimmungen, Normen der kollektiven Rechtsgestaltung oder des Arbeitsvertrages angemessene Abhilfe zu schaffen,

3.    durch Dritte in Zusammenhang mit seinem/ihrem Arbeitsverhältnis belästigt wird oder

[…]

(2) Sexuelle Belästigung liegt vor, wenn ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten gesetzt wird, das die Würde einer Person beeinträchtigt oder dies bezweckt, für die betroffene Person unerwünscht, unangebracht oder anstößig ist und

1.    eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt für die betroffene Person schafft oder dies bezweckt oder

2.    der Umstand, dass die betroffene Person ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten seitens des/der Arbeitgebers/Arbeitgeberin oder von Vorgesetzten oder Kolleg/inn/en zurückweist oder duldet, ausdrücklich oder stillschweigend zur Grundlage einer Entscheidung mit Auswirkungen auf den Zugang dieser Person zur Berufsausbildung, Beschäftigung, Weiterbeschäftigung, Beförderung oder Entlohnung oder zur Grundlage einer anderen Entscheidung in der Arbeitswelt gemacht wird. […]“

„§13. Als Reaktion auf eine Beschwerde darf ein/e Arbeitnehmer/in durch den/die Arbeitgeber/in innerhalb des betreffenden Unternehmens (Betriebes) oder auf die Einleitung eines Verfahrens zur Durchsetzung des Gleichbehandlungsgebotes nicht entlassen, gekündigt oder anders benachteiligt werden. Auch ein/e andere/r Arbeitnehmer/in, der/die als Zeuge/Zeugin oder Auskunftsperson in einem Verfahren auftritt oder eine Beschwerde eines/einer anderen Arbeitnehmers/Arbeitnehmerin unterstützt, darf als Reaktion auf eine solche Beschwerde oder auf die Einleitung eines solchen Verfahrens zur Durchsetzung des Gleichbehandlungsgebotes nicht entlassen, gekündigt oder anders benachteiligt werden. § 12 gilt sinngemäß.“

Generell ist zur Frage des Beweismaßes und der Beweislastverteilung im GBK-Verfahren anzumerken, dass eine betroffene Person, die sich auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne der §§ 6, 13 GlBG beruft, diesen glaubhaft zu machen hat. Insoweit genügt daher nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (OGH) eine „Bescheinigung“ der behaupteten Tatsachen, wobei jedoch der bei der GBK zu erreichende Überzeugungsgrad gegenüber der beim „Regelbeweis“ geforderten „hohen Wahrscheinlichkeit“ auf eine „überwiegende Wahrscheinlichkeit“ herabgesenkt ist.

Vereinfacht gesagt muss mehr für die Darstellung des Antragstellers/der Antragstellerin sprechen als dagegen.3 Dem Antragsgegner/der Antragsgegnerin obliegt dann zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes von ihm/ihr glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder ein Rechtfertigungsgrund vorliegt.

Bei einer (sexuellen) Belästigung gilt davon abweichend, dass es dem Antragsgegner/der Antragsgegnerin zu beweisen obliegt, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass die von ihm/ihr glaubhaft gemachten Tatsachen der Wahrheit entsprechen.

Der Senat I der GBK führte zwecks Überprüfung des Vorwurfes, dass der Zweitantragsgegner der Antragstellerin intime Fragen stellte, die Erstantragsgegnerin in Folge zu spät und nur unzureichende Abhilfe leistete, die Erstantragsgegnerin die Antragstellerin gegenüber dem Zweitantragsgegner benachteiligte, ein Ermittlungsverfahren im Sinne des GBK/GAW-Gesetzes durch und geht von folgendem Sachverhalt aus:

Die Antragstellerin war von 00. August bis 00. Oktober 2019 bei der Erstantragsgegnerin als Front Office Agent beschäftigt. Der Zweitantragsgegner war zu dieser Zeit bei der Erstantragsgegnerin als Assistant Front Office Manager beschäftigt und somit unmittelbarer Vorgesetzter der Antragstellerin. Beide arbeiteten an der Rezeption.

Die Antragstellerin und der Zweitantragsgegner hatten in der Woche vom 00. bis 00. August 2019 mehrere gemeinsame Spätdienste. Die Antragstellerin erzählte während einem Dienst, dass sie ihren Freund, der in Land 1 wohnte, heiraten wolle und davon, dass sie ihn erst wenige Male gesehen habe. Der Zweitantragsgegner war darüber sehr überrascht und fragte die Antragstellerin, ob sie mit ihrem Verlobten bereits intim geworden sei und ob sie sexuell aktiv sei, da sie in einer Kultur aufgewachsen sei in der man keinen sexuellen Kontakt habe. Die Antragstellerin empfand diese Fragen als unangebracht und hat dem Zweitantragsgegner gesagt, dass sie zu solchen Fragen nichts sagen möchte und derartige Themen nicht auf den Arbeitsplatz gehören.

Während eines anderen Spätdienstes mit dem Zweitantragsgegner begleitete die Antragstellerin einen Gast, der sein Zimmer wechseln wollte, auf dessen neues Zimmer, unterhielt sich kurz mit diesem und ging anschließend auf die Toilette bevor sie zurück zur Rezeption ging. Als die Antragstellerin zurückkam fragte sie der Zweitantragsgegner, wo sie so lange gewesen sei und ob sie mit dem Gast intim geworden sei. Die Antragstellerin empfand dieser Frage erneut als sehr unangenehm und fragte den Zweitantragsgegner, warum er ihr solchen Fragen stelle, worauf er nicht weiter einging.

Die Antragstellerin führte auf diese Vorfälle folgend ein Gespräch mit dem General Manager, Y, und berichtete diesem, dass sie ihr Arbeitsverhältnis beenden möchte, da sie mit dem Zweitantragsgegner nicht zurechtkomme. Y war verwundert, da sich aus seiner Sicht jeder gut mit den Zweitantragsgegner verstehe und er sich nicht vorstellen konnte, warum die Antragstellerin mit ihm Probleme habe. Die Antragstellerin erläuterte in dem Gespräch nicht weiter, dass sie von dem Zweitantragsgegner intime Fragen gestellt bekam. Als weiteren Grund für die gewünschte Beendigung nannte sie, dass es generell Probleme in der Abteilung gebe und sie keine ausreichende Einschulung erhalten habe.

Daraufhin gab noch ein weiteres Gespräch mit der Antragstellerin, Y und der HR-Managerin V. Es wurde besprochen wie die Antragstellerin besser eingeschult werden könne. V und eine weitere Mitarbeiterin arbeiteten an einem Konzept, die Antragstellerin bei einer weiteren Einschulung zu unterstützen, jedoch lehnte die Antragstellerin die Hilfe unter Verweis darauf, dass sie keine weitere Einschulung benötige, ab.

Am 00. September 2019 rief die Mutter der Antragstellerin, C, bei der Rezeption der Erstantragsgegnerin an, als die Antragstellerin und der Zweitantragsgegner gemeinsam Dienst hatten. C sprach mit dem Zweitantragsgegner und forderte diesen auf, das belästigende Verhalten in Zukunft zu unterlassen und warf ihm außerdem vor, dass er die Antragstellerin beleidige. Der Zweitantragsgegner war durch den Anruf sehr aufgebracht und kontaktierte sofort den Front Office Manager, W, der daraufhin an seinem freien Tag in das Hotel kam, um die Situation zu beruhigen und zu erörtern. Auch andere Kollegen und Kolleginnen nahmen den Anruf und die Reaktion des Zweitantragsgegners wahr oder hörten danach davon. Die Antragstellerin wurde in den darauffolgenden Tagen mehrmals auf die sexuelle Belästigung angesprochen, was ihr sehr unangenehm war.

W führte noch am selben Tag getrennte Gespräch mit der Antragstellerin und dem Zweitantragsgegner. Die Antragstellerin erzählte ihm dabei zum ersten Mal davon, dass der Zweitantragsgegner ihr intime, unangenehme Fragen stelle und von dem Vorfall in Zusammenhang mit dem Gast. Bei diesem Gespräch kam auch zur Sprache, dass Menschen verschiedene Toleranzgrenzen hätten, es nicht aber kann festgestellt werden, dass W gesagt hat, dass die Antragstellerin eine niedrige Toleranzgrenze habe. Sie vereinbarten, dass die Antragstellerin die nächsten Tage noch ein Gespräch mit Y führen solle. Zu dem Gespräch ist es jedoch nicht mehr gekommen. Die Antragstellerin und der Zweitantragsgegner wurden in Folge dienstplantechnisch getrennt. Die Antragstellerin wurde für Spätdienste eingeteilt und der Zweitantragsgegner für Frühdienste.

Am 00. September 2019 führten die Antragstellerin, Y und W ein Gespräch über das Urlaubsansuchen der Antragstellerin über 25 Tage. Der Urlaubswunsch wurde aufgrund des sehr kurzen Dienstverhältnisses abgelehnt, weshalb das Arbeitsverhältnis mit 00. Oktober 2019 einvernehmlich beendet wurde. Die Antragstellerin sprach im Zuge dieser Gespräche V darauf an, ob sie sich wieder melden könnte für eine Stelle. V bejahte das, machte ihr jedoch keine feste Wiedereinstellungszusage.

In rechtlicher Hinsicht ist der Sachverhalt wie folgt zu beurteilen:

1.   Es liegt eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes durch eine sexuelle Belästigung durch Dritte gemäß § 6 Abs 1 Z 3 GlBG vor.

Unter dem Begriff des der sexuellen Sphäre zugehörigen Verhaltens sind nach den Erläuterungen zum GlBG „körperliche, verbale und nicht verbale Verhaltensweisen“ zu verstehen, so beispielsweise unsittliche Redensarten4. Letztlich ist einzelfallabhängig, ob ein bestimmtes Verhalten bereits der sexuellen Sphäre zugehörig ist, wobei auf eine Betrachtung des Gesamtgeschehens abzustellen ist5.

Um von einer sexuellen Belästigung iSd § 6 Abs 2 sprechen zu können, muss durch ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten des Weiteren die Würde einer Person beeinträchtigt oder deren Beeinträchtigung zumindest bezweckt werden.6 Ein die Würde verletzendes Verhalten liegt erst ab einem gewissen Mindestmaß an Intensität vor. Nach den Gesetzesmaterialien zum ArbBG sollen Beispiele wie das Nachpfeifen oder die unerwünschte Einladung zum Kaffee oder zum Essen „grundsätzlich“ nicht genügen, um bereits die Voraussetzung der Verletzung der Würde und damit den Tatbestand der sexuellen Belästigung zu erfüllen. Anders zu sehen ist dies aber unter Umständen dann, wenn zwar die einzelnen Belästigungshandlungen nicht das gebotene Mindestmaß an Intensität erreichen, dafür aber immer wieder erfolgen.7 Ob die Würde einer Person beeinträchtigt wird, ist nach einem objektiven Maßstab zu beurteilen.

Hinzu kommt das subjektive Kriterium, dass das belästigende Verhalten für die betroffene Person unerwünscht, unangebracht oder anstößig sein muss (§ 6 Abs 2). Ein Verhalten ist dann unerwünscht, wenn es gegen den Willen oder ohne Einverständnis der betroffenen Person erfolgt. Einzelne Menschen sollen selbst bestimmen, welches Verhalten für sie noch akzeptabel ist und welches Verhalten sie bereits als beleidigend empfinden. Durch die Unerwünschtheit wird eine sexuelle Belästigung von freundschaftlichem Verhalten, das willkommen und gegenseitig ist, unterschieden.8 Es muss allerdings für den Belästiger/die Belästigerin erkennbar sein, dass das Verhalten für die betroffene Person unerwünscht ist, wobei dies aus der Sicht eines objektiven Betrachters zu beurteilen ist.9

Was das ablehnende Verhalten der betroffenen Person betrifft, so dürfen an dieses keine allzu hohen Anforderungen gestellt werden. Die ausdrückliche oder stillschweigende Zurückweisung oder Ablehnung eines sexuell belästigenden Verhaltens durch die betroffene Person ist nämlich keine Tatbestandsvoraussetzung. Demnach ist ein Verhalten nicht erst dann abgelehnt und somit unerwünscht, wenn sich die betroffene Person lautstark zur Wehr setzt.10

In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass die Haftung des/der unmittelbaren Belästigers/Belästigerin grundsätzlich verschuldensunabhängig ist. Subjektive Elemente auf Seite des Belästigers/der Belästigerin bleiben daher außer Betracht. Es ist demnach unerheblich, ob er/sie die Absicht hatte, zu belästigen.11

Das Verhalten muss weiters eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt für die betroffene Person schaffen oder dies bezwecken. Die „Arbeitsumwelt“ wird häufig erst durch mehrere Belästigungshandlungen im beschriebenen Sinn beeinflusst und verändert. Allerdings kann auch schon eine einzelne Belästigungshandlung derart schwerwiegend und in ihren Auswirkungen nachhaltig sein, dass damit für die betroffene Person ein einschüchterndes, feindseliges oder demütigendes Umfeld geschaffen wird.12 Durch körperliche Kontakte gegen den Willen der betroffenen Person (sog. „Begrapschen“) wird im Allgemeinen die Toleranzgrenze überschritten. Zu beachten ist allerdings, dass es nicht nur um den Schutz der körperlichen Integrität vor unerwünschten sexuellen Handlungen geht, sondern auch um die psychische Verletzbarkeit, die Beeinträchtigung der Würde und Persönlichkeitsverletzungen. Auch im Gebrauch ordinärer Worte sowie in unsittlichen Anträgen trotz Aufforderung, dieses Verhalten abzustellen, oder sonst erkennbarer Unerwünschtheit kann bereits eine sexuelle Belästigung liegen.13

Sexuelle Belästigung liegt somit vor, wenn ein objektiv der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten, das die Würde einer Person beeinträchtigt oder dies bezweckt, gesetzt wird und dieses Verhalten objektiv eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt für die betroffene Person schafft oder dies bezweckt. Hinzu kommt das subjektive Kriterium, dass dieses Verhalten für die betroffene Person unerwünscht, unangebracht oder anstößiges ist.

Der Zweitantragsgegner ist Dritter iSd § 6 Abs 1 Z 3 GlBG, da er, ebenso wie die Antragstellerin, bei der Erstantragsgegnerin beschäftigt war und zu dem Zeitpunkt der vorgebrachten Vorfälle in der gleichen Abteilung wie die Antragstellerin tätig war.

Der Zweitantragsgegner hat ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten gesetzt, indem er der Antragstellerin Fragen zu ihrem Sexualleben mit ihrem Verlobten stellte und ohne jeglichen Anhaltspunkt danach fragte, ob sie mit einem Gast intim geworden sei.

Objektiv betrachtet war das Verhalten des Zweitantragsgegners jedenfalls geeignet, die Würde der Antragstellerin zu beeinträchtigen, da er nicht davon ausgehen kann, dass es in Ordnung ist, gegenüber einer Mitarbeiterin sexualisierte Fragen zu stellen. Die geforderte Intensität ist hier jedenfalls gegeben, da wiederkehrend ein belästigendes Verhalten seitens des Zweitantragsgegners gesetzt wurde.

Das Verhalten des Zweitantragsgegners war auch unerwünscht für die Antragstellerin, was sich darin zeigte, dass die Antragstellerin ihrer Mutter davon erzählte, wie sehr sie das Verhalten des Zweitantragsgegners belastete, sodass diese schließlich sogar bei der Erstantragsgegnerin anrief, als Versuch die Belästigungshandlungen des Zweitantragsgegners zu unterbinden. Die Antragstellerin wehrte die die belästigenden Aussagen außerdem verbal ab.

Weiters ist die Voraussetzung, dass eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitswelt für die betroffene Person geschaffen werden muss/bezweckt wird, erfüllt. Die Antragstellerin fühlte sich, aufgrund des wiederholt belästigenden Verhaltens des Zweitantragsgegners nicht mehr wohl in der Arbeit, da sie erneute Aussagen des Zweitantragsgegners fürchtete und auch von Kollegen auf die Vorfälle angesprochen wurde.

Der Antragstellerin gelang es, im vorliegenden Fall den glaubhaften Anschein einer sexuellen Belästigung darzulegen. Ihre Schilderung – der Zweitantragsgegner habe sexualisierte Fragen gestellt – ließ darauf schließen, dass sie von dem Zweitantragsgegner im Zusammenhang mit ihrem Arbeitsverhältnis sexuell belästigt wurde. Dass das Verhalten des Zweitantragsgegners für die Antragstellerin unerwünscht war und sie sich aufgrund des Umstandes, dass der Zweitantragsgegner immer wieder Verhaltensweisen setzte, die sie als unangebracht empfand, nicht mehr wohl in der Arbeit fühlte, konnte diese bei ihrer mündlichen Befragung durch den Senat glaubwürdig und nachvollziehbar darlegen. Bei dieser Befragung kam auch die persönliche Betroffenheit der Antragstellerin zum Ausdruck.

Daher verlagerte sich die Beweislast auf den Zweitantragsgegner.

Der Zweitantragsgegner bestritt das Vorbringen der Antragstellerin und erläuterte in seiner mündlichen Befragung unteranderem, dass er mit dieser ein freundschaftliches Verhältnis pflegte. Er führte weiter aus, dass sie über private Themen sprachen sowie über die Verlobung der Antragstellerin. Der Zweitantragsgegner sei überrascht darüber gewesen, dass die Antragstellerin ihren Verlobten erst einige wenige Male gesehen habe und habe deshalb gefragt „ob je etwas passiert sei“. Für den Senat ist eindeutig, dass diese Frage, in Zusammenhang mit dem Thema des Gespräches, auf das Sexualleben der Antragstellerin bezogen war. An dieser Stelle verweist der Senat auf die obigen Ausführungen, dass die Haftung des/der unmittelbaren Belästigers/Belästigerin grundsätzlich verschuldensunabhängig ist und es demnach unerheblich ist, ob er die Absicht hatte, die Antragstellerin zu belästigen. Die Tatsache, dass der Zweitantragsgegner der Annahme war, dass eine solche Frage aufgrund einer vermeintlich freundschaftlichen Basis mit der Antragstellerin in Ordnung sei, ist daher unerheblich. Zu dem Vorfall mit dem Gast, den die Antragstellerin für einen Zimmerwechsel begleitete, bestätigte der Zweitantragsgegner die Antragstellerin gefragt zu haben, wo sie gewesen sei, dementierte jedoch hier eine anzügliche Frage gestellt zu haben. Es gelang dem Zweitantragsgegner in Umschau aller Umstände jedoch nicht den Senat davon zu überzeugten, diese Aussage nicht getätigt zu haben.

Im Hinblick auf die Beweislastregeln des § 12 Abs 12 GlBG gelangte der Senat daher zu der Ansicht, dass es dem Zweitantragsgegner nicht gelungen ist zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass die von ihm vorgebrachten Tatsachen der Wahrheit entsprechen.

2.   Es liegt keine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes durch schuldhaftes Unterlassen des Arbeitgebers/der Arbeitgeberin im Falle einer sexuellen Bela?stigung durch Dritte eine nach den gesetzlichen Bestimmungen, Normen der kollektiven Rechtsgestaltung oder des Arbeitsvertrages angemessene Abhilfe zu schaffen gemäß § 6 Abs 1 Z 2 GlBG vor.

§ 6 Abs 1 Z 2 GlBG enthält eine Konkretisierung der allgemeinen Fürsorgepflicht. Danach haben Arbeitgeber/Arbeitgeberinnen auch dafür zu sorgen, dass die Persönlichkeitssphäre der in den Betrieb eingegliederten Arbeitnehmer/Arbeitnehmerinnen nicht durch Belästigungen durch Dritte beeinträchtigt wird. Sie sind zum unverzüglichen Einschreiten verpflichtet, wenn sexuelle Belästigungen hervorkommen, zum einen, um die Betroffenen nicht der Gefahr weiterer Belästigungen auszusetzen, zum anderen aber auch, um sich nicht selbst dem Vorwurf auszusetzen, nicht wirksam für angemessene Abhilfe gesorgt zu haben.

„Angemessen“ ist die Abhilfe dann, wenn sie geeignet ist, die belästigte Person vor weiteren Belästigungen zu schützen. Um angemessene Abhilfe zu schaffen, bedarf es der Ermahnung, Verwarnung, Versetzung, Kündigung oder allenfalls Entlassung der belästigenden Person, wobei nach herrschender Rechtsprechung das jeweils gelindeste Mittel zu wählen ist. Es ist eine Handlung des Arbeitgebers/der Arbeitgeberin gefordert, die weitere Belästigungen mit sofortiger Wirkung und effizient verunmöglicht.14

Um ein schuldhaftes Unterlassen annehmen zu können, muss dem Arbeitgeber/der Arbeitgeberin das Vorliegen einer Abhilfe gebietenden Situation entweder bekannt oder zumindest erkennbar sein. Der Arbeitgeber/Die Arbeitgeberin haftet daher nicht, wenn er/sie von der Belästigung eines Arbeitnehmers/einer Arbeitnehmerin weder wusste noch wissen musste. Für eine Haftung des Arbeitgebers genügt Fahrlässigkeit. Bei „Erkennbarkeit“ kommt es auf eine besondere „Bekanntgabe“ durch die betroffene Person nicht mehr an.15

Die Antragstellerin legte glaubhaft dar, dass sie von dem Zweitantragsgegner verbal sexuell belästigt wurde und sich daher an den Geschäftsführer der Erstantragsgegnerin wandte. Sie erläuterte weiter, dass nach dem ersten Gespräch mit Y keine Maßnahmen gesetzt worden seien. Erst nachdem nach einem späteren Gespräch mit W, folgend auf das Telefonat ihrer Mutter mit dem Zweitantragsgegner, sei sie von diesem dienstplantechnisch getrennt worden.

Daher verlagerte sich die Beweislast auf die Erstantragsgegnerin.

Die Erstantragsgegnerin brachte in ihrer Stellungnahme vor, dass es richtig sei, dass die Antragstellerin das Gespräch mit dem Geschäftsführer der Erstantragsgegnerin suchte, bestritt jedoch, dass sie in Zuge dessen von den konkreten Belästigungshandlungen erzählt habe. Die Antragstellerin habe Y lediglich davon erzählt, dass sie nicht mit dem Zweitantragsgegner zu Recht komme. Ansonsten habe sich das Gespräch lediglich um eine mögliche weitere Einschulung gehandelt.

Y führte in seiner mündlichen Befragung glaubhaft aus, dass zu dem Zeitpunkt des ersten Gespräches keine weiteren Details über die sexualisierten Aussagen des Zweitantragsgegners an ihn herangetragen wurden. Ebenso bestätige W und V, dass bis zu dem Anruf von C keine sexuelle Belästigung durch den Zweitantragsgegner, und auch keine Anhaltspunkte dafür, im Raum standen. Da alle drei Auskunftspersonen einen sehr glaubwürdigen Eindruck vermittelten, geht der Senat davon aus, dass vor dem Anruf von C und den darauffolgenden Gesprächen für die Vorgesetzten der Antragstellerin nicht erkennbar war, dass diese von dem Zweitantragsgegner sexuell belästigt wurde.

W erläuterte in seiner mündlichen Befragung weiter, dass die Conclusio der Gespräche mit Antragstellerin und Zweitantragsgegner nach dem Telefonat gewesen sei, dass diese dienstplantechnisch getrennt werden. Die Maßnahme erscheint dem Senat angemessen, da es das gelindeste Mittel darstelle und der Antragstellerin ermöglichte ihre Arbeit ohne das Beisein des Zweitantragsgegners auszuüben. Die Abhilfe durch die Erstantragsgegnerin erscheint daher angemessen.

Im Hinblick auf die Beweislastregeln des § 12 Abs 12 GlBG gelangte der Senat daher zu der Ansicht, dass es der Erstantragsgegnerin gelungen ist zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass die von ihr vorgebrachten Tatsachen der Wahrheit entsprechen.

3.   Es liegt keine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes durch eine Verletzung des Benachteiligungsverbotes gemäß § 13 GlBG vor.

Gemäß § 13 bzw. § 27 GlBG darf als Reaktion auf eine Beschwerde innerhalb des Unternehmens (Betriebes) oder auf die Einleitung eines Verfahrens zur Durchsetzung des Gleichbehandlungsgebotes ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin durch den Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin nicht entlassen, gekündigt oder anders benachteiligt werden.

Der Regelungszweck des Benachteiligungsverbotes ist somit eine Verstärkung des Rechtsschutzes für jene Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die sich in eigener Sache oder im Interesse von Arbeitskollegen und Arbeitskolleginnen mit rechtlich anerkannten Mitteln gegen (vermutliche) Diskriminierungen durch ihre Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen wenden. Die benachteiligende Reaktion des Arbeitgebers bzw. der Arbeitgeberin muss in einem plausiblen Zusammenhang mit dem Auftreten des Arbeitnehmers bzw. der Arbeitnehmerin stehen, wobei auch ein gewisser zeitlicher Konnex gegeben sein muss.16 Das Benachteiligungsverbot nach § 13 GlBG richtet sich sohin gegen Repressalien des Arbeitgebers oder der Arbeitgeberin gegenüber dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin, die sich auf unterschiedliche Art – entweder in eigener Sache oder im Fremdinteresse – gegen vermutliche vorangegangene Diskriminierungen zur Wehr setzen.17

Ob im Einzelfall eine Benachteiligung nach §§ 13 bzw. 27 GlBG vorliegt, ist nach einem objektiven Maßstab zu beurteilen. Es reicht daher nicht aus, dass ein bestimmtes Verhalten des Arbeitgebers bzw. der Arbeitgeberin von dem betroffenen Arbeitnehmer bzw. der betroffenen Arbeitnehmerin subjektiv als benachteiligend empfunden wird. Denn dem Begriff „Benachteiligung“ ist ein Mindestmaß an negativen Auswirkungen auf die Lebenssituation der betroffenen Personen immanent.

Obwohl auch eine einvernehmliche Auflösung als Benachteiligung grundsätzlich denkbar ist, ist die Vereinbarung einer einvernehmlichen Auflösung auf Vorschlag des Arbeitgebers bzw. der Arbeitgeberin ohne Druckausübung nicht rechtswidrig.18

Die Erstantragsgegnerin ergriff als Abhilfe, gegen die sexuelle Belästigung der Antragstellerin durch den Zweitantragsgegner, die Maßnahme, die beiden dienstlich zu trennen. Die Antragstellerin wurde in Folge für Spätdienste eingeteilt und der Zweitantragsgegner für Frühdienste. Die Antragstellerin brachte vor, dass diese Einteilung eine Benachteiligung für sie dargestellt habe, da die Spätdienste sehr intensiv seien, sie diese zusammen mit einer anderen neuen Mitarbeiterin gehabt habe und es in der Früh generell ruhiger sei. Der Antragstellerin gelang es jedoch nicht aufzuzeigen, worin sie durch die Diensteinteilung tatsächlich einen Nachteil erlitt bzw. glaubhaft darzustellen, dass die Einteilung in Spätdienste benachteiligend sei, weshalb sich der Verdacht auf Diskriminierung in diesem Punkt nicht weiter erhärtete.

Die einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses sieht der Senat in keinem Zusammenhang mit der sexuellen Belästigung, sondern als Resultat aus dem nicht genehmigten Urlaubsantrag.

VORSCHLAG

Gemäß § 12 Abs 3 GBK/GAW-Gesetz hat der Senat, wenn er der Auffassung ist, dass eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes vorliegt, dem Arbeitgeber/der Arbeitgeberin oder in Fällen in Zusammenhang mit einer sonstigen Diskriminierung in der Arbeitswelt dem/der für die Diskriminierung Verantwortlichen schriftlich einen Vorschlag zur Verwirklichung des Gleichbehandlungsgebotes zu übermitteln und ihn/sie aufzufordern, die Diskriminierung zu beenden. Für die Umsetzung des Vorschlags ist eine Frist von zwei Monaten zu setzen. Wird einem Auftrag nach Abs 3 nicht entsprochen, kann gemäß § 12 Abs 4 GBK/GAW-Gesetz jede der im jeweiligen Senat vertretenen Interessensvertretungen beim zuständigen Arbeitsgericht oder Zivilgericht auf Feststellung der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes klagen.

Da der Senat I der GBK zur Auffassung gelangt ist, dass eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes vorliegt, wird dem Zweitantragsgegner, X, gemäß § 12 Abs 3 GBK/GAW-Gesetz aufgefordert, die Diskriminierung zu beenden, und wird folgender Vorschlag zur Verwirklichung des Gleichbehandlungsgebotes erteilt:

Leistung eines angemessenen Schadenersatzes.

Wien, 17. Mai 2022

Dr.in Eva Matt

Vorsitzende des Senates I der GBK

1  Vgl. zB VfSlg. 19.321.

2  Im weiteren Verlauf werden (akademische) Titel nicht weiter angeführt.

3  Vgl. OGH 9 ObA 144/14p, Arb 13.203 mit weiteren Nachweisen.

4  Vgl. Posch in Rebhahn/GlBG, §§ 6-7 Rz 76f.

5  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 6 Rz 20.

6  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 6 Rz 21.

7  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 6 Rz 24.

8  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 6 Rz 25.

9  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 6 Rz 26; 114 ErläutRV 735 BlgNR 18. GP 33.

10  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 6 Rz 26.

11  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 6 Rz 12.

12  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 6 Rz 28.

13  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 6 Rz 29/1.

14  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 6 Rz 10.

15  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 6 Rz 13.

16  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 13 Rz 33.

17  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 13 Rz 1.

18  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger/Erler, GlBG2 (2021) § 13 Rz 9

Zuletzt aktualisiert am

01.12.2
Quelle: Gleichbehandlungskommisionen Gbk, https://www.bmgf.gv.at/home/GK
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